Nürburgring: Mit temporärer Infrastruktur?

Vorübergehend, zeitweise – das ist die Übersetzung von temporär. Infrastruktur heißt eigentlich Unterbau und man bezeichnet damit langlebige Einrichtungen, die gewisse Aktivitäten erst möglich machen. So schaut man sich bei einem Hauskauf an, ob auch die Infrastruktur des Ortes stimmt. Gibt es in der Nähe ein Lebensmittelgeschäft, einen Metzger, oder einen Supermarkt, einen Arzt? - Wie weit ist die Post entfernt? Unsere Straßen, die erst eine Verbindung zueinander möglich machen, sind auch ein Stück Infrastruktur, erfüllen bestimmte Voraussetzungen, sind darum auch ein „Unterbau“, fallen unter den Begriff Infrastruktur. Eine Infrastruktur ist also eigentlich eine langfristige Einrichtung. Aber – in unserer modernen Zeit arbeitet man auch gerne mit „temporären Infrastrukturen“. Es gibt sie nur – und man belastet sich kostenmäßig nur damit – wenn man sie braucht. - Wer einmal im Jahr auf einer Wiese ein Rockkonzert veranstaltet, wird erst wenn er sie braucht, eine „temporäre Infrastruktur“, die Voraussetzungen dafür schaffen. Ein Rennstreckenbesitzer verpachtet einem Rennveranstalter dagegen… - Halt! - So einfach ist das nicht! - Zumindest nicht am Nürburgring. Da spuckt der Besitzer in den Verhandlungen mit seinen Kunden zwar gerne „große Töne“. - Wenn man dann aber genauer hinschaut, muss man feststellen:

Nürburgring: Mit temporärer Infrastruktur!

Natürlich hat man am Nürburgring keine bestehende Infrastruktur, um „Rock am Ring“ durchführen zu können. Diese Veranstaltung ist aber auch eine Ausnahmeveranstaltung für einen Rennstrecken-Vermieter. Da muss der Mieter oder Pächter eben selbst für die notwendige Infrastruktur sorgen.

Das macht der auch; wobei er aber am Vermieter nicht vorbei kommt. - So denkt der! - Früher, vor dem „großen Knall“, der zur Trennung führte, da war man am Ergebnis, am Gewinn beteiligt. Weil man überzogene Forderungen stellte, hat man den Veranstalter an Mendig verloren.

Nun ist man stolz, dass „Rock am Ring“ wirklich wieder am Ring ist. Und man hofft, dem Veranstalter – zusätzlich zum Mietpreis für die Veranstaltungsfläche – später noch weitere Kosten berechnen zu können. Da werden sicher noch Fahrzeuge und auch Personal gebraucht. Der Veranstalter kann schließlich nicht alles mitbringen.

Und dann hat man ja noch die Zusatz-Einnahmen aus dem Touristenverkehr. Weil man die Nordschleife frei gehalten, ausdrücklich von einer Vermietung ausgeschlossen hat. - Und hofft auf hohe Einnahmen, die das Minus aus den Verträgen mit „Rock am Ring“ - verglichen mit denen aus früheren Jahren – mehr als ausgleichen.

Am Freitag dieser Woche bleibt allerdings das Befahren der Nordschleife den Gesellschaftern der CNG und ihren Gästen vorbehalten. - Da braucht es dann auch keine Streckensicherung?

Aber wie schon auf Motor-KRITIK angekündigt: Das Durcheinander war bei der schnellen Abfolge von 24h-Rennen und „Rock am Ring“ vorprogrammiert. Das ist auch aktuell so eingetreten. Da treten sich eine Reihe von Leuten derzeit gegenseitig auf die Füße.

Trotzdem wird „Rock am Ring“ vielleicht besser über die Bühne gehen als gedacht, denn: „Rock am Ring“ ist nach mir zugänglichen Informationen zum ersten Mal nicht ausverkauft.

Aber kommen wir mal zurück zur Basis dieses Rennstrecken-Vermieters: Das ist die Rennstrecke mit… - Nein, leider nicht. - Die eigentlich notwendige Infrastruktur ist nicht vorhanden.

Natürlich ist gerade die Nürburgring-Nordschleife für jeden Rennfahrer, auch für die Zuschauer etwas besonderes; aber sie stellt auch wegen der Streckenlänge und Topografie besondere Anforderungen, wenn man heute geltenden Regeln zum Thema Sicherheit erfüllen will.

Die Streckensicherung erfolgt an der Nordschleife derzeit immer noch mit Streckenposten. Die werden bei „gewerblichen Veranstaltungen“ von der CNG gestellt. Dazu hat man so um 12 – 15 Mitarbeiter fest angestellt. Mit Monatslohn! - Für andere Veranstaltung sucht man dringend Leute, da man die natürlich – bei DMSB-geregelten Rennen z.B. - nicht zu ähnlichen Bedingungen fest verpflichten möchte.

Man sucht dringend Leute auf der bekannten 450 Euro-Basis. Lieber noch schließt man einen so genannten 70 Tage-Vertrag mit ihnen ab. Für das 24h-Rennen am Nürburgring hätte man eigentlich – da Wechselschicht angesagt ist – um 900 Leute gebraucht, die es aber wohl nicht gegeben hat.

Die wurden auch nicht von der CNG gestellt, sondern wurden vom Veranstalter „besorgt“. Die erhielten dann 205 Euro für ihren Einsatz. - Dass sie die selbst versteuern müssen, wurde denen aber nicht gesagt.

Gerade das 24h-Rennen hat mal wieder gezeigt, wie schwer es ist, alle Streckenposten zu besetzen. Da musste man dann sogar welche aus dem Ausland requirieren. - Brexit hin, Brexit her. - Und da konnte es denn auch passieren, dass man Fotografen während des Rennens die Strecke passieren ließ. - Ein Verständigungsproblem?

Nein, aber ein Sicherheitsproblem!

Seit Jahren plant man an der Nordschleife ein Netz von Kameras, die in einer komplexen Vernetzung mit anderen Maßnahmen die Position eines „virtuellen Streckenpostens“ einnehmen könnten. - Einnehmen müssen!

Aber die Realisierung ist am Nürburgring – wie auch wieder während des 24h-Rennens deutlich wurde – ungemein schwierig, ist z.B. mit einer Lösung per Funk nicht umzusetzen, da immer wieder „Funklöcher“ auftreten. Dabei hatte man zum 24h-Rennen schon eine Menge zusätzlicher Funkmasten aufgestellt. Aber der Funk erfüllte in der Praxis nicht die Sicherheits-Anforderungen.

Glasfaserkabel rings um die Strecke wären zwar eine Lösung, aber hier gilt es – nennen wir es mal flapsig – das „Wegerecht“ zu beachten. Der Nürburgring gehört eben großflächig nicht insgesamt dem neuen Besitzer. - Und wir haben nicht mehr 1925!

Abgesehen von den Gesamtkosten, die viele, viele Millionen betragen. - Dabei tritt auch noch die Schwierigkeit auf, dass man auch zusätzlich Stromzuführungen „von außen“ benötigt. Inzwischen haben sich zu diesem Thema eine ganze Reihe von großen Herstellern, auch chinesische, aber auch alle großen Telefonanbieter am Nürburgring „die Klinke in die Hand gegeben“. - Das Ergebnis bis heute ist gleich Null!

Es gibt zu diesem Thema aber bereits eine von der damaligen WIGE (inzwischen verkauft) erträumte Lösung, die aber immer noch nicht aus deren Schubladen heraus gekommen ist. - Wenn ich mich recht erinnere, sah dieser Vorschlag die Installation von 90 Kameras ring um die Strecke vor. Neue Pläne, anderer „Spezialisten“ besagen, dass man mit 80 Kameras auskommt.

Motor-KRITIK hat dieses Thema schon vor Jahren mit dem inzwischen verstorbenen „Jöckel“ Hilgeland diskutiert. Es kommt schließlich nicht darauf an etwas zu machen, sondern es so zu machen, dass in der Realität auch wirklich ein bestimmter Sicherheits-Standard erreicht wird. - Für die Nordschleife würde es aber in jedem Fall einen neuen Sicherheitsstandard setzen, weil das System nicht nur bei Rennen, sondern auch im Touristenverkehr zu nutzen wäre.

Oder bei Trackdays, Fahrerlehrgängen usw. - Der Nürburgring würde so eine moderne Infrastruktur – also eine Konstante - dringend brauchen, da z.B. bei den Touristenfahrten eine neue Generation von sportlichen Fahrern unterwegs ist, die das Autofahren eigentlich nicht mehr von Grund auf gelernt und beim „Rennenfahren“ auf Spielkonsolen auch die Achtung vor jedem Unfall verlernt hat.

Man crasht, fährt auf die Strecke zurück – und weiter geht’s. - Hier in der Eifel landet man dann aber in der Realität – bestenfalls – im Krankenhaus. - Manchmal auch auf dem Friedhof. - Man kann diese Leute aber auch nicht mit „Todesdrohungen“ zur Vernunft bringen. Vernünftig werden die erst dann, wenn es ihr Geld kostet. - Das ist die moderne Realität!

Da nutzt die Formulierung zum Unfallgrund der Polizei mit „...nicht angepasste Geschwindigkeit“ wenig.

Da muss der neue Besitzer und Pächter des Nürburgrings nun keine Alibi-Gespräche mehr führen, sondern nach gründlicher Vorplanung mal eine Menge Millionen Euro in die Hand nehmen!

Der Nürburgring hat dank des verantwortungslosen Handelns der politischen Führung in Mainz inzwischen alles was man nicht braucht – man denke nur an den „ring°racer“ - aber man hat die zukunftssichere Aufrüstung des Nürburgring mit einer „passenden“ Infrastruktur vergessen.

Sie ist aber wahrscheinlich auch deshalb nicht erfolgt, weil man an der Spitze dieser früher einmal landeseigenen Gesellschaft immer nur Leute beschäftigt hat, die von der Materie eigentlich keine Ahnung hatten. - Hochbezahlte Lehrlinge! - Und man hat auf „Fachleute“ nicht gehört! - Denn das Thema ist nicht neu. - Und wenn man jemanden hatte, der das Thema ernst nahm, dann hat man ihn entsorgt.

Natürlich gibt sich die derzeitige Geschäftsleitung – scheinbar – alle Mühe. Einer ihrer Berater, aber auch Beteiligter, wurde mir sogar schon aus London gemeldet, wo er „in obiger Sache“ unterwegs war. - Aber diese Art von Aktivität genügt nicht. - Auch in London hat man sich – so meine Information – nur ein Absage eingehandelt.

Fachleute auf einem bestimmten Gebiet arbeiten eben nicht unbedingt gerne mit Amateuren zusammen, die eigentlich – aber das ist eine Unterstellung – nur eine billige Alibi-Lösung anstreben.

Man hat zum Glück seit Jahren eine spezielle Renn-Feuerwehr, die man aber fast widerwillig – wegen der Kosten? - akzeptiert; die jeweilige Rennleitung nutzt die Bildschirme und Zeitmessanlagen, die auch nicht im Besitz des Nürburgring-Besitzers sind.

Auf dem großflächigen Gebiet der Nordschleife stellen Fremdfirmen die Toilettenhäuser auf, versorgen mit Frischwasser, notwendigen Stromaggregaten, stellen so die Beleuchtung sicher. Die CNG selbst lässt sich Parkplätze zu „guten Preisen“ bezahlen, ohne dass man dem Kunden Sicherheit – z.B. durch eine Versicherung – garantiert.

Man schaue sich aber einmal die Arbeitsplätze der Streckenposten, der Sportwarte an, die – wie man gerne formuliert – ein „Ehrenamt“ ausüben. - Evtl. für 50 Euro am Tag!

Ist der Vermieter, Verpächter des Nürburgrings tatsächlich der Vermieter, Verpächter einer funktionsfähigen Rennstrecke? - Wenn man an die „temporäre Infrastruktur“ denkt, die von Rennen zu Rennen, von Veranstaltung zu Veranstaltung neu geschaffen werden muss – manchmal zwar unvollkommen, aber immerhin… - schon. - Oder doch nicht?

Da tauchen dann auch andere Probleme auf, die aufsichtsführende Behörden z.B. als „Schwarzarbeit“ empfinden. Nicht zufällig war da eine Dienststelle des Zolls zum 24h-Rennen im Fahrerlager unterwegs. (Es waren übrigens nicht Beamte der Dienststelle des Hauptzollamtes Koblenz!) - Was nachdenklich machen sollte!

Die Problematik der „temporären Infrastruktur“ am Nürburgring zieht also Kreise! - Bundesweit?

Aber wen interessiert das überhaupt noch? - Oder sollten wir mal das Thema Mindestlohn aufgreifen?

MK/Wilhelm Hahne
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