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Auf einem Bein (Jahr) kann die IAA nicht stehen. Also muss man zwölf Mal einen Zweiersprung machen. Man sollte also schon 24 Jahre zurück schauen können. - Aber wer kann das schon? - Die heute aktiven Journalisten, die über Automobile berichten, waren damals noch zu jung. Oder sie sind heute in Rente, wenn sie damals schon den Überblick hatten. - Das ist mir so am Wochenende eingefallen, als ich einmal in Ruhe Erlebtes der letzten Jahrzehnte reflektierte. Heute – an einem Montag – wird man schon in der Frühe daran erinnert, dass man wohl irgendwie „von gestern“ ist. In der regionalen Tageszeitung von heute – 23. November – wird groß (eine halbe Seite auf Seite 6) darüber berichtet, dass sich die „VW-Abgas-Affäre“ in den USA ausweitet. Schon auf der Titelseite ist die Geschichte mit „Drei-Liter-Diesel unter Verdacht“ angekündigt. - Da fragt man sich dann: Wer hat da etwas nicht mitbekommen? - Man ruft die eigenen Motor-KRITIK-Seiten auf und findet unter dem 4. November eine Liste - „Affected 3.0 liter diesel include:“ - die ich von den Internetseiten der EPA (Environmental Protection Agency) aus den USA habe, wo ich über diesen Teil der Ausweitung des Skandals berichte. - Ich hatte wahrscheinlich die Freigabe der Information aus Wolfsburg nicht abgewartet. - Oder? - Sind andere hier – nur aus meiner Sicht – zu spät? - Oder wird – umgekehrt – sogar die Vergangenheit vergessen? - Natürlich nur dann, wenn angesagt ist, sie zu vergessen. Vergangenheit, so sie im „Mainstream“ gefragt ist, wird dagegen gerne genommen. Aber warum sollte man sich auch daran erinnern, dass der – heute – stellvertretende Bundeskanzler, Sigmar Gabriel (SPD), nicht etwa aus dem Nichts kam, sondern eine bewegte Vergangenheit hatte? Das war zu einer Zeit, als „Focus“ sich noch als Konkurrenz zum „Spiegel“ zu verstehen glaubte. Auch Sigmar Gabriel hat schon mal in Niedersachsen regiert, war so auch schon mal mit dem dem Volkswagenwerk verbandelt. Schon wegen der Beteiligung des Landes Niedersachsen am Konzern war er im Aufsichtsrat und hat „beratend“ Rechnungen schreiben lassen. VW erhält durch die zwangsweise Beteiligung des Landes Niedersachsen geradezu den Anstrich eines „Staatskonzerns“. Damit wirken dann die Versuche von Politikern und Behörden in Sachen „sauberes Abgas“ manchmal peinlich, wenn bestimmte Dinge betont oder andere herunter gespielt werden. - Oder verzögert. - Gerade am Wochenende hatte ich darüber nachgedacht, dass doch das Thema „Abgas-Skandal“ alt ist. Bei einem Glas Wein habe ich mich an gute und nette Kollegen erinnert. Und was aus ihnen geworden ist. So musste ich auch an die „alten“ Ministerpräsidenten von Niedersachsen denken, die jeweils den Aufsichtsrat bei VW mit ihrer Anwesenheit schmückten. - Sie haben jeweils das getan, was man von ihnen erwartete. - Das hat evtl. auch eine ganze Branche zu der Zeit getan, als die „Auto Bild“ noch 1,50 DM kostete. Die Branche hat sich ob deren Berichterstattung ungerührt gezeigt. Dabei machten die „damaligen“ Enthüllungen in „Auto Bild“ auch schon eine „Kat-astrophe“ deutlich. - Es geschah zum Zeitpunkt einer IAA im Jahre 1991. - Wie die Wiederaufnahme des Themas dann im Jahre 2015 - 24 Jahre später.
Es geschah zwölf IAA's vor der letzten!
Eigentlich haben sich die Probleme über die Jahrzehnte nicht verändert. Nur unsere Gesellschaft nimmt sie anders auf. Eigentlich war es – aus heutiger Sicht - eine Sensation, wenn 1991 die „Auto Bild“ zwei Tage vor der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Heft Nr. 37/1991 titelte:
„Von Auto Bild aufgedeckt: Der Kat-Betrug“
Ich erinnere mich noch gut, dass ich nach dem Lesen des Artikels glaubte, dass nun ein Aufschrei durch die Branche gehen würde. Da würde nicht nur Toyota – weil direkt angesprochen – da würde die gesamte Automobilindustrie auf die Barrikaden gehen.
So eine sensationelle Enthüllung zwei Tage vor einer Automobilausstellung: Da musste es krachen. Spätestens in Frankfurt... - Aber: Nichts!
Immerhin hatte diese Zeitschrift „damals“ eine verkaufte Auflage, die einer Million näher war als 500.000. Während sie heute - „im Stil der neuen Zeit“ - gut 400.000 Käufer mit visionären Vorhersagen lockt, konfrontierte sie damals mit knackigen Darstellungen mehr als doppelt soviel Käufer.
Am letzten Wochenende habe ich mich einmal mit dem von „Auto Bild“ dargestellten „Kat-Betrug“ beschäftigt. Er betraf eine Firma, die der VW-Chef Martin Winterkorn mit seinem VW-Konzern von der Weltmarkt-Spitze der Branche ablösen wollte: Toyota - Auch mit einem Betrug?
Dass das alles längst vergessen ist wurde mir klar, als ich mich damit beschäftigt habe, was denn inzwischen aus den Kollegen geworden ist, die hier als Journalisten im Leserinteresse ihre – gute - Arbeit gemacht hatten:
- Rolf Häring hatte sich inzwischen „einträglicheren Geschäften“ zugewendet, für die er nun eine Haftstrafe verbüßt.
- Diether Rodatz lebt irgendwo in Norddeutschland als Rentner und schwärmt von Oldtimern.
- Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Jordan, damals an der TH Köln, ist – wie ich mich telefonisch informieren konnte – lange im Ruhestand.
Wilhelm Hahne erinnert sich nicht nur an „damals“, sondern nimmt immer noch an den aktuellen Skandalen regen Anteil. Damit ist er – habe also ich – einen deutlichen Vorsprung nicht nur vor Volontären, sondern auch vor jedem Diplom-Journalisten oder sonstigem studierten Kollegen einer neuen Generation.
Hier ein Blick auf ein paar Ausschnitte, mit denen nur bewiesen werden soll: Diese Geschichte hat es wirklich gegeben. Dabei ging es weniger um CO2, sondern primär um NOx.
Aus dem Lauftext der „Auto Bild“-Geschichte ein kurzer Ausschnitt:
„Wie erwartet, bestand das japanische Familienauto die strenge Prüfung nach US-Norm (sogenannte Anlage XXI'II StVZO) als Super-Saubermann. Gefahren wird dabei nach einem genau festgelegten Zyklus. Als Höchsttempo sind 91,2 km/h vorgeschrieben. Wir aber brechen schließlich beim nächsten Test nach oben aus, fahren aus mal Richttempo 130, dann wieder zurück in den gesetzlichen Meßzyklus. Und siehe da: Zunächst steigen die Abgas-Emissionen rapide. Doch sopbald wieder der normale Testzyklus gefahren wird, erkennt dies die Motor-Elektronik und mimt erneut den Saubermann.
Das ist schlau. Experten nennen so was 'Zykluserkennung' (siehe auch Seite 6). Für einen erfahrenen Mann vom TÜV-Prüfstand 'absolut nichts Neues'. So ganz nebenbei registrieren wir im übrigen Merkwürdiges: Schon einen Tag nach Testbeginn beim TÜV weiß die deutsche Toyota-Zentrale über unser Vorhaben Bescheid.“
Das passierte vor 24 Jahren mit einem Toyota Carina mit 16 V-Magermix-Motor mit 3-Wege-Kat den Kollegen von „Auto Bild“.
Das kommt einem alles sehr bekannt vor und beweist nur, dass Kunden und Behörden zu allen Zeiten getäuscht und betrogen wurden. Aber etwas hat sich geändert.
Glaubt man dem Pressechef, mit dem dann schließlich der Kollege Rolf Häring vor dem Kadi landete, dann sah die Aufgabe eines Pressechefs damals so aus:
„Mein Job war es, den Medien die neuen Modelle von Mazda vorzustellen“, sagt er. Geld dafür war reichlich vorhanden. Meine Leute und ich mussten nur dafür sorgen, dass möglichst positive Berichte über die Autos geschrieben und gesendet werden.“
Heute ist das anders. Da werden Journalisten die als kritisch empfunden werden erst gar nicht mehr zu Neuvorstellungen eingeladen. Sie erhalten – selbst auf begründete Anforderungen – auch keine Testwagen mehr. Man lässt solche Leute „links liegen“. - Das ist billiger.
Was aber nichts am Können und Wissen dieser Leute ändert. So muss man bei der Industrie auch Motor-KRITIK-Erinnerungen an eine Zukunft hinnehmen, die in der Vergangenheit – wie hier beweisen wurde - vor 24 Jahren – begann.
Demnächst dann wieder Aktuelles von VW.