29. Februar 2012: Lieber Leser!

Politiker machen Gesetze. Auch zum eigenen Nutzen, um sich und ihre evtl. kritikwürdigen Handlungen zu schützen. Und andere anklagen zu können. Oder verklagen zu lassen. Sie schaffen auch auf andere Art Voraussetzungen: Durch eine Kündigung z.B., durch die man – wie man selbst zugibt – anderen Ärger vermeiden kann. „Schlachten“ lässt man gerne andere führen, beobachtet evtl. notwendiges „Blutvergießen“ per Distanz, vom „Feldherrnhügel“. - Und bedauert. - Damals in Kriegen die Toten, wie heute nach  anderen Entscheidungen die Leute, die „auf der Strecke“ bleiben. Denn merke: Die Absicht, der „Wille“ der Politiker war immer gut.

29. Februar 2012: Lieber Leser!

Heute, exakt am 29. Februar, ist z.B. der Tag, an dem sich die neuen privaten Betreiber vom Nürburgring zurückgezogen haben sollten. So ist ihnen durch eine Kündigung des Vertragspartners vorgegeben. Doch diesen Rückzug wird es nicht geben.

Es gibt da klare Ansagen. Zum Beispiel durch den Sprecher der privaten Betreiber, wie heute die „Rhein-Zeitung“ aktuell informiert. Die Situation lässt also eine Räumungsklage erwarten, weil sie eigentlich von der Positionierung der Vertragspartner her klar ist.

Aber was ist bei Politikern schon klar? - Man hat sich selbst in diese Situation gebracht, aber in der Vergangenheit immer nach Lösungen „ohne Ärger“ gesucht. Niemand sollte vergrault werden, aber eine ganze Region hat gelitten.

Klare Fragen – Keine Antwort! - So haben Generationen von Politikern kritische Situationen auszusitzen versucht, um persönlich nicht berührt zu werden. Das Aussitzen ist zu einem fest installierten System geworden, das man als Journalist manchmal überlisten muss.

Ich hatte mich z.B. Ende November/.Anfang Dezember 2011 mit der personellen Situation am Nürburgring befasst. Mir war aufgefallen, dass es z.B. bei der „alten“ Nürburgring GmbH noch einen funktionierenden Betriebsrat gab. - Bei so wenigen Leuten?

Daraus ergab sich die Feststellung, dass es dort noch viel mehr Leute gab als ich z.B. zu wissen glaubte. Viele der „alten Mitarbeiter“ waren an die neue private Betreibergesellschaft ausgeliehen. - So musste es sein. Aber wenn es so war... -

Daraus ergaben sich Fragen. Und ich stellte welche am 2. Dezember 2011 (um 8:32 Uhr) per E-mail an die zwei Geschäftsführer der Nürburgring GmbH mit folgender E-mail:

Betreff: Ver-Leiharbeiter

Sehr geehrter Herr Hans-Joachim Koch,
sehr geehrter Herr Gerd Weisel,

ich schreibe Sie beide als Geschäftsführer an, weil ich nicht genau weiß, wer von Ihnen in
dieser zweiten Wochenhälfte Dienst hat.

Die von Ihnen geführte Firma beschäftigte nach offiziellen Angaben im Januar 2009 genau 67 Mitarbeiter. Mir ist bekannt, dass danach von Ihnen eine bestimmte Anzahl an Fremdfirmen ausgeliehen wurden.

Meine Fragen dazu:
Wieviel der bei Ihnen durch einen entsprechenden Arbeitsvertrag mit Ihrer GmbH verbunden Mitarbeiter sind aktuell an Fremdfirmen ausgeliehen?
Werden diese "Leiharbeiter" diesen Fremdfirmen monatlich in Rechnung gestellt?
Werden diese Rechnungen durch umgehende Zahlungen jeweils zuverlässig ausgeglichen?

Ich wäre Ihnen für eine schnelle Antwort sehr dankbar.

Ich fügte – innerlich lächelnd – noch Hinweise an, mit denen ich die Herren an ihre gesetzlich verankerte Verpflichtung zu einer Antwort (da zu 90 Prozent im Landesbesitz) erinnerte. Denn ich konnte mir vorstellen, dass man diese Fragen nicht gerne beantworten würde. Sie waren vorher von der Öffentlichkeit (oder anderen Medien) auch nicht gestellt worden.

Da ich um die eigentliche Tatigkeit des Herrn Weisel wusste (er ist Landesbeamter, sein Dienstherr ist ein Minister in RLP), habe ich mir die Abwicklung meiner o.g. Anfrage vorstellen können. Als Abonnent der „Rhein-Zeitung“ kannte ich auch die Vorstellungen des Herr Weisel von seiner Arbeit als Zusatz-Geschäftsführer der Nürburgring GmbH:

Zitat: „Ich soll mit Baufirmen verhandeln, damit die letzten Bauarbeiten und Ausbesserungen möglichst schnell, günstig und korrekt abgeschlossen werden – im Ring-Boulevard, im Ringwerk und an der Achterbahn Ringracer. Zudem hat die Nürburgring GmbH ihre Immobilien seit Mai an die Nürburgring Automotive GmbH verpachtet. Der Vertrag ist aber nicht bis in die Details ausformuliert, sondern muss bei konkreten Fragen ausgelegt werden. Bei diesen Verhandlungen vertrete ich als Jurist und Landesbeamter die Interessen der Nürburgring GmbH und des Landes.“

Was würde also ein Herr Gerd Weisel nach Erhalt meiner E-mail tun?

Ich darf heute feststellen: Mein Vermutungen haben sich als richtig erwiesen. Schon am nächsten Tag, am 3. Dezember 2011 erschien auf den Internetseiten des rheinland-pfälzischen Innenministeriums eine Erklärung, in der – so ganz nebenbei – festgestellt wurde:

...“Mit der Trennung von Besitz und Betrieb zum 1. Mai 2010 sind im Rahmen eines so genannten Betriebsübergangs die Arbeitsverhältnisse der bei der Nürburgring GmbH beschäftigten Arbeitnehmer auf die NAG übergegangen. Die in Rede stehenden 21 Beschäftigten hatten damals dem Betriebsübergang widersprochen; sie sind nach den arbeitsrechtlichen Bestimmungen Beschäftigte der Nürburgring GmbH geblieben. Es handelt sich somit nicht um Mitarbeiter der NAG, die sich ein Rückkehrrecht haben einräumen lassen, sondern weiterhin um Beschäftigte der Nürburgring GmbH. Auf Bitten der NAG hat die Nürburgring GmbH die Arbeitskraft dieser Beschäftigten der NAG zur Verfügung gestellt, die der Nürburgring GmbH die jeweiligen Personalkosten zu erstatten hat. Im Übrigen hat die NAG diese von ihr vertraglich zu zahlenden Personalkosten seit mehr als einem Jahr nicht mehr gezahlt; sie sind ebenfalls Gegenstand des bekannten Mahnbescheids. Es ist damit weiterhin seitens der Nürburgring GmbH gewährleistet, dass diese Beschäftigten in Lohn und Brot stehen.“...

Ich darf auch feststellen: Meine E-mail wurde bis heute von der Geschäftsführung der Nürburgring GmbH offiziell nicht beantwortet.

Ich bin darüber nicht traurig, weil ich mit meiner E-mail praktisch Billiard gespielt, so die „Bande“ angespielt und offenbar den „Abprallwinkel“ richtig berechnet hatte: Volltreffer!

Ich schreibe heute darüber, weil es das System verdeutlicht, mit dem man heute auch z.B. in Mainz „Öffentlichkeit“ demonstriert.

Genauso ist das mit der Kündigung, die von der Nürburgring GmbH am 7. Februar 2012 ausgesprochen wurde. Ich habe sie in meiner damaligen Geschichte einen „Stolperschritt in die richtige Richtung“ genannt. - Exakt das war sie: Überhastet vorgenommen, ohne jedes Konzept. In diesem Fall wollte man wohl „zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“: Es stand die Veröffentlichung des Jahresberichts 2012 durch den Landesrechnungshof bevor (am 8. Februar) und es drohte eine öffentliche, dramatische Auseinandersetzung mit der EU-Behörde in Brüssel, die man so zu vermeiden hoffte.

Heute, am 29. Februar 2012, ist in der „Rhein-Zeitung“ die Aussage des inzwischen für den „Fall“ Nürburgring verantwortlichen Innenministers Roger Lewentz zu lesen:

„Wir sind ja in intensiven Verhandlungen mit der Kommission (Anmerkung: EU-) und haben von dort schon Signale erhalten. In dem Pilotverfahren hat die Kommission angedeutet, dass sich durch die Kündigung das Beschwerdeverfahren zur Vergabe erledigt haben könnte.“

Noch Fragen? - Und wenn heute immer wieder – nicht nur von Politikern, sondern auch von Journalisten – von einer „Neuausschreibung“ die Rede ist, die demnächst vorgenommen werden soll, dann sei durch mich die Frage erlaubt: Hat es jemals eine „Altausschreibung“ gegeben?

Es ist wohl heute jedem klar, dass sie auch „damals“, als überhastet  ein unvollkommener Vertrag (s. Ausführungen des Herrn Weisel oben) mit den jetzigen privaten Betreibern abgeschlossen wurde, eine Ausschreibung notwendig gewesen wäre, weil sie eigentlich vorgeschrieben ist.

Heute tut man so, als wäre alles auf dem Weg zum Skandal, zur Affäre „Nürburgring 2009“ normal gewesen. Man sollte noch mal in die alten Jahresberichte des Landesrechnungshofes schauen. Da finden sich viele Fehler der Beteiligten aufgelistet. Jahr für Jahr.

Ich habe übrigens schon „damals“ das Beispiel „BikeWorld Nürburgring“ als einen Versuchsballon empfunden, mit der interessierte – aber fachlich nicht versierte – Personen das Terrain ausloten wollten. Nach der Pleite dieses Projekts war ich eigentlich überzeugt... - Leider falsch!

Ich habe mir von einem erfahrenen Manager einmal sagen lassen, dass sich vieles auf der Welt durch drei Dinge einfach und wirkungsvoll beeinflussen lässt: Geld, Macht und – Sex.

Man schaue sich doch nur in der Politik unseres Landes um und kann feststellen: Manche sind auch allein schon durch die Insignien der Macht korrumpierbar (verführbar) geworden. Über die Macht von Geld müssen wir nicht diskutieren. Und über Sex soll hier nicht geschrieben werden. Da sind so manche Politiker – wie ich höre – durch den so genannten Ehren-Kodex der Journalisten geschützt.

Fortsetzung folgt!
Wilhelm Hahne
 

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