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Es war in der Boxengasse das übliche Gewusel. Man rannte durcheinander. Man stand zusammen. Es wurde montiert, gerichtet, ergänzt. Die Gesichter waren gespannt, entspannt – in jedem Fall offen bis freundlich. Man diskutierte Probleme, die beim Training aufgetreten waren. Offiziell schien es keine Probleme zu geben. - Nur wenn man dann als „Insider“ mit „Insidern“ sprach, dann herrschte nicht unbedingt ein optimistisches Gesprächsklima vor. Es wurde „Tacheles“ geredet. - Motor-KRITIK kann sicherlich in folgender Geschichte nicht das ganze Spektrum umfassend darstellen, möchte aber doch durch die Schilderung von „kleinen Episoden“ ein Bild von der Gesamtstimmung im Motorsport auf der Nürburgring-Nordschleife zu vermitteln suchen. - Das Rennen, die Details dazu sind das eine Thema; die Grundstimmung im Hintergrund ist das andere. Insgesamt ergibt sich da ein Bild der aktuellen Situation, die deutlich vom Investor – der noch kein Besitzer ist – vom Pächter, der eigentlich nicht investieren kann, vom „Zwang“ zum Geldverdienen, und von den „Befehlen“ einer „Sportbehörde“ beeinflusst sind, die insgesamt das Klima bestimmen. Das führt zu dem Titel dieser Geschichte – und einer Frage:
5. VLN-Lauf 2015: Motorsport wie immer?
Ich bin erst nach dem Zeittraining zum Nürburgring gefahren. Das Ergebnis war sicherlich nicht unbedingt im Sinne derer, die ihre Sportpolitik an den Interessen der Werke ausrichten:
1. Alzen Ford-GT 8:08,022 min
2. Cerutti BMW Z4 8:08,630 min
3. Weiss Manthey-Porsche 8:12,299 min
Was den richtigen VLN-Fans sicherlich sonst noch gefallen hat:
Start-Nr. 112 Hennerici/Menzel
waren um rd. 2,5 sec schneller als
Start-Nr. 101 Osieka/Jans/Mies,
die im Gesamtklassement so die Plätze 13 und 15 einnahmen. - Nun wurde in der Pause zum Rennen viel – oder auch weniger - Sinnvolles getan:
Ich habe Gespräche geführt, mit bekannten und unbekannten Leuten, auf die ich jetzt zwischen Training und Rennen rein zufällig getroffen bin.
Da hörte ich z.B., dass bei den Vertragsverhandlungen der NBG (wie sie damals hieß) und dem Veranstalter Lieberberg schon Robertino Wild mit am Verhandlungstisch gesessen haben soll. Mir wurde auch etwas zur Art der „Gesprächsführung“ erzählt. - Ich wäre auch nach der ersten Tasse Kaffee aufgestanden und gegangen.
Aber eigentlich – wenn es denn so war – wird die Art, mit der der Nürburgringverkauf betrieben wurde, immer klarer. Zu den Planern gehörte ein Koblenzer Anwalt. Es war ein anderer Koblenzer Anwalt, der dann versuchte ein Konzept umzusetzen, dass sich auch in den – inzwischen offiziell bestätigten - Gesprächen der späteren Käufer mit der Regierungschefin am 16. Januar 2014 bestätigte und in den Verhandlungen mit dem Konzertveranstalter Lieberberg den ersten „Knalleffekt“ verursachte, weil es zunächst nur darum ging, fehlendes Geld „via Lieberberg“ zu akquirieren.
Man versuchte mit Gewalt Gewinne zu erwirtschaften. Zu diesem Zweck hatte der zweite Koblenzer Anwalt dann wohl auch Herrn Carsten Schumacher (samt „Anhang“) am Nürburgring eingesetzt. Aber es gibt bis heute noch kein wirkliches Konzept, das ein wirtschaftliches Betreiben des Nürburgrings als Rennstrecke erlauben würde. - Steht auch deshalb ein Bilanzgewinn für das Geschäftsjahr 2015 in den Sternen?
Der neue russische Investor beanstandet zu recht, dass ihm vom Insolvenz-Sachwalter der eigentlich vorhandene Wirrwarr in den Verhältnissen und Bauzustand am Nürburgring nicht klar gemacht wurde, sondern alles – gemessen am Kaufpreis – als ein „Schnäppchen“ darstellt wurde, das ihn, den Investor, nun vorläufig gefangen hält.
Und es herrscht „Krieg“ zwischen Haupt- und Minderheits-Gesellschafter, wie es sich auch in einer Reihe von laufenden Prozessen ausdrückt.
Ein anderer Gesprächspartner hätte gerne von mir gewusst, wie ich mir die Rückzahlung des vom Teilhaber Dr. Heinemann aufgenommenen Fünf-Millionen-Kredits an eine Krefelder Sparkasse denn vorstellen würde? - „Wovon soll er diesen Kredit abtragen?“ - Ich musste zugeben, davon genau so wenig eine Vorstellung zu haben wie davon, mit welchen Augen der Insolvenz-Sachwalter und seine Gehilfen die so genannte „Rest“-Finanzierungs-Darstellung der Deutschen Bank gesehen hat, die eine Mehrheit des Gläubigerausschusses dann akzeptierte. - Mit der Entscheidung für Capricorn war dann dieser Insolvenz-Sachwalter „aus dem Schneider“. Die Verantwortung liegt nun beim Gläubigerausschuss!
Die Nürburgring-Problematiken verfolgten mich auch hier in der Pause vor dem Rennen auch bei diesem VLN-Lauf.
Teamchefs klagten mir ihr Leid, dass die Maßnahmen des DMSB – nur hier am Nürburgring verhängt – für sie in der Praxis bedeuten würden: Sie finden keine Fahrer mehr die Geld dafür zahlen, dass man Geschwindigkeitsbegrenzungen auf einer Rennstrecke einhält. Darunter war auch jemand, der einen Cup-BMW einsetzt, für den es bisher immer relativ einfach war, eine Fahrerbesetzung zu finden. - Vorbei!
Wobei ich so nebenbei eine Erklärung dafür fand, warum die Unfallhäufigkeit im BMW-Cup in diesem Jahr deutlich höher ist als im Opel-Astra-Cup. Dort findet man viele gute Leute mit großer Nordschleifen-Erfahrung. Im BMW-Cup findet man eher viele „Neulinge“, die natürlich schon ein DMSB-Nordschleifen-Permit brauchen, um im Golf-Club – oder am Stammtisch – klar zu machen, über welch tollen fahrerischen Qualitäten man verfügt. - Man kann sogar Nordschleife!
Dann konnte ich auch mal einen Blick auf das Rennen werfen. - Gerade noch rechtzeitig.
Das begann mit dem Gag, dass es eine „Code60“-Situation vor der eigentlichen Startlinie ab der zweiten Startgruppe – also auch in der dritten - gab. Wer jemals in einem Pulk, aus der „Hohenrain“-Schikane kommend gestartet ist, der weiß, mit welchem „Tunnelblick“ man da unterwegs ist. - Wer soll da mitten in einem Pulk, darauf konzentriert, nicht hier schon einen Kotflügel zu verlieren, noch auf ein „Gelb“ irgendwo am Rand vor (!) der Startlinie achten?
Aber die Rennleitung hat eine Reihe von Teilnehmern deswegen mit einer Zeitstrafe belegt.
Ein hervorragender Auftakt! - Übrigens auch für Uwe Alzen mit dem Ford GT seines Bruders Jürgen, der selbst seinen Wagen unter den derzeit am „Ring“ herrschenden Umständen nicht mehr fahren würde. Uwe fuhr darum mit Dominik Schwager aus München und machte schon mit einer Zeit von 8:08,615 min in der Startrunde klar, dass er dem Rest des Starterfeldes um wenigstens um 10 sec pro Runde überlegen war.
Das ist ein Foto, gemacht in der ersten Runde, gemacht von der Rückseite des Fahrerlagers aus. Schon hier war der nächste seiner Verfolger, ein Mercedes AMG SLS GT3, gefahren von dem Holländer Renger van der Zande, um 17,1 sec deklassiert. - Offensichtlich hatte die Konkurrenz im Zeittraining so genannte „Vignetten“-Reifen nutzen müssen. Alzen dagegen bewies mit seiner Zeit in der ersten Runde, dass er auch das Zeittraining auf normalen Rennreifen gefahren war.
Mit dieser Feststellung war aus meiner Sicht das Rennen eigentlich gelaufen.
Fast als lustig wurde von mir empfunden, dass eine Reihe von Teilnehmern wegen zu kurzer Boxenstandzeiten bestraft wurden. Die sind nämlich bei der VLN reglementiert, um die Konkurrenzfähigkeit von unfähigen Boxenteams in den gesamtsiegfähigen Klassen zu kaschieren. - Bei einem Langstreckenrennen! - Die VLN hatte diese Maßnahme, die vom ADAC Nordrhein ausging, um Industrieinteressen beim 24-Stunden-Rennen (nicht nur beim letzten) besser steuern zu können, auch für die eigene Serie übernehmen müssen. - Müssen!
Und da wundert sich Hans-Joachim Stuck als DMSB-Präsident, dass der Motorsport nicht als „olympische Sportart“ anerkannt ist?
Irgendwo im Vorbeigehen fotografiert: Auf der Anzeige des Gesamtklassements wird der Alzen-Ford GT hier zwar auf Platz 6 angezeigt, weil er einen Tankstopp schon früher als die Konkurrenz absolviert hatte, aber auf dem Bildschirm ist aber so dominant dargestellt, wie er in der Praxis tatsächlich war.
Vorschlag für die „Ritter der Schwafelrunde“ beim DMSB: Um den Vorteil guter Fahrer auf der Nürburgring-Nordschleife gegenüber den „Normalos“, nur durch DMSB-Nordschleifen-Permit als „Kenner“ ausgewiesen, auf ein Niveau zu bringen, sollte man Leuten wie Uwe Alzen in Zukunft eine Hand auf dem Rücken festbinden.
Dieser Vorschlag ist natürlich noch blödsinniger, als die bisherigen „Anordnungen“ des DMSB (in Verbindung mit den „Wünschen“ des ADAC Nordrhein) es schon sind!
Zurück zum Rennen, das nicht für Alle so eintönig ablief, wie es trotz der Eingriffe der Rennleitung, für die „Spitze“ war.
Schon um 12:28 Uhr wurde der Ausfall der Start-Nr. 538, eines Toyota GT 86 „mit gebrochener linker Vorderradaufhängung“ vermeldet. Das dauerte natürlich, bis das Fahrzeug eingeschleppt worden war. Nach meiner Ferndiagnose, vom „Laubengang“ aus, handelte es sich aber wohl um den Bruch des linken Federbeins. Und das Team hat sich auf das Auto gestürzt um nicht zu den Ausfällen zu zählen. Die Reparatur ist gelungen und das Toyota-Team konnte mit einem Rückstand von 6 Runden als siebter in der Klasse (und Letzter) das Rennen beenden. - Beifall! - So beweist man Sportsgeist!
Etwas später fiel z.B. eine Mercedes 230 C in"Breidscheid" aus. Auch der wurde eingeschleppt, weil er wegen einem „technischen Defekt“ liegen geblieben war. - Aber hier war – nach einem Blick unter die Motorhaube – keine Hilfe mehr möglich. Dieses Fahrzeug mit der Start-Nr. 484 findet man darum unter den Ausfällen.
Am Rennende stand aber nicht nur der Gesamtsieger fest, sondern auch – wenn es das überhaupt geben kann – der so genannten „Halbzeitmeister“:
Das sind die Brüder Dirk und Tim Groneck mit ihrem Renault Clio, die auch schon mal als Gesamtsieger der Deutschen Langstreckenmeisterschaft 2013 geehrt wurden.
Auch während des Rennens war für die „freien“ Mitarbeiter und Fahrer immer noch Zeit für Essen, einen Blick ins Internet oder auch für ein kleines „Schwätzchen“.
Ich hatte genug gesehen, gehört, einen Eindruck gewonnen.
Als ich den Nürburgring verlasse, weil es mich irgendwie stört, dass man hier die Problematik mit reinem Aktionismus zu verdecken sucht, während die „Zeitbombe Nürburgring“ unablässig weiter tickt, fährt die Start-Nr. 777, der Ford GT weiter dem Gesamtsieg entgegen. Der Sieg war weder durch eine Stop- und Go-Strafe, noch eine nachträglich verhängte Zeitstrafe von 95 sec zu verhindern.
Der zweite Platz eines Lexus, dem es eigentlich immer noch ein wenig an Abstimmung und Leistung fehlt, war trotzdem eine Überraschung. Der dritte Platz eines BMW Z4 wird die Münchner da schon geschmerzt haben.
Und was die Situation am Nürburgring betrifft: Im Drehbuch der verantwortlichen Schreiber, Programmierer und Regisseure (in Koblenz und Mainz) ist eine „Explosion“ nicht vorgesehen. Und da nicht sein kann, was man nicht begreifen will, kann man nur so tun, als wäre alles wie immer. - Wir müssen nach vorne schauen!
Darum war das an diesem 1. August 2015 auch nur ein ganz normaler VLN-Lauf. Dieses Mal sogar ohne „Rote Flagge“. Aber mit Geschwindigkeitsbeschränkungen, mit „Code60“ schon vor der Startlinie als „Besonderheit“. - Und alle Fahrer waren im Besitz eines DMSB-Nordschleifen-Permits.
Da kann denn auch der wegen Steuerhinterziehung vorbestrafte Präsident des DMSB zufrieden sein.
Also alles wunderbar! - Wenn man das so sehen will.
Die aktuelle VLN ist irgendwie ein Spiegelbild unserer derzeitigen Gesellschaft!
MK/Wilhelm Hahne