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Der deutsche EU-Abgeordnete in Brüssel, Dr. Werner Langen (CDU), hat der EU-Kommission, die den Nürburgring-Verkauf „abgenickt hat“, die Fragen gestellt, deren Beantwortung auch die deutsche Öffentlichkeit interessiert. Motor-KRITIK hatte darüber berichtet. Wie immer – und durchaus im bei der EU-Behörde üblichen Zeitrahmen, hat die – seit November 2014 neue – Leiterin der entscheidenden EU-Kommission nun gleichzeitig drei seiner Anfragen zum Thema „Nürburgring-Verkauf“ beantwortet. Motor-KRITIK veröffentlich nachfolgend alle drei Anfragen in ihrer textlichen Originalversion ohne weiteren Kommentar. Die Antworten auf berechtigte Fragen sprechen für sich. - Damit ist klar: Der Nürburgring geht in eine ungewisse Zukunft. - Für Jahre! - Jemand der sich mit Überzeugung als Besitzer bezeichnen könnte, den wird es nicht geben. Welche Bedeutung kommt da einem Pächter zu, dessen der Öffentlichkeit unbekannter Pachtvertrag – mit wem eigentlich? - genauso ungeklärt ist, wie das bisher noch nicht abgeschlossene Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung(!) einer landeseigenen GmbH, mit einem von der Landesregierung bestellten Geschäftsführer, der monatlich für seine Arbeit in dieser Firma – die operativ nicht mehr tätig ist – ein fünfstelliges Gehalt pro Monat erhält?
Aktuell: EU-Kommission spielt auf Zeit?
Heute, Freitag, den 15. Januar 2015, hat Frau Margarethe Vestager, die in Dänemark der sozialliberalen Partei „Det Radikale Venstre“ angehört, dem EU-Abgeordneten Dr. Werner Langen dann sehr passend – eben „radikal“ - eine politische Antwort erteilt.
Eigentlich waren es drei Anfragen, die Sie, liebe Leser, alle nachstehend zusammen mit den Antworten finden, die alle drei nicht nur das heutige Datum tragen, sondern auch alle ähnlich „gestrickt sind“. - Ob es sich da um „Luftmaschen“ handelt, mögen die Leser selbst entscheiden.
Hier die Anfrage Nr. 1 und die Antwort, die Frau Vestager dazu einfiel:
Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E-014313/2015
an die Kommission
Artikel 130 der GeschäftsordnungWerner Langen (PPE)
Betrifft: Beschwerden gegen den Weiterverkauf des Nürburgrings
Im Beihilfefall Nürburgring hat die Kommission den Verkauf an Capricorn am 1. Oktober 2014 für rechtmäßig erklärt. Anschließend wurde die Rennstrecke allerdings an ein russisches Konsortium weiterveräußert. Gegen diesen Verkauf legten die unterlegenen Bieter „Ja zum Nürburgring e.V.“, Nexovation und Meyrick Cox, Ende des Jahres 2014 schriftliche Beschwerden bei der Kommission ein.
Kann die Kommission vor diesem Hintergrund folgende Fragen beantworten:
1. Wie ist der Bearbeitungsstand der Beschwerden gegen den Verkauf, und wann ist mit einem Bescheid der Kommission zu rechnen?
2. Wie erklärt sich die außerordentlich lange Bearbeitungsdauer der Beschwerden?
3. Wie bewertet die Kommission die Beschwerden vor dem Hintergrund der vor dem EuGH eingereichten Klagen?
Antwort der EU-Kommissarin von heute:
E‑014313/2015
Antwort von Frau Vestager
im Namen der Kommission(15.1.2016)
Die Kommission teilt dem Herrn Abgeordneten mit, dass sie nach ihrem Beschluss vom 1. Oktober 2014 in der Nürburgring-Angelegenheit keine relevante Beschwerde gemäß Artikel 24 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 2015/1589 erhalten hat.
Die Kommission verteidigt diesen Beschluss in von den Klägern angestrengten Gerichtsverfahren. Ihren rechtlichen Verpflichtungen entsprechend 1 wird die Kommission darauf achten, dass die Gerichtsverfahren in aller Ruhe und unter Beachtung des allgemeinen Grundsatzes der geordneten Rechtspflege ablaufen können.
Es folgt Anfrage Nr. 2 des Abgeordneten Langen (CDU) mit der dazu erteilten Antwort:
Anfrage zur schriftlichen Beantwortung E-014380/2015
an die Kommission
Artikel 130 der GeschäftsordnungWerner Langen (PPE)
Betrifft: Europarechtliche Prüfung des Verkaufs des Nürburgrings
Im Rahmen der Klagen einiger unterlegener Bieter gegen den Verkauf des Nürburgrings will die Kommission die europarechtliche Zulässigkeit des Verkaufs erneut prüfen, insbesondere vor dem Hintergrund des Weiterverkaufs des Nürburgrings an einen russischen Investor.
Kann die Kommission dazu folgende Fragen beantworten:
1. Ist es zutreffend, dass die Kommission ihre bisherige Einstufung des Verkaufsprozesses als europarechtskonform beibehalten will?
2. Welche Dokumente zum Verkaufsprozess liegen der Kommission vor, und erachtet sie diese für eine sorgfältige und unabhängige Prüfung als ausreichend?
3. Ist die Kommission bereit, alle vorliegenden Dokumente öffentlich zugänglich zu machen?
Die aussagekräftige Antwort:
E‑014380/2015
Antwort von Frau Vestager
im Namen der Kommission(15.1.2016)
Die Kommission überprüft die Rechtmäßigkeit ihres Beschlusses vom 1. Oktober 2014 nicht erneut. Derzeit verteidigt die Kommission diesen Beschluss in den von den Klägern angestrengten laufenden Gerichtsverfahren. Wie bereits in einer früheren Antwort auf eine schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten1 festgehalten, muss die Kommission dafür sorgen, dass die Gerichtsverfahren in Ruhe und unter Beachtung des allgemeinen Grundsatzes der geordneten Rechtspflege ablaufen können.
Was die Frage des Herrn Abgeordneten über den öffentlichen Zugang zu allen der Kommission zur Verfügung stehenden Dokumenten angeht, so muss die Kommission jeden Antrag auf Zugang gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission2 behandeln; sie muss eine individuelle Bewertung des Antrags vornehmen und dabei die rechtlichen und objektiven Umstände zum Zeitpunkt der Antragstellung berücksichtigen.
Die Anfrage Nr. 3:
Anfrage zur schriftlichen Beantwortung P-014460/2015
an die Kommission
Artikel 130 der GeschäftsordnungWerner Langen (PPE)
Betrifft: Klage des "Ja zum Nürburgring e.V." vor dem EuG
Der Verein „Ja zum Nürburgring e.V.“ hat vor dem Gericht der Europäischen Gemeinschaften gegen den Verkaufsentscheid der Rennstrecke „Nürburgring“ geklagt. Die Kommission hat für ihre Stellungnahme eine Fristverlängerung beantragt. Dies wird damit begründet, dass die Kommission erst durch eine weitere Klage von NeXovation von der Tatsache erfahren habe, dass der Nürburgring an einen russischen Investor weiterverkauft wurde. Diese Tatsache war der Kommission aber nachweislich schon vorher bekannt, wie Kommissionsmitglied Vestager in einem Schreiben vom 05. April 2015 bestätigte.
1. Warum hat die Kommission bzw. der beauftragte Anwalt behauptet, erst durch die Klage von NeXovation vom Einstieg des russischen Investors erfahren zu haben?
2. Wie die Kommission in ihren Fristverlängerungsantrag selbst schreibt, ist es erforderlich den Weiterverkauf „in der gebotenen Tiefe und Sorgfalt“ zu prüfen. Warum ist diese Prüfung nicht bereits erfolgt, obwohl die Kommission spätestens seit Anfang des Jahres Kenntnis vom Weiterverkauf hatte?
3. Welche konkreten Nachforschungen hat die Kommission in der Zwischenzeit angestellt, und zu welchen Ergebnissen ist sie gekommen, die für die Beurteilung der Klagen von Bedeutung sein könnten?
Die Antwort:
P-014460/2015
Antwort von Frau Vestager
im Namen der Kommission(15.1.2016)
Die Kommission möchte daran erinnern, dass sie zu laufenden Gerichtsverfahren grundsätzlich nicht Stellung nimmt. Andernfalls bestünde die Gefahr eines Verstoßes gegen den allgemeinen Grundsatz einer geordneten Rechtspflege, da möglicherweise nicht sichergestellt wäre, dass die Erörterungen zwischen den Parteien sowie die Beratungen des Gerichts über die anhängige Rechtssache während des gesamten Gerichtsverfahrens in aller Ruhe ablaufen1.
Nach der Rechtsprechung der Unionsgerichte folgt aus dem allgemeinen Grundsatz einer geordneten Rechtspflege, dass die Parteien das Recht haben, ihre Interessen unabhängig von jeder äußeren Beeinflussung, insbesondere durch die Öffentlichkeit, zu vertreten. Daher darf eine Partei, die Zugang zu den Verfahrensstücken der anderen Parteien hat, von diesen Stücken nur für die Vertretung ihrer eigenen Interessen Gebrauch machen und zu keinem anderen Zweck wie etwa dem, die Öffentlichkeit zur Kritik am Vorbringen der anderen Verfahrensbeteiligten zu bewegen.2
Dieser allgemeine Grundsatz gilt auch für die Organe.3
Schließlich stellt die Kommission fest, dass ihr bisher keine Beschwerde nach Artikel 24 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/1589 zugegangen ist. Deshalb hat sie keine förmlichen Untersuchungsschritte eingeleitet.
Das sind klare Aussagen, so unmissverständlich, wie wir sie von Politikern aus aller Welt kennen. Aber es sind keineswegs „Allerwelts-Aussagen“, den sie kommen von einer dänischen Politikerin.
Und wir lernen: Nicht nur der Käse aus Dänemark ist weltberühmt!