Trackdays: Eine „vertrackte“ Sache!

Trackdays sind „in“. Es gibt Automobilhersteller, die sogar bestimmte Modelle ihren Kunden für den Einsatz bei „Trackdays“ empfehlen. Am Nürburgring reißen sich clevere Veranstalter um Termine für „Trackdays“. Mit „Trackdays“ lässt sich – scheinbar – Geld verdienen. Selbst die CNG ist schon mal auf einen „Einflüsterer“ hereingefallen, der ihnen schnellen Gewinn durch „Trackdays“ versprach. - Aber eigentlich sind „Trackdays“ nur etwas für eine besondere Gattung von Fahrern, die oft mit einer besonderen Gattung von Automobilen unterwegs sind. - Nicht immer, aber immer öfter. Das sind Leute, die auch bedenkenlos die Ausschreibungsbedingungen der Veranstalter akzeptieren. So ein „Trackday“ dient nicht der Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten. - Mit einer solchen – und ähnlichen - Formulierung in der Ausschreibung wird z.B. die Versicherung für einen Veranstalter deutlich günstiger. Es wird der Eindruck erweckt, dass die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung auch ungefährlicher ist als die Teilnahme an einem Rennen. - Kann sein, kann auch nicht sein. - Zumindest kann die Teilnahme an einem „Trackday“ auch teurer werden, als die Teilnahme an einem Rennen. - Wie aktuell gerade der Ausgang einer Verhandlung vor dem OLG in Koblenz zeigt, dessen „Basis“ ein Unfall im Jahre 2015 bei einem „Trackday“ auf dem Nürburgring war. Dieser Unfall war auch schon mal einem Landgericht nahe gebracht worden. Das OLG hat dessen Ansicht jetzt „gerade gerückt“. - Wobei hier nicht nur die juristische Ein- und Zuordnung von „Trackdays“ interessant ist, sondern auch gegen Ende des Urteils - „Im Namen des Volkes“ - der kurze Satz: „Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.“ - Da kann man nur feststellen:

Trackdays: Eine „vertrackte“ Sache!

Natürlich ist jeder Fall – auch jeder Unfall – ein wenig anders als der andere. Vielleicht ist das Urteil in bestimmten Teilen auch auf eine spezielle Situation ausgerichtet; aber Tatsache ist, dass sich in diesem Fall zwei Fahrzeuge bei einem Überholvorgang berührt haben.

Der so „von der Straße geschubste Fahrer“ hat den “Überholer“ auf Schadenersatz verklagt und jetzt – im Februar diesen Jahres – wurde dann schließlich in Koblenz Recht gesprochen.

Motor-KRITIK möchte folgend aus dem Urteil jenen Teil wörtlich (!) zitieren, der deutlich macht, wie Juristen „Trackdays“ empfinden müssen, wenn sie eine unter diesem Titel unternommene Aktivität zweier Autofahrer zu bewerten haben, die für den Einen teuer ausging. - Er war vor dieser Verhandlung in Koblenz der Geschädigte. - Und er verklagte den Schädiger.

Lassen wir nun einmal die Richter argumentieren und folgen wir ihren Gedankengängen hin zum Urteil. Der folgende Text stammt also original aus dem Urteil, wurde nur durch deutliche Absätze und Hervorhebungen (z. B. durch Einrücken) etwas aufgelockert:

„...Der Klägerin ist es auch nicht aus einem anderen Grund verwehrt, Schadensersatz zu verlangen. Insbesondere scheidet ein Anspruch der Klägerin nicht wegen eines stillschweigenden Verzichts bzw. nach Treu und Glauben wegen des besonderen Charakters des „Trackday“ aus.

 

Bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential kann die Inanspruchnahme eines Schädigers für ohne gewichtige Regelverletzung verursachte Schäden ausgeschlossen sein. Ein Autorennen kann ein derartiger Wettbewerb sein (BGHZ 154, 316), ebenso eine sonstige gefährliche motorsportliche Veranstaltung, deren Teilnehmer, ohne geübte Rennfahrer zu sein, mit hohen Geschwindigkeiten ohne Sicherheitsabstand fahren und auch rechts überholen dürfen (BGH VersR 2008, 540).

 

  • Der „Trackday“ war kein Autorennen und auch keine sonstige gefährliche motorsportliche Veranstaltung.

Gemäß der Beschreibung der Klägerin soll ein „Trackday“ das Fahrkönnen des Teilnehmers verbessern, indem er sein Auto im Grenzbereich kennenlernt.

 

  • Der „Trackday“ diene ausschließlich der Verbesserung des Fahrkönnens und nicht zum Erzielen einer Höchstgeschwindigkeit.

Diese Beschreibung entspricht derjenigen, die in den von dem Beklagten vorgelegten „Teilnahmebedingungen/Vertragserklärungen“ der ...[D] GmbH & Co. KG gegeben wird. Dort heißt es, dass die Veranstaltung nicht der Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten und nicht der Ermittlung der kürzesten Fahrzeit, sondern der Optimierung von Fahrkönnen und Fahrtechnik diene.

 

Ziel sei die Verbesserung der Fahrsicherheit für den Straßenverkehr.

 

  • Diese Beschreibungen haben ersichtlich den Zweck, den „Trackday“ von einem Autorennen abzugrenzen. Bei einem Autorennen handelt es sich um einen Wettbewerb zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten. Ein „Trackday“ soll gerade kein Autorennen sein.

Der Beklagte hat zwar vorgetragen, dass die Straßenverkehrsordnung bei einem „Trackday“ nicht gelte und dass sowohl links als auch rechts überholt werde. Andererseits gibt es bei dieser Veranstaltung keinen Wettbewerb zwischen den Fahrern. An der Veranstaltung nehmen ganz unterschiedliche Fahrzeuge mit unterschiedlichen Höchstgeschwindigkeiten teil.

 

  • Daraus folgt, dass sich Fahrer leistungsstarker Fahrzeuge auf schwächere Fahrzeuge einstellen und auf diese Fahrzeuge Rücksicht nehmen müssen.

Insgesamt ergibt sich das Bild einer Veranstaltung, bei der die Verbesserung des individuellen Fahrkönnens der Teilnehmer im Vordergrund steht. Der „Trackday“ ist damit eher ein Fahrtraining (vgl. dazu BGH NJW 1986, 1610) als eine motorsportliche Veranstaltung. Wenn Personen teilnehmen, die entsprechend der Beschreibung den Grenzbereich eines Autos kennenlernen wollen, bedeutet das zwar für die anderen Teilnehmer ein gewisses Risiko. Es kann jedoch nicht angenommen werden, dass die Teilnehmer - was für eine Begrenzung der Haftung sprechen würde - diese Risiken im Sinne eines Wettkampfs wegen des sportlichen Vergnügens, der Spannung und der Freude an der Gefahr (vgl. dazu BGHZ 154, 316) in Kauf nehmen.

 

Etwas anderes folgt nicht daraus, dass der „Trackday“ am XX.XX.2015 nach dem Vortrag des Beklagten auch von Fahrern genutzt worden ist, die sich auf ein Rennen vorbereiten wollten, das einige Tage später auf dem Nürburgring stattgefunden hat. Wenn das so war, sind diese Personen im Rahmen des „Trackday“ und zu den Konditionen dieser Veranstaltung unterwegs gewesen.

 

  • Der Beklagte, der bei seiner Anhörung bestätigt hat, der Eigentümer des unfallbeteiligten XXXXX zu sein, haftet in vollem Umfang für den Schaden der Klägerin. Er hat den streitgegenständlichen Unfall verursacht, indem er gegen das Fahrzeug der Klägerin gefahren ist.

Nach der Beweisaufnahme steht zwar nicht fest, dass ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten zu dem Unfall geführt hat. Der Zeuge ...[A] hat ausgesagt, dass der hinter dem Fahrzeug der Klägerin fahrende XXX XXXX nach links gezogen sei und dass der Beklagte keine andere Möglichkeit gehabt habe als auszuweichen und in das Gras zu fahren.

 

  • Der Unfall war jedoch nicht im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG für den Beklagten unabwendbar. …“

Er wurde also schuldig gesprochen, hat nicht nur die Kosten in Höhe des Unfallschadens zu tragen, sondern auch – natürlich – die Prozesskosten, die Rechtsanwaltkosten; er muss die Kosten, die bisher seinen Unfallgegner belasteten, natürlich auch - relativ hoch - verzinsen.

Insgesamt ergibt sich eine Summe, die in diesem Fall deutlich über 50.000 Euro liegt!

Meine Leser haben sicherlich Verständnis dafür, dass in dem von mir oben zitierten Teil eines OLG-Urteils keine Namen und Automobilmarken genannt wurden.

Hier ging es nur darum einmal darauf hinzuweisen, dass Texte in Ausschreibungen und Enthaftungserklärungen nicht unbedingt „wasserdicht“ sind, wenn man sie durch Juristen – und das vor Gericht - überprüfen lässt.

Natürlich sind solche Fälle – wie oben geschildert – relativ selten. Aber wie sagte meine Großmutter schon:

  • „Unverhofft kommt oft!“

Jeder sollte für sich entscheiden, ob er das Risiko der Teilnahme an einem „Trackday“ tragen möchte. - Oder besser: Tragen kann!

Man kann nämlich auf diese Art mehr Geld an einem Tag verlieren, als andere Leute in einem Jahr verdienen.

Es lohnt sich also schon darüber nachzudenken!

MK/Wilhelm Hahne
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