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Am vergangenen Wochenende wurde am Nürburgring der 30. Truck-Grand-Prix durchgeführt. Er ist also so alt, wie „Rock am Ring“. Wie bei dieser Veranstaltung reicht auch beim „Truck-Grand-Prix“ die Entstehungsgeschichte zurück in die Zeit des Nürburgring-Geschäftsführers Rainer Mertel, in eine Zeit also, in der sich der Nürburgring mit der neuen Rennstrecke, dem Grand-Prix-Kurs für eine neue Art von Veranstaltungen öffnete. Es sind seit dieser Zeit nicht nur 30 Jahre ins Land gegangen, sondern es hat auch gesellschaftliche Veränderungen gegeben, die Einstellungen der jüngeren Generation haben sich verändert. Blickt man noch ein wenig weiter zurück, um die Veränderungen noch deutlicher darstellen zu können, muss man davon sprechen, dass „früher“ für die Menschen hier im Land das Thema „Arbeit“ ihr Denken beherrschte. Heute dominiert primär das Thema „Freizeit“ das Denken. - Es lohnt sich darüber nachzudenken. Nicht nur bei „Arbeiter-Parteien“, sondern auch bei denen, die eigentlich als „Ideal-Vereine“ gelten, also vordergründig und vornehmlich keine wirtschaftlichen, sondern ideelle Ziele verfolgen und darum – schon um das e.V. nicht abgesprochen zu bekommen – dann oft in ihrem direketen Umfeld eine Reihe von GmbH's beherrschen. - Wie z.B. der ADAC, der nicht nur im Falle des „Truck-Grand-Prix“ am Nürburgring eine bedeutende Rolle spielt. - Zufällig gab es an diesem Veranstaltungswochenende in Europa noch zwei weitere bedeutende Motorsport-Veranstaltungen, die in ihrer unterschiedlichen Art geradezu zu einem Vergleich herausfordern. - Motor-KRITIK versucht das einmal, obwohl wir leibhaftig nur am Nürburgring „vor Ort“ waren, aber in den anderen beispielhaften Fällen schon – auch vergleichend – die modernen Hilfsmittel der Kommunikation nutzen konnten.
Ein Vergleichswochenende: Drei Modelle!
Die drei Veranstaltung sind: „Goodwood – Festival of Speed“, „Dutch TT Assen“ und „Truck-Grand-Prix“ am Nürburgring.
Zunächst eine nicht unwichtige Feststellung: In diesem Jahr hat der Veranstalter des „Truck-Grand-Prix“ am Nürburgring die der Presse gemeldeten Zuschauerzahlen verständlich aufgeschlüsselt. Er vemeldet, durch die „Automaten“ an den Eingängen gezählt:
- 24.000 Zuschauer am Freitag
- 40.000 Zuschauer am Samstag
- 50.000 Zuschauer am Sonntag
Das erscheint Motor-KRITIK, sowohl am Freitag, am Samstag, wie auch am Sonntag im Umfeld des Nürburgring unterwegs, ziemlich realistisch zu sein. Eine solche spezifizierte Angabe finde ich auch korrekt,. Man könnte daraus auf rd. 60.000 verkaufte Eintrittskarten schließen und – das ist bedeutungsvoll (!) - die Mehrheit davon werden Drei-Tageskarten gewesen sein.
Oder anders: Der 30. Truck-Grand-Prix war eine Veranstaltung, von der auch die Region einen Vorteil hatte.
Denn die 30. Umsetzung der Idee, Renn-Trucks am Nürburgring starten zu lassen, erwies sich als eine perfekt Umsetzung in eine „Familien-Veranstaltung“. Es waren nicht nur viele Ehepaare, sondern auch ganze Familien mit Kindern nicht nur direkt an der Rennstrecke, sondern auch in deren Umfeld unterwegs.
Motor-KRITIK hat mit einigen von ihnen gesprochen und nur zufriedene Zuschauer erlebt, solche, die auch im nächsten Jahr wiederkommen werden und durch ihre von-Mund-zu-Mund-Werbung weitere Menschen dazu anregen werden, auch mal zum Truck-Grand-Prix an den Nürburgring in die Eifel zu kommen.
Es sind oft nur Kleinigkeiten, die die Stimmung einer Veranstaltung prägen. Beim Truck-Grand-Prix war es z.B. auch der Ton, der von den Ordnern ausging. Kein Zurechtweisen, sondern sozusagen „sanftes Erläutern“ der Situation. Das Verhalten der Besucher war entsprechend. Trotz des regen Betriebs auf dem Nürburgring-Gelände, war eine sympathische Ausgeglichenheit, keine Gereiztheit spürbar. Im Gegenteil. Es war eine harmonische Veranstaltung, deren organisatorische Problematik nicht spürbar wurde, aber gerade deswegen erwähnt werden muss, weil diese Veranstaltung bis hinunter in die Details einen perfekt geplanten Eindruck vermittelte.
Marc Hennerici war – und ist – nicht nur ein guter Rennfahrer; er hat offensichtlich das Studium der Betriebswirtschaft genutzt, um sein Hobby und seine privaten Interessen mit den Zielen seines Arbeitsgebers (ADAC Mittelrhein) zu einer mustergültigen Gesamtlösung zu vereinen.
Er scheint inzwischen auch seine zunächst spürbare Verspannung abgelegt zu haben und hat bei der Zusammenstellung dieser Veranstaltung aus reinen und wichtigen Motorsport-Teilen, eine für den Nürburgring so wichtige Mehrtages-Familienveranstaltung gemacht. - Perfekter, als sie es je zuvor war!
Denn man sollte eine andere Entwicklung nicht übersehen: Die reinen Rennveranstaltungen tendieren, selbst wenn sie anders angelegt sind, immer mehr zu Ein-Tages-Veranstaltungen!
Aber es gab aber auch Beschwerden über diese Veranstaltung. Bezeichnenderweise kamen die von Besuchern, die beim Campen in die Fänge der CNG geraten waren und sich „geneppt“ und schlecht behandelt fühlten. - „Wir kommen nächstes Jahr nicht wieder!“, war zu hören. - Dabei braucht die Region solche Veranstaltungen und solche Besucher.
Eine VLN-Veranstaltung muss z.B. aufgrund der Basis-Idee eigentlich eine reine Ein-Tages-Veranstaltung bleiben, obwohl die – auf angenehme Art – schon durch das intelligente Anbieten von ein paar Stunden Test- und Einstellfahrten am Freitag, die Teilnehmer schon vielfach zu Übernachtungsgästen macht. Was dann auch, durch das Anbieten von so genannten „Taxifahrten“, den Teams z.T. erst die Realisation von zehn Einsätzen bei solchen Langstreckenrennen im Jahr möglich macht.
Aber nun zu einer anderen Veranstaltung an diesem Wochenende im holländischen Assen. So lange dort Motorradrennen ausgetragen werden, finden dort die Rennen schon am Samstag statt. Früher ging das Rennen durch die Stadt, es gab noch keine separate Rennstrecke und man wollte – durfte – die sonntägliche Ruhe der Kirchgänger nicht stören.
Diese „Tradition“ hat man – auch nach dem Bau einer speziellen Rennstrecke - beibehalten, sie hat der Veranstaltung auch eine gewisse Kontur gegeben, die aber in der „Neuzeit“ schon deshalb verblasste, weil die Medien in gewisse Routinen verfallen sind, die die Öffentlichkeitswirkung einer Samstag-Veranstaltung nicht mehr garantieren. Auch das hat – mit – dazu geführt, dass man sich nun – obwohl diese „Dutch TT in Assen“ zu den intensivsten, klarsten und beeindruckendsten motorsportlichen Veranstaltungen in Europa gehört, die man als Zuschauer erleben kann – für das Jahr 2016 zu einer Änderung entschlossen hat: Der Sonntag wird dann – wie anderswo auch – der Hauptrenntag sein.
Assen ist es in diesem Jahr aber noch aus einem anderen Grund wert, in Motor-KRITIK erwähnt zu werden: Die dramatischten Szenen spielten sich sowohl in der Moto3 als auch in der MotoGP in der vor der Zieldurchfahrt angelegten Schikane ab. - Schikanen bedeuten also nicht – wie man uns im Sinne eines Herrn Tilke glauben machen will – erhöhte Sicherheit, weil sie eine „natürliche“ Herabsetzung der Geschwindigkeiten erfordern, sondern sie tragen zur Erhöhung der Unfallgefahr bei.
Wie man sicherlich beim DMSB beim Anblick der aktuellen Assen-Videos schaudernd feststellen wird. - Aber auch die willkürlichen Geschwindigkeitsbegrenzungen auf einer Rennstrecke können eine Gefahr darstellen, Herr Schacht!
Übrigens: Auch für den Veranstalter einer DMSB-Veranstaltung. Wenn der nicht deren Einhaltung überwacht, bzw. die Ergebnisse der Überwachung „übersieht“!
Dumme Frage: Wer und was berechtigt eigentlich einen Generalsekretär des DMSB, einer Vereinigung von ADAC, AvD und DMV, ohne jede interne Abstimmung – oder gar eine solche mit der vorgesetzten Behörde FIA – solche Geschwindigkeitsbegrenzungen für die Nürburgring-Nordschleife, einer Rennstrecke (!) auszusprechen? - Oder im Umkehrschluss: Wer nimmt so einen Unsinn eigentlich widerspruchslos hin?
Auch die Industrie sollte einmal darüber nachdenken, die dem DMSB eine Reihe von „Dienstfahrzeugen“ zur Verfügung stellt. - Oder man sollte mal beim Präsidenten der FIA, Herrn Jean Todt, nachhören. - Erfährt der eigentlich offiziell davon, wenn Amateure auf der untersten Ebene seiner Behörde deutlich über das Ziel hinaus schießen?
Kommen wir zur oben erwähnten dritten – bemerkenswerten – Veranstaltung an diesem Wochende:
- „Goodwood – Festival of Speed“.
Der diese Veranstaltung 1993 ins Leben rief, ist auch „ein Verrückter“: Charles Henry Gordon-Lennox, Earl of March and Kinrara. Besser kennt man ihn unter dem Namen: Lord March.
Der veranstaltet seit 1993 diese Veranstaltung, die die Erinnerung an „alte Fahrer“ und „alte Rennfahrzeuge“ wach hält. Dort gibt es nicht nur ein kurzes Bergrennen und eine kurze Rallye-Strecke durch den Wald, Strecken, auf denen die Besucher des Festivals Fahrzeuge und Fahrer hautnah erleben können. Und die Besucher dieser Veranstaltung dürfen überall hin, mit jedem sprechen, alles anfassen.
Es ist also genau das Gegenteil von einer Formel 1-Veranstaltung, wo man nur irgendwo dann hin kommt, wenn man dafür gut – sehr gut - bezahlt hat. Auch die CNG, der neue Pächter des Nürburgrings, hät das offensichtlich für ein Rezept mit Zukunft.
Lord March beweist nicht nur, dass es anderswie besser ist, sondern auch einflussreiche Manager der Industrie haben das inzwischen begriffen. Und ein – nicht unwichtiger – Manager von Bentley (einer Firma, die dem VW-Konzern zugerechnet werden muss) nannte diese Veranstaltung in Goodwood in diesem Jahr:
- „Eine Autoausstellung der Zukunft“.
Das ist durchaus richtig. - Meint auch Motor-KRITIK. - Und möchte zum Schluss dieser Geschichte – und des Vergleichs – die dumme Frage stellen:
- Was spricht eigentlich dagegen, die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) 2017 am Nürburgring durchzuführen?
Natürlich mit einem neuen Konzept, was auch beim Verband der Deutschen Automobilindustrie ein Umdenken, und eine Abkehr von inzwischen schon angestaubten Denkweisen und Gewohnheiten erfordern würde.
Matthias Wissmann (CDU), 1993 Bundesminister für Forschung und Technologie und bis 1998 Bundesminister für Verkehr, könnte sich so – inzwischen 66 Jahre alt – als Präsident des VDA unauslöschlich in den Geschichtsbüchern der deutschen Automobilindustrie verewigen.
Bisher ist er als Präsident des Verbandes der Automobilindustrie Motor-KRITIK nur als Lobbyist für vier große Stromkonzerne aufgefallen, als er sich mit seiner Unterschrift für die Laufzeitverlängerunger deutscher Atomkraftwerke einsetzte.
Und der als der Präsident des VDA die Geschäftsstelle „seines“ Verbandes von Frankfurt nach Berlin, in die Nähe seiner politischen Freunde verlegte, um seine gut bezahlte Arbeit als Lobbyist für die deutsche Automobilindustrie effektiver in Ergebnisse umsetzen zu können.
Beispiel: Eine von ihm verkündete „Wahrheit“:
„Das vernetzte, automatisierte Fahren bringt mehr Sicherheit im Straßenverkehr und macht Mobilität effizienter.“
Wenn das ein Politiker so sagt, dann hat das schon Bedeutung. Weil der Leute kennt, die Leute kennen – die auch keine Ahnung haben.
Motor-KRITIK sagt: Marc Hennerici ist auf dem richtigen Weg, Carsten Schumachen stochert noch mit einer Gehhilfe umher – und die IAA bedarf einer gründlichen Renovierung. - Darum dieser „Vergleich“.
Über den Nürburgring sprechen wir dann noch.