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Auf der Internetseite der „Eifel-Ranch“ (Barweiler) kann man unter „Longhorn-Saloon“ lesen: „Stoßen Sie die Schwingtüren auf und durchschreiten Sie den großzügigen Gästebereich, welcher zu gemütlichen Abenden einläd. Wollten Sie nicht schon immer einmal an einer echten Barkeeper-Theke stehen? Hier haben Sie die Gelegenheit, aber bitte legen Sie vorher Ihre Waffen und Sporen ab!“ - Am 29. Dezember 2015, kurz vor Silvester, kamen zwar die Gäste ohne alle Waffen, aber mit „waffenähnlichen, wenn auch verständlichen Argumenten. Und es wurde eigentlich das Gegenteil von einem „gemütlichen Abend“. Jedenfalls für die, die den Motorsport reglementieren. Auf „ungesunde Art“. - Der Gästeraum bietet Platz für rd. 150 Personen und war an diesem Dienstag von einer „Geschlossenen Gesellschaft“ belegt. Ab 15 Uhr fanden sich hier Teamchefs und Fahrer ein, die man sonst an einem Freitag oder Samstag z.B. zu einem VLN-Lauf am Nürburgring finden kann. Dieses Mal kamen sie, um die Situation zu klären, in die man den Basis-Motorsport durch Fehlentscheidungen von Politikern, Investoren, Insolvenz-Verwaltern, Greenhorns im Motorsport und Sportbehörden gebracht hat. - Gepeinigte hatten zu lange versucht, ihre Peiniger zu verstehen. - Jetzt suchte die Motorsport-„Basis“ nach einer Mehrheit für demokratische Lösungen, die eine weitere Reglementierung von Reglementierungen zu verhindern suchte. - Betroffene Geschäftsführer und Veranstalter waren auch vor Ort. - Motor-KRITIK versucht nachstehend die Entwicklung an diesem Tag zu schildern. Der Weg dahin war auf diesen Internetseiten über lange Zeit nachzuverfolgen. (Er ist auch jetzt hier in seinen letzten Schritten nachzulesen.) - Darum war es eigentlich kein Wunder:
In der Eifel knallte es vor Silvester!
Nach dem folgenschweren Unfall beim ersten VLN-Lauf 2015 eines Fahrers mit DMSB-Nordschleifen-Permit (!) – aber ohne wirkliche Nordschleifenerfahrung – hatte der Generalsekretär des DMSB, Christian Schacht, ohne eigentlich dazu eine Vollmacht zu besitzen, für einige in der VLN-Serie startende Klassen unüberlegt und überhastet ein Startverbot verhängt. Das wurde dann kurzfristig wieder aufgehoben und durch eine Geschwindigkeitslimit auf bestimmten Streckenabschnitten der Nürburgring-Nordschleife – einer Rennstrecke (!) - ersetzt.
Eine Behörde demonstrierte ihre Macht! Und alles kuschte. - Sicher auch unter dem Eindruck, dass bei dem Unfall ein Zuschauer zu Tode gekommen war. Man ließ sich vom DMSB – der offensichtlich „auf Zeit spielte“ - damit trösten, dass nun Fachausschüsse eingesetzt würden, die für die einzelnen Fachgebiete Vorschläge erarbeiten würden, die Unfälle ähnlicher Art in Zukunft ausschließen würden. - Theoretisch!
Aber man hat diese Vorschläge dann nicht ernst genommen, sondern nur als scheinbar vorhandenes Argument für eigene – und falsche (!) - Entscheidungen genutzt, die vorgeben, Unfälle mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
Praktisch ist der Motorsport, sind Rennen, immer gefährlich. Man spielt zwar nicht mit seinem Leben, aber es ist immer in Gefahr. Je mehr man sich dieser Gefahr bewusst ist und sich selbst – als Fahrer – mit seinen Fähigkeiten und die Möglichkeiten seines Fahrzeugs real und richtig einschätzt, um so geringer wird die Gefahr eines schweren Unfalls sein.
Aber die Industrie heuchelt durch in Serie mitgegebene Einbauteile Sicherheit, indem man modernen Sicherheitsinstrumenten, eine automatische Hilfestellung zuspricht. Diese elektronischen Einbauteile sind aber leider nur so gut, wie die Software, die die Spezialisten diesen „Fahrerhilfen“ mitgegeben haben. Diese Leute können aber nicht um all' die Kombinationen wissen, die situationsbedingt auftreten können. Und darum bestimmen sie eigentlich den „Faktor Unsicherheit“.
Noch schlimmer sind eigentlich die Einflüsse, die über das Reglement erfolgen, das von „Beamten“ erstellt wird, die z.T. natürlich die Realität kennen, die aber im Interesse der Marketing-Wünsche der Industrie verdrängen. Man arbeitet Hand-in-Hand – und das Ergebnis ist leider nicht immer im Sinne der Motorsports.
Das beginnt damit, dass man versucht – so ist zumindest die Argumentation – allen Konkurrenten die gleichen technischen Voraussetzungen zu bieten. Da werden dann die „Schlechten“ nicht besser gemacht, sondern die „Besseren“ bestraft, indem man sie mit mehr Gewicht belastet, ihre Leistung beschränkt, aber gleichzeitig aerodynamische Lösungen abnickt, die die Fahrzeuge zu „Flugzeugen“ macht, aber mit „umgedrehten“ Ergebnis.
Was bei Flugzeugen für Auftrieb sorgt, stellt bei den Rennfahrzeugen den Abtrieb sicher. Was dann eigentlich die Rennfahrzeuge von den Serienfahrzeugen immer weiter entfernt, obwohl die Serienversionen die Ausgangsbasis für die Renn-Boliden waren, die so auch eine Werbung für die jeweiligen Serien sein sollen. - Aber das mit einer Aerodynamik, die niemals im Straßenverkehr zugelassen sein würde?
Automobile werden nicht erst dann „unmenschlich“ sein, wenn sie – in vielen Jahren - „autonom“ also ohne einen Menschen am Steuer fahren werden. Kein Mensch braucht diese aerodynamischen Lösungen im normalen Straßenverkehr, aber die Industrie braucht sie als Darstellung von Fortschritt und Innovation. - Aber wer braucht das wirklich?
Rennstrecken werden inzwischen aufgrund der Möglichkeiten der Rennautomobile gebaut, die sich auf normalen Straßen nicht mehr einsetzen lassen. Die Formel 1 gehört zu dieser Gattung von Automobilen. Entsprechend sind deren Bediener. Auch möglichst passend zur Technik. Sie sollten auf Knopfdruck oder nach Umlegen eines Schalters funktionieren. - Dazu braucht man keine Persönlichkeiten, sondern Leute die funktionieren. - Und möglichst viel Geld mitbringen. - Wenn es dann nicht Geld ist, dann sollten sie Verbindungen haben, die sich nutzen lassen.
Der Motorsport verarmt insgesamt. Auch der Motorradsport leidet inzwischen. Am meisten leidet aber der Motorsport unter den Sportbehörden, dessen Funktionäre nicht unabhängig sind. Aber sie tun so. Sie begreifen nicht, dass sie nicht von „denen da oben“ abhängig sind, sondern „von denen da unten“, den Motorsportlern auf der Plattform, dem „Basis-Motorsport“.
Für die ist mit den letzten Entscheidungen des DMSB in Sachen Motorsport auf der Nürburgring-Nordschleife nun „das Fass übergelaufen“. Man hat sich zusammen getan, einen Termin vereinbart und dann – heute – am 29. Dezember 2015 in Barweiler/Eifel getroffen. „Man“, das sind Teamchefs und Fahrer, die man in der Vergangenheit bei Rennen der VLN oder beim 24-Stunden-Rennen treffen konnte.
Natürlich konnten einige Team-Vertreter und Fahrer nicht „vor Ort“ sein, weil sie sich gerade ein paar Urlaubstage gönnten, aber es waren sicherlich Teilnehmer an dieser Veranstaltung in Barweiler, die den Einsatz von 104 Rennfahrzeugen sicherstellen können. Sie hatten sich hier ab 15 Uhr versammelt, um ihre Erfahrungen auf einen gemeinsamen Nenner zugunsten der von ihnen beschickten Veranstaltungen zu bringen.
Offiziell hatte Olaf Manthey zu dieser Veranstaltung eingeladen. Hier der Text seiner Einladung:
Liebe Teams und Teilnehmer der VLN und 24h-Rennen,
entgegen den Empfehlungen der Fahrer AG und einigen engagierten Teams hat der DMSB abermals eigene Vorstellungen und Ansichten zum regulativen Handling bezüglich Nordschleifen Permit, Verfahrensweise unter doppelt Gelb als auch Reifen Reglement.
Es ist sicherlich nicht alles schlecht was in den letzten Jahren an regulativen Veränderungen in der VLN und dem ADAC 24h-Rennen stattgefunden hat. Jedoch lässt die Praktikabilität, Handling und Durchführung mehr als zu wünschen übrig. Über die anhängenden Konsequenzen und Folgen wurde wie so oft nicht zu Ende gedacht.
Gemeinsam mit der Fahrer AG und zwölf Teamchefs mit denen ich heute telefoniert habe, bin ich zu dem Ergebnis gelangt das wir als Kunden der Veranstalter und des DMSB uns diese Vorgehensweise nicht mehr unwidersprochen bieten lassen können.
Um eine breite starke Front entgegen zu stellen, benötigen wir eine Mehrzahl, am besten sogar alle Teams die gemeinsam für einen einheitlichen Konsenz sorgen. Unter dem gegebenen Zeitdruck möchte ich hiermit alle handlungsfähigen Teamchefs oder bevollmächtigte Vertreter am 29.12.2015 zu einer Beschlussfähigen Versammlung einladen. Ort und Uhrzeit kann ich erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt geben. Es wird auf jeden Fall im Umkreis des Nürburgrings sein.
Ich bitte hiermit sehr um schnellstmögliches Feedback.
PS. Habe leider nicht alle Teilnehmer Kontaktdaten. Wenn ihr jemand wisst der nicht im Verteiler ist, dann bitte weiterleiten. Danke!
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Manthey
Echo gab es nicht nur von der Team- und Fahrer-, sondern auch von der Veranstalterseite, die von Olaf Manthey auch eingeladen worden war. Da schrieb z.B. der Verantwortliche für die VLN:
Hallo Olaf,
hast Du einmal darüber nachgedacht, ganz offiziell auch DMSB Vertreter wie Stuck und Schacht zu der Sitzung einzuladen?
Sie werden wahrscheinlich ohnehin nicht kommen. Aber sie würden hoffentlich den Eindruck gewinnen, daß hier mit offenen Karten gespielt wird und sich nicht irgendwelche Interessensvertreter verschwörerisch zu einer Gegenposition zum DMSB zusammenrotten.
Herzliche Grüße
XXX
Antwort des Olaf Manthey:
Hallo XXX,
nein, da habe ich zu keinem Zeitpunkt drüber nachgedacht, und werde dies auch nicht tun. Wir sind auch keine Gruppe von Verschwörern die sich da zusammenrotten. Wir sind vielmehr eine Interessensgemeinschaft von seriösen Geschäftsleuten die ihre und die Interessen ihrer Kunden vertreten. Die VLN und der ADAC Nordrhein sind unsere unmittelbaren Vertragspartner. Und die werden wir sicherlich nicht aus ihrer Verantwortung lassen.
Du kennst mich nun wirklich lange genug, um zu wissen das ich nicht einer bin der auf Krawall gebürstet ist. In erster Linie geht es mir bei der Versammlung darum festzustellen, was will die Mehrheit der Teams und welchen Rückhalt erhält man denn von den Teams. Und dem entsprechend wird dann gehandelt.
Liebe Grüße
Olaf
Im Hintergrund war längst ein Ablaufplan der Veranstaltung erstellt worden, der auch die Ernsthaftigkeit widerspiegelt, mit der die Vorbereitung zu diesem „Aufstand der Basis“ liefen:
Agenda
Interessengemeinschaft Langstrecke Nürburgring
29.12.20151. Begrüßung
Einführung zur derzeitigen Haltung des DMSBOlaf Manthey
2. Vorstellung der Vorschläge der Fahrer AG zur Nordschleifen-Permit und zur Code-60-Regelung
Dirk Adorf
Beschluss 1 über die vorgestellten Vorschläge
3. Erwartungen an die Veranstalter VLN und ADAC Nordrhein
Olaf Manthey
Beschluss 2 über Ansprache der Veranstalter
4. Aufgabenverteilung
- Gespräche mit den Veranstaltern
- Gespräche mit dem DMSBOlaf Manthey
5. Konsequenzen für den Fall, dass der DMSB die Vorschläge nicht umsetzt
Olaf Manthey
Beschluss 3 über Konsequenzen
6. Bedarfsermittlung für Arbeitsgruppen
- Überarbeitung des technischen Reglements gemeinsam mit VLN und ADAC
- Sammlung und Filterung der Belange von Teams und Fahrern und Diskussion mit der
VLNOlaf Manthey
7. Nur für die betroffenen Teams: Diskussion der Reifenproblematik
Olaf Manthey
Bemerkenswert ist, dass sich hier Teams und Fahrer zu einer Interessengemeinschaft zusammen gefunden haben, die sich jeweils am Ende der Diskussionen zu einer Unterschrift unter die beschlossenen Maßnahmen bereit erklärten. Nach Motor-KRITIK vorliegenden Unterlagen stehen Teams und Fahrer von insgesamt 94 Einsatzfahrzeugen bei VLN- und 24-Stunden-Veranstaltung hinter diesen Entscheidungen von heute.
Was das Ergebnis aber zu einem besonderen macht:
„Die Veranstalter ADAC Nordrhein und VLN haben der ILN bereits ihre Unterstützung zugesagt.“
Das heißt nichts anderes, als dass jetzt wichtige ADAC-Klubs und auch die Vereinigung VLN OHG, die überwiegend aus ADAC-Klubs besteht, hinter den „Querulanten“ stehen, wie das der DMSB empfinden wird. Dabei darf nicht übersehen werden, dass der ADAC ein wesentlicher Bestandteil des DMSB ist, der hier durch den Sportpräsidenten des ADAC, Hermann Tomczyk, vertreten wird – und ohne dessen Zustimmung eigentlich kein Beschluss im DMSB getroffen wird.
Man muss zu diesem Zeitpunkt auch darauf hinweisen, dass beim ADAC in München gerade große Pläne zu einer Umstrukturierung existieren. So sollen aus bisher 18 Regionalklubs weniger werden. Was im heute beschriebenen Zusammenhang wichtig ist:
- ADAC Nordrhein und ADAC Mittelrhein sollen zu einem ADAC Rheinland fusionieren.
Was die ILN (Interessengemeinschaft Langstrecke Nürburgring) besonders stört sind die Punkte:
- DMSB-Nordschleifen-Permit
- Code 60
- E-Learning
Carsten Schumacher, der Geschäftsführer der CNG (capricorn NÜRBURGRING GmbH) wird sicherlich auch interessiert zugehört haben. Auch er war eingeladen. - Und er wird nachdenklich in sein Zimmer im "Lindner-Hotel" zurück gekehrt sein.
Der Präsident des DMSB war nicht zugegen, da auch nicht eingeladen. Aber er wird ab Morgen sorgenvoll auf eine Entschließung blicken, die Motor-KRITIK-Leser – wie gewohnt – in vollem Wortlauf im Anhang finden, die aber als – aus Motor-KRITIK-Sicht – bedeutsame Formulierung folgenden Absatz enthält:
„Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, hat die ILN beschlossen, dass die Rennwagen ihrer Teams bis zur Umsetzung nicht mehr in Langstreckenrennen am Nürburgring starten werden. Zu den Teams der ILN zählen viele bekannte Namen am Nürburgring, u.a. Manthey Racing, Frikadelli Racing, Black Falcon, Car Collection, Jürgen Alzen Racing, die insgesamt über 100 Rennwagen der Starterfelder repräsentieren.“
Etwas Vergleichbares hat es im deutschen Motorsport bisher nicht gegeben. Zumal (fast) alle an diesem 29. Dezember 2015 in Barweiler anwesenden Teams die Beschlüsse unterschrieben haben.
Beispiel für eine Ausnahme: Matthias Holle, für das „Mathol-Team („AVIA“ racing).
(Ergänzung + Korrektur vom 30.12., 12:00 Uhr: Herr Holle erklärt, dass er zunächst mit der Argumentation vertraut sein wollte bevor er unterschreibt. Nach eigener Aussage hat er sich dann der Mehrheit der Teamchefs angeschlossen und unterschriftlich bestätigt, was mehrheitlich beschlossen wurde: Eine Diktatur durch den DMSB mit "falschen Beschlüssen" zum Nachteil des Sports abzulehnen. Konsequent.)
Auch über die vom DMSB geplante „Reifenlizenz“ für die Nürburgring-Nordschleife, die alle – natürlich gegen Zahlung einer angemessenen Gebühr – erwerben sollen und mit denen sie zusagen, keinerlei Entwicklungsreifen einzusetzen (weder selbst, noch über Kunden) ist noch nicht entschieden.
Eine solche Lizenz würde z.B. das Ende eine „Falken-Teams“ bedeuten, die den Renneinsatz eines Porsche bei der VLN und beim 24-Stunden-Rennen natürlich zur Weiterentwicklung ihrer Reifen nutzen möchten.
Eigentlich sollte der Motorsport doch auch der Weiterentwicklung des Automobils in der Serie dienen. - Und zu einem Automobil gehören nun auch mal Reifen!
Es wäre gut, wenn sich der DMSB – aber auch der ADAC – an diesen guten Vorsatz aus den Urzeiten des Motorsports noch erinnern würden. Natürlich sollte man den Motorsport in jeder Hinsicht ernst nehmen. Aber bitte nicht verkrampft.
Motorsport sollte auch Fahrern und Zuschauern Spaß machen, „positiven Stress“ auslösen.
Es wäre gut, wenn der 29. Dezember 2015 eine Wende in der bisherigen Entwicklung des Motorsports in Deutschland einleiten würde.
Dieser „Kracher“ vor Silvester war wichtig!
MK/Wilhelm Hahne
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Beschluss der Interessengemeinschaft Langstrecke Nürburgring vom 29.12.2015 | 687.2 KB |