Nürburgring: Fahrerlager-Geflüster!

Wo Menschen aufeinander treffen, da spricht man miteinander. Man tauscht sich aus, hat nicht nur eine Meinung, sondern hört auch gerne andere. Man tratscht auch über Kollegen und – vertraulich natürlich – über Geschehnisse, von denen man nicht unbedingt in der Zeitung lesen möchte. Es gibt aber auch reale Abläufe, von denen man „draußen“ - vor dem Fahrerlager – schon nichts mehr hört. Die Atmosphäre in einem Fahrerlager ähnelt sehr oft der in einem Gerichtssaal. Auch dort gibt es wenigstens zwei Parteien, die sich sehr oft sogar sehr hart bekriegen, während man vor dem Verhandlungsraum davon nichts erfährt. - So ist das nun mal! - Auch im Fahrerlager am Nürburgring. - Da ist das „Getratsche“, das „Köpfe-Zusammenstecken“ besonders intensiv. Hier wird evtl. schon seit Jahren über das gleiche Thema „getratscht“. Und nichts passiert. - Die Dummen werden eben gerade hier in der Eifel immer wieder ausgetauscht. So bleibt ein Thema evtl. über Jahre erhalten. - Nur: Sehr oft sind die Neuen auch nicht unbedingt gescheiter als die Dummen, wenn man das auf ihr Fach- und Detailwissen bezieht. So kann sich am Nürburgring ein Thema auch über Jahrzehnte halten. - Bis es schließlich – weil die Vernunft siegt – im Papierkorb landet. - Oder aber die Dummen behalten die Oberhand und das Thema „kocht weiter“. - Nachstehend soll auch über so ein Thema „getratscht“, aber über aktuelle Geschehnisse berichtet werden, die auch ein bezeichnendes Licht auf die Gesamtsituation im deutschen Motorsport werfen. - Also los geht‘s:

Nürburgring: Fahrerlager-Geflüster!

Beginnen wir mit einem Ende, mit der letzten Stunde im „Qualifikations-Rennen“ über 6 Stunden auf dem Gesamtkurs von Nordschleife und Grand-Prix-Kurs in einer Zusammenstellung, die exakt eine Rundenlänge von 25.378 Meter ergibt.

Im Streckenabschnitt „Aremberg“, in dem gerade der Asphalt erneuert wurde, hat in Führung liegend, vier Runden vor Ende des Rennen, die Startnummer 702, ein SCG003C, von „Traum Motorsport“ eingesetzt, die Straße verlassen, ist durch Unfall ausgeschieden. Die einen sprechen von Bremsversagen, die anderen geben den Reifen die Schuld. - Das „Traum Motorsport“-Team jedenfalls erlebte einen Alptraum! - Ihr Fahrzeug hatte in diesem Rennen nicht nur in Führung gelegen, sondern auch die schnellste Runde, mit 8:16,646 (=183,882 km/h Durchschnitt) gefahren.

Klar, dass mit diesem Unfall dieser Streckenabschnitt zur „Code 60-Zone“ wurde. Die wurde auch deutlich erkennbar angezeigt. Glaubten die Streckenposten. Bis ein GT3 die Unfallstelle mit exakt 126 km/h passierte. - Was dann passieren muss, ist im DMSB-Rundstreckenreglement Anhang 2 – Besonderheiten der Nürburgring Nordschleife 2017, auf Seite 4, klar vorgegeben:

„>50 km/h: Schwarze Flagge + Entzug der DPN sowie Meldung an DMSB, sowie Disqualifikation für das betroffene Team“

Wie man dem Rennergebnis entnehmen kann: Es wurde niemand disqualifiziert. Grund genug einmal den „Fahrerlagergesprächen“ zu lauschen:

Das Team und der Fahrer wurden am Ende des Rennens zur Rennleitung gebeten. Die Aufnahmen der Wagenkamera zur Auswertung herangezogen. Doch leider: Das Team hatte vergessen den Chip zu wechseln, der in der Kamera steckende Chip war voller Aufnahmen, nur nicht von der Situation, die die Rennleitung gerne betrachtet hätte.

Man hat zu einem Vergleich, dann den Chip eines anderen Fahrzeugs ausgewertet, das die Unfallstelle zu dieser Zeit auch passierte. Alles OK und korrekt angezeigt! - Nicht für das betroffene Team, den betroffenen Fahrer, der sich mit der Aussage, „Code 60“-Anzeige war verdeckt - war nicht zu sehen“, herauszureden versuchte. 126 km/h sind nun mal 66 km/h schneller als erlaubt. - Also Disqualifikation, Entzug des DMSB-Nordschleifen-Permit für den Fahrer, Meldung an den DMSB?

Nun, man hat „Gnade vor Recht ergehen lassen“, hat dem Fahrer eine mündliche Verwarnung erteilt und ihm angedroht, ihn beim 24-Stunden-Rennen weiter unter Beobachtung zu halten.

Eine solche Entscheidung hat schon einige Leute verwirrt. Sie sollten aber bedenken:

Nachdem Motor-KRITIK mit der Veröffentlichung einer 26seitigen Gutachterlichen Stellungnahme aufgezeigt hat, dass der DMSB gar nicht berechtigt war ein Nordschleifen-Permit einzuführen, hätte jede öffentliche Auseinandersetzung zu diesem Thema zu einer „Krise des DMSB“ auswachsen können.

Man stelle sich vor, ein Fahrer, dem bei so einer Gelegenheit wie oben dargestellt, die DNP entzogen wurde, würde beim nächsten Rennen auf der Nordschleife mit einer Einstweiligen Verfügung eines Gerichts bei der Abnahme erscheinen. Die dürfte leicht zu erhalten sein, wenn man dem Richter die Gutachterliche Feststellung aus Motor-KRITIK vorlegt.

Es galt also in dem oben geschilderten Fall nicht nur eine solche vorstellbare Situation zu vermeiden, sondern auch den Start des Fahrers beim 24-Stunden-Rennen sicher zu stellen. Es kommt schließlich auf jeden Starter an.

Wobei man davon ausgehen sollte, dass nicht alle Teams die genannt haben, auch beim 24-Stunden-Rennen antreten werden. Schließlich gab es auch die Möglichkeit die Nennung zurück zu ziehen. - Und viel Geld zu sparen. - Oder man hat Spaß z.B. an vorgeschriebenen Boxen-Mindeststandzeiten.

Andere Teams werden beim 24-Stunden-Rennen auf die Bewirtung ihrer Gäste verzichten, weil ihnen die vom ADAC Nordrhein geforderten qm-Preise – z.B. zum Aufstellen eines Zeltes - im Fahrerlager zu hoch sind. Außerdem gibt es manchmal schon beim Catering zu einem Rennen Schwierigkeiten, wie ein Beispiel vom „Quali-Rennen“ des ADAC Nordrhein zeigt.

Da meldet sich ein Caterer beim Team, weil man ihn ohne offiziellen Durchfahrtsschein das bestellte Essen nicht anliefern lässt. Also versucht der Teamchef für die relativ kurze Anwesenheit des Caterers einen Durchfahrtsschein vorübergehend, gegen Hinterlegung einer Sicherheit, zu erhalten.

Geht nicht! - „Den Durchfahrtschein müssen Sie kaufen!“ - Kostet? - „100 Euro!“ - Der Teamchef staunt – aber er muss das Ding schließlich haben. - „Dann kaufe ich den Durchfahrtschein, aber geben Sie mir bitte eine Quittung.“ - „Wenn Sie eine Rechnung wollen, dann kommt noch die Mehrwertsteuer drauf.“ - ??? -

Das ist genauso am letzten Wochenende passiert, wie die Geschichte davor.

Aber es gibt auch lustigere (?) Geschichten als die bisher geschilderten, obwohl die auch traurig machen kann:

Motor-KRITIK hat schon vor einiger Zeit auf den zu geringen Abstand zwischen 24-Stunden-Rennen und Rock am Ring hingewiesen und die möglichen Probleme angedeutet. Inzwischen kommt noch eins dazu.

Marek Lieberberg besteht darauf, für Rock am Ring einen Riesenrad im Fahrerlager aufgestellt zu bekommen. Das ist auch eigentlich nicht ein Problem. Wohl der geringe Abstand zwischen den zwei Großveranstaltungen und die relativ lange Aufbauzeit für so ein Riesenrad.

Folglich wird man es schon zum 24-Stunden-Rennen aufbauen müssen. Aber da nimmt es dann richtig Platz weg, weil im Fahrerlager – auch wegen der vielen Rahmenrennen – der Platz sowieso kaum ausreicht. - Könnte sein, dass so das Riesen-Rad hier zu einem Riesen-Problem wird. - Schau‘n wir mal!

So erfährt man viel Neues, wenn viele Leute zusammen kommen. Manchmal hört man auch deshalb interessiert zu, weil Leute mit einem über ein Thema ausführlich sprechen, weil sie davon ausgehen, dass man es selbst in allen Details – auch von seiner langen Entwicklung her – kennt.

So wird seit Jahren hinter vorgehaltener Hand von den unterschiedlichsten Gruppen eine „neue Serie auf der Nordschleife“ angekündigt. Das verläuft so, wie ich es schon im Vorspann beschrieben habe. Doch jetzt ist die Entwicklung in diesem Fall weiter denn je, weil nun zwei eigentlich unterschiedliche Gruppen zusammen gefunden haben, die nun – zunächst zwar aus unterschiedlichen Gründen – inzwischen am gleichen Strang ziehen.

Und eine neue Langstrecken-Serie, die sich in ihrer Zusammensetzung von unterschiedlich langen Rennen immer wieder veränderte, orientiert sich inzwischen in ihrer Mischung am vorhandenen neuen Vertrag der VLN mit der CNG, der aus Sicht der „neuen Macher“ die ursprünglich angedachte Zusammensetzung der Rennen etwas verändert hat.

Die Umsetzung würde dann aber ein Zusammengehen von CNG, VLN und ADAC-Nordrhein in einer gemeinsamen Veranstalterfirma bedingen. Da gibt es noch Probleme, zumal auch noch eine zweite Gruppe in die gleiche Richtung tätig geworden ist. Da hat ein Meuspather Bürger z.B. die in Meuspath ansässigen Firmen angeregt, mit Hilfe eines Kenners der Szene, mit einem Haus in einem Dorf nahe dem Nürburgring, dem CNG-Geschäftsführer ein paar „Zückerchen“ hin zu halten. - Insgesamt sind übrigens im Moment 11 Rennen angedacht.

Nun ist man auf der Suche nach einem gemeinsamen Nenner. So weit Motor-KRITIK Details zu der geplanten Serie bekannt wurden, kann man davon ausgehen, dass das nichts wird. Und das gleich aus einer ganzen Reihe von Gründen. - Aus praktischen, realen Gründen, die man offensichtlich – weil sie scheinbar sooo simpel sind – nicht berücksichtigt.

Es könnte also sein, dass dieses Thema noch eine Reihe von Jahren Thema bei Fahrerlager-Gesprächen am Nürburgring sein kann. - Motor-KRITIK hält Augen und Ohren offen!

Wer inzwischen offensichtlich nicht mehr so richtig an eine Zukunft des Nürburgrings glaubt, ist der Bürgermeister von Nürburg. Der möchte die Zukunft seines kleinen Dorfes sichern, in dem er in den umliegenden Wäldern, im Gemeindeeigentum befindlich, dann Windkrafträder installieren lässt. Zunächst ist wohl an drei gedacht. - Man muss schließlich immer mal klein anfangen.

Was mir noch zum Thema Windkrafträder ein- und aufgefallen ist, hat auch einen interessanten Vergleich entstehen lassen:

  • Rheinland-Pfalz, ROT-regiert, ist zwar flächenmäßig um 44 Prozent kleiner als Baden-Württemberg, GRÜN-regiert, hat 62 Prozent weniger Einwohner, aber bisher schon um 200 Prozent mehr Windkrafträder in Betrieb! - Dank der guten politischen Arbeit einer (inzwischen „ehemaligen“) Wirtschaftsministerin in GRÜN?

Fängt der Bürgermeister von Nürburg mal versuchsweise klein an, sind die Veranstalter am Nürburgring da großzügiger. Wenn es um‘s Kassieren geht. - Und den Teams, die vom Vermieten von Rennfahrzeugen, vornehmlich von GT3 ihr Geld verdienen wollen, denen haben sie es z.B. beim 24-Stunden-Rennen schwerer gemacht. Die hätten gerne die inzwischen gewaltigen Einsatzkosten auf 5 Fahrer verteilt. Aber der ADAC-Nordrhein ist hart geblieben. So teilen sich auch jetzt „nur“ 4 Fahrer ein Cockpit.

Inzwischen kennt Motor-KRITIK auch den „Schnäppchenpreis“, zu dem man als einer von vier Fahrern dann beim 24-Stunden-Rennen in den GT3-Fahrersitz klettern darf: 40.000 Euro. - Das macht dann 160.000 Euro für‘s Auto insgesamt.

„Aber da tut der doch Geld dazu“, sagt mir ein Insider, der interne Kostenrechnungen anderer Teams für den Einsatz von GT3-Fahrzeugen kennt.

Ja, ja, wir leben in einer tollen Zeit. Niemals vorher war das Fahrerlagergeflüster so interessant wie in diesem Jahr. - Da gäbe es noch viel zu erzählen!

Aber manches ist für Motor-KRITIK auch erst der Ansatz zu einer Recherche. So wird man bald hier weiter das Reifenthema – aber aus einer anderen Sicht interessant - behandelt finden.

Gut‘ Ding will Weile haben!

MK/Wilhelm Hahne
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