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„Selbstverständlich wird in diesem Beitrag auch keine Kommentierung des der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemachten Urteils des Landgerichts Koblenz im sogenannten 'Nürburgring-Prozess' vom 16.04.2014 vorgenommen“, schreibt Prof. Ingolf Deubel in einem Beitrag, auf den Motor-KRITIK dank des Hinweises durch einen Leser gestoßen ist. Er wurde bereits 2015 veröffentlicht. - Motor-KRITIK hat sich die Zeitschrift, in dem der Deubel-Beitrag mehr als 40 Druckseiten einnimmt gekauft und gleichzeitig die Staatsanwaltschaft Koblenz um die Anklageschrift zum damaligen Prozess gebeten um evtl. der Deubel'schen Darstellung die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft gegenüber stellen zu können. Über diesen Versuch, den Inhalt der Deubel-Geschichte – nach Ende des Prozesses verfasst – und seine Art der Darstellung – auch die seines Angriffs auf die „polemische Art“ des Landesrechnungshofes von Rheinland-Pfalz, der – wie auch die Medien – nach Auffassung von Prof. Deubel „oberflächlich“ und „sachlich unzutreffend“ gearbeitet hat, davon soll dann in nachfolgender Geschichte zu lesen sein.
Des Deubel's General-Abrechnung!
Diese Geschichte beginnt mit dem Tipp eines Lesers. - Danke! - Der einfachste Weg schien uns, Herrn Prof. Deubel direkt anzuschreiben und ihn zu fragen, ob er uns den Text seines Beitrages zur Verfügung stellen könne.
Prof. Deubel antwortete umgehend:
„Leider ist es mir aufgrund der Urheber- und Verlagsrechte verwehrt, Ihnen eine elektronische Fassung des Anfang Juni 2015 erschienenen Aufsatzes zuzusenden.“
Aber er nannte uns den Titel der Zeitschrift, das Erscheinungsdatum und den Verlag.
Nicht nur mit dem haben wir uns sofort in Verbindung gesetzt, sondern auch mit der Staatsanwaltschaft Koblenz. Wir hätten gerne die Anklageschrift erhalten, die aufgrund der staatsanwaltlichen Ermittlungen erstellt wurde und die Basis für das Strafverfahren gegen den Ex-Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz war. Aber nicht nur das. In der Bauphase von „Nürburgring 20092 war er auch Aufsichtsratsvorsitzender bei der landeseigenen Firma „Nürburgring GmbH“ und galt als enger Vertrauter des Ministerpräsidenten Kurt Beck.
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Koblenz, Harald Kruse, antwortete nett und um Verständnis bittend:
"...ich fürchte Ihrem Anliegen auch weiterhin nicht entsprechen zu können. Zwar ist das Verfahren erstinstanzlich abgeschlossen. Allerdings hat der Bundesgerichtshof bisher über die verschiedenen eingelegten Revisionen noch nicht entschieden, so dass das hier ergangenen Urteil nicht rechtskräftig ist. Dessen ungeachtet wäre Ihre Bitte m.E. jedoch auch als Akteneinsichtsgesuch zu betrachten. Über dieses darf ich nicht entscheiden, weil das Verfahren formal bei Gericht anhängig ist, so dass dieses über die Herausgabe zu entscheiden hätte.“ - Um nach weiteren Erklärungen zu enden:
„Es tut mir Leid, Ihnen angesichts dieser Umstände nicht weiterhelfen zu können. Hierfür bitte ich um Ihr Verständnis.“
So haben sicherlich auch meine Leser dafür Verständnis, dass hier nur eine Darstellung von „Deubel's General-Abrechnung“ folgen kann. Die komplette Geschichte des Herrn Deubel können Sie leider erst nach Kauf der Zeitschrift zum Preise von 48,03 Euro lesen. Das Heft erreichte Motor-KRITIK mit dem Hinweis auf der Rechnung:
„Aus dem Beitrag dürfen Sie bis zu zwei Druckseiten zitieren.“
(Genaue Daten der Zeitschrift für mögliche Kaufinteressenten des Heftes finden Sie am Ende dieser Geschichte.)
Schon die Einleitung zu der Geschichte, die den Titel trägt:
„Das Nürburgring-Desaster – aus der Sicht eines Mitverantwortlichen“
...lässt ahnen, dass der Herr Professor Deubel hier ordentliche Arbeit geleistet hat:
„Eklatante Kostensteigerungen, drastische Bauzeitenverlängerungen, langwierige und kostenträchtige Rechtsstreite um Bau und Planungsmängel sowie eine unzureichende Wirtschaftlichkeit im späteren Betrieb stellen sich bei öffentlichen Investitionsvorhaben in Deutschland (einschließlich militärischer Beschaffungen) nicht mehr als seltene Ausnahmen dar, sondern scheinen zunehmend zum Regelfall zu werden.“
Um dann auch festzustellen:
„Insofern stellt das im Zeitraum von Ende 2007 bis Mitte 2009 realisierte, aber – aus heutiger Sicht – gründlich misslungene Projekt „Nürburgring 2009“ und die nachfolgende Serie von Pleiten, Pech und Pannen, die sich trotz des Verkaufs der Nürburgring GmbH im Jahre 2014 auch noch im laufenden Jahr 2015 fortzusetzen scheint, eher eine Ausnahme dar. Denn seit nunmehr über sechs Jahren prägt und lähmt zugleich die Diskussion um die Vorgänge und die Zukunft dieser Rennstrecke in ganz maßgeblicher Weise die Landespolitik in Rheinland-Pfalz.“
Im weiteren Text findet sich dann die interessante Vermutung von Professor Deubel, der als enger Vertrauter des seinerzeitigen Ministerpräsidenten Kurt Beck galt:
„Nicht auszuschließen ist zudem, dass der Rücktritt von Kurt Beck als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz im Januar 2013 (nach einer Amtszeit von über 18 Jahren) nicht nur auf den kommunizierten gesundheitlichen Gründen beruhte, sondern auch auf das seit Juli 2012 feststehende Scheitern des Nürburgring-Projekts zurückzuführen war.“
Prof. Deubel vergisst nicht darauf hinzuweisen, dass er von der 1. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Koblenz...
„...in 14 Fällen der Untreue und in einem Fall der uneidlichen Falschaussage vor einem Untersuchungsausschuss des Landtags...“
...insgesamt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 42 Monaten verurteilt wurde, um diese Feststellung mit dem Hinweis zu ergänzen:
„Hiergegen läuft – mit dem Ziel einer Aufhebung des gesamten Urteils – die Revision beim Bundesgerichtsshof.“
Der darum noch nicht rechtskräftig verurteilte Prof. Deubel beginnt dann mit der Schilderung der Bedeutung des Nürburgrings für Region und Land, widmet ein Kapitel den Entscheidungsprozessen von 2002 bis zur Umsetzung der Pläne mit den Startschuss im November 2007, um dann in einem weiteren Kapitel zur Detailschilderung – aus seiner Sicht – von der Umsetzung der Pläne zu „Nürburgring 2009“ und der angedachten Finanzierung zu kommen.
Er nennt in der Folge nicht nur die Zielvorgaben, sondern erinnert auch an das „Grobkonzept“:
„Das anfängliche Grobkonzept umfasste unmittelbar am Nürburgring die Bereiche Boulevard, Fahrsicherheitstraining, Attraktionen, Nordschleife, Gewerbepark und Touren. Im Village Bereich wurden ein Village-Hotel, ein Themen-Hotel, eine Sport- und Eventhalle sowie ein Reiterhof vorgesehen. Im Resort Bereich umfasste die Planung einen Golfplatz mit einem Golfhotel, einen Bungalow Park, einen Campingplatz, ein Wellness Center und verschiedene Natur-Erlebnisbereiche (Tennis, Wandern, Klettern, Reiten, Mountain-Biking, Bogenschießen und Wintersport). Diskutiert wurde auch schon sehr frühzeitig über die Einrichtung einer Zweigstelle der Spielbank Bad Neuenahr.“
Interessant ist, dass sich Prof. Deubel auch an dieses Faktum erinnert:
„Der Aufsichtsrat stimmte in seiner Sitzung am 04.09.2007 der Abgabe einer Erklärung der Nürburgring GmbH zu, dass das vorgesehene Hotel und das geplante Motorsportdorf zu 100% privat finanziert werden und das Gesamtprojekt im Bedarfsfall mit mx. 50% öffentlich finanziert wird.“
So kommt er dann auch – sozusagen automatisch – irgendwann auf das Thema Mediinvest und Kai Richter, den Prof Deubel beim Ersten Spatenstich – Motor-KRITIK war vor Ort – als den „Privatinvestor“ vorstellte. Auch in der Motor-KRITIK vorliegenden Darstellung des lt. Titel der Geschichte „Mitverantwortlichen“ wird – zumindest Motor-KRITIK – nicht so recht klar, wie es dazu kommen konnte.
- Wer hat eigentlich die Liquidität dieses „Privatinvestors“ und seiner Firma Mediinvest überprüft?
Man erfährt zwar, dass Mediinvest am 18.08.2007 der Nürburgring GmbH mitgeteilt hat, dass man mit weiteren Geschäftspartnern inzwischen eine Projektgesellschaft, Motorsportresort Nürburgring GmbH (MSR) gegründet habe, die über ausreichend Kapital zur Umsetzung des geplanten Projekts in der Lage sei. Und Prof. Deubel schreibt weiter:
„Die Bank für Tirol und Vorarlberg bestätigte zudem in einem unmittelbar an die Nürburgring GmbH gerichteten Schreiben, 'dass die Firma Geisler & Trimmel als Gesellschafter der Motorsport Resort Nürburgring GmbH in planerischer, technischer und finanzieller Hinsicht in der Lage ist, die geplanten Teilprojekte mit einem Gesamtvolumen von 70 Mio. Euro abzuwickeln'.“
Im Mai 2008, schreibt Prof. Deubel später, hat sich dann Kai Richter beim ihm als Aufsichtsratsvorsitzenden/Finanzminister gemeldet um mitzuteilen, das die österreiche Bank nun eine Bankbürgschaft von 6 Millionen Euro verlange und ihn um den Ratschlag bat, an welche rheinland-pfälzische Bank er sich nun wenden solle.
Prof. Deubel hat ihn an die ISB, die Investitions- und Strukturbank des Landes verwiesen. Dort hat man die Strategie entwickelt, mit einer „stillen Einlage“ bei der RIM (Tochergesellschaft der ISB) bei Mediinvest einzusteigen. Und es hat nach Schilderung des Herrn Prof. Deubel sogar eine...
„bankmäßige Überprüfung des Businessplans der MSR“
...gegeben. Aber dann kam – so Prof. Deubel – die „Finanzkrise“, die von Lehman Brothers ausgelöst wurde. Und so finanzierte die österreichische Bank nicht mehr. - Deubel aber auch!
Man erhält beim Lesen der Geschichte auch einen Eindruck davon, mit wie viel Gutachten sich die Politiker in Mainz absicherten und welche Klimmzüge dann gemacht werden mussten um eine Finanzierung darzustellen, die der eingangs gemachten Zusage entsprach. Zumindest in der öffentlichen Darstellung. Aber Prof. Deubel muss auch zugeben, dass die geplante – und sozusagen „verbriefte“ Privatfinanzierung gescheitert war.
Prof. Deubel versucht sich dann in einer Erklärung seines Finanzierungsmodells in dem „gebrauchte (Risiko-) US-Lebensversicherungen“ eine Rolle spielen und schreibt in diesem Zusammenhang:
„Seither gehört es zu den 'gesicherten Erkenntnissen' der Medien und sogar des Landesrechnungshofs von Rheinland-Pfalz, dass es sich bei dem dahinter stehenden SLS-Modell um ein hochspekulatives, ökonomisch unsinniges und für das Land äußerst risikoreiches Modell gehandelt hätte.“
Und er zitiert den Landesrechnungshof um zu dem Urteil – seiner Beurteilung – zu kommen:
„Bemerkenswert an dieser 'Würdigung' des Landesrechnungshofs ist vor allem, dass sich eine angesehene und normalerweise korrekt arbeitende Institution ohne nähere Analyse zu dieser in jeder Beziehung oberflächlichen, polemischen und sachlich unzutreffenden 'Würdigung' hat hinreißen lassen.
Und der Autor und „Mitverantwortliche“ am Nürburgring-Desaster versucht sich dann an einer Erklärung, die – wenn wir uns bei Motor-KRITIK richtig erinnern – schon „damals“ nur von einem verstanden wurde: Kurt Beck.
Wir erfahren später auch, dass die landeseigene Nürburgring GmbH zusammen mit der RIM für nur einen Euro die restlichen Anteile von 90% an der MSR übernahm. Motor-KRITIK kommentierte damals: „So teuer kann ein Euro sein.“ Denn das eigentlich simple Ergebnis, dass sich das Land Rheinland-Pfalz für diesen 1 Euro dann Schulden von 80 Millionen Euro einhandelte, ist in der Darstellung des Herrn Deubel nirgendwo so klar zu lesen.
Bei allem guten Willen, der Darstellung des Prof. Deubel eine gewisse Einsicht zu entnehmen, kann die nur am Ende seiner mehr als 40-seitigen Schilderung des von ihm mitverantworteten „Desasters“ entnommen werden, wo er feststellt:
„Die dadurch zu erwartenden gravierenden wirtschaftlichen Folgen (er bezieht sich auf die F1) für die Region um den Nürburgring waren schon im Jahr 2002 der Hauptgrund, das Projekt 'Nürburgring 2009' zu entwickeln. Wie heute unschwer festgestellt werden kann, ist der damals eingeschlagene Weg in desaströser Weise gescheitert. Mit dem Wissen von heute wäre es sinnvoll gewesen, wenn diesen Versuch erst gar nicht erst unternommen, sondern bereits damals ein Verkaufsprozess für den Nürburgring in Gang gesetzt worden wäre.“
Aber Prof. Deubel bezweifelt, dass das damals schon politisch durchsetzbar gewesen wäre. Und er schließt mit den Sätzen:
„Von daher wäre zum damaligen Zeitpunkt wohl nur die Variante 'langsames Siechtum' infrage gekommen. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass die Landespolitik diese Variante auf Dauer durchgehalten hätte.“
Die Landespolitik – jetzt unter neuer Leitung – versucht sich inzwischen im Verdrängen des selbst geschaffenen Problems. Nach dem Motto: Was nicht erwähnt und diskutiert wird, kann auch nicht existent sein.
Darum – jetzt im einsetzenden Wahlkampf – die Erinnerung von Motor-KRITIK. - Nicht nur an die SPD gerichtet.
MK/Wilhelm Hahne
PS: Die Zitate stammen aus „ZSE – Zeitschrift für Staats- und Europawissenschaften“, Heft 1/2015, ISSN 1610-7780, erschienen bei Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Waldseestraße 3 – 5, 76530 Baden-Baden. - Bestellungen im Buchhandel oder www.nomos-shop.de. - Motor-KRITIK zahlt € 48,03.