Ich wäre aus der Sicht eines Mercedes-Verkäufers, in vielen Lehrgängen perfektioniert, sicherlich sogar als Interessent für eine neue Mercedes-C-Klasse glaubhaft. Aber ich brauche nach Prospekten nicht zu fragen. - Ich hatte schon vor Monaten bei einer offiziellen Mercedes-Vertretung vorbei geschaut. - Und habe dazu auch eine Geschichte geschrieben. (Mit einem Klick sind Sie als Leser da!) Da muss man beinahe fragen: Warum gibt es noch Mercedes-Verkäufer?“ - Sicherlich auch, weil doch jemand in den Mercedes-Läden sein muss, der diese Information dem Kunden vermittelt.- Kleiner Scherz! - Ich habe den Eindruck: Man ist an alten Leuten nicht mehr interessiert. - Also spiele ich am Computer mal den „jungen Mann“. Aber ehrlich: Ich habe Mercedes bei Amazon auch nicht gefunden! - Vielleicht sollte ich unter „Wühltisch“ noch einmal suchen.
Der diese Situation geschaffen hat, trägt den Namen Dr. Jens Thiemer. Das ist ein moderner und studierter Marketing-Mensch. Er trägt sogar zu Recht einen Doktor-Titel. - Auch seine aktuelle Situation ist eigentlich klar: Er hat er bei Mercedes gekündigt. Darum ist er dort – ab sofort - auch nicht mehr tätig. - Wohl noch die Agenturen, die Dr. Thiemer speziell für Mercedes aufstellen ließ.
Die haben zwar inzwischen auch zusätzlich andere Kunden, aber Mercedes bleibt das Herz der Betreuer. - Nur der „Schöpfer“ dieser neuen „Kunden-Informations-Linie“ fehlt. Der wollte die Marke verjüngen, in ihrem ganzen Verhalten modern – jung eben – nach draußen darstellen.
Da hat sich sogar der Vorstandsvorsitzende einer neue Kleiderordnung unterworfen, liebt scheinbar unkonventionelle Auftritte in Jeans und Turnschuhen. Natürlich nur, wenn es dem Geschäft nicht schadet. Asiatischen Geschäftspartnern wird er z.B. schon in dunklem Anzug, passendem Hemd und Krawatte gegenüber treten. - Da muss man dann schon mal „gediegen“ sein.
Dass es in Mercedes-Läden für neue Modelle keine Prospekte mehr gibt, liegt auch auf der Linie, die Dr. Thiemer bei Mercedes durchzusetzen versuchte. Er wollte schon Besonderes schaffen, wähnte sich auf dem Weg in Richtung Marketing-Vorstand. Und setzte so manche „moderne Lösung“ gegen interne Widerstände durch.
Es wirkt ein wenig grotesk, dass Dr. Thiemer, der Schöpfer eines neuen Marketing-Konzepts, das sich – typisch für die Schwaben – mit „Mercedes reloaded“ beschreibt, nun gerade aktuell von einer Fachjury aus Wirtschaft, Wissenschaft und Agenturen per Online-Voting zu den 10 Finalisten des Deutschen Marketing Preises 2018 ausgewählt wurde. - Wer den Titel schließlich gewinnt, wird noch entschieden.
Wer bei der Ehrung durch den Deutsche Marketing Verband, die nun bereits zum 45. Mal vorgenommen wird, nicht als Mercedes-Mitarbeiter dabei sein wird – gleich ob als 1. oder 10. - ist Dr. Jens Thiemer, da er nicht mehr in der Stuttgarter Personalabteilung als Mitarbeiter geführt wird.
Frau Britta Seeger, Mitglied des Vorstandes der Daimler AG, verantwortlich für den Vertrieb der „Mercedes-Benz Cars“ widmete ihm folgenden „Nachruf“:
"Mit seinem visionären Gestaltungswillen und seiner großen Leidenschaft hat Jens Thiemer über viele Jahre erfolgreich und nachhaltig die Marke Mercedes-Benz modernisiert und auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet. Ich danke Jens für seinen erfolgreichen Einsatz in den letzten Jahren und wünsche ihm nur das Beste für seine Zukunft"
Da wird man dann als Journalist hellhörig. Solche Sätze hört man sonst nur auf Beerdigungen. - Aber erste Recherchen ließen darauf schließen, dass es da wohl interne Sprachregelungen gibt.
Also wurde der Hebel anders angesetzt. Warum sollte ein bei Mercedes auf seinem Gebiet – dem Marketing – so erfolgreicher Mann (s. Frau Seegers „Nachruf“) plötzlich das Handtuch werfen, da doch seine Strategie offensichtlich als Langzeitstrategie angelegt war und noch nicht in allen Details glänzen konnte?
Dr. Thiemer, so musste ich bei weiteren Recherchen zunächst feststellen, hat in seinem Vertrag eine Wettbewerbsklausel. Folglich müssen wir uns in den nächsten Monaten keine Sorgen machen, dass sein Einkommen unter dem Existenz-Minimum liegen wird.
Erstaunt waren wir aber feststellen zu müssen, dass Dr. Thiemer seine – zumindest für uns – überraschende Kündigung auch nicht mit seiner Frau abgesprochen hatte. - Auch die wurde von der plötzlichen Kündigung ihres Mannes überrascht. - Es war also eine Spontan-Kündigung!
Die Ehefrau des Dr. Thiemer arbeitet übrigens – auch das ist nun delikat – bei einer Mercedes-Niederlassung in München.
Bei nüchterner Einschätzung aller mir bekannt gewordenen Umstände hat Mercedes, bzw. die Daimler AG hier einen personellen Abgang nach draußen etwas geschönt dargestellt, da man sich zu den schon öffentlich gewordenen Affären nicht noch eine weitere einhandeln wollte.
Es verstärkt sich der Verdacht, dass Dr. Thiemer mit der Dame Seegers ein wenig aneinander geraten ist und daraus für sich die Konsequenzen gezogen hat. In diesem Zusammenhang ist zu hören, dass Dr. Thiemer nicht nur von der Vorstands-Dame Seegers als ziemlich arrogant im Auftreten empfunden wurde.
Das hat wohl seine Karriere bei der Daimler AG, seine Arbeit für Mercedes-Benz, dann doch früher in seiner letzten Marketing-Position beendet, als er selber gedacht hatte.
Sein Ziel war es eigentlich, Marketing-Vorstand zu werden.
MK/Wilhelm Hahne