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Der normale Autokäufer hat kaum eine Vorstellung davon, welche Vorarbeiten bei der Entwicklung hin zu einem neuen Automodell notwendig sind, die ihn dann – hoffentlich - zu einem zufriedenen Autobesitzer werden lassen. An diesen Vorarbeiten sind natürlich auch Reifenfirmen beteiligt, die zum richtigen Zeitpunkt den Herstellern dann einen gut funktionierenden Reifen für das neue Modell anbieten wollen, auf eine Freigabe durch den Hersteller hoffen, die dann ihr Nachrüstgeschäft beflügeln soll. Gehört man mit zu den Reifenausrüstern der Erstausstattung, muss man nicht um das Nachrüstgeschäft bangen. Wer weiß, zu welchen Bedingungen die Automobilhersteller Reifen einkaufen, versteht das Bemühen der Reifenhersteller, zu den Erstausrüstern zu gehören, denn erst aus der „Mischkalkulation“ ergibt sich der Gewinn. So ist es auch keine Überraschung, dass sich der amerikanische Reifenhersteller Goodyear über seinen europäischen Stützpunkt in Luxemburg aktuell schon mit den Vorarbeiten für einen Reifen beschäftigte, der erst im Jahre 2025 in der Erstausrüstung gebraucht wird. - Es gibt zu dem tragischen Tod zweier qualifizierter Goodyear-Mitarbeiter sicherlich mehr zu schreiben, als bisher in „BILD“ oder auch „auto motor und sport“ zu lesen war. Auch Motor-KRITIK kann hier nicht „die ganze Wahrheit“ schreiben, aber sicherlich umfassender informieren, als das bisher durch die Medien erfolgen konnte. Denn ich bin nicht auf Informationen angewiesen, die – aus meiner Sicht – aus „Presse-Abwehrabteilungen“ kommen. Dazu verfüge ich einfach über mehr Detailerfahrung in der Branche. - Aber in diesem Fall geht es um zwei Menschen, die auf wirklich tragische Art ums Leben kamen.
Zwei Tote auf dem Weg zum Porsche 718/983 EV 2025!
Porsche wird im Jahre 2025 den Porsche 718, der z.B. in bis zu diesem Herbst in der Serienproduktion mit einem Sechszylinder-Vierliter-Boxermotor ausgestattet war, nicht mehr vom Band laufen lassen. Die Produktion mit diesem „Verbrenner“ wird eingestellt. Porsche setzt auch auf eine schnelle Umsetzung in Richtung E-Automobile. Der letzte „Verbrenner“ bei Porsche wird der 911 sein.
Der Nachfolger des jetzigen Porsche 982 – der unter dem Oberbegriff „718“ läuft – wird der Porsche 983 EV werden, der im Jahre 2025 an die Kundschaft ausgeliefert werden soll. Er entsteht auf einer speziellen E-Plattform, die bei Audi entwickelt wurde. Hier auf der Nürburgring Nordschleife sind auch die ersten Prototypen längst im Fahrversuch unterwegs. Vom ersten Federstrich bis zum Serienanlauf eines neuen Modells rechnet man in der Automobilindustrie mit einer Entwicklungszeit von ca. 5 Jahren. - Es ist also bis zur Vorstellung des 983 EV nicht mehr so viel Zeit.
Erst recht nicht für die Reifenhersteller, die sich darum bemühen möchten, auch in der Erstausrüstung dieses neuen Elektro-Modells eine Rolle zu spielen. Und da kommt dann wieder das kaufmännische Denken der Automobilhersteller ins Spiel. Natürlich kann man den interessierten Reifenherstellern keinen Prototypen für ihre Versuchsfahrten zur Verfügung stellen, sondern:
- Man verkauft den Reifenherstellern so genannte „Concept-Cars“. Das hört sich nicht nur gut an, sondern „kostet auch teuer“! (Meine Tochter, als sie noch klein war, formulierte „damals“ in dieser Art.)
Offenbar hatte Goodyear in diesem Fall von Porsche ein solches „Concept-Car“ gekauft. Das sind Fahrzeuge, die auf der Basis eines „alten Modells“ – in diesem Fall eines Porsche 982 – auf eine Art zusammen gebaut werden, dass sie im Gesamtgewicht, in der Achslastverteilung – und allen sonst für die Reifenhersteller wichtigen Details – dem neuen Modell entsprechen.
Es gibt bei diesem Unfall allerdings ein paar Ungereimtheiten, die sich – leider – nicht am Schreibtisch oder am Telefon klären lassen:
- Warum wurden beide Insassen beim Überschlag des „Concept-Car“ aus dem Fahrzeug geschleudert?
- Warum betreibt man mit Informationen zu dem Unfall eine „Vogel Strauss“-Politik?
- Warum wird kein Video von dem Unfall veröffentlicht, das vorhanden sein muss, weil der im Bereich „Tiergarten“ (Posten 200 – 202) geschah, wo eine “Versuchsstrecke mit Kameras bestückt“ eigentlich alle Unfall-Details deutlich festgehalten haben müsste?
Nachdem der luxemburgische Automobilclub (ACL) einen Nachruf veröffentlichte, wurde heute in der BILD auch der Name eines der Toten bekannt. Er wird dort mit „Rennfahrer“ benannt. Das ist aus meiner Sicht nicht unbedingt richtig, bekommt in diesem Fall so ein „Geschmäckle“, dass dieser Mann nicht verdient. Dieser talentierte Autofahrer, der bei Goodyear als Testfahrer unter Vertrag stand, war aber nicht nur mal Luxemburgischer Slalommeister gewesen, sondern hatte in der Vergangenheit auch als Amateur andere Rennserien – u.a. mit einem Porsche GT3 – gewonnen.
Beim Gedenken an einen in der Vergangenheit erfolgreichen Motorsportler, sollte man aber nicht seinen um fünf Jahre älteren Beifahrer vergessen, der als Ingenieur um das Sammeln von Daten für die Entwicklung neuer Reifen bemüht war. Auch er hinterlässt nicht nur in seiner Firma, sondern auch in seiner Familie eine Lücke.
Die Staatsanwaltschaft, die schon fast routinemäßig diesen Fall bearbeitet, der nicht als Verkehrsunfall gilt, weil er sich im Rahmen einer „geschlossenen Veranstaltung“ ereignete, sollte schon ein Schwergewicht auf die Beantwortung der Frage legen:
- Wie konnten beide Insassen des Unfallwagens aus dem Fahrzeug geschleudert werden, obwohl sie – wie man feststellen konnte – einen Sicherheitsgurt angelegt hatten?
Der Unfall – daran sollte man sich immer erinnern – geschah auf dem Weg eines Automobilherstellers von „Verbrenner“-Sportwagen hin zu E-Sportwagen. Tatsächlich sind in Zukunft Hochleistungs-„E-Sportwagen“ noch unsinniger, als es in der Jetztzeit „Hochleistungs-Verbrenner-Sportwagen“ sind. - Damit meine ich die wirklich unsinnigen!
Die Firma „Rimac“ hat dafür in diesem Jahr schon ein Beispiel geliefert. Im März wurde von der genannten Firma auf dem Mercedes-Versuchsgelände in Papenburg ein neuer Weltrekord aufgestellt. Mit dem E-Sportwagen „Nevera“ dieser Firma erreichte der Testchef der Firma eine Höchstgeschwindigkeit von 412 km/h. - Weltrekord!
- Der Rimac „Nevera“ wiegt 2.150 Kilogramm! - Auch Weltrekord?
Der neue, 2025 erscheinende Porsche 718/983 wird dagegen vielleicht „nur“ 1,8 Tonnen wiegen. Aber die reichten beim „Concept-Car“ wohl schon aus, um durch entsprechende Geschwindigkeit in der „Tiergarten“-Senke die Belastung – auch durch den dann zusätzlich vorhandenen aerodynamischen Abtrieb – so zu multiplizieren, dass es zu einem Reifenplatzer kam.
- Ein Risiko, dem man sich als beruflicher Testfahrer immer bewusst sein sollte!
Aber man sollte sich als Testfahrer schon darauf verlassen können, dass die „Sicherheitsgurte“ im Falle eines Falles ihrem Namen dann wirklich auch alle Ehre machen!
- Wer ist im Fall des Nordschleifen-Unfalls für deren Versagen verantwortlich?
Gerade bei den relativ schweren und damit fahrdynamisch schlechteren E-Sportwagen sind übrigens jetzt auch schon Testfahrer so aufmüpfig gewesen, dass sie Testfahrten mit einem solchen PS- und Gewichts-Ungetüm auf der Nürburgring-Nordschleife abgelehnt haben.
So baut man gerade in der Eifel an einem „Sicherheitskäfig“ für dieses Fahrzeug. Aber wer möchte wohl gerne mit 2,5 Tonnen und rd. 2.000 PS durch die „Tiergarten-Senke“ fahren?
- Übrigens hat Porsche seine Beteiligung 2022 an „Rimac“ auf 24 Prozent erhöht!
Im Falle eines „Verbrenner“-Bugatti – der auch als „400 km/h-Renner“ so um 2 Tonnen wiegt - habe ich schon mal veröffentlicht:
„Man muss sich vorstellen, dass sich bei Höchstgeschwindigkeit die Räder über 50 Mal pro Sekunde drehen und dabei an der Lauffläche Kräfte auftreten, die etwas dem 4.000-fachen der Erdbeschleunigung entsprechen. So steigt z.B. das Gewicht des Reifenventils (18,3 g, ohne TPMS-Sensor) dann auf 55 Kilogramm an!“
Damit will ich niemanden erschrecken! - Testfahrer wissen eigentlich was sie tun. - Oft sind sie aber durch die Beschäftigung mit „ihrem Produkt“ so abgelenkt, dass sie nicht an ihre berufliche Zukunft denken.
Derzeit werden in der Reifenindustrie schon keine neuen Testfahrer mehr ausgebildet! Man setzt auf „erfahrenes Personal“ – das auch „frei“ beschäftigt wird - und hofft damit über die Runden zu kommen, bis dass das autonom fahrende Automobil zur Realität im Straßenverkehr geworden ist.
Wer braucht dann als Reifenfirma noch Testfahrer? - So ein „Selbstfahrer“ wird evtl. automatisch beim Auftreffen eines ersten Regentropfens auf die Scheibe die Geschwindigkeit so weit drosseln, dass sich z.B. die Frage nach einem guten Regenreifen – oder einem Sommerreifen mit entsprechend guten Eigenschaften – nicht mehr stellt. - Da braucht man bei der Reifenproduktion keine Tester mehr! - Und bei der Automobilindustrie muss man dann auch keine „Concept-Cars“ mehr bauen, um sie – teuer (!) - den Reifenlieferanten zu verkaufen.
- Wir gehen einer automobilen Zukunft entgegen, in der der Mensch zum reinen Fahrgast „entmündigt“ wird. - Der darf nur noch zahlen!
Evtl. schon jetzt für den „Fortschritt“ hin zum E-Sportwagen, bei dem aktuell zwei Menschen am Nürburgring ihr Leben lassen mussten!
Warum eigentlich? - Welchem Fortschritt wurden sie geopfert?