Gespeichert von wh am
Ich habe mich am Wochenende dafür entschuldigt, das Motor-KRITIK zeitweise – und leider immer wieder – wie ich aus Leserkreisen hörte, nicht zu erreichen war. Der Fehler sei nach Wartungsarbeiten am Server am Freitag aufgetreten, wurde ich beruhigt. - Kann sein; vielleicht war es wirklich so. - Aber aus welchen Gründen das auch immer passierte: Es ist im Interesse meiner Leser nicht zu akzeptieren! - Mein Provider hat mir zugesagt, Motor-KRITIK dann sofort auf einen anderen Server umziehen zu lassen, wenn dieser „Fehler“ noch einmal auftreten sollte. - Ich hoffe, das wird nicht notwendig sein! - Aber ich hoffe auch schon seit langem, dass eine laufende Berichterstattung über den Nürburgring nicht mehr notwendig ist. - Leider haben meine Kollegen nicht die Übersicht, machen sich abhängig von Pressemitteilungen. Das mag daran liegen, dass die Mehrzahl der Redaktionen zu weit vom Problemkind Nürburgring entfernt sind, was aber keine Entschuldigung wäre. - Meine ich. - Trotzdem ist Realität, dass andere sich von einem guten Bühnenbild hier in der Eifel ablenken lassen. Das Theater findet hier tatsächlich hinter den Kulissen statt. - Berichten darüber kann natürlich nur der, der auch mal dahinter schaut. - Also was bleibt?
3. Juli 2017: Lieber Leser!
Da es sonst anderen wohl zu anstrengend und zu teuer ist, bleibt die Recherchearbeit bei Motor-KRITIK. Über den Nürburgring berichten bedeutet aber auch, dass man den Motorsport mit in seine Betrachtungen einbezieht. Auch dort erhält die Politik, die von wenigen Machern bestimmt – und von der Industrie beeinflusst - wird, eine immer größere Bedeutung.
Es wäre aber falsch, die Entwicklung auf diesem Gebiet isoliert zu sehen. Auch der so genannte Motor-Journalismus ist auf einem falschen Weg. Er lässt sich zu deutlich vom Marketing der Industrie bestimmen. Nicht nur große Verlage, sondern auch „freie“ Einzelkämpfer haben – wenn sie an neue Aufgaben herangehen – mehrheitlich „Dollarzeichen“ in den Augen. - Wie man so sagt, obwohl man Euro meint.
Auch bei den Herstellern selbst ist fast überall das „große Showlaufen“ angesagt. Man verkauft kostensenkende, als besondere „innovative“ und intelligente, fortschrittliche Lösungen, stellt dem Käufer nur die Vorteile dar und kaum jemand macht sich die Mühe, die plakativen – oberflächlichen - Darstellungen der Automobilhersteller zu hinterfragen.
Damit das auch wirklich nicht passiert, schafft die Industrie die Instrumente selber, die man benötigt, um das Käuferbegehren in die richtige Richtung zu lenken. Das ist natürlich die, die Profit verspricht. - Das ist eigentlich auch nicht verwerflich, sondern verständlich, hat aber leider nichts mit sachbezogener Kundenberatung und -Information zu tun.
Hier könnte eigentlich ein gesunder Motor-Journalismus für einen Ausgleich sorgen. Doch über die Zeit hat die Industrie ihre Weichenstellungen so betrieben, dass – fast ohne Ausnahmen – nur noch die Wiedergabe von „Prospektdaten und – Fakten“ erfolgt. Man nutzt da auch eine Entwicklung, die man z.B. bei „youtube“ und „facebook“ beobachten kann, Medien, in denen „Produktvorstellungenn “ nur noch so stattfinden, wie sie von den Herstellern gewünscht werden.
Darum hofiert man auch die, die man als „Influencer“ bezeichnet, die sich gerne von der Industrie umgarnen lassen und im Gegenzug kritiklose Produktpropaganda betreiben. Die haben zwar keine wirklich Beziehung zum Produkt Automobil, aber vermitteln ihren „Followern“ die Verbindung der jeweiligen Marke zum „Lifestyle“.
Große Verlage träumen heute von „Hybrid-Journalisten“, die einerseits die Hefte mit Informationen auf eine Art füllen, die den großen Anzeigenkunden genehm ist – und erwarten zusätzlich, dass diese „Jorunalisten“ auch noch Aufträge für Sonderbeilagen – oder -Teile aquirieren, mit denen die Industrie dann – fast unauffällig – die „gute Redaktionsarbeit“ der Verlage honorieren kann. - In Euro.
Diese Entwicklung ist inzwischen geradezu extrem geworden. So wird von einem TV-Sender z.B. den „freien Mitarbeitern“ klar gemacht, dass man in Zukunft die Zusammenarbeit auf eine neue Basis stellen muss. Der „Freie“ hat seine Produktinformationen und -Tests auf eigene Kosten sendefertig zu produzieren. Er erhält dann sein Honorar, wenn die vom Bericht betroffene Firma den Beitrag als „sendefähig“ abgenommen hat. - Wenn nicht: Wird nicht gesendet, gibt‘s auch kein Geld!
Wie werden unter diesem Druck produzierte „Tests“ - oder auch Fahrberichte – wohl aussehen?
Ein Freund sagte mir noch vor Tagen:
„Die Automobilindustrie freut sich seit Jahren, dass du durch den Nürburgring so abgelenkt bist, dass du nicht mehr dazu kommt, die Entwicklung dort – wie du das früher getan hast – kritisch zu beleuchten. - Die reiben sich doch ob dieser Entwicklung die Hände!“
Und ich frage mich, ob es tatsächlich sein kann, dass heute die Leser und „Seher“ alles wirklich so kritiklos schlucken, wie es ihnen vorgesetzt wird?
Da wird mir dann folgende Rechnung aufgemacht, die mir die Sinnlosigkeit meines Tuns klar machen soll:
Wenn 20 Geschichten und Veröffentlichungen zu einem Produkt nur Vorteile für einen potentiellen Käufer schildern und eine einzige Quelle stellt den Vorteilen auch die Nachteile gegenüber, schildert die Realität: Wer ist dann wohl glaubhaft?
Audi versendet gerade wieder Einladungen zu Probefahrten, bei denen nach dem Aufklappen einer gut gemachten „Drucksache“ ein Titel auffordert:
„Einsteigen und Vorsprung entdecken.“
Dieser Satz folgt auf den Hinweis:
„Der direkte Weg zu den neuesten Audi Technologien:
Und man findet weiter Hinweise auf „Aktuelle Audi Technik-Highlights“.
Der Hinweis auf den „direkten Weg“ (s.o.) würde bei Motor-KRITIK besser passend so ergänzt werden:
- ...ist eigentlich der über einen Rückruf!
Im Moment erfolgt gerade wieder ein Rückruf für 385.000 VW-Produkte allein in Deutschland, die auch Audi-Produkte betrifft. In 30 min wird in den Kundenwerkstätten eine neue Software – dieses Mal für‘s ABS- und ESP-System aufgespielt und „alles ist gut“. - Wirklich?
Als vor Wochen ein moderner Mittelklasse-Fronttriebler beim Anbremsen einer engen Kurve aus hoher Geschwindigkeit seine Restgeschwindigkeit nur noch mit Hilfe einer Leitplanke bei einer Track-Day-Veranstaltung gegen Null bringen konnte, da hatte er vor der Durchfahrt eines Kiesbetts auf dem Asphalt zwei „schwarze Striche“ - von stehenden, blockierenden Hinterrädern – hinterlassen. Der Fahrer gab etwas verstört zu Protokoll, dass wohl die Bremse ausgefallen wäre. Jeder der Beobachter hat sich als Erklärung zu dem Erlebten etwas anderes gedacht.
Nach dem jetzt erfolgten Rückruf weiß man endlich, wie so etwas kurz und knapp bezeichnet wird:
- Es ist eine "thermomechanische Überlastung". - Und ein Pressesprecher erklärt: „Die Stabilisierungsfunktion des Fahrzeugs über das Bremsregelsystem könne in fahrdynamischen "Grenzsituationen", wie zum Beispiel Übersteuern, Untersteuern oder Vollbremsungen, nicht mehr gegeben sein.
Ich spreche mit Porsche-Fahrern, die mir entgeistert erzählen, dass sie früher mit ihrem „alten Porsche“ so um 30.000 Kilometer fuhren, bis dass man sich um die Bremsen kümmern musste. Mit ihrem „neuen Porsche“ brauchen sie evtl. nach einer Woche - oder 1.500 bis 2.000 Kilometer - eine Bremsen-Erneuerung, wenn sie mit ihm u.a. in dieser Zeit z.B. an einem Track-Day teilgenommen haben.
Natürlich haben sie das neueste, modernste Porsche-Modell mit den „innovativsten“ technischen Lösungen gekauft zu denen dann u.a. eine elektronische Sperre gehört. Niemand hat denen erklärt wie die arbeitet. Und niemand sagt denen auch, warum sportliches Fahren bei so ausgestatteten Sportwagen „auf die Bremse geht“.
Es gibt sogar Firmen, die mit Hilfe der ABS-Sensoren – die gesetzlich vorhanden sein müssen und auch zum gesetzlich vorgeschriebenen ESP-System gehören – einen Allradantrieb elektronisch kontrollieren. - Gut, dass es in unseren Breiten keine Wüste gibt!
Aber eigentlich genügt schon das gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitssystem, um die laufenden Kosten für den Fahrzeughalter zu erhöhen. - Hier ein Beispiel aus der Praxis, der ersten Zeit nach der zwangweisen Einführung des ESP:
Ein Kollege fährt mit seinem Neuwagen für um drei Wochen in den „Hohen Norden“, nach Schweden und Finnland. Es ist Anfang des Jahres, „dort oben“ herrscht richtiger Winter.
Wieder in Deutschland gibt er seinen Wagen in die Inspektion um umgehend von seiner Werkstatt informiert zu werden:
„Wir müssen Bremsscheiben und Bremsklötze erneuern!“
Der Wagenbesitzer ist empört, verweigert, so eine Reparatur nach wenigen tausend Kilometern mit einem Neuwagen bezahlen zu müssen.
Der Hersteller wird eingeschaltet und bittet darum – per Telefon mit der Werkstatt verbunden – mit einer „2. Ebene“ des Fehlerspeichers per Computer verbunden zu werden, zu der weder Werkstatt noch Kunde einen Zugriff hat.
Und lehnt dann nach Auslesen der Daten eine Kostenübernahme ab, da er dort ESP-Eingriffe (= Bremsen-Eingriffe) in vierstelliger Größenordnung auslesen konnte.
- Feststellung des Herstellers: „Dafür ist das ESP nicht gemacht!“
Der Kunde weist darauf hin, dass er sich die Fahrt über schneeglatte nordische Straßen im Winter nicht ausgesucht hat.
- „Entgegenkommender Weise – und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ übernimmt dann der Hersteller nach einigem Hin und Her die Kosten.
Dass so ein (Extrem-)Fall auch ein Beispiel dafür ist, dass hier „persönliche Daten“ von einem „Fremden“ dazu genutzt wurden, um ihm ein scheinbar fehlerhaftes Verhalten vorzuwerfen, davon war damals nicht die Rede.
Aber so wird das z.B. mit der „Datensicherheit“ und „Datenschutz des Kunden“ bei der Automobilindustrie gehandhabt. Der Kunde weiß gar nicht, dass die von ihm geschaffenen Daten – also „persönliche Daten“ - eigentlich missbraucht werden.
- Und das ist sicherlich nicht nur bei diesem einen Automobilhersteller der Fall!
Es geht den Firmen immer nur darum, den Kunden einen „kostenpflichten Fortschritt“ zu verkaufen, ihn nach dem von ihnen eingeschätzten Wert – nicht nach dem anfallenden Kostenaufwand! - zu berechnen. - Und wer klärt die Kunden auf? - Der bestens geschulte Verkäufer?
Ich gehe schon mal aus Interesse – weil ich jahrelang selber Automobile verkauft, aber auch Verkäufer ausgebildet habe – in moderne, attraktive Automobil-Läden, sitze evtl. in Benz-Polstermöbeln und staune über das Produktwissen der Verkäufer, das sich im Wesentlichen in der Kunde von Farb- und Leasing-Möglichkeiten erschöpft.
Und die Fachpresse? - Ach ja! - Wo ist sie geblieben? - Eigentlich forciert sie nur den Trend, den die Industrie als richtig empfindet: Hin zu großen, schweren, PS-starken Monstern, voll gepflastert mit unzuverlässiger Digital-Technik. (s. aktueller Rückruf)
- E-Automobile haben die Bedeutung eines Feigenblattes!
Da beschweren sich bei mir Fahrer von Diesel-Automobilen, weil ihre Viel-Gang-Automatikgetriebe (Doppelkupplungsgegtriebe) nach hohen – zu hohen – Reparatur-Kosten verlangen. - Und warum haben die kein „normales“ Schaltgetriebe geordert? - Weil der Verkäufer… - und es ist doch das modernste… und man möchte doch den „Fortschritt durch Technik“ nutzen.
Dann muss man auch bezahlen, was eigentlich alles unnötig ist, wenn man ein Automobil nur braucht, um sich zuverlässig von A nach B fortbewegen zu können.
Die Hersteller möchten das Hydraulik-Bremssystem gerne in Zukunft durch ein elektrisch angesteuertes ersetzen, wie auch die Lenkgetriebe. Oder wie schon das Gaspedal jetzt. - Nicht weil das besser, sondern weil das in der Produktion billiger wäre. Mit den Mehrgewinnen könnte man den Marketing-Etat erhöhen. Und das Marketing könnte dann wieder… -
Wenn man schon mal bei einem Rallye-Werkswagen unter die Motorhaube gesehen hat, dann hat man vielleicht ein Kabel gesehen, dass dort für den Fall bereit liegt, dass das elektronische Gaspedal Probleme macht. Die Fahrer brauchen dann nur den schon vormontierten Gaszug einzuhängen.
Muss ein Automobil ein fahrendes Elektronik-Center sein, aus dem man zu Hause die Füllung des Kühlschrankes steuern, die Heizung einschalten kann? - Braucht man ein „Virtual-Cockpit“ oder einen „3D-Klang“ im Automobil?
Nun, ich habe – noch als Automobilverkäufer beim Kunden unterwegs – durchaus die Wohnungen der Käufer, deren Wohnungseinrichtung und deren Ansprüche an ein Automobil erlebt, die sich primär daran ausrichteten, dass man damit in seinem privaten und beruflichen Umfeld „Eindruck schinden“ konnte.
Die Automobilhersteller nutzen also einfach nur die menschlichen Schwächen! - Die tollen PS- und Technik-Monster sind also nur etwas für „Schwache“?
Ich habe vor einiger Zeit mal – weil es regnete – in meinem Kleinwagen eine junge Dame mitgenommen, die zu Fuß unterwegs war und vom Regen überrascht wurde. Wir kannten uns. - Nach dem Einsteigen sagte sie zu mir:
„Ich wollte, wir wären auch schon so weit wie du!“
Auf meinen fragenden Blick hin ergänzte sie:
„Dann würden wir uns auch so ein kleines Auto kaufen können.“
Auch in dieser Famlie wird ein Automobil gefahren, dass man eigentlich nicht braucht, aber das sie auf ein Niveau hebt, auf dem sie gerne von ihrem Umfeld gesehen werden will.
Von dieser Einstellung lebt nicht nur die Automobilindustrie gut, sondern z.B. auch die Küchenhersteller. Wer hat schon nur noch einen Herd und Kühlschrank? - Man hat eine Vorzeige-Küche im Wert von -zigtausend Euro. - Und kauft Fertiggerichte im Supermarkt!
Denn: Wer hat denn heute noch Zeit zu kochen?
Wir leben halt in einer verrückten Welt. Und die Industrie wäre dumm, wenn sie die Möglichkeiten der menschlichen Schwächen nicht ausnutzen würde.
Sowohl beim Käufer - als auch bei Berichterstattern von/über Automobile. - Wenn die‘s denn mit sich machen lassen!
Es ist aber nicht nur dieses Teilgebiet „des täglichen Lebens“, dass unter der modernen, „fortschrittlichen Entwicklung“ unserer Gesellschaft leidet. - Wirklich leidet?
Eigentlich ist doch alles gut! - Man muss es nur so empfinden. - Und nach vorne blicken.
Alles wird gut? - Schau‘n mer mal!
Fortsetzung folgt!
Wilhelm Hahne