Formel 1-Fahrer: "Herrenfahrer" - die gab es mal!

Da habe ich ein Buch schon wochenlang im Wohnzimmer liegen, blättere, lese abends darin und versuche heraus zu finden, was ich als „alter“ F1-Fan meinen jüngeren Lesern dazu erzählen soll. Denn es genügt nicht, dass ich etwas gut finde, sondern ich muss mir überlegen, welchen Wert der Kauf eines solchen Buches für einen „jungen“ Leser hat. (Meine Leser sind immer jünger als ich!) Wie sollte ich denen  wohl dieses Buch vorstellen…

 

 

...das den „trockenen“ Titel trägt:

„Gesichter der Formel 1 -  Die Sechziger.“

Und dann auch noch voller – „nur“ - Schwarz/Weiß-Fotos? - 168 Seiten in einem Schuber (30 x 24 cm) für 125 Euro? - Da lässt dann so mancher der jungen Fans „die Finger davon“. - Da nutzt auch der Hinweis wenig, dass die SW-Fotos von dem inzwischen lange verstorbenen Dr. Benno Müller sind, der sich - eigentlich Arzt - primär mit den Gesichtern der Formel 1-Fahrer auseinandersetzte und so für die Leser dieses Buches die Möglichkeit schuf, diese „Köpfe“ mit denen der heutigen F1-Elite zu vergleichen.

Ich denke, dass es in dieser „Übergangszeit“ der Formel 1 – den 60ern - die immer deutlicher von Bernie Ecclestone beherrscht wurde - der übrigens auch zum Buch ein Vorwort schrieb - zwar nicht nur noch „Herrenfahrer“ gab, wie ich sie in den 50er-Jahren noch erlebt habe.

Prinz Bira war so einer. Ein „Prinz aus dem Morgenland“, der sich u.a. einen Maserati Formel 1 kaufte, um damit seinen Neigungen nachzugehen. Später hat er dann seine Liebe zum Segeln entdeckt.

  • Heute unvorstellbar: Maserati baute in den 50er Jahren Formel 1-Fahrzeuge in kleiner Serie, die jeder kaufen konnte! - Wie z.B. Prinz Bira.

Jede Zeit, die man bewusst erlebt – weil man in ihr lebt - ist eine „moderne“ Zeit. Die 60er waren schon „moderner“ als frühere Jahrzehnte. Damals wurden aber auch noch Boxentafeln zur Kommunikation mit dem Fahrer verwendet.  

Heute sind viele Formel 1-Fahrer doch zu einem großen Teil sehr junge – aber talentierte - Leute, die aber nur mit Hilfe der Anweisungen per Funk ihres leitenden Ingenieurs, die Schalter und Druckknöpfe im richtigen Moment dann im richtigen Moment richtig betätigen.

  • Aus rein mechanisch funktionierenden leichten Rennwagen wurden Elektronic- und Aerodynamik-“Schwergewichte“!

Natürlich ist auch heute Talent zum Schnellfahren wichtig, aber vielleicht auch die jugendliche Unbekümmertheit, weit über die Grenzen hinaus zu gehen, die eigentlich durch die Physik gesetzt sind. Ohne aerodynamische und elektronische „Wunderhilfen“ wäre ein modernes Formel 1-Fahren einfach unvorstellbar.

Man muss dem Mitherausgeber, Wolfgang Födisch, dankbar sein, dass er nach dem Tod von Dr. Benno Müller dessen Archiv nicht nur übernommen hat, sondern auch pflegt und nutzt. Und das „richtige Händchen“ hat, sich mit einem kundigen Journalisten zu verbinden, der die „Herren“ von damals (fast) alle persönlich gekannt hat. Denn viele von den fast 80 im Buch beschriebenen Piloten sind leider schon tot.

Dazu gehört z.B. auch mein Bruder Hubert, der auch in diesem Fotoband zu finden ist, obwohl er mit dem von ihm gekauften „March F1“, nur ein Rennen in Hockenheim gefahren ist. Er hatte sich mit dem Geld der Springer-Gruppe – und meinem Ersparten – seinen Formel 1-Traum realisiert. Eigentlich hatte er mir mein Geld zurück zahlen wollen. Aber das hat er wohl bis zu seinem Tod 2019 vergessen!

Die Texte zu den phantastischen Rennfahrer-Portraits wurden von Hartmut Lehbrink geschrieben, der damit auch für die Leser eine Basis schuf, ihre heutigen Formel 1-Helden mit denen „von damals“ zu vergleichen. „Damals“ gab es noch mehr „Persönlichkeiten“ unter den Rennfahrern, wenn auch schon in den 60ern nur noch wenige vom „Typ Herrenfahrer“ zu sehen waren.

  • Was treibt eigentlich Männer an, Rennen zu fahren?

Man hat auch nach dem Lesen – dem In-sich-Aufnehmen – dieses „Bilder-Buches“ keine endgültige Antwort. Weil die Formel 1-Szene zu allen Jahrzehnten – damals, wie heute – eine besondere Motorsport-Szene war und ist.

  • Aber ich zumindest habe den Eindruck, dass es „damals“ mehr Sport war. Heute wird die F1-Szene primär vom Geld beherrscht. Und ist – aus meiner Sicht – auch übereglementiert.

In den 50ern wurden max. 12 GP’s mit WM-Status gefahren, inzwischen sind daraus 24 GP’s geworden. Aus einer „offenen“ Rennserie, in der es auch Rennen ohne WM-Status gab, wurde in den 70er Jahren eine „geschlossene. Da konnte dann nicht mehr jeder „Herrenfahrer“ mitfahren.
Wenn man in dem zwar teuren – aber auch sehr guten – Formel 1-Buch mit „Gesichtern der 60er“ blättert und an die neue Fahrer-Generation denkt, die nun in diesem Sport unterwegs ist, dann bekommt man schon einen Eindruck davon, wie sich dieser Sport entwickelt hat.

Der Besuch eines Formel 1-Rennens ist heute sehr teuer geworden.Vielleicht sollte man als Fan dieser Sportart schon mal auf einen Rennbesuch verzichten, um sich diesen Bildband zu kaufen. Das ist billiger. Den Text darin findet man übrigens in deutscher und englischer Sprache, die man „als Sprache des Motorsports“ bezeichnen könnte.

Ich habe abends immer wieder nach diesem Buch gegriffen, weil ich mich beim darin Blättern an Ereignisse erinnerte, die mich z.T. auch erschüttert haben. Der Tod von Lorenzo Bandini z.B. 1967 in Monte Carlo oder die Regen-Fahrt eines John Surtees auf einem Ferrari bei einem 1000-km-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife, der bei mir eine „Gänsehaut“ verursachte.

So hat eigentlich jeder Leser etwas von diesem Buch mit Fotos aus den 60ern. Weil jeder beim Blättern, Lesen und Schauen eine andere Ausgangsposition hat.

Dieses Buch hilft auch bei einer eigenen Positionierung in Sachen Motorsport. Auch zur Einschätzung des aktuellen Formel 1-Sports!

  • Wenn man ein „Damals“ in den 60ern mit dem „Heute“ – 2024 - vergleicht.
MK/Wilhelm Hahne

PS: Übrigens ist bald Weihnachten! - Weil mir das einfiel, habe ich jetzt noch schnell diese Geschichte geschrieben! - Wem das Herz voll ist, läuft der Computer über!
Fast vergessen: Das Buch hat „Such“-Nr.: ISBN 978-3-00-074272-9

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