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Nürburgring „ring-racer“ am 3. September 2009 wieder – zum zweiten Mal - verunfallt:
Die Nürburgring-Information dazu erfolgt in drei Etappen, ähnelt aber leider in ihrer Art des Ansatzes und Umsetzung einer versuchten Irreführung der Öffentlichkeit.
Schon im Juli hatte es eine kleine Panne (angeblich nur eine kleine) mit dem „ring°racer“ gegeben. Das als „schnellste Achterbahn der Welt“ angekündigte Highlight des Großprojekts „Nürburgring 2009“ sollte eigentlich spätestens am 15. August (DTM-Rennen) die Fahrgäste in 2,5 sec von Null auf 217 km/h bringen. Durch den „technischen Defekt“ musste auch dieser Termin – nachdem schon der erste Starttermin zum 9. Juli (F1-GP) nicht gehalten werden konnte – verschoben werden. Nun hat es aktuell wieder „geknallt“. - Richtig geknallt! - Daraus resultierte dann die Reaktion einer Geschäftsleitung, die an diesem „Knall“ ihre Vorstellungen von „richtigem“ Krisenmanagement umzusetzen versuchte. - Offiziell erklärt die "Ring GmbH ihre schleppende Informationspolitik" gegenüber einer großen regionalen Tageszeitung damit, "dass die Betroffenen entweder mit Vorgesetzten oder aus eigenem Antrieb zum Arzt gegangen seien. Davon habe man erst später erfahren, ein klassisches Unfallzenario mit Rettungswagen und Ärzten habe es nicht gegeben." - Lesen Sie nachfolgend, was ich - der Journalist Wilhelm Hahne - zum Ablauf der Geschehnisse ermittelte. Fotos, die einen kleinen Eindruck dazu vermitteln, können Sie auf den Internetseiten - und in der heutigen Druckausgabe - der "Eifel-Zeitung" finden, die gleichzeitig den Beweis dafür liefert, dass vielleicht bei (und für) kostenlose Anzeigenblätter schon mal die besseren Journalisten arbeiten. Bei einer solchen Zeitung ist es kein Geheimnis, dass sie von den Anzeigeneinnahmen lebt. (Denken Sie jetzt bitte selbst einmal diesen Gedanken zu Ende.)
Wie aus einem kleinen „Zwischenfall“ ein großer Vertuschungs-Skandal werden kann
09-09-09/01 - In der ersten offiziellen Pressemitteilung der Nürburgring GmbH vom 3. September 2009 liest sich der Unfallbericht so: „Während Tests an der Pneumatik des ring°racers kam es heute gegen 13 Uhr zu einem Zwischenfall und einem lauten Knall. Personen kamen dabei nicht zu Schaden. Es bestand zu keiner Zeit Gefahr für Gäste, Besucher oder technisches Personal.“
So wurde der „laute Knall“ im Umfeld des Nürburgrings wahrgenommen:
An einer rd. drei Kilometer entfernten Tankstelle hob der Tankwart aufmerksam seinen Kopf, sah sein Gegenüber fragend an und stellte fest: „Das hörte sich jetzt an, als wenn nebenan ein Baum umgefallen wäre.“ - Beide schauten sich horchend um, hatten aber keine Erklärung für das Geräusch-Erlebnis.
Anders in einem Restaurant in Nürburg, rd. 500 Meter vom „Knallpunkt“ entfernt, wo man in kleiner Runde beim Essen saß. Man hob ob des lauten Knalls erschreckt die Köpfe, wartete horchend auf weitere Geräusche, die aber ausblieben. „Da wird wohl einer von der Geschäftsleitung einen Bio-Furz gelassen haben“, versuchte sich ein Gast an einem Scherz, der von den hier befindlichen Gästen aber auch verstanden wurde. - Alles lachte. Dachte man dabei an den „integralen Bestandteil des Nürburgring-Unternehmens, den Umweltschutz“? - Aber man widmete sich dann – weil es scheinbar ruhig blieb – wieder dem Umgang mit Messer und Gabel.
Die reale Situation vor Ort stellt sich dagegen wesentlich dramatischer dar:
Im Auftrag der Nürburgring GmbH wurden nach erfolgter Reparatur des ersten Schadens im Juli, am 3. September wieder Testfahrten vorgenommen. Wie schon beim ersten Unfall, so waren auch an diesem Tag keine Mitarbeiter des TÜV Rheinland (Köln) vor Ort. In den Verlautbarungen der Nürburgring GmbH wird durch unklare Formulierungen der Eindruck erweckt, als seien TÜV-Techniker vor Ort gewesen. Das ist nicht so. Allerdings dienten die Testfahrten der Vorbereitung einer (evtl.) späteren technischen Abnahme.
Bei den aktuellen Testläufen wurde versucht, die Geschwindigkeit des „ring°racer“ von Durchgang zu Durchgang zu steigern. Schließlich soll dieses Fahrgeschäft einmal seine Gäste – schneller als ein Formel 1 – in 2,5 sec auf 217 km/h katapultieren. Der Start erfolgt tatsächlich katapultartig, wie man es z.B. von Flugzeugstarts auf Flugzeugträgern kennt. Das System ist also bekannt und eigentlich funktionsfähig. Allerdings hatte die Herstellerfirma mit den bisher ausgelieferten Achterbahnen, die mit diesem System „befeuert“ wurden, wenig Glück. So waren bei den Fahrgastträgern oft Risse festzustellen und es wurden statt einfacher Gummirollen, teure luftgefüllte Flugzeugräder verbaut, um die eigentlich als „ruppig“ empfundenen Fahreigenschaften der luftdruckbetriebenen S&S-Bahnen etwas zu mildern. Bei der Bahn am Nürburgring wurden dann auch wieder die allgemein bewährten Rundrohren statt der der sonst verbauten I-Träger verwendet, die schwerer zu biegen sind.
Dr. Kafitz war beim Kauf der Bahn in den USA von der Richtigkeit seiner Entscheidung überzeugt und stellte damals gegenüber der Fachpresse fest: „Die Herstellung der einzelnen Komponenten unterliegt … dem deutschen TÜV-Standard, der Deutschen Industrie Norm, sowie der Europäischen Norm und wird fast ausschließlich von Betrieben in Deutschland und Europa übernommen.“ -
So wurden Schienen und Struktur von einem italienischen Hersteller produziert, die Anlage von einem deutschen Fachbetrieb aufgebaut. Die Fahrgastträger kommen aus den USA, sowie auch eine Reihe von Teilen zum Aufbau der pneumatischen Anlage. Es wurden 850 Tonnen Stahl verbaut und die Steuerelektronik des Systems nimmt allein einen Raum von 15 Quadratmetern ein.
Nach letzten Informationen aus dem Mainzer Landtag werden die Gesamtherstellungs- und Aufbaukosten der Achterbahn-Anlage bei 12,3 Millionen Euro (einschl. MWSt.) liegen, eine Zahl – die obwohl sie schon hoch scheint – nach den letzten Ereignissen jedoch noch einmal deutlich ansteigen wird.
Fachleute schätzen, dass zu einem kostendeckenden Betrieb in Zukunft Tageseinnahmen von rd. 5.000 Euro notwendig sind. Wenn man nun alleine die Einnahmeverluste der letzten Monate kumuliert... - Als normaler Steuerzahler darf man nicht darüber nachdenken. - Kamelreiten auf den Nürburgring-Parkplätzen wäre billiger gewesen.
Nun versuchte man also am 3. September die Achterbahn auf die theoretisch mögliche Geschwindigkeit von 217 km/h zu bringen. Auch die erste Demonstrationsfahrt aus Anlass des Formel 1-Grand-Prix, besetzt mit u.a. einem so illustren Fahrgast wie Michael Schumacher, fand nur (wie auch auf YouTube zu sehen) „im kleinen Trab“ statt, wobei diese Art der Präsentation - verglichen mit den großartigen Ankündigungen – geradezu lächerlich wirkte.
Jetzt, am 3. September, ging es von Mal zu Mal ein wenig schneller, bis – zum Entsetzen der Beobachter – dann mit einem scheppernden Geräusch eine Reihe von Eisenteilen, zum Teil verbunden mit einem Stahlseil durch die Gegend flogen. Sie durchschlugen u.a. einen Drahtzaun.
Arbeiter einer Fremdfirma konnten sich nur mit Glück hinter einer Betonmauer in Sicherheit bringen, während die Metallteile (und die spätere Druckwelle) dann z.B. auch herumstehende Baumaschinen beschädigten. Die Startanlage des „ring-racer“ (das Katapult) war nach dieser ersten Explosion total zerstört. Direkt danach gab es dann eine richtige Detonation, verbunden mit einer gewaltigen Druckwelle: einer der Druckluftkessel, der nach Herstellerangaben einen Innendruck von 14 bar aufweist, war geborsten.
Durch die Druckluftwelle wurde sogar die Scheibenfront im dem rd. 50 Meter entfernt liegenden Start- und Zielgebäude beschädigt, Scherben flogen durch die Luft, zersplitterten außen auf dem Beton oder auf den Böden innen, soweit es sich nicht um Teppichböden handelte.
Es ist nicht entschuldbar, wenn im Titel der ersten offiziellen Pressemitteilung der Nürburgring GmbH eine solche Kastatrophe als „Zwischenfall“ bezeichnet und behauptet wird: „Personen kamen dabei nicht zu Schaden. Es bestand zu keiner Zeit Gefahr für Gäste, Besucher oder technisches Personal.“
Nach der Detonation, der Explosion des Druckkessels, waren nämlich sofort Angestellte und Führungskräfte der Nürburgring GmbH zur Unfallstelle geeilt um den entstandenen Sachschaden in Augenschein zu nehmen und entsprechende Maßnahmen zu veranlassen. Dazu gehörte z.B. - wichtig! - der Entwurf der Pressemitteilung, aus der schon zitiert wurde und die dann schon um 15:30 Uhr über den vorhandenen Presseverteiler (in dem übrigens Motor-KRITIK oder der Journalist Wilhelm Hahne nicht vorkommt!) zur Versendung kam. Einer Mitarbeiter der von der Nürburgring GmbH engagierten Presseagentur aus Hamburg war zufällig (aus Gründen der an diesem Wochenende stattfindenden SuperBike-Veranstaltung) vor Ort und stellte diesen schnellen Versand sicher, mit der die Bedeutung des Unfalls herunter gespielt, verharmlost und verniedlicht wurde. „Es bestand zu keiner Zeit Gefahr für Gäste, Besucher oder technisches Personal.“
Zu diesem Zeitpunkt waren schon die Mitarbeiter einer Adenauer Glasfirma mit der Beseitigung der entstandenen Glasschäden beschäftigt. Nur um die im Umfeld der Explosion befindlichen Mitarbeiter (z.T. von Fremdfirmen) hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt niemand gekümmert. Dabei waren diese Leute durch Knall und Druckwelle z.T. schwer geschädigt, klagten über Druckgefühle im Kopf und Ohrgeräusche.
Niemand der Nürburgring-Geschäftsleitung oder mittleren Managements hat mit ihnen gesprochen, sie befragt. Im Gegenteil: die Ein- und Ausfahrten zur Unfallstelle wurden durch Tore verschlossen und den Arbeitern im aggressiven (!) Ton durch das Sicherheitspersonal untersagt, das Gelände zu verlassen. - Auf wessen Anweisung? - War damit eine bestimmte Absicht verbunden?
Erst nach Eintreffen von Mitarbeitern der Berufs-Genossenschaft, gegen 16 Uhr, kam die Anweisung, die betroffenen Arbeiter ins nächstgelegene Krankenhaus, nach Adenau, zu verbringen. Das geschah nicht etwa mit entsprechend ausgestatteten Krankenwagen, sondern mit dem Firmenbus einer Firma, deren Arbeiter an der Baustelle eingesetzt waren. Es waren auch zu viele Verletzte. Und für viele Verletzte wären mehrere Krankenwagen benötigt worden. Man wollte wohl jedes Aufsehen vermeiden.
Es ging – so mein Gesamteindruck - in erster Linie darum, den Unfall zu bagatellisieren, nicht darum, verletzten Menschen schnell und unbürokratisch zu helfen. Die Darstellung in der ersten offiziellen Pressemitteilung, die deutliche Verniedlichung der Größe des Unfalls und das Verschweigen von entstandenen Personenschäden unterstreicht diesen Eindruck.
Es muss hier festgestellt werden: erst drei Stunden nach dem Unfall wurde den verletzten Arbeitern erste Hilfe zuteil. Dachten sie. Denn vom Krankenhaus Adenau wurde die Ärmsten nach Bad Neuenahr-Ahrweiler überwiesen und dort einem HNO-Spezialisten überstellt.
Dieser Facharzt stellte bei den einzelnen Leuten Knalltrauma und Hörsturz fest, außerdem waren u.a. Trommelfellschäden festzustellen und sogar feine Härchen im Innenohr, die als Sensoren für die Übermittlung der Höreindrücke ans Gehirn dienen, waren z.T. abgebrochen. (s. den dieser Geschichte folgenden Anhang mit Basis-Informationen zum Thema Innenohr.)
Die betroffenen Arbeiter wurden nun entsprechend der entstandenen Körperschäden mit Kortison und anderen Medikamenten behandelt, die aber bisher – soweit ich das ermitteln konnte – noch keine Besserung brachten. Das liegt u.a. vielleicht auch daran, dass vielleicht zu spät mit der Behandlung dieser Schädigungen im Ohr (Innenohr) begonnen wurde.
Nachdem bei einigen der Betroffenen erst von einem tagelangen Verbleib im Krankenhaus gesprochen worden war, werden sie nun doch – aus welchen Gründen auch immer – ambulant behandelt, d.h. dass sie täglich zur Kontrolle ins Krankenhaus müssen, danach aber wieder nach Hause können.
Jetzt – auch Tage nach dem Unfall – ist der Zustand bei den Betroffenen praktisch unverändert: man klagt über einen permanenten Pfeif- oder Piepton im Ohr und einen schmerzenden Druck. Und natürlich über einen Hörverlust, was einen (bleibenden?) Verlust an Lebensqualität bedeutet. Aber Journalisten, die direkt nach dem Unfall noch einmal in einem Telefonanruf bei der Nürburgring GmbH nachfragten wurde klar und deutlich gesagt: „Personen wurden nicht verletzt.“ - Das wurde dann auch so gedruckt, da „auf die Schnelle“ keine Faktenüberprüfung möglich war.
Mit einer solchen – eindeutig sachlich falschen(!) - Auskunft durch die Nürburgring GmbH bzw. ihrer Mitarbeiter wurde nicht nur versucht eine breite Öffentlichkeit bewusst zu täuschen, offensichtlich war der Geschäftsleitung der Nürburgring GmbH auch daran gelegen, die politische Führung des Landes Rheinland-Pfalz (zu 90 Prozent Besitzer der GmbH) nicht zu beunberuhigen, da die Entwicklung des Projekts „Nürburgring 2009“ bis jetzt schon von einer ungewöhnlich großen Anzahl Pleiten, Pech und Pannen geprägt war. Die Stimmung in Mainz ist schlecht. Inzwischen wurde auch ein Untersuchungsausschuss zum Gesamtprojekt "Nürburgring 2009" eingesetzt. "Das ist notwendig, um die Glaubwürdigkeit, die angekratzt sein kann, wieder zu gewinnen", formuliert vorsichtig der SPD-Fraktionsvorsitzende Jochen Hartloff. Während der CDU-Fraktionschef Christian Baldauf zum gleichen Zeitpunkt deutlich macht: "Pustekuchen, nichts ist gut, nichts ist fertig, keiner weiß, wo es hin geht."
Die Fehlleistungen bei der Projektumsetzung werden wohl auch von dem Unvermögen einer Firmenleitung bestimmt, die beim Gesamtprojekt „Nürburgring 2009“ weder Finanzierung, Fertigstellung, noch Termine unter Kontrolle hatte. Nun hofft man wohl in Nürburg, dass Mainz „weit weg ist“ und der „Knall“ und seine Auswirkungen – auch auf Menschen(!) - nicht die Mitglieder des Landtages erreicht. - Doch da formuliert der CDU-Abgeordnete (MdL) Alexander Licht, nachdem im Landtag über das "miserable Krisenmanagment" der Nürburgring-Geschäftsführung gesprochen worden war: "Wenn Sie heute schon über Fehler reden, sind heute auch Konsequenzen erforderlich." Und er ergänzte gegenüber der "Eifel-Zeitung" seine Einschätzung zur Qualität der Nürburgring-Geschäftsführung: "Sie sei mit der Umsetzung des Projekts offensichtlich hoffnungslos überfordert. Daraus müsse die Landesregierung nun endlich Konsequenzen ziehen."
Und was sagt die Staatsanwaltschaft in Koblenz zu der Achterbahn-Katastrophe am Nürburgring? - Müssten nicht - zumal inzwischen auch erhebliche Personenschäden zugegeben werden - auch iim öffentlichen Interesse eine Untersuchung eingeleitet werden? - Oder ist die politische Führung dagegen?
Allein dieser hier beschriebene Täuschungs- und Vertuschungs-Versuch der Nürburgring-Geschäftsleitung sollte Grund genug für die Ablösung der gesamten Führungscrew am „Ring“ sein. - Auch wenn die Nürburgring GmbH, nach einer entsprechenden Ankündigung dieser Geschichte auf den Internetseiten der „Eifel-Zeitung“, dann am Montag – vier Tage nach dem Unfall! - eine Korrektur der ersten Aussage einleitete. Nun hatte man tatsächlich einen (einen einzigen!) Verletzten entdeckt. - Immerhin! - Aber man wusste auch seit diesem Montag, dass Motor-KRITIK, dass Wilhelm Hahne - auch im Auftrag der „Eifel-Zeitung“ - recherchierte.
Was ist in diesem Zusammenhang von einer Aussage eines Dr. Walter Kafitz zu halten, der gegenüber einem in der Vulkaneifel erscheinenden kleinen Anzeigenmagazin (Orange7“) seine Position zur Presse so erklärte: „Wir werden die Presse auch weiterhin mit allen Informationen versorgen, die für eine faire Berichterstattung benötigt werden.“
Danke, Herr Dr. Walter Kafitz. So lange es noch echte Journalisten gibt, sind wir nicht auf Ihre Art der Informationspolitik angewiesen! - Nein, Dr. Kafitz kann nicht zurücktreten. Auch als Hauptgeschäftsführer ist er wie ein normaler Angestellter zu behandeln und sollte entlassen werden. Darüber entscheidet u.a. der Aufsichtsrat.
Wenn der allerdings die bisherigen Fehlleistungen der Nürburgring-Geschäftsleitung als nicht kritikwürdig empfindet, weil er vielleicht nichts von der „neuen Art“ des Nürburgring-Geschäfts (vielleicht auch nichts vom eigentlichen Kerngeschäft) versteht, so sollte er doch in der Lage sein, Zahlen zu lesen und zu begreifen. Und ein Gefühl für Täuschungs- und Vertuschungs-Versuche haben. Und ein Mitgefühl für normale, arbeitende Menschen; nicht nur für überzahlte Geschäftsführer.
Am Montagabend, nach 19 Uhr, hatte man dann bei der Nürburgring GmbH weitere 6 Verletzte entdeckt. - Zufällig? - Sicher nicht. Man versucht jetzt die ersten falschen Angaben zu entstandenen Sach- und Körperschäden „unauffällig“ zu korrigieren. - Von Pressemitteilung zu Pressemitteilung werden es mehr. Und die letzte Pressemitteilung erfolgte am Montag so spät (nach 19 Uhr), dass so manche Zeitung diese Meldung nicht mehr unterbringen konnte. - Selbst so ein Versuch sollte bestraft werden. Erst heute, am Mittwoch, dem 9. September, sechs Tage nach dem Unfall, vermeldet z.B. die "Rhein-Zeitung" "Sieben Verletzte bei Racer-Unglück". - Alles nach Angaben der Nürburgring GmbH. - Oder nach "Faktenüberprüfung"? - Wann will man denn den Mitarbeiter eines Hotels als Verletzten vermelden, der zum Zeitpunkt der Explosion gerade mit dem Kehren einer Terasse beschäftigt war?
Vom eigentlichen Geschehen ablenkend, wird an diesem Punkt dann oft die „politische Argumentation“ zum Gesamtprojekt bemüht, ein Ablenkungsversuch unternommen, der „kleine Schäden“ im Hinblick auf das Gesamtobjekt gerne übersieht und von „volkswirtschaftlicher Bedeutung“ spricht. - Und wer benotet z.B. die „betriebswirtschaftliche“ Entwicklung? - Das ist die, die auch den Steuerzahler betrifft. - Und weer bewertet die Personenschäden, die jetzt z.B. gerade bei dem "ring°racer"-Unfall zu beklagen sind?
Wie sagte doch Jochen Hartloff (54), Fraktionsvorsitzender der SPD im Mainzer Landtag auf einer Sitzung zur Gründung des Untersuchungsausschusses in Sachen „Nürburgring 2009“ am 2. September 2009, einen Tag vor dem „Vertuschungs-Skandal“ am Nürburgring:
„Kein Mensch will sich aus der Verantwortung stehlen. Nicht der Ministerpräsident, nicht der Minister. Es zeichnet uns aus, dass, wenn Fehler gemacht werden, wir das benennen, dafür einstehen und dann gucken, wie man das verbessert und Projekte zum Erfolg führt.“
Wenn Worte nicht Worte bleiben, Sätze nicht zu Worthülsen verkommen sollen, dann ist es jetzt Zeit zum Handeln. - Sofort!
Übrigens: Einer der Arbeiter, der durch den „ring°racer“-Unfall ein Knalltrauma erlitt, musste sich inzwischen einer Ohr-Operation unterziehen lassen, bei anderen wird eine Hörschwelle von mehr als 70 Dezibel gemessen. Junge Leute müssen nun wahrscheinlich lebenslang auf ein Stück Lebensqualität verzichten. Ein solcher Verlust ist nicht mit Geld auszugleichen!
Hier endet - im Moment! - die eigentlich traurige Geschichte, die man vielleicht auch nur dann richtig versteht, wenn man um die Funktionen eines Ohrs, bzw. des Innenohrs weiß. Darum habe ich hier einen kleinen Nachtrag einfließen lassen, der sicherlich nicht durch Vollständigkeit glänzt, sondern eigentlich mehr grob dem nicht medizinisch vorgebildeten Leser einen kleinen Überblick verschaffen soll, Verständnis vermitteln, für die Leiden der o.g. Hörgeschädigten:
Versuch einer Erklärung:
Innenohr – Knalltrauma – Therapieproblematik
Das Innenohr ist ein kompliziertes Kanalsystem. Es besteht aus dem Schneckenlabyrinth mit dem eigentlichen Hörorgan und dem Vorhoflabyrinth mit dem Gleichgewichtsorgan.
Das Gleichgewichtsorgan besteht aus zwei Vorhofsäckchen, in denen Gleichgewichtszellen die geradlinige Beschleunigung messen. Darin sind Sinneshaare in eine Gallertschicht mit kleinen Kalkkörnchen eingebettet. Diese Kalkkörnchen biegen die Sinneshaare entsprechend der Schwerkraft und erregen so die Gleichgewichtszellen. Durch drei Bogengänge werden z.B: Winkelbeschleunigungen registriert. Durch eine intelligente Vernetzung, eine Zusammenarbeiten aller Sensoren ist der Mensch in der Lage, die Richtung der Bewegung und die Geschwindigkeit zu bestimmen.
Das eigentliche Hörorgan wird auch Spiralorgan genannt. Es liegt innerhalb einer knöchernen Schnecke. Die besteht aus drei übereinander liegenden Kanälen. Sie sind durch dünne Wände voneinander getrennt. Im eigentlichen Hörorgan sind etwa 25.000 Sinneszellen enthalten, von denen jede etwa 100 Sinneshaare trägt.
Die Schallwellen erreichen das Hörorgan über die Ohrmuschel, den Gehörgang, der am Trommelfell endet. Schalldruckschwankungen versetzen das Trommelfell in Bewegung, die diese Schwingungen dann über die Gehörknöchelchen in Richtung Innenohr übertragen. Werden die Gehörknöchelchen zerstört, kommt es zu einem Hörverlust von etwa 20 Dezibel. Man spricht dann von einer Schallleitungsschwerhörigkeit.
Eine komplizierte Übertragungsmechanik führt schließlich zu einer Auslenkung der Sinneshaare auf den Sinneszellen, die als elektrisches Signal über die Fasern des Hörnervs zum Gehirn weitergeleitet wird. Eine Schädigung der Haarzellen durch laute Schallereignisse oder hohen Schalldruck führt zu einer Innenohrschwerhörigkeit.
Ein so genanntes Knalltrauma kann Teile der Sinneszellen, aber auch des Hörnervs zerstören. Dabei wird ein natürlicher Mechanismus zur Selbstzerstörung von Zellen ausgelöst. Solche Zellen können in wenigen Stunden bis Tagen absterben. Die Folge wäre ein bleibender Hörverlust. Je stärker das Knalltrauma, umso größer sind oft die bleibenden Hörschäden.
Wichtig ist eine möglichst schnelle Behandlung des Knalltrauma durch einen erfahrenen HNO-Arzt. Leider gibt es bis heute keine Behandlungsmethode von eindeutig nachgewiesener Wirksamkeit. Es werden meistens Kortison oder Präparate zur Verbesserung der Durchblutung des Innenrohrs sowohl als Infusion als auch in Tablettenform über mehrere Tage – aber auch Wochen – eingesetzt.