NLS 2: Besuch bei der alten, blondierten VLN-Dame!

Zum Termin meines Rennbesuchs bei NLS 2 gab es noch kein endgültiges Ergebnis für das 2023er Auftakt-Rennen der Serie. Aber das lag auch erst zwei Wochen zurück. So eine Auswertung, unter Berücksichtigung aller Vorfälle, Strafen und Fehlleistungen, das dauert eben! Bei der derzeitigen Situation mit einem Wust von Vorschriften und Anweisungen – auch in speziellen „Bulletins“ verpackt - war auch eigentlich für NLS 2 kaum etwas anderes zu erwarten. - Folglich war ich mit meiner Frau am Renn-Samstag morgens zunächst zum Einkaufen unterwegs und wir haben mittags zusammen in Ruhe gegessen. Ich habe dann meine „Siebensachen“ zusammen gepackt und – nein – ich bin nicht an die Strecke gefahren, sondern habe mich dieses Mal ausschließlich in der Boxengasse bewegt - Mein Eindruck am Ende des Renntages von NLS 2: Ich habe ihn erlebt,…

Wie der Besuch bei einer alten, „blondierten“ Dame!

Mehr Funktionäre – alle ganz wichtig – kann man kaum irgendwo in einer Boxengasse finden, als bei so einem Rennen, das mal eine Breitensportserie war, die sich aber inzwischen zu einer „Alles-oder-Nichts“-Veranstaltung gemausert hat. Nicht alle hasten dort umher, aber es herrscht in allen Boxen ein munterer Betrieb von zu vielen Mitarbeitern. - Wenn man von einer „Breitensport“-Serie ausgeht! - Aber so muss wohl moderner Motorsport sein. Repräsentativ nach außen! - Es gibt gut gefüllte Kühlschränke in den Boxen und ein gepflegtes Catering-Angebot. Fast überall in den Boxen gibt es – sozusagen – einen „Wald von Bildschirmen“, auf denen nicht nur die Fahrzeugdaten in bunten Kurven flimmern, sondern man auch sehen kann, wo sich das Einsatz-Fahrzeug derzeit befindet.

Zum Trinken ist in den Rennfahrzeugen zwar nur Wasser verfügbar, aber in den GT3-Fahrzeugen können immerhin die Amateure schon z.T. ihren Mut mit Klimaanlagen kühlen!

Natürlich werden die Fahrer – und ihre Leistungen – ständig durch eingebaute „Überwachungsgeräte“ kritisch digital beäugt. Im Nachhinein finden dann klärende Meetings statt. Die Fahrer haben z.T. andere Erklärungen für ihre aktuelle Leistungen als die Teamleitung. Auch hier hat das Geld – und damit der Industrie-Einfluss - die Stimmung beeinflusst. - Man hat schließlich auch gegenüber den Sponsoren eine „drückende“ Verantwortung.

  • Da findet man z.B. auf allen Rennfahrzeugen die Aufkleber von konkurrierenden Reifenfirmen! - Alles ist gut?

Und so „lügt“ jeder auf seine Weise. Eigentlich ist das auf jeder Seite mehr ein „Schönreden“, aber ich verstehe heute eine immer noch im Einsatz befindliche Teamchefin immer besser, die mir – einige Jahre nachdem ich nicht mehr für das Team fuhr – in einem Gespräch, das wir in einem ganz anderen Zusammenhang führten - plötzlich erklärte:

„Mein Mann und ich sind uns darüber einig, dass du der ‚wahrhaftigste‘ Fahrer warst, der jemals für unser Team gefahren ist.“

Damit hatte sich dann auch aller Ärger erledigt, den ich durch meine Art beim Ausüben des von mir favorisierten Motorsports schon mal – auch in diesem Team - hatte.

Darum habe ich bei meiner aktuellen „Wanderung“ durch die Boxengasse auch niemanden etwas Sinnvolles zum Rennen gefragt. Wenn man mit einem Bericht der Wahrheit nahe kommen will, muss man schon – Erstens -selber über große Erfahrung verfügen und – Zweitens - einen guten Blick für Details haben. - Ich trage seit gut 70 Jahren eine Brille!

Mir war es aber auch wichtig zu überprüfen, ob ich meine Motor-KRITIK-Leser mit meinen  Exklusiv-Informationen in meinen letzten Veröffentlichungen   – nicht nur sehr früh – sondern auch richtig informiert hatte.

Sozusagen „von einem Tag auf den anderen“ – so muss es die Öffentlichkeit empfunden haben - hatten „die Herren am Nürburgring“ den ADAC ausgebootet und nun zu NLS 2 des Jahres 2023 den AvD  „erste Schwimmübungen“ machen lassen.

Am 30. März informierte die „VLN VV“ die gemeldeten Teams über die Veränderungen mit dem nun neuen „Sponsor“ AvD und verlangte dann schon für das Rennen am 1. April – dem Renn-Samstag – dass als Pflichtwerbung nun „ein rotes Fleckerl“ über dem Herzen der Fahrer auf der Rennkombi getragen werden müsse. Die Öffentlichkeit wurde mit einer Veröffentlichung „zuckersüß“ am 31. März informiert.

Und es kam, wie’s kommen musste: Nicht alle Fahrer hatten mit der Schnelligkeit bei der „Sponsoren-Umstellung“ Schritt halten können. Ich habe einen beobachten können, der gar keinen Aufnäher trug. Der dafür vorgesehene Fleck war von Klettband belegt, das wiederum nicht belegt war. Weder mit einer ADAC-, noch einer AvD-Werbung. Aber mehrheitlich waren die Teams und Fahrer – wie ich sehen konnte - der kurzfristigen Anweisung gefolgt!

Auch der Fahrstuhlschacht direkt an dem – jetzt – „Goodyear“-Turm, war nur mit der AvD-Werbung geschmückt. Dazu hatte es aber schon zu Rennen 1 Informationen in Motor-KRITIK gegeben. In der ersten öffentlichen Bekanntmachung wurden „zur Sache“ vom Nürburgring-Pächter übrigens folgende Informationen zur Bedeutung des AvD verbreitett:

„Als traditionsreichste automobile Vereinigung in Deutschland bündelt und vertritt der AvD seit 1899 die Interessen der Autofahrer. Am 11. Juli 1926 veranstaltete der AvD auf der AVUS in Berlin den 1. Großen Preis von Deutschland, für dessen Austragung er bis heute über 75-mal als sportlicher Ausrichter verantwortlich war. Mit seiner breiten Palette an Services wie der weltweiten Pannenhilfe, einschließlich einer eigenen 24/7-Notrufzentrale im Haus, weltweitem Auto- und Reiseschutz, Fahrertrainings sowie attraktiven Events unterstützt der AvD die Mobilität seiner Mitglieder und fördert die allgemeine Verkehrssicherheit. Das Gründungsmitglied des Automobilweltverbandes FIA (Fédération Internationale de l’Automobile) betreut seine rund 1,4 Millionen Mitglieder und Kunden ebenso persönlich, wie individuell in allen Bereichen der Mobilität und steht für Leidenschaft rund ums Auto.“

Die genannte Mitgliederzahl entspricht sicherlich einer „internen Sprachregelung“. Weil ich aber  sonst keine sinnvolle Erklärung für diesen am Nürburgring erfolgten Sponsorenwechsel „in vollem Galopp“ fand, bin ich „der Sache ein wenig nachgegangen“. Je intensiver man mit einer Erklärung beschäftigt ist, desto unverständlicher wird die Nürburgring-Entscheidung in Richtung AvD.

Schließlich hatte diese „traditionsreiche automobile Vereinigung“ erst im Februar ds. Jrs. die AvD Sachsen-Rallye, einen Deutschen Meisterschaftslauf (!) abgesagt, der im Mai im Umfeld von Zwickau durchgeführt werden sollte. Offizielle AvD-Erklärung:

  • Man fokussiert sich derzeit darauf, seine sportlichen Aktivitäten zu konsolidieren und sie für die Zukunft neu auszurichten.

Wie passt ein solcher Präsidiums-Beschluss zur Übernahme einer Sponsoren-Aktivität am Nürburgring? Wenn man dann beim „Weiterbohren“ darauf stößt, dass die große „Oldtimer-Veranstaltung“ am Nürburgring schon im letzten Jahr ohne die AvD-Markette durchgeführt wurde, weil diesem Traditions-Verein offensichtlich an Geld mangelte und auch diese Großveranstaltung in diesem Jahr ohne den AvD stattfindet, dann versteht man die PRO-Nürburgring-Entscheidung noch weniger.

Aber man stößt auch darauf, dass der AvD wohl aktuell Zivil-Prozesse führt, um beim „Oldtimer Grand Prix“ wieder in Erscheinung treten zu können. - Aber das alles „passt nicht ins Bild“! - Bis man darauf stößt:

Die Anregung zu einem Sponsoren-Wechsel am Nürburgring ging nicht etwa vom AvD aus, sondern der ADAC hatte es in seiner überzogenen Selbsteinschätzung für richtig gehalten, beim Nürburgring „ein wenig Druck zu machen“ und mit dem – evtl. - Abzug von Veranstaltungen  gedroht, um bestimmte Zugeständnisse zu erreichen. - Das ist der Nürburgring dann auf den AvD zugegangen!

  • Dumm gelaufen! - Das wird im deutschen Motorsport noch einen „Rattenschwanz“ von weiteren (dummen?) Entscheidungen auslösen!

Denn der „Russe am Ring“ ist nun verärgert. Aber ob er sich nun – wie mit der o.g. Veröffentlichung gezeigt – mit der Zuwendung zum AvD einen Gefallen getan hat, muss in Kenntnis von Zusammenhängen zumindest von mir bezweifelt werden.

Aber da es im deutschen Motorsport zur Zeit nicht nur an dieser Stelle knirscht, ist zu hoffen, dass damit ein Bereinigungsprozess ausgelöst wird. - Sie merken: Die Hoffnung – auch meine (!) stirbt zuletzt!

Ich bin derweil weiter in Ruhe durch die Boxengasse geschlendert, habe die Ruhe – vor der Siegesfeier auf dem Podium – bei „Walkenhorst“ die Boxenausfahrt fotografiert, auch noch die 911-Fans auf der Tribüne - dann in der Box selbst noch Stücke von „Grello“ selbst. Aber auch die Arbeit der Monteure, die sich nicht geschont haben, obwohl ihr Einsatz durch die Einführung von „Boxen-Mindeststandzeiten“ nicht gerade belohnt wird.

  • Alle Dummheiten in den „Vorschriften“ werden als Beitrag zur Sicherheit deklariert. Damit wird dann – sozusagen – jeder Widerstand lahm gelegt!

Wenn ein Fahrzeug real abgefertigt ist, sieht es dann schon mal so aus, wie mein Foto zeigt. Ein Teammitglied ist nahe dem Boden, damit er nicht nur den Fahrer sehen kann, sondern – wichtig! - der Fahrer ihn sieht. Er blickt auf die Uhr und gibt dem Fahrer dann – im richtigen Moment – das Zeichen zur Abfahrt. Andere halten Schilder vor die Windschutzscheibe, erhalten den Startbefehl über Funk, um dann den Start – und die Windschutzscheibe - freizugeben. - Wenn das alles zu dem Sport – Langstreckensport (!) - passen würde, der hier betrieben wird, würde ich sicherlich keine Zeile darauf verschwenden. Aber so… - So werden Langstreckenrennen unsinnig, da sie eigentlich als Teamsport gewertet werden sollten!

In einer Box habe ich auch Jochen Neerpasch getroffen, den ich noch aus einer Zeit kenne, da er als Sohn eines Borgward-Händlers einen Lloyd Alexander TS gekonnt bewegte. Wir hatten uns Jahrzehnte nicht mehr gesehen, haben uns kurz die Hand gedrückt und ich habe gefragt, „Wo liegt ihr jetzt?“ - Er hat – wegen des Motorenlärms – an der rechten Hand nur Daumen, Zeige- und Ring-Finger gespreizt und damit „Drei“ angezeigt. Der Chef des Einsatzteams hat mich dann auch entdeckt, mir seine Hand entgegen gestreckt und festgestellt: „Hallo, Herr Hahne! - Lange nicht gesehen!“ - Was auch stimmt. - Jochen hat ein wenig erstaunt geschaut und ich habe ihm erklärt: „In meinem Alter kennt man die Meisten hier schon länger. - Manche schon aus dem Kinderwagen.“

Jochen hat genickt – er hat mich verstanden, ist inzwischen auch 84 - und ich bin gegangen, um „draußen“ auch auf einen Teamchef (Millionär) zu treffen, der mir kräftig die Hand drückte um –  so nebenbei auch – kopfschüttelnd festzustellen: „Ich weiß auch nicht, wo das ganze Geld hier her kommt!“

Denn hier in der Boxengasse ist nicht nur das Super-Benzin deutlich teurer als nur einen Kilometer weiter, es ist einfach alles in einer Dimension teuer, die diese Art von Motorsport nun als das „Ende einer Fahnenstange“ empfinden lässt. - Es geht nicht weiter! - Einer – mit ADAC-Kontakten - der mir begegnete klagte, dass nun auch „E-Unit“ in diesem Jahr richtig teuer geworden wäre. Ich habe ihm dann erzählt, dass diese Firma inzwischen verkauft wäre, nachdem der Besitzer des Nürburgrings am Kauf dieser Firma nicht mehr interessiert war. Obwohl… - Man hat da wohl andere Interessen!

Hier am Nürburgring scheint man keine klare Strategie zu verfolgen. Man „dreht das Fähnchen mit dem Wind“! - Wer heute – scheinbar – in Ungnade gefallen ist, ist vielleicht morgen schon wieder der Favorit der Nicht-Strategen! - Nachdem er „auf dem richtigen Schoß gesessen“ und etwas scheinbar Richtiges in das richtige Ohr geflüstert hat.

Als ich am Ende des Rennens nach Hause fahren, weiß ich zwar wie das Rennen – an der Spitze – geendet hat, aber ich muss das Gesamtergebnis abwarten, um auch um Detailergebnisse zu kennen. Schon am späteren Abend des Renntages wird das Endergebnis veröffentlicht. Exakt am 01.04.2023, um 21:46 Uhr wird das „Offizielle Gesamtergebnis“ von NLS 2 veröffentlicht!

Wer interessiert sich da noch für NLS 1. Dazu gibt es nämlich auch nach Durchführung von NLS 2 immer noch kein offizielles Endergebnis. - Nur ein „vorlaeufiges“! (s. VLN-Internetseite)

Und wenn ich mir dann am Sonntagabend mal Videos vom NLS 2-Lauf angesehen habe  – von lizenzierten Videofilmern aufgenommen - (Die dafür 300 Euro Lizenzgebühren gezahlt haben! Weil sie dann auch die Unfälle zeigen dürfen?) dann weiß ich, dass die NLS in ihrer jetzigen Form keine Zukunft hat. Auch ein AvD, der offenbar selber genügend Probleme hat, wird VLN/NLS nicht retten.

  • Ich erlebe am Anfang der Motorsport-Saison 2023 gerade das Ende einer Epoche! - Die 1977 ins Leben gerufene Breitensportserie passt auch nicht mehr in die Zeit. - The party is over!

Der Sargnagel wurde eigentlich von der Industrie mit deren „Erfindung“ von GT3-Fahrzeugen geliefert! - Nach dem 24h-Rennen wird das sicherlich auch an den Starterzahlen bei der NLS-Serie  ablesbar werden. Deren Macher haben nicht begriffen, dass man als Veranstalter einer Breitensport-Serie sich nicht zum Werkzeug der Industrie machen darf. - Aber natürlich dann, wenn es primär ums Geldverdienen geht!

Nun steckt die Breitensport-Serie NLS, die so – in ihrer jetzigen Form nicht mehr lebensfähig ist – in einer Sackgasse, an deren Ende sie nun mit hoher Wahrscheinlichkeit „gegen die Wand gefahren wird“!

  • Auch wenn eine alte Dame sich noch einmal blondieren lässt, kann sie damit ihren Todeszeitpunkt nicht verschieben!
MK/Wilhelm Hahne
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