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Der Flughafen Hahn, ein – welch’ Zufall - ehemaliger Militärflughafen, ist seit Freitag dem 3. Feburar 2023 verkauft. So hat die „dpa“ exklusiv vermeldet. Am frühen Abend sind die entsprechenden Meldungen auf allen wichtigen Internetseiten der deutschen Zeitungen und Zeitschriften, die die Meldungsvielfalt der Deutschen Presse Agtentur (dpa) nutzen, dann schon mal nur mit kleinen Wort-Umstellungen erschienen. Ich war schon in der Frühe – sehr früh um 4:52 Uhr – davon ausgegangen, dass das an diesem Tag passiert. Allerdings hatte ich Stunden früher damit gerechnet, sonst hätte ich mich nicht selbst um den Schlaf gebracht. - Inzwischen habe ich in Ruhe diese Meldung, die unter unterschiedlichen Titeln – aber ziemlich gleichzeitig – erschien, im den so genannten Lauftext miteinander verglichen. In einer Passage, die eigentlich noch größer ist, sind davon eine Reihe exakt wortgleich. Man hat sich also in einzelnen Redaktionen – natürlich unter Zeitdruck stehend – noch nicht einmal die Mühe gemacht, ein wenig nachzurecherchieren, um die dpa-Meldung mit eigenen Recherche-Ergebnissen anzureichern. So ist z.B. fast überall in wichtigen Passagen die Meldung wortgleich. - Wie z.B. bei:
„...äußerte sich zunächst nicht zu dem Verkauf.“
Dieser Textabschnitt ist aber schon größer, hätte sich aber wegen seiner Länge nicht als Titel für diese Geschichte geeignet. Gemeint ist von mir folgende Passage:
„Der Pharma-Unternehmer findet sich auf keiner EU-Sanktionsliste für Russland, das einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt. Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner äußerte sich zunächst nicht zu dem Verkauf.“
Ich habe mir dann mal auf „YouTube“ ein Interview mit Herrn Jan Markus Plathner angeschaut, der wohl von Frankfurt aus arbeitet. Mein Eindruck ist, dass er es mit hoher Wahrscheinlichkeit ist, der die „dpa“ exklusiv informierte, denn es ist kaum anzunehmen, dass sich jede der Zeitungen und Zeitschriften, die per Internetseite diese Meldung verbreiteten, sich um einen Kontakt zu Herrn Plathner bemüht hat, um dann exakt zu der gleichen Formulierung zu finden.
Die – soweit ich das feststellen konnte – einzige Zeitung, die die „dpa“-Meldung mit eigenen Recherche-Ergebnissen anreicherte und nicht in der „dpa“-Version darbot, war tatsächlich „BILD“! Hier war auf deren Internetseite u.a. zu lesen, was in der „dpa“-Meldung nicht enthalten war:
„Charitonin ist ein russischer Milliardär, Mitbesitzer von Pharmstandard und seit Oktober 2014 Miteigentümer des Nürburgrings. Er ist einer der 96 Oligarchen auf der Embargoliste des US-Finanzministeriums.“
Man stand offenbar auch dort unter Zeitdruck, sonst hätte man vielleicht die Formulierung „Miteigentümer“ mit „zu 99 Prozent“ ergänzt. Diese Ausweitung des russischen Besitzes geschah allerdings auch erst in 2015.
Aber schon in 2022, nach dem 7. Juni 2022, konnte man auf der Internetseite mit dem Titel „abgeordnetenwatch.de“, Untertitel, „Weil Transparenz Vertrauen schafft“, eine Frage eines Uwe C. an den Präsidenten des rheinland-pfälzischen Landtags, Hendrik Hering, lesen, die dort unter den Titel „Wird die Landesregierung etwas gegen den russischen Oligarchen Wiktor Charitonin unternehmen?“ erschien und folgenden Wortlauf hatte:
„Hallo Herr Hering,
der russische Oligarch Wiktor Charitonin ist nach Wikipedia letztendlich Besitzer des Nürburgringes. Charitonin ist einer der 96 Oligarchen auf der im Januar 2018 vom US-Finanzministerium veröffentlichten Embargoliste (Putin-Liste).
Zum Beispiel verdient dieser "Herr" mit jeder von den Nutzern gefahrenen Runde auf der Nordschleife Geld!
Im Rahmen der russischen Invasion in der Ukraine wird weltweit gegen diese Oligarchen vorgegangen, in dem Vermögenswerte beschlagnahmt werden, Konten eingefroren werden usw.
Hat die Landesregierung gegen diesen "Herren" schon etwas in dieser Richtung unternommen?
Wenn ja, was wurde unternommen?
Wenn nein, warum nicht und wie rechtfertigen Sie das dann dem Bürger gegenüber, der aufgerufen wird für die Ukraine zu spenden?
Gerade unter der Führung Ihrer Partei wurden ja am Nürburgring über 300 Millionen Euro Steuergeld verschwendet.
Sehen Sie hier keinen Handlungsbedarf in Bezug auf Charitonin?"
Hendrik Hering, der als Wirtschaftsminister der vorherigen Landesregierung den „Nürburgring 2009“-Skandal mit verantwortet und nach der Insolvenz einer (zu 90 Prozent) landeseigenen Gesellschaft eine Vertiefung des Skandals durch von ihm – als Jurist (!) - abgeschlossenen „Anschlussverträge“ verantwortete, antwortet dann dazu am 13. Juni 2022 um 09:14 Uhr in seiner aktuellen Funktion als Landtagspräsident der Landesregierung in Mainz:
„Sehr geehrter Herr C.,
das Land Rheinland-Pfalz ist nicht mehr am Nürburgring beteiligt. Fragen von Sanktionen gegen ausländische Staaten und Staatsbürger liegen nicht im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer, sondern sind Aufgabe des Bundes.
Mit freundlichen Grüßen
Hendrik Hering“
Was diese Antwort so interessant macht ist, dass eine Anfrage von Motor-KRITIK am 24. Februar 2022 an die Staatskanzlei in Mainz, mit dem Betreff: „Wird der Nürburgring nun evtl. wie eine russische Exklave behandelt?“ mit folgendem Text:
„Sehr geehrte Frau …..,
nachdem der russische Staatspräsident Putin nach Ansicht – auch – deutscher Politiker das Völkerrecht gebrochen hat, werden überall „Sanktionen“ vorbereitet, die auch einzelne russische Staatsbürger, bzw. die Firmen und ihren Besitz im Ausland betreffen.
Hat die rheinland-pfälzische Regierung irgendwelche Sanktionen gegenüber dem russischen Besitzer des Nürburgrings in Planung?
Das ist eine Frage, die von normalen Bewohnern der Eifel an mich herangetragen wurde. Welche offizielle Antwort der rheinland-pfälzischen Regierung darf ich da vermitteln?
Mit freundlichen Grüßen
Wilhelm Hahne
...noch am gleichen Tag vom Pressesprecher des Innenministeriums in Mainz so beantwortet wurde:
„Guten Tag Herr Hahne,
ich bitte Sie, diese Frage an die für Sanktionen zuständigen Stellen bei der Bundesregierung und der Europäischen Union zu richten.
Viele Grüße
gez. … …..
Im AuftragPressesprecher
MINISTERIUM DES INNERN UND FÜR SPORT
RHEINLAND-PFALZ
Schillerplatz 3-5
55116 Mainz
Das habe ich nicht sofort getan, sondern – nach langen Überlegungen - erst am 5.September 2022 die Berliner Vertretung der Europäischen Union in Berlin angeschrieben:
Sehr geehrte Frau …..,
ich hatte schon kurz nach Beginn des Krieges in der Ukraine und der Einführung
von Sanktionen gegen russische Oligarchen die rheinland-pfälzische Landesregierung
(Staatskanzlei) gebeten, mir doch zu sagen, was nun mit dem Nürburgring geschieht,
der sich - wie allgemein bekannt - im Besitz eines russischen Oligarchen befindet.
Die Antwort aus Mainz: Ich möge mich bitte an Brüssel oder Berlin wenden.
Ich habe damals nichts weiter unternommen, sondern die Entwicklung weiter
beobachtet und zur Sache weiter recherchiert. Dabei bin ich auf interessante Zusammenhänge gestoßen, die ich in einer Geschichte auf meinen Internetseiten zusammen gefasst habe:
https://www.motor-kritik.de/node/2180
Tage nach der Veröffentlichung wurde ich von einem Leser gefragt, was denn die
rheinland-pfälzische Landesregierung dazu sagen würde.
Meine Anfrage an die Staatskanzlei in Mainz wurde bis heute nicht konkret beantwortet, sondern u.a. wieder versucht, an die "alte Antwort" zu erinnern, die mich an "Brüssel" verwiesen hatte.
Das versuche ich nun mit dieser e-Mail an Sie, da Sie sicherlich meine Anfrage an die
richtigen Ansprechpartner in Brüssel weiterleiten können.
Ich möchte meinem Leser - auch wenn es nur ein einziger war - schon eine konkrete Antwort auf seine Frage geben können. Wenn es schon nicht eine aus Mainz sein kann, vielleicht ist dann eine aus Brüssel auch bedeutsamer.
Mit freundlichen Grüßen,
Wilhelm Hahne
So glaubte ich, nicht nur – über diesen kleinen Umweg – in Brüssel, sondern auch in Berlin angefragt zu haben, denn bei der – räumlich – engen Verbindung zwischen der Representation der Europäischen Kommission in Berlin und der politischen Führung in den deutschen Ministerien dort, würde mich hoffentlich eine interessante Antwort erreichen.
Zu meiner Überraschung erfolgte der erste Kontakt noch am gleichen Tag. Es gab eine kurze, freundliche Information aus Berlin:
Sehr geehrter Herr Hahne,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich mache mich schlau, was wir dazu sagen können und melde mich baldmöglichst bei Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
gez. …. …..
Pressereferent / Press Officer
Europäischen Kommission
European Commission/Europäische Kommission
Representation in Germany/Vertretung in Deutschland
D-10117 Berlin, Unter den Linden 78
Und dann kam nichts mehr. So habe ich dann am 29. September 2022 erinnert, um nur Stunden später folgende „nichtssagende“ – aber darum so aufschlussreiche e-Mail aus Berlin zu erhalten:
„Sehr geehrter Herr Hahne,
bitte entschuldigen Sie die späte Antwort. Ihre Anfrage ist durch urlaubsbedingte Abwesenheiten untergegangen. Ich war mit den Kollegen in Brüssel heute aber dazu in Kontakt.
Erst einmal zu den Sanktionen, falls noch nicht bekannt: Alle von der EU aufgelisteten Personen und Einrichtungen finden Sie im Amtsblatt der Europäischen Union und auch hier: http://www.sanctionsmap.eu
Für die Umsetzung von EU-Sanktionen sind die Mitgliedstaaten zuständig. Die Europäische Kommission ist nicht dafür zuständig, einzelne Fälle der Anwendung von Sanktionen zu beurteilen. Zu Personen, die nicht auf der Sanktionsliste stehen, können wir also nicht kommentieren. Am besten wenden Sie sich dazu an eine zuständige nationale Behörde. Die Kontaktdaten finden Sie in den einschlägigen Ratsverordnungen (siehe z. B. Anhang I hier). Wir haben auch eine umfassende Liste der zuständigen nationalen Behörden auf unserer Website veröffentlicht.
Ansonsten könnten Sie versuchen, dafür auf den Rat zuzugehen – die Pressekontakte finden Sie hier.
Die neuesten FAQs zu den kürzlich beschlossenen Sanktionen finden Sie auf unserer Website: Sanktionen nach der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine. Wir fügen ständig neue Fragen und Antworten hinzu.
Verstöße gegen die Sanktionen sollten den zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten oder anonym über das EU-Whistleblower-Tool gemeldet werden.
Ich hoffe, das hilft Ihnen weiter.
Mit freundlichen Grüßen und noch einmal Entschuldigung für die späte Rückmeldunggez. …. …..
So wurde mir klar, dass sich die EU in Brüssel, die Politiker in Berlin und Mainz eigentlich einig waren in der Auffassung, dass man sich doch von so einem unbedeutenden Informationsdienst wie Motor-KRITIK nicht in ihren Plänen und Absichten beeinflussen lässt.
Darum eine „so nette“ und informative (?) - natürlich super-informative – aber absolut nichtssagende Antwort.
Da habe ich es für richtig empfunden, „die Füße still zu halten“ und die weitere Entwicklung – auch in Sachen Nürburgring – still zu beobachten.
So kam es dann zu meiner – hoffentlich auch als nett empfundenen – Geschichte am Freitag in der Frühe. Die enthielt noch eine kleine Unsicherheit.
Aber dann, mit der „dpa“-Meldung – und ihren Auswirkung in der von mir beobachteten nationalen Presse, waren mir zumindest die Abläufe klar, die zu dieser „dpa“-Meldung geführt hatten. Ich hatte mir dazu – wie ich hier wiederholen möchte - auch ein Bild vom Insolvenzverwalter des insolventen Flughafens Hahn zu machen versucht, indem ich mir auf „YouTube“ ein Interview mit ihm zu einer anderen Sache angesehen habe.
- Offen blieb die Frage: Warum ist er mit der Veröffentlichung des Flughafen-Verkaufs so früh an die Öffentlichkeit gegangen, wo doch die Gläubigerversammlung erst am Dienstag, 7. Februar 2023 ist?
- Eine weitere Frage: Warum wurde in der dpa-Meldung betont, dass der neue russische Käufer des Flughafens Hahn, nicht auf einer der europäischen (!) Sanktionslisten für russische Oligarchen steht?
Da musste die Art der Darstellung bei „BILD“ nicht unbedingt als gut empfunden werden. - Oder gerade doch?
Am Samstagabend wurde dann alles noch verwirrender, als zunächst beim SWR vermeldet wurde, dass es noch einen weiteren Käufer für den Flughafen Hahn geben würde. Auch der mit einem Kaufvertrag und dem Hinterlegen von 20 Millionen Euro für den Kaufpreis auf einem Anderkonto! - ??? -
Hier der bedeutende und in diesem Fall wichtige Teil der SWR-Meldung von Samstag, 18:45 Uhr:
„Zwei Kaufverträge für den Flughafen Hahn im Hunsrück
Für den Hunsrück-Flughafen Hahn gibt es neben dem Nürburgring-Betreiber einen weiteren Bieter. Auch dieser hat nach eigenen Angaben einen Kaufvertrag unterzeichnet.Bei dem zweiten Käufer handelt es sich nach SWR-Informationen um den Mainzer Immobilienentwickler WR Holding. Über eine Tochterfirma habe man einen notariellen Vertrag unterschrieben.Der Vertrag sei in der ersten Januarwoche 2023 geschlossen worden, bei einem Notar in Frankfurt, so der Geschäftsführer der WR Holding, Wolfram Richter, im SWR. Auf einem verpfändeten Konto seien etwa 20 Millionen Euro hinterlegt worden, so Richter weiter.
...
Insolvenzverwalter bestätigt zwei Verträge
Ein Sprecher von Hahn-Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner bestätigte dem SWR am Samstag, man habe sich unterschiedliche Verkaufsvarianten gesichert. Plathner habe "mit unabhängigen Investoren Kaufverträge geschlossen, die noch unter Bedingungen stehen, so dass letztlich nur ein Vertrag vollzogen wird."
Das ist der wichtige Ausschnitt aus der Gesamt-Information des SWR, die noch umfangreicher ist. Es gibt dazu auch eine interessante Information, der auffallend gut arbeitenden FAZ.
Jetzt darf man gespannt sein, wer bei dieser Situation als „Pausen-Clown“ vom Platz geht, ohne Beifall zu erhalten!
- Seit wann wird ein Verkaufsobjekt an zwei Interessenten verkauft, die beide vorab den vereinbarten Kaufpreis als Sicherheit auf einem Anderkonto hinterlegen?
Die Gläubigerversammlung am Dienstag wird sicherlich genauso spannend – und wahrscheinlich in ihrem Endergebnis ähnlich von einem Insolvenzverwalter beeinflusst sein, wie damals der Verkauf des Nürburgring an „capricorn“. - Das war ein Verkauf, der sich als Farce entpuppte. Die aber – siehe meine Aussage am Tag der Kaufabschluss-Verkündung gegenüber „auto motor und sport“ am gleichen Tag im Internet nachzulesen – vorhersehbar war.
Dass nun wieder ein neuer Herr Richter eine bedeutende Rolle in der neuen Verkaufs-Komödie um den Flughafen Hahn – und ihrer Fortsetzung – spielt, wird von mir als Treppenwitz der Geschichte empfunden. Zumindest ich kann über solche grob-fahrlässigen Abwicklungen und ihre öffentliche Darstellung nicht mehr lachen, wie sie sowohl in Sachen Nürburgring als jetzt auch in Sachen Flughafen Hahn erfolgt sind.
- Am Dienstag wird deutlich werden: Nur Einer kann gewinnen!
Wie schon beim Nürburgring-Verkauf, wird der Insolvenzverwalter dem Gläubigerausschuss klar machen müssen, wie er abzustimmen hat. Der Gläubigerausschuss wird dann auch – wie gehabt - als „verantwortlich“ für die gefundene Endlösung dargestellt werden.
- Bei der „dpa“-Dependance in Frankfurt sollte man sich fragen, ob man sich nicht zum Werkzeug zur Umsetzung eines intelligenten taktischen Schachzugs machen ließ.
Am Dienstag wird uns vor dem Insolvenzgericht in Kreuznach die Bedeutung aller vorher erfolgten Exklusiv-Informationen und evtl. Inszenierungen deutlich werden. Aus der FAZ weiß ich aber inzwischen, dass der Kaufvertrag mit der NR Holding AG über den Flughafen Hahn unter „aufschiebenden, verschiedenen Bedingungen steht“. - Toll!
„Schaun mer mal, dann sehn mer scho.“, würde Franz Beckenbauer sagen!
Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz wird jedenfalls lächeln!