WEC Nürburgring: Wie daraus lernen?

Rennen werden seit mehr als 80 Jahren auf dem Nürburgring ausgetragen. Aber das betrifft dann die Nürburgring-Nordschleife. Der so genannte Grand-Prix-Kurs besteht erst seit 1984 und hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Er wurde speziell für die Durchführung von Formel 1-Rennen gebaut, er wurde sicher und modern geplant, aber da war in einer Reihe von Details Vieles ein wenig überzogen – oder direkt falsch angelegt. So wurde das Thema Sicherheit auf der einen Seite überbewertet, auf der anderen Seite nicht beachtet. Weil viel zu viele Unkundige ihre Finger im Spiel hatten, „Berater“, die eigentlich zu wenig von der Sache verstanden und so nicht unbedingt ideale Voraussetzungen für die Veranstaltungen von Automobil- und Motorrad-Rennen auf dem neuen Kurs schufen. - Wenn die Politiker – auch die waren hier im Spiel – dann gleichzeitig den Bahnhof Adenau auflösten oder die Curbs an der Rennstrecke als „Abschussrampen“ ausgelegt wurden, wenn man einen „falschen Asphalt“ (mit zu wenig Grip) verwendete, wenn die Zuschauerplätze zu weit von den Akteuren angelegt waren, dann muss man eigentlich jede Veranstaltung nach der Einweihung dieser Strecke anlässlich des Formel 1-Grand-Prix 1984 als „Versuchsveranstaltung“ empfinden. - So war eigentlich das gerade durchgeführte 6-Stunden-Rennen für die Sportwagen, die die Basis für die weltberühmten „24-Stunden von Le Mans“ bieten, hier am Nürburgring auch eine „Versuchsveranstaltung“. - Sie fand zum ersten Mal statt. Und zum ersten Mal war hier ein Pächter der Strecke auch der Veranstalter. - Es lohnt sich also schon, diese Veranstaltung einmal genauer zu betrachten.

WEC Nürburgring: Wie daraus lernen?

Die WEC (World Endurance Championship) steht unter dem Schutz, trägt das Prädikat der FIA. Die FIA setzt Termine und Strecken fest, verlangt aber auch vom jeweiligen Veranstalter die Überweisung eines entsprechenden Geldbetrages, wenn man sich einen solchen Weltmeisterschaftslauf sichern will.

Die Summe ist sechsstellig und in Anbetracht der bisherigen Erfahrungen mit diesem Kurs, der nun auch noch einen neuen Pächter hat, haben einige Veranstalter, die aufgrund ihrer Vergangenheit als Veranstalter für die Ausrichtung eines WEC-Laufs in Frage kamen, ein wenig gezögert.

Carsten Schumacher, der Geschäftsführer der CNG (des Pächters) hatte da einen anderen Blick auf die Sache. Auch in Zukunft möchte er mehr und mehr in die Kleider von Veranstaltern schlüpfen und er sah hier die Möglichkeit, seine direkten Kontakte zu internationalen und nationalen Sportbehörden enger zu gestalten und auch dort für eine Zusammenarbeit in der Zukunft Pluspunkte zu sammeln.

So hat er sich nicht nur sehr schnell mit der FIA über den zu zahlenden Betrag geeinigt, sondern auch die sportliche Ausrichtung einem professionellen sportlichen Ausrichter übertragen, von dem man weiß, dass seine Kontakte zur nationalen Sportbehörde „nicht schlecht“ - um nicht zu sagen – sehr eng sind.

Es war also – auch(!) - nicht nur – ein taktischer Schachzug des aktuellen Geschäftsführers der capricorn NÜRBURGRING GmbH (CNG), die seit dem 1. Februar 2015 offiziell als Pächter des Nürburgrings auftritt, obwohl man nicht weiß wer der Nürburgring-Besitzer, wer also als Vertragspartner für den Pachtvertrag verantwortlich ist – und man weiß auch nicht, was eigentlich in diesem Pachtvertrag steht.

Es gab sicherlich Veranstalter – z.B: auf der Seite des ADAC – die gerne Ansprechpartner im Falle dieses WEC-Laufes gewesen wären, als es um die sportliche Ausrichtung ging. Aber da waren von Seiten des Pächters längst die Weichen gestellt und die Organisations-Maschenerie war angeworfen.

Das wird jetzt zwar alles ein wenig teurer gewesen sein, aber – auch als Veranstalter muss man bereit sein Risiken einzugehen.

Risikobelastet war sicherlich auch die Festsetzung der Eintrittspreise. Eines Tageskarte gab es für 10 , eine Drei-Tages-Karte für 35 Euro. Für einen – immerhin(!) - WM-Lauf mit FIA-Prädikat!

Natürlich muss man auch an die Parkkosten denken. Wegen der „Wertigkeit“ lagen die – wie auch beim AvD-Oldtimer-Grand-Prix bei 8 Euro.

Aber man hat auch die Werbetrommel gerührt, nicht darauf gewartet, dass einem „gebratene Tauben in den Mund fliegen“. Und so gab es schon am Samstag rings um den Nürburgring „Bewegung“.

Schon die Hinweisschilder auf die Parkplätze vermittelten einen guten Eindruck, die Parkplätze selbst waren nicht prall gefüllt, aber immerhin gab es eine noch überschaubare Anzahl Automobile zu sehen und auf den Bürgersteigen entlang der übergroßen Hallen, entlang der B 258, flanierten eine Menge Leute. Für einen Renn-Samstag auf dem Nürburgring-Grand-Prix-Kurs eigentlich nicht normal.

Es zeigte sich, dass sich der Aufwand – und das Risiko der Veranstalter gelohnt hatte. Immerhin hatten im Vorfeld der Planung auch die deutschen Hersteller Hilfestellung geleistet.

Porsche hatte entlang der B 258 drei „Würfel“ aufstellen lassen, die schon in den Tagen vor dem Rennen beim Durchgangsverkehr für Aufmerksamkeit sorgten. Und auch bei „Facebook“ sorgten selbst die Gruppen für eine positive Stimmung für die Rennveranstaltung, die sonst gerne von den rheinland-pfälzischen Politikern den „Widerständlern“ zugerechnet werden.

Bemerkenswerte Leistungen werden in der Eifel immer positiv bewertet. So sie positiv sind. Es gab aber in der Vergangenheit in Sachen Nürburgring gerade von Seiten der Politik eine Menge Fehlleistungen, deren Hintergrund leider bis heute unverständlich geblieben ist, obwohl es genügend Warnungen gab. - Die sich in der Praxis bestätigten!

  • Die Deutschland-Premiere der Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC auf dem Nürburgring war ein Erfolg!

Leider hat es der Veranstalter für richtig gehalten, mal wieder bei den Zuschauerzahlen zu übertreiben, die er offiziell mit 62.000 benennt. Nach Befragen von Kennern der Szene waren es – natürlich – deutlich weniger, wenn man die Zuschauerzahl auf die Besucher des Rennens am Sonntag begrenzt. Aber auch einschl. Freitag und Samstag... - Aber es hat keinen Sinn, gegen unsinnige Zahlen von Strategen zu argumentieren, die davon überzeugt sind, dass „große Zahlen“ erst die Bedeutung eines Rennes unterstreichen.

Bei Beobachtung des Verkehrs musste am Sonntag auffallen, das schon ab 17 Uhr der Rückreiseverkehr einsetzte. Ein Zeichen dafür, dass die Zeit für das eigentliche Rennen vollkommen falsch gesetzt war.

Hier veröffentliche ich den offiziellen Zeitplan für die drei Tage. Schaut man sich einmal die Zeiten an, an denen für die Zuschauer etwas geboten wurde, die Art von „action“ die man bei einem Automobilrennen erwarten kann, dann ist man erstaunt, wie selbstherrlich die Veranstalter sich die Zeiten bezahlen lassen, von denen ein Rennbesucher rein gar nichts hat. - Oder sollte der daran interessiert sein, auf dem Grand-Prix-Kurs „Taxifahrern“ zuzusehen, die „VIP-Gäste“ um den Kurs schaukeln?

  • Wie überhaupt die „großen Veranstalter“ noch nicht mitbekommen haben, dass in den letzten Jahren der Trend bei Rennveranstaltungen immer mehr zu Ein-Tages-Veranstaltungen geht"

Wenn man an Zuschauern bei Rennveranstaltungen interessiert ist, sollte man diesen Trend bei den Planungen nicht vergessen!

Die nächste große Rennveranstaltung auf dem Grand-Prix-Kurs ist

  • ein 3-Stunden-Rennen zur „Blancpain Endurance Series zwischen 18. und 20. September 2015

Es gab dafür beim WEC-Rennen keinen besonderen Hinweis, es wurden z.B. keine Flyer verteilt. Grund: Diese Veranstaltung ist ein Rennen zur Serie eines privaten Rennpromotors, Stéphane Ratel, der 1995 die „SRO Motorsport Group“ mit Sitz in London gründete.

Vertreter dieser Organisation in Deutschland ist übrigens Jürgen Barth, der Sohn des Rennfahrers, der als Porsche-Werksfahrer "im Westen" bekannt wurde. Zur gleichen Zeit war ein Fritz Jüttner in einem "Borgward"-Rennsportwagen unterwegs, war dann später BOSCH-Renndienstleiter*. - Und übrigens im Besitz dieses Borgward-Rennsportwagens.

Da wird dann so eine Veranstaltung, wie die "Blancpain" - da "privat" initiiert - von der FIA wohl als Konkurrenz empfunden und entsprechend behandelt. - Das sagt eigentlich alles über die Förderung des Motorsports durch unsere „Sportbehörden“ aus!

Der sportliche Ausrichter des „Blancpain“-Serienlaufs am Nürburgring ist übrigens der ADAC Mittelrhein. - Die Eintrittspreise (normal) werden am Samstag 15, am Sonntag 20, und für's ganze Wochenende 30 Euro betragen.

MK/Wilhelm Hahne

*Ergänzung 1. September 8:00 Uhr: Weil es i.o. Geschichte eine kleine Korrektur gab und Leser etwas mehr Aufklärung wünschten: Ralf Jüttner ist der Teamdirektor und Geschäftsführer beim Audi Sport-Team Joest. Sein Vater, Fritz, war BOSCH-Renndienstleister. Norbert Haug hat ihn zu seiner "auto motor und sport"-Zeit noch gut gekannt. Dieser Renndienst, wie auch andere zu dieser Zeit (Veedol-, Castrol-), waren aus meiner Sicht "aktives Marketing". Das wurde mit den unterschiedlichsten Begründungen - aber auch um Kosten zu sparen - beendet. "Modernes Marketing" ist das der "verlogenen Sprüche" (s. aktuell Zalando) oder anderer "Dummheiten", mit einem möglichst kontrollierbaren Ergebnis. Dazu gehört auch die o.g. Zahl von "62.000 Zuschauern". - Die muss (!) es sein, weil man mit der WEC-Veranstaltung beweisen will, dass man die Formel 1 am Nürburgring nicht braucht. Denn in Hockenheim gab es 2014 ja nur 57.000 Zuschauer. - Auch Motor-KRITIK hat für diese Art von Marketing Verständnis. - Aber muss man das auch glauben?

Durchschnitt: 4.8 (bei 63 Bewertungen)

Kategorie: 

+ Hinweis für Leser – nicht nur an einem Abonnement Interessierte! +

 

Lieber Leser,

 

Motor-KRITIK ist vollkommen werbefrei, aber – darum – auch ein wenig abhängig von seinen Lesern. - Oder anders: Von Einnahmen. - Nicht alle Leser mögen sich gleich für ein Abo entscheiden.

Wenn Sie ab und an mal auf diesen Seiten vorbei schauen und Ihnen der hier gebotene investigative Journalismus gefällt, dann machen sie doch einfach ihre Zustimmung durch eine kleine Spende deutlich. - Auch kleine Beträge können – per Saldo – eine große Hilfe und Unterstützung sein!

Meine Kontendaten – auch wenn Sie Abonnent werden wollen - finden Sie HIER.

 

Danke!