Gespeichert von wh am
„Achtung – Fertig – Loss!“ - So könnte jetzt das Startsignal am Nürburgring lauten. Vier harte Monate liegen jetzt vor der Pächter GmbH. - Denn es ist Winter! Auch in der Eifel. Da helfen auch nicht die Aussagen inzwischen abgehalfteter Politiker, die zu ihren Hoch-Zeiten den Nürburgring in seiner jetzigen Form als „Ganzjahresdestination“ anpriesen. So lange Politiker noch auf dem Weg „nach oben“ waren, konnten sie das kritisch sehen. Als z.B. im Doppelhaushalt 2009/2010 des Landes Rheinland-Pfalz im November 2008 gleich 20 Millionen Euro statt 9 Millionen bereit gestellt wurden, da hat eine Eveline Lemke darauf hingewiesen, dass diese größere Summe vielleicht auch für eine Eigenkapitalerhöhung genutzt werden könne und hat – damals noch Landesvorstandssprecherin von „Die Grünen“ - in 2010 dann festgestellt: „Rückblickend wird klar: Das Projekt Nürburgring war von Anfang an zum Scheitern verurteilt.“ - Etwas später als Wirtschaftsministerin des Landes „oben angekommen“, hat sie dann nur noch nach vorn geschaut. - Motor-KRITIK wollte aber gerne mal sehen, wie denn die Gegenwart am Nürburgring aussieht und ist eine Woche lang praktisch jeden Tag als Besucher im Umfeld der „ergänzenden Neubauten“ zur Rennstrecke unterwegs gewesen, auch um noch einmal die 2010 geäußerte Meinung zu überprüfen, die auch heute noch in dem einzigen Nürburgring-Buch zu lesen ist, das über diesen Bau-Skandal 2010 erschienen ist: „Klar ist auch: Niemand von diesen wirklichen Experten gibt dem neuen „Freizeitpark Nürburgring“ auch nur den Hauch einer Chance. Zumindest nicht in der erbauten Größenordnung und einer nicht überdachten Zusammenstellung. Konzeptlosigkeit also sowohl „damals“ wie auch heute.“ - Motor-KRITIK hat nun aktuell mal – jetzt in 2016 – die reale Situation betrachtet, um zu der Feststellung zu kommen:
„Boulevard“: „Loss-Center“ am „Ring“!
„Loss“ ist das englische Wort für Verlust, also das Gegenteil von Gewinn, weshalb man im Englischen von „profit and loss“ spricht, wenn man über „Gewinn und Verlust“ diskutiert. Das muss man am Nürburgring auch, wenn man über den Wert der „alten“ Rennstrecke spricht, um dann z.B. vom „Boulevard“ zu sprechen, der zu den „Erfindungen“ politischer Visionäre gehört und mit Steuergeldern scheinbar verantwortungslos erbaut wurde. Prof. Deubel, damals als Finanzminister des Landes auch Aufsichtsratsvorsitzender der landeseigenen Nürburgring GmbH:
„Hier wird nicht gezockt, sondern solide gearbeitet und finanziert!“
Und zweieinhalb Monate später, am 16. Dezember 2008, auf dem Richtfest für‘s Gesamtprojekt:
„Alles ist auf der Schiene durchfinanziert.“
Bei Motor-KRITIK arbeiten zwar keine Elefanten, aber wir vergessen die wesentlichen Dinge nicht.
Aber nun zurück ins Jahr 2016. Wir schreiben Ende November:
Ich habe bei meinen Besuchen am Nürburgring jeweils im Parkhaus geparkt. Es ist keine Tiefgarage, darum waren wahrscheinlich auch die Baukosten so hoch. Nach dem Wissenstand von Motor-KRITIK kostete dieses Parkhaus 16 Millionen Euro. - Immerhin ist es zweistöckig!
Ich bin dann – auch an meinem ersten „Arbeitstag“ dort – mit dem Aufzug in den „Boulevard“ gefahren. Es regnete an diesem Montag (21. November) in Strömen. Aber man konnte nicht einfach hinaus in den Regen. Der „Bouvelard“ war zum „ring°werk“ hin nur durch die jeweils äußeren Türen zu verlassen. Die mittleren Türen waren mit einem roten Flatterband versperrt. - Ein Defekt?
Ich habe es aufgeklärt!
Sehen sie über dem Tor, das geöffnet werden muss, wenn der „ring°racer“ unterwegs ist (also nie mehr!) den kleinen Überstand? - Auf dem sammelt sich im Winter immer Schnee und man hat die Erfahrung gemacht, dass es dann zu kleinen „Schneelawinen“ kommen kann, die dann schon mal die Besucher treffen können. Und um Schadensfälle zu vermeiden… -
Es regnete in Strömen, von Schnee keine Spur. Die Spannbänder waren wohl nur eine Sicherheitsmaßnahme um eventuelle Besucher bei eventuellem Schneefall vor eventuellen Schneelawinen zu schützen. - Beim neuen russischen Pächter des Nürburgrings scheint es sich um eine „Schutzmacht“ zu handeln.
Ich habe bei meinen Besuchen in dieser Woche im „Boulevard“ nur wenige Besucher getroffen. Die meisten davon waren Mitarbeiter der CNG, der capricorn NÜRBURGRING GmbH. Wenn ich – meist alleine – im „Boulevard“ unterwegs war, wurde ich aber kundenfreundlich mit Musik des Senders „RPR1“ beschallt.
Ich habe mit der Kamera „weit ausgeholt“ um auch meine Leser die „große Weite“, die „große Leere“ dieser „Shoppingmeile“ (?) erahnen zu lassen. Es gibt zwar Läden. Aber die sind nicht geöffnet. Und in den nächsten Monaten dann sowie nicht.
Auch der „Toto & Lotto“-Laden (links auf dem Foto) ist jetzt über den Winter bis zum 31. März 2017 geschlossen. Starke Raucher unter den Mitarbeitern der CNG müssen sich dann ihre Zigaretten von zu Hause mitbringen. Außerdem gab es dort bis einschl. 30. November belegte Brötchen, heiße und kalte Getränke, es gab Bücher zu kaufen und Süßigkeiten.
Aber nun ist Winter am Nürburgring! - „...und so einsam, öd‘ und leer!“
Am Montag tagte dort aber noch eine Behörde. Am Dienstag war auch das Hinweisschild am entsprechenden Aufgang im „Boulevard“ entfernt. Unten im Parkhaus hatte man vergessen es wegzunehmen. - Dafür waren aber am Dienstag die „Flatterbänder“ vor den Türen des „Boulevard“-Zugangs entfernt. - Und es regnete auch nicht.
Der große Bildschirm ist zwar jetzt abgeschaltet, wirkt wie eine grau/schwarze tote Wand, aber die RPR1-Berieselung tut gut. Sonst würde im „Boulevard“ sicherlich eine „Grabesstimmung“ herrschen. - Auf dem Friedhof in Nürburg ist mehr los! - Wirklich!
Ich habe immerhin einen Laden im „Boulevard“ gefunden, der an einem Tag im Dezember noch mal geöffnet hat. Sogar der andere große Nissan-Laden, am Ende des „Boulevard“ (zum Lindner-Hotel hin) war (fast) ausgeräumt, die Türen waren verschlossen. - Wie ich hören konnte, kämpft derzeit Nissan Deutschland mit seiner „Mutter“ einen verzweifelten Kampf um die Kosten, die bis jetzt der deutsche Importeur alleine zu tragen hatte.
Natürlich bin ich an den geschlossenen Türen zur „arena“ vorbei gekommen und habe mich erinnert, dass einer der „großen Investoren“ (ohne Geld) diese so genannte Mehrzweckhalle am Nürburgring so beschrieben hat:
„Die ist mit 3.500 Sitzplätzen für erstklassige Stars zu klein, und für zweitklassige Musiker kommt keiner in die Eifel.“
Immerhin kann man, vielleicht auf dem Weg zum „ring°werk“ unterwegs seinen persönlichen Müll entsorgen. Mülleimer gibt es genug. Und direkt daneben steht ein Automat, an dem man sich Gedenkmünzen kaufen kann. - Wie sinnig!
Aber am Eingang zum „ring°werk“ hängt ein Plan, der auf die Öffnungszeiten im November und Dezember aufmerksam macht. „Rot“ bedeutet „Geschlossen“. - Ob das bei der aktuellen SPD-Regierung des Landes – trotz des vielen „Rot“ - gut ankommt, darf bezweifelt werden.
Wo man auch im „Boulevard“ geht und steht, immer wieder wird man an den „ring°racer“ erinnert, der mal als „schnellste Achterbahn der Welt“ für Fuore sorgen sollte. Inzwischen gibt es schnellere. Die hier am Nürburgring wird auch wohl niemals mehr im Einsatz zu erleben sein, obwohl der aktuelle Geschäftsführer der CNG davon gesprochen hat. - Um danach auch etwas anderes zu sagen.
Das konnte man 2012 auch schon hören, als einer der damals aktuellen Geschäftsführer in einem Interview sagte:
„Nur sind die Auflagen der Kreisverwaltung so hoch, dass sie kein Betreiber erfüllen kann.“
Diese Attraktion, der „ring°racer“, hat über die Jahre bis heute „nur“ um 14 Millionen Euro gekostet. Da sollte man sie doch einfach als „Kunst am Bau“ deklarieren und stehen lassen. - Das heißt, man wird diese Achterbahn stehen lassen müssen. Weil sie sich auch aus statischen Gründen nicht abbauen lässt. Und die „Abschussvorrichtung“ zum Betrieb dieser Achterbahn, die lässt sich nicht ausbauen, d.h. nur nach gewaltigen „Abbrucharbeiten“.
Das ist ähnlich, als wenn man einen LKW, den Renntransporter des (Ex-)BMW-Formel 1-Teams aus dem „ring°werk“ holen wollte, der damals beim Neubau der Halle, sozusagen mit eingebaut wurde. - Inzwischen hat man ihn – weil es bei BMW keine Formel 1 mehr gibt – auch umlackiert. - Das war die billigere Möglichkeit.
Als ich an einem meiner Besuchstage an einer Werbung für die „Schnuppertribüne“ vorbei kam fiel mir ein, dass bei dieser Tribüne, die ja praktisch mit dem „Boulevard“ verschmolzen wurde, auch noch „nicht alles in trockenen Tüchern“ ist. Weil die Tribüne nicht unbedingt fachgerecht aufgebaut wurde, regnet es inzwischen in einige der Läden durch die Decke, d.h., so dass eine „Wasserkühlung“ ständig vorhanden ist. Was nicht unbedingt den Mietwert der Läden erhöht!
Es gibt auch ein Gutachten, das als einzige Lösung vorgibt, die Tribüne komplett ab- und dann wieder richtig aufzubauen. Sonst werden die Läden niemals trocken. - Das kostet nur ein paar Millionen, ist aber unumgänglich! - Ob‘s der Russe anpackt, der – nach den Feststellungen von Motor-KRITIK auch Anfang Dezember 2016 immer noch kein Eigentümer des Nürburgrings ist und darum auch noch nicht die millionenschwere Grunderwerbssteuer zahlen musste!
Auf der Suche nach positiven Eindrücken, bin ich dann mal in Richtung „info°center“ gegangen. Mir war schon beim Bau klar gewesen, das man hier nicht – wie das auch bei den Tribünenaufgängen passiert ist – schwarzen spanischen Schiefer als Bodenbelag verlegen sollte
Immerhin gibt das diesen Neubauten den ruinenartigen Touch von Verfall. Leider sind die Gebäude aber irgendwie funktionslos, taugen noch nicht einmal so richtig als Ruinen.
Ich habe schon vor der Realisierung der eigentlich hier überflüssigen Bauten – auch nachzulesen in meinem Buch – an die Möglichkeiten erinnert, die selbst ein Albert Speer (...ich weiß: Drittes Reich) wahrgenommen hatte. Ich schrieb „damals“:
Die neu geplanten Hallen am Nürburgring sind eben dem Niveau der Region entsprechend, die einmal als das "Sibirien Deutschlands" bewertet wurde, auch "Gigantismus". Den Inhalt der Gutachten, deren Ergebnis gerne zitiert wird, ändert aber nichts an ihrem Alibiwert. Denn niemand aus den Medien, die die Erbauer der künftigen Bauwerke heute schon feiern, kennt die "Zahlenbasis", auf der die Gutachten entstanden.
Albert Speer hatte auch keine "Zahlenbasis", konzipierte seine "kolossalen"Bauten aber so, dass auch noch spätere Generationen von den zerfallenen Ruinenbeeindruckt gewesen wären - und sind (s. Nürnberg). Er entwickelte praktisch die "Theorie vom Ruinenwert" weiter. In seinen "Erinnerungen" schreibt Albert Speer:
"Die Verwendung besonderer Materialien sowie die Berücksichtigung besonderer statischer Überlegungen sollte Bauten ermöglichen, die im Verfallszustand, nach Hunderten oder (so rechneten wir) Tausenden von Jahren etwa den römischen Vorbildern gleichen würden."
Vielleicht sollten die "Planer der Neuzeit" von ihren Vorgängern ein wenig lernen und zumindest die Neubauten - dann aus heimischem Gestein – so anlegen, dass sie zumindest als Ruinen in späterer Zeit eine "Erlebniswelt" darstellen.
Warum sind die „Initiatoren“ von aktuellen Großprojekten eigentlich überwiegend Politiker?
Auch der Suche nach einem positiven Beispiel für Neubauten am Nürburgring bin ich dann auch zum „Business-Center“ gekommen. Nach kurzem Überlegen habe ich das Herz des Centers nicht durch den Haupteingang, sondern über einen Nebeneingang erreicht.
Und ich erinnerte mich, diese „Schlampereien“, die ich hier nicht übersehen konnte, schon beim Bau beanstandet zu haben. Man hatte bei der Planung wohl vergessen, dass es in dunklen Treppenhäusern meistens dunkel ist. Also hat man die wohl ohne Lampen und ihre Zuleitungen geplant. Als dann alles stand, hat man die Stromleitungen „über Putz“ verlegen, die Treppen mit ihrem Schieferbelag aus schwarzem spanischen Schiefer durchbohren müssen und auch sonst – s. mittleres Foto - „geschlampt“!
Und dann stand ich am Ende eines langen Ganges. Gänge in Gefängnissen wirken großzügiger, heller und sympathischer. Aber ich dacht mir dann: Vielleicht ist es besser in so ein „Business-Center“ freiwillig zu gehen, als in einem „symphatischen“ Gefängnis eingesperrt zu sein. Und ich bin mal den Gang entlang gegangen, um einen Eindruck von den Mietern zu erhalten.
Diese sieben Büros sind nicht vermietet oder werden firmenintern genutzt. Ich habe nicht die Schilder der vermieteten Büros fotografiert, weil es sich da bei den Mietern überwiegend um Firmen handelt, die in irgendeiner Form vom Nürburgring abhängig sind. Ich bin auch auf ein Schild gestoßen, das einen Mieter benannte, der längst gekündigt hat. Aber in den Mietverträgen ist eine Kündigungfrist von 1 Jahr vereinbart, so daß hier dann schon mal ein Büro ein ganzes Jahr leer steht. - Mit Firmenschild vor der Tür.
Das alles ist irgendwie deprimierend. Die festen Kosten für die nächsten vier harten Wintermonate schätze ich für das Objekt „Boulevard“ auf 600 – 700.000 Euro. Und die Bauten werden nicht besser, die „Baumängel“ - s. Tribüne – sorgen dafür, dass diese Neubauten sehr schnell altern. Leider werden sie dadurch nicht wertvoller. Ich hatte schon vor dem Bau darauf hingewiesen, dass man bei der Planung bitte folgende Punkte berücksichtigen möge:
1) Planungskosten
2) Baukosten
3) Betreibungskosten (z.B. Energiekosten usw.)
4) Instandhaltungs- und Wartungskosten
5) Entsorgungskosten
Nachdem ich mir die Dinge hier am Nürburgring, besonders den „Boulevard“ und sein Umfeld einige Tage angesehen habe, bin ich der Auffassung, dass man sich zu „Punkt 5“ heute schon ein paar Gedanken machen sollte. - Vor allen Dingen, wenn ich an die „Grüne Hölle“ auf der anderen Straßenseite denke. - Aber dazu habe ich mich auch bereits vor 6 Jahren eindeutig geäußert!
Denn Eines steht fest: Die Bäume wachsen hier am Nürburgring nicht in den Himmel!
Zwischen meinen Besuchstagen hatte sich das Wetter schon sehr verändert. Wo vorher mal eine interessant wirkende Pfütze stand, war die inzwischen schon kleiner geworden, trocken gefroren, und wurde vom Service-Personal – sehr aufmerksam! - abgestreut.
Es ist Winter in der Eifel! - Den wird man am Nürburgring deutlicher in der Kasse spüren als vorher. Es gibt dann am Nürburgring praktisch kein wirkliches „Profit-Center“ mehr, dafür viele „Loss-Center“.
Der „Boulevard“ zählt sicher nicht nur in diesem Winter dazu!