VLN-Lauf 2: Rote Flagge – Schwarzer Schimmel

Die Nürburgring-Nordschleife ist eine große Bühne und erfordert schon einen Regisseur der mit Monumental-Dramen umgehen kann. Am Nürburgring kommen viele, viele Kleindarsteller zum Einsatz, die zumindest Abwechselung bieten. Der Regisseur heißt derzeit Zufall. Und so sind alle Abläufe wie im wirklichen Leben: Unkalkulierbar. - Spannung ist garantiert. Auch durch das Regelement, das inzwischen jeder auf seine Weise auslegt. Was eigentlich Proteste fördert. Die werden aber vom DMSB mit einer ungemein cleveren (gemeint ist: dämlichen) Maßnahme klein gehalten: Man hat die Protestgebühren drastisch erhöht. - Was dem Sport schadet. - Aber der DMSB begreift das nicht. Da greift dann – wie jetzt beim 2. VLN-Lauf - die VLN-Organisation einmal vor. - Oberflächlich betrachtet ist das alles ganz toll. Wie jeder Motorsport-Journalist (der sich als solcher bezeichnet) bestätigen kann. Motor-KRITIK betrachtet das alles einmal im Zusammenhang. - Da ist dann ein passender Titel:

VLN-Lauf 2: Rote Flagge – Schwarzer Schimmel

Jeder weiß es: Rennen und Training sind bei der VLN an einem Tag. Und trotzdem beginnt so ein VLN-Renn-Samstag schon am Freitag. Dort fährt sich ein großer Teil der Teilnehmer das Geld bei „Taxifahrten“ zusammen, das er am Samstag braucht, um das Rennen bestreiten zu können.

Die VLN rechnet sich zwar dem Basis-Motorsport zu. Wer diesen Begriff leichtfertig verwendet hat nicht begriffen, dass sich die VLN von ihren Ursprüngen inzwischen weit entfernt hat. Sie hat ihre Selbstständigkeit verloren, ist abhängig geworden von Leuten, die den Motorsport als reines Marketinginstrument sehen.

So muss man sich dann auch nicht wundern, dass in der Nacht zum zweiten VLN-Lauf in diesem Jahr, ein paar Leute mit Schablonen und Ölfarbe (!) unterwegs waren, damit die Blicke der Zuschauer am Renntag dann auf die richtigen Namen gelenkt wurden.

Die das Aufmalen gesehen haben, die hat's nicht interessiert. Wer als Steuerzahler nicht zuckt, wenn Steuergelder in Millionenhöhe in den Sand gesetzt werden, der zuckt auch nicht wenn durch das Aufmalen mit Ölfarbe an der Strecke Nürburgring praktisch eine Sachbeschädigung erfolgt. Denn der Grip eines Reifens auf reinem Asphalt ist schon größer, als auf dem Stück Straße, dass mit Ölfarbe verkleistert wurde.

Sprücheklopfer von heute bewegen sich nicht mehr auf dem Niveau „von gestern“, sondern gehen nicht nur mit der Zeit, sondern auch mit Schablone und Ölfarbe zum Rennen. Wer zu diesem Zeitpunkt schon als Zuschauer da ist, der schaut weg. - Man möchte keinen Ärger. - Und vielleicht gibt es dann am Renn-Samstag mehr Action!

Eigentlich kann das dem Streckenvermieter nicht egal sein. Und so wurden dann auch vor dem Rennen „Spezialisten“ zur Beseitigung der Farbe eingesetzt, die dann mit Wasser, Hochdruck und Seifenlauge die Basis für die ersten Abflüge im Training schufen. Schließlich war die Strecke überall trocken und keiner der Fahrer konnte mit Seifenlauge an einer unübersichtlichen Stelle rechnen. - Es gab dazu auch keinerlei Informationen.

So hatte dann der zweite VLN-Renn-Samstag in diesem Jahr schon ein tolles Intro. Und am Morgen gab es – bei bestem Wetter – ein schönen Blick aus dem Fahrerlager in Richtung Nürburg:

 

Auch das Training war schon interessant, weil man hier nicht um die „Goldene Annanas“, sondern um die „Blaue Lampe“ für's 24-Stunden-Rennen fuhr. Bis auf ein paar Werks-Abhängige, die alles für das Geld tun, das sie für's Fahren erhalten(z.B. BoP-“Strafen“ vermeiden, weil sie von Marketing-Strategen dazu ausersehen sind das 24-Stunden-Rennen zu gewinnen!), waren die echten Rennfahrer richtig schnell unterwegs. Und so gab es eine Startaufstellung, die von der Mischung her so recht nach dem Herzen der Zuschauer war.

1. Mercedes SLS

2. Porsche RSR

3. BMW Z4 GT3

4. Ford GT3

5. Porsche GT3 R

6. Porsche GT3 R

7. Audi RS LMS ultra

8. Aston Martin Vantage GT3

9. Audi R8 LMS ultra

10. BMW Z4 GT3

Eine schöne Mischung, die durch die Fahrerbesetzung noch bunter gemacht wurde. Und so nahmen dann nicht nur die Fahrzeuge ihre Startposition ein, sondern auch die Fotografen:

 

Die erste Kurve brachte sicherlich keine Entscheidung...

 

...aber am Ende der ersten Runde war klar, dass mit dem „Frikadelli“-Porsche...

 

...zu rechnen war. Mit Huismann am Steuer hatte er sich die Wirkung eines Doppel-Windschattens zunutze gemacht und sich an die Spitze gesetzt. Wozu ein kräftiges Fahrerherz gehört.

Das Rennen befand sich in der fünften Runde, als die Rennleitung „Rot“ und damit Rennabbruch vermeldete. Der schnelle Cup-Porsche von „GetSpeed“ hatte mit einem luxemburgischen Fahrer einen Scirocco über den großen Sprünghügel geschoben, was – wie langjährige Nürburgring-Besucher wissen – dann zu unkontrollierbaren Flugeinlagen zumindest des Angestoßenen führt. Der fand sich dann auch jenseits der hohen Leitplanken im Wald wieder, während der Porsche wie eine Katze vor dem großen Loch in der Leitplanke verharrte. Und auf die Maus zu warten schien.

Rennabbruch! - Aber natürlich sollte es weiter gehen, damit man schließlich die volle Punktzahl verteilen konnte.

Ich weiß nicht was andere Journalisten in einer solchen Pause machen. Ich habe versucht, mir einen Eindruck über den aktuellen Zustand der Anlage ein Bild zu machen. Ein solches Bild wird z.B. in gut einem Jahr – glaubt man den Aussagen der neuen Käufer – nicht mehr möglich sein:

 

Ist das nicht ein deutliches Zeichen für den Wirr-Warr, den die Planer der Landesregierung hier hinterlassen haben?

 

Natürlich wird auch diese Beschriftung im „Boulevard“ bald völlig überflüssig sein:

 

Ein wenig erstaunt war ich schon, als ich am Ende des „Boulevard“ dann nicht auf eine der so klar und deutlich nach „Fritten“ duftenden Verkaufsanhänger traf, sondern auf eine geradezu primitiv angeordnete Theke die offenbar dem „Subway“ zugeordnet werden musste:

 

Fünfzig schritte weiter wusste ich dann warum: Der „Subway“ hat wegen „Umbauarbeiten“ geschlossen:

 

 

Warum werden Umbauarbeiten in der Saison vorgenommen? - Wer macht so etwas? - Dummheit oder ein ernster Hintergrund?

Ich würde ein Antwort finden und mich dann zunächst über die BMW-Brücke wieder ins Fahrerlager begeben. - Ging nicht:

 

Die Türen waren geschlossen, weil sich die VLN die Kosten für Kontroll- und Sicherheitskräfte an der anderen Seite der Brücke sparen wollte. - Ich hatte aber keine Lust, wieder den weiten Weg über die „Bellofstraße“ ins Fahrerlager zu nehmen.

Also habe ich mich ins Auto begeben, um zur „Döttinger Höhe“ zu fahren und dort vernünftig zu essen. Schließlich würde die Reparatur von um 80 Meter Leitplanken einige Zeit in Anspruch nehmen. Im Restaurant angekommen, beherrschte noch immer die „RED FLAG“ die Szene:

 

Aber die Rennleitung hatte direkt gegenüber der „Döttinger Höhe“ auf der Rennstrecke eine Landmöglichkeit für einen Hubschrauber...

 

...eingerichtet. Von dort wurde dann der Fahrer aus dem Scirocco ins Krankenhaus nach Koblenz geflogen, weil der Rennarzt sicher sein wollte, dass bei dem schrecklich aussehenden Unfall der Fahrer keine gravierend schweren Verletzungen – die nicht immer direkt sichtbar sein müssen – davon getragen hatte.

Ich hatte so Zeit in Ruhe zu Essen und zu Trinken, per Telefon zu recherchieren, ein paar Gespräche mit Zuschauern zu führen und habe mich dann auf den Weg ins „Brünnchen“ gemacht.

Dort hatten auch die Zuschauer eine lange Pause gehabt...

 

...und sie auch – jeder auf seine Art – genutzt...

 

Aber schließlich ging es mit zwei (!) Einführungsrunden weiter:

 

Die zwei Teile des Rennens wurden dann zeitlich addiert und - „der Frikadelli“-Porsche wurde Gesamtsieger. - Beifall. - Aber das konnte man auch schon überall lesen.

Warum dieser Rennbericht (?) erst so spät erscheint liegt daran, dass ich mit meiner Berichterstattung immer die persönlichen Eindrücke der Rennbesucher – und oft meiner Leser – noch mit Recherche-Ergebnissen abrunden möchte, die man sonst nicht findet.

So scheine ich mir mit meinen Informationen zum neuen 235 von BMW in der Rennversion zumindest bei BMW keine Freunde geschaffen zu haben. Und esgab so mir gegenüber nur positive Statements aus dem Teams. Nichts würde defekt werden. Alles wäre gut. Ein tolles Auto. Und man würde sogar deutlich schneller sein als die Opel Astra OPC.

Ich habe dann mal die Zeiten der schnellsten Runden der als die ersten 10 jeweils die Ziellinie überquerenden Opel Astra OPC und BMW 235i addiert und die Durchschnittszeit errechnet. Das Ergebnis:

Der BMW 235i ist gegenüber dem Opel Astra OPC im Durchschnitt um 0,4 Prozent schneller, aber der Opel ist in der Anschaffung um 17 Prozent günstiger.

Außerdem ist dieser BMW-Renntourenwagen nur bei der VLN und beim 24-Stunden-Rennen sportlich einsetzbar. Er ist nicht homologiert, kann nur in dieser Cup-Serie gefahren werden.

Dagegen sei mir einmal ein Hinweis auf ein anderes Automobil gestattet, von dem praktisch niemand Notiz nimmt: Der Lexus ISC, der bei diesem Rennen in der SP8 unter den Werksfahrern Iida und Hiroki unterwegs war, der im Rennen seine schnellste Runde mit 8:44,156 min in der Zweiten fuhr, aber kurz vor Ende des Rennens von der Strecke abkam...

 

...und das Rennen ohne Ergebnis beenden musste. Man darf auf seinen Einsatz beim 24-Stunden-Rennen gespannt sein. - Eine unauffällige Limousine. Kein Rennwagen, sondern ein Tourenwagen. - Aber was für einer!

In der V6, also einer Serienwagen-Klasse, konnte wieder einmal kein Ergebnis vermeldet werden, obwohl sich hier schon die VLN selbst eingeschaltet hatte, da in dieser Kategorie hier die Proteste überhand nahmen. So hatte der DMSB es dann für richtig gehalten, bei einem Protest gegen das Differential eines Porsche beim letzten Rennen einen Protestkosten-Vorschuss von 12.000 Euro zu verlangen. Porschehändler würden eine solche Untersuchung für ungefähr 2.000 Euro durchführen. Der Protestführer hatte dann aufgrund der ihm genannten Summe seinen Protest zurückgezogen.

Auch eine Möglichkeit „für Ruhe zu sorgen“.

Dieses Mal war den Abnahme-Kommissaren in der V6 bei Porschefahrzeugen eine Entlüftung auf einem Tank aufgefallen, der bei einem Serientank natürlich ein schnelles Betanken ermöglicht. Das einsetzende Team wurde darauf aufmerksam gemacht, dass der Veranstalter nach dem Rennen eine Nachüberprüfung durchführen würde. Und in Kenntnis des Sportgesetzes und bei Anwendung der dort gesetzten Grenzen, hätte es dann ein „a.d.W.“ gegeben.

Das Team hat dann die „Tankentlüftungen“ entfernt und konnte so in Wertung bleiben. Ein anderes Porsche-Team hatte – wie beim letzten Mal – wie man sagt, auf „Anweisung von Michelin“ dem Auto einen Sturz von 2 Grad gegeben, weshalb die Räder nicht mehr abgedeckt waren, die es aber lt. Sportgesetz sein müssen. - Also: a.d.W., wogegen das Team dann Einspruch eingelegt hat. Wie auch schon beim letzten Rennen.

Dieser Protest war noch nicht entschieden, so dass auch über das neue a.d.W. noch keine Entscheidung getroffen werden konnte. Was dann bedeutet: In der Klasse V6 konnte bei diesem Rennen keine Wertung verkündet werden.

Und noch eine kleine Geschichte „am Rande“, die sonst einfach untergeht:

Bei der Cup 1-Klasse, den Opel OPC, ist auch als Fahrer auf einem der Cup-Fahrzeuge der Mann unterwegs, der für die H.I.G. gerne den Nürburgring gekauft hätte: Meryck Cox. Dieses Mal wurde das Fahrzeug, auf dem er unterwegs ist, wie man hört von einem „dunklen Aston Martin“ zu einem Abflug mit mehrfachen Überschlag (= Totalschaden) gebracht.

Der Aston Martin, der diesen Schaden praktisch „einleitete“ ist selbst gegen Ende des Rennens ausgefallen. Meryck Cox hat zu dem Unfall weiter keine Stellung genommen, aber akribisch alle Details recherchiert. Wie das endet kann man auch bei Motor-KRITIK nicht wissen.

Aber wir wissen etwas anderes: Meryck Cox sitzt im Aufsichtsrat bei Aston Martin. - Dumm gelaufen!

Und bevor ich es vergesse: „Der „Subway“ muss deshalb in der Saison renoviert werden, weil dort Schwarzschimmel-Befall festgestellt wurde. - Schließlich handelt es sich um ein Esslokal. Und das war schon so schlimm, dass die Bauarbeiter bei ihren ersten Einsätzen mit Atemmasken arbeiten mussten. - Aktuell geht’s auch ohne.

Den Insolvenz-Sachwaltern werden vielleicht wieder „Gründe“ wie fehlerhaft verlegte – und undichte – Wasserleitungen einfallen. Aber dieser Schwarzschimmel-Befall wird sich in den nächsten Monaten auch noch an anderer Stelle dieses Projekts „Nürburgring 2009“ zeigen, das dieses Projekt seinen Charakter als Baustelle bis heute nicht verloren hat.

Motor-KRITIK hat schon vor Jahr und Tag vom Schimmelbefall in der „Grünen Hölle“ berichtet. Und wurde nicht ernst genommen. Ich berichte nun als Erster vom Schimmelbefall auf der anderen Straßenseite in einem Lokal. - Dank der „Roten Flagge“!

Die Bausünden bei diesem Projekt werden die Besitzer – wer immer es auch ist – noch viele Jahre verfolgen. Man sollte daraus die Konsequenzen ziehen, bevor auch hier dann ein Amt die „Rote Flagge“ schwingen muss.

MK/Wilhelm Hahne

 

Durchschnitt: 4.8 (bei 41 Bewertungen)

Kategorie: 

+ Hinweis für Leser – nicht nur an einem Abonnement Interessierte! +

 

Lieber Leser,

 

Motor-KRITIK ist vollkommen werbefrei, aber – darum – auch ein wenig abhängig von seinen Lesern. - Oder anders: Von Einnahmen. - Nicht alle Leser mögen sich gleich für ein Abo entscheiden.

Wenn Sie ab und an mal auf diesen Seiten vorbei schauen und Ihnen der hier gebotene investigative Journalismus gefällt, dann machen sie doch einfach ihre Zustimmung durch eine kleine Spende deutlich. - Auch kleine Beträge können – per Saldo – eine große Hilfe und Unterstützung sein!

Meine Kontendaten – auch wenn Sie Abonnent werden wollen - finden Sie HIER.

 

Danke!