Aus gegebenem Anlass: Es ändert sich nicht alles!

Wer kennt nicht die Herren Hoeneß, Stadler, Winterkorn? - Der eine ist Wurstfabrikant, der andere war Audi-Chef, der nächste wollte eigentlich als Chef des größten Automobilherstellers der Welt empfunden werden und tat alles – vielleicht etwas zuviel – um das zu werden. Man traf sich unauffällig bei Aufsichtsratssitzungen des 1. FC Bayern in München. Denn neben ihren eigentlichen Aufgaben, kümmerten sich die Herrn auch um Fußball. - Winterkorn hatte – damals noch als  Vorstandsvorsitzender bei Audi – die Kontakte zum erfolgreichen Münchner Sportverein durch eine Beteiligung gesichert. Stadler hatte mit Audi-Sponsorengeldern die Verbindungen weiter gestärkt. Und so saßen beide im Aufsichtsrat der als Fußballverein bekannt gewordenen Geldmaschine, durch die Jahr für Jahr unsinnig viele Millionen Euro laufen. - Das ist nicht lange, aber doch ein paar Jahre her.

Aus gegebenem Anlass: Es ändert sich nicht alles!

Als Uli Hoeneß 2013 vorgeworfen wurde, mit Aktiengeschäften über eine Schweizer Bank viele Millionen verdient, aber nicht versteuert zu haben, da hatte er in den beiden genannten Aufsichtsratsmitgliedern interessante Verteidiger, die denen widersprachen, die den Rücktritt von Hoeneß als Aufsichtsratsvorsitzender des Münchner Fußballklubs forderten. Schließlich hatte sich dieser charaktervolle Unternehmer doch selber angezeigt! - Karl-Heinz Rummenigge hatte ihn wenige Jahre vorher sogar noch als „Vater Teresa vom Tegernsee“ empfunden und als „Nelson Mandela von der Säbener Straße“ bezeichnet.

Es war interessant zu beobachten, wie sich die Drei aus dem Aufsichtsrat verhielten. Natürlich wussten die zwei Aufsichtsratsmitglieder, die eigentlich aus der Automobilbranche kamen, nichts von den Zusatzgeschäften des Aufsichtsratkollegen Hoeneß. - Woher auch? - Nur weil man in einem Aufsichtsrat zusammen sitzt?

Hoeneß hatte sein „Spielgeld“ (in Millionenhöhe!), mit dem er seine Aktiengeschäfte machte – so sagte er – von einem anderen im Sportgeschäft bekannten Vorsitzenden und FC-Aufsichtsratsmitglied, das aber – leider und so ein Zufall! – schon verstorben war. - Nun lief die öffentliche Meinungsmache an.

Das ließ mich dann am 9. August 2013 in einer E-mail an Herrn Winterkorn u.a. ein paar Fragen stellen:

„Als erfahrener Journalist bin ich nicht auf den Wagen der öffentlichen Meinungsmacher aufgesprungen, sondern möchte mit wenigen Fragen an Sie für mich ein wenig Klarheit schaffen:
a) Sind Sie mit Uli Hoeneß „per Du“?
b) Haben Sie aus Ihrem privaten, versteuerten Einkommen auch zum ‚Spielgeld‘ des Herrn Hoeneß beigetragen?
c) Können Sie mit Ihrer Kenntnis von Zusammenhängen ausschließen, dass bei den ‚Aktien-Spielereien“ des Herrn Hoeneß Insiderwissen mit im Spiel war?“

Meine E-mail ging um 9:54 Uhr in Richtung Wolfsburg; um 11:45 wurde es im Auftrag von Herrn Winterkorn intern weitergereicht. Um 13:43 Uhr des gleichen Tages hatte ich schon folgende Antwort:

„Haben Sie Dank für Ihre Anfrage. Im Sinne der gleichberechtigten Behandlung aller Medien kommentieren wir auch in diesem Fall derartige Fragestellungen nicht.“

Mehr als fünf Jahre sind inzwischen ins Land gegangen. Winterkorn ist nicht mehr Vorstandsvorsitzender von VW. Er hat Ende 2015 „das Handtuch geworfen“. Ihn erwartet jetzt eine Anklage der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Nicht in Sachen Hoeneß, sondern weil er bei VW niemals seinen eigenen Vorteil aus dem Auge verloren hatte. - Kam es darum zur „Diesel-Affäre“?

Hoeneß wurde wegen seiner „Aktien-Spielereien“, die ihm einen zweistelligen Millionengewinn bescherte, den er – leider und dummerweise – nicht versteuerte, zu einer Haftstrafe verurteilt, die er abgesessen hat. - Weil er das Urteil ohne jeden Einspruch annahm! - Das wurde von mir als ungewöhnlich - aber verständlich (s. meine E-mail an Winterkorn) empfunden. - Hoeneß wird demnächst auch seinen Aufsichtsratsvorsitz beim 1. FC Bayern niederlegen.

Winterkorn hat sich nicht wieder in den Aufsichtsrat wählen lassen. Auch Stadler findet nicht mehr als Aufsichtsratsmitglied den Weg nach München, nachdem er einige Monate – wegen der „Diesel-Affäre“ - in Untersuchungshaft verbracht hat. Der „Neue“ im Aufsichtsrat des 1. FC Bayern ist nun der auch „Neue“ bei VW, Herbert Diess.

Der braucht auch keine „Aktien-Spielereien“; sein Millionen-Einkommen ist ihm als Chef von VW sicher. Die Höhe solcher Chef-Vergütungen wurde von seinem Vorgänger – Müller - damit erklärt, dass man als Vorstandsvorsitzender immer mit einem Bein im Gefängnis stehen würde.

Herr Stadler kann das bezeugen; Herrn Winterkorn wird das jetzt wohl auch immer klarer.

Das alles fällt mir aus gegebenem Anlass wieder ein. Denn nicht alles ändert sich. Die VW-Presseabteilung gleicht immer noch mehr einer Abwehr- als einer Informationsabteilung. - Wie man vor gut 5 Jahren – in einem Sonderfall - reagierte, ist oben zu lesen.

Nun zu dem aktuellen Beispiel, das zu diesem Vergleich anregte:

Am 27. April 2019, um 19:09 Uhr – an einem Samstag - habe ich die VW-Presseabteilung mit der Bitte um einige Auskünfte zum Sicherheitsdienst bei VW angeschrieben, damit meine E-mail dort direkt am Montag in der Frühe bearbeitet werden konnte.

Am Dienstag, dem 30. April, um 10:53 Uhr erhielt ich aus der VW-Presseabteilung eine E-mail mit folgendem Text:

„...Ihre Anfrage wurde mir von meinem Chef Herrn XXX weitergeleitet und ich möchte sie Ihnen auch gerne beantworten.
Habe allerdings noch eine Frage: in welchem Rahmen und wo und wann möchten Sie dieses veröffentlichen?
Danke für kurze Rückmeldung.“

Um 14:24 Uhr des gleichen Tages habe ich geantwortet:

„...herzlichen Dank für Ihre erste, schnelle Reaktion.
Um Ihre Frage zu beantworten:
Im Rahmen meiner journalistischen Tätigkeit bin ich auf dieses Thema gestoßen und recherchiere nun dazu.
Wann, wo und welche Geschichte daraus entsteht, kann ich Ihnen erst nach Abschluss meiner Recherchen sagen.“

Dann habe ich in der 18. Kalenderwoche nichts mehr aus Wolfsburg gehört. Die reichte bis in den nächsten Monat, endete am 5. Mai.

Wir befinden uns jetzt in der 19. Kalenderwoche. - Und tatsächlich,  am 7. Mai, gestern Dienstag, acht Tage nach dem letzten Kontakt, gab es aus Wolfsburg dann folgende Information:

„Hallo Herr Hahne,
anbei das Statement der betreffenden Fachabteilung:
‚Die Aufgaben der Werksicherheiten sind sehr vielfältig und umfassen Aufgaben im Bereich Werk- und im Brandschutz.
Dahinter verbergen sich komplexe, anspruchsvolle und zum Teil großdimensionierte Aufgaben.
Bitte haben Sie Verständnis dafür das wir zu konkreten Sicherheitsthemen keine Angaben machen.‘
Viele Grüße"

Für diese „Fachinformation“ von einem der großen Automobilhersteller dieser Welt, muss ich eigentlich keine Presseabteilung bemühen. Die kann ich eigentlich in jedem gut geführten Kindergarten erhalten, wo gebildete Kindergärtnerinnen – eigentlich mit der Sache nicht betraut – zu ähnlichen, anspruchsvollen Formulierungen finden würden.

Zum Schluss noch eine Kopie des Anhangs, der sich aktuell am Ende dieser E-mail aus dem Volkswagenwerk Wolfsburg findet:

"Bitte denken Sie an die Umwelt, bevor Sie diese E-Mail ausdrucken.
Pro Blatt sparen Sie durchschnittlich 15g Holz, 260ml Wasser, 0,05kWh Strom und 5g CO2."

Tatsächlich ist das – wie hier auch – in der Farbe Grün dargestellt!

Eine Wertung dieser „Warnung“, die vom „Erfinder des Diesel-Skandals“ kommt, überlasse ich meinen Lesern . Diese Vorlage ist so gut, dass ein passender Kommentar von mir dazu einfach „billig“ wirken würde.

VW bezeichnet übrigens seine in der Praxis mit „Presseabwehr“ beschäftigte Abteilung intern als „Kommunikationsabteilung“. Da sich VW als „international“ empfindet, benennt man so eine Abteilung dann mit „Corporate Communications“ und die mit der Abwehr beauftragte Fachkraft ist dann mit „Sprecherin Human Resources“ benannt.

So ein großer Konzern wie die Volkswagen AG ist eben in seiner Zusammensetzung nichts anderes als ein Spiegelbild unserer Gesellschaft in all seinen Extremen.

Ich habe den VW-Konzern über Jahrzehnte nicht nur beim Wachsen, sondern z.T. auch die dort stattfindende geradezu „kranke Art“ von „Wucherungen“ erlebt, kenne den Einfluss aller Chefs dieses Konzerns, von Nordhoff bis Diess, das Entstehen der Firma im Dritten Reich, ihr Überleben in der so genannten „Besatzungszeit“, als bundeseigene Firma, als GmbH und AG.

Ich lächle heute manchmal, wenn ich bei – offenbar aus Wolfsburg informierten - Kollegen z.B. lese, wie erfolgreich „damals“ das VW-Cabrio und ein Karmann Ghia im Verkauf liefen. - Ich war zu der Zeit „Sonderverkäufer“ für diese Modelle und kann mich erinnern, dass ein Herr Nordhoff einen Karmann Ghia als „Fremdfabrikat“ in seine Gedankenwelt einordnete. - Ein Mann, der selber einen Lancia – natürlich als „Testwagen“ von VW gekauft – fuhr.

In diesem Konzern ist – wegen seiner Größe – für jede Art von Menschen Platz. Darum waren dort auch immer die unterschiedlichsten Arten von Affären möglich, vom „Devisen-“ bis hin zum „Rotlicht“-Skandal. Wobei es in diesem Großunternehmen mehr Skandale gab, als jemals bekannt geworden sind. - Dank einem funktionierenden Sicherheitsdienst?

Darum nehme ich auch das aktuelle Verhalten einer „Kommunikationsabteilung“ genauso hin, wie die Konzernstrategie eines Herrn Diess in Richtung Elektromobilität.

Man sollte Aussagen und Handlungen von Mitarbeitern dieses Konzerns nicht zu ernst nehmen! - Und man muss, wenn man tatsächlich mal Informationen aus Wolfsburg erhält, die auf ihre Richtigkeit überprüfen. - Denn man weiß spätestens seit dem Diesel-Skandal: In Wolfsburg werden auch Zahlen „geschönt“.

Aber ich weiß auch aus Erfahrung:

Es ändert sich nicht alles! -

Gerade bei VW nicht, einem „Moloch“ mit der geschmeidigen Beweglichkeit eines Super-Container-Schiffs!

Man sollte in Wolfsburg nicht vergessen:

  • Wer gestern unglaubhaft war, muss damit rechnen, auch heute nicht ernst genommen zu werden.
MK/Wilhelm Hahne
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