Touri-Fahrten am „Ring“: Geordnetes Chaos?

Scheinbar ist alles geordnet. Es gibt eine „Fahrordnung“. - An die sich kaum jemand hält. - Evtl. Trackday-Veranstalter, die sich damit lächerlich machen. Die geschlossene Rennstrecke, Nürburgring-Nordschleife, eine Privatstraße (lt. Innenministerium) wird zu einem öffentlichen Verkehrsweg, wenn sie für den Touristenverkehr geöffnet wird. (Weil dann die Polizei kostengünstig genutzt werden kann.) Dann gelten „die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung“, die Bestandteil dieser „Fahrordnung“ sind, an die sich aber selbst die Mitarbeiter eben der Gesellschaft, die diese Ordnung vorschreibt, nicht halten. Da wird z.B. gedriftet, weil es offensichtlich Spaß – und auf die Mitfahrer und Zuschauer Eindruck macht. Das ist lt. „Fahrordnung“ aber verboten. (Aber nicht in der StVO!) Da gibt es nach Unfällen durch die Polizei Bestrafungen wegen „nicht angepasster Geschwindigkeit“. Wenn die bezahlt werden ist es gut. - Besser wäre allerdings, der Betroffene ließe es zu einer gerichtlichen Entscheidung kommen, weil dort dann die Grundsatzfrage geklärt werden müsste: Was ist die Nürburgring-Nordschleife eigentlich: Eine Privatstraße oder ein öffentlicher Verkehrsweg? Tragen z.B. die auf der Nordschleife eingesetzten gelben Warnleuchten das E1-Prüfzeichen auch dem Typenschild? - Nur dann dürften sie nämlich im öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt werden. - So ist auch z.B. lt. „Fahrordnung“ Automobilen „mit Überfühungskennzeichen (rote Nummern)“ das Befahren der Nordschleife verwehrt. Damit sind sicherlich „06er“ Nummern gemeint, die aber in dieser etwas eigentümlichen Fahrordnung des Nürburgring-Pächters nicht so erwähnt sind, während die 03er, 04er und 07er-Nummern exakt benannt wurden. Außerdem erfolgt beim Einfahren der Touristenfahrzeuge keine Kontrolle dieser willkürlichen Bestimmungen. Denn es gibt auch „ausländische rote Nummern“, die aber anders aussehen und darum (?) auch niemals abgewiesen werden. - Weil die Ordner am Nürburgring „keine Ahnung“ haben? - Offensichtlich ist davon auch bei der Geschäftsführung wenig vorhanden, die sich darum bemüht, z.B. Unfälle im Touristenverkehr am Nürburgring für die Öffentlichkeit unauffällig werden zu lassen. - Wozu sich dann schon mal bei schweren Unfällen dann ein leitender Mitarbeiter an den Unfallort bemüht, um seinen Einfluss geltend zu machen. - Insgesamt kann man schon die Frage stellen – und Motor-KRITIK macht das hier:

Touri-Fahrten am „Ring“: Geordnetes Chaos?

Nachdem hier in Motor-KRITIK über einen Unfall am 31. August 2017 während der Touristenfahrten am Nürburgring berichtet wurde, über den weder im Polizeibericht noch in dem der Feuerwehr Nürburg ein Hinweis zu finden war, scheinen einige Leute unangenehm berührt zu sein. Man verbreitet diese Stimmung wohl auch im direkten Umfeld, so daß ich als Journalist in diesen Tagen schon mal hier und da auf Leute treffe, die offensichtlich in dem Moment das Lachen verlernt haben, in dem sie mich sehen.

Was aber an der Situation im Touristenverkehr am Nürburgring unter den jetzigen Umständen nichts ändert. Auch nichts an den Widersprüchen, wie sie zwischen der Fahrordnung und Realität auf der Strecke immer wieder auftauchen. - Was das Verständnis der Touristenfahrer für diese oder jene „Anordnung“ nicht fördert.

Auf der Internetseite des Nürburgrings wird die mögliche Frage von Touristenfahrern:

„Darf ich die Strecke mit Kurzzeit-, Überführungskennzeichen befahren?“

so beantwortet:

„Nein. Die Ausnahme stellen Saisonkennzeichen dar. Fahrzeuge mit Tageszulassung o.ä. unterliegen nicht der Pflicht einer TÜV-Prüfung. Aus diesem Grund lässt der Nürburgring gemäß der Fahrordnung für Touristenfahrten diese aus Sicherheitsgründen nicht zu.“

Und man verweist auf ein mögliches „Download“: Fahrordnung für Touristenfahrter (pdf), von der hier ein Ausschnitt - exakt der §1 - dargestellt ist, in dem es auch diesen „Rote Nummer“-Passus gibt. Es wird damit – schon durch die Darstellung – der Eindruck erweckt, als gäbe es solche „rote Nummern“ nur in Deutschland.

Bei dem inzwischen deutlichen gewachsenen Anteil an ausländischen Touristenfahrern muss einmal die Geschäftsführung der CNG, capricorn NÜRBURGRING GmbH, der Pächter des Nürburgrings, darauf hingewiesen werden, dass es „rote Nummern“ auch in anderen europäischen Ländern gibt. - Nur: Die sind da nicht rot!

  • Aber wer hat das den Mitarbeitern jemals erklärt? - Und so nehmen immer wieder ausländische Fahrzeuge mit solchen Kennzeichen am Touristenverkehr am Nürburgring teil!

So ist das Kennzeichen von Händler- und Testkennzeichen in Frankreich ein schwarzes „W“ auf weißem Grund, während die allgemeinen provosorischen Kennzeichen ein Doppel-W („WW“) zeigen. Und nach drei Ziffern folgen dann noch mal zwei Buchstaben.

In der Schweiz sind diese Art von Kennzeichen von einem „U“ (für Unternehmen) nach der Zahlengruppe gefolgt. Mir wurde bis heute kein Fall bekannt, dass ein Automobil mit einem solchen Kennzeichen jemals am Nürburgring zurückgewiesen wurde.

Was – wenn sie davon Kenntnis erhalten würden – natürlich jene deutschen Touristenfahrer verärgert, die mit den entsprechenden deutschen Kennzeichen am Fahrzeug hier am Nürburgring vom Befahren der Nürburgring-Nordschleife ausgeschlossen wurden.

Motor-KRITIK möchte hier keine Absicht, sondern Unwissenheit unterstellen. - Wobei aber auch die „Fahrordnung“ eine Menge Unwissenheit verspüren lässt.

Bei dieser Gelegenheit sollte nicht unerwähnt bleiben:

Nachdem der Anteil an Touristfahrern britischer Nationalität immer größer geworden ist und der „Brexit“ nun Realität zu werden scheint, möchte Motor-KRITIK bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass es ein Europäisches Zoll- und Steuergesetz gibt, mit dem man u.a. den Auto-Schmuggel verhindern möchte.

Da müsste man z.B. darauf achten, dass man bei einem Besuch bei Freunden in der Schweiz, nicht mit deren Automobil – freundlich ausgeliehen – dann über irgendeine Grenze „nach Europa“ (Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich) fährt, weil man sich damit strafbar macht und mit einer hohen (fünfstelligen) Strafe belegt werden kann.

Wenn nun England nicht mehr zur EU zählt, sollten sich deutsche Gastgeber hüten, mit einem Fahrzeug mit britischen Kennzeichen z.B. in der Eifel zu bewegen. - Das kann teuer werden! EU-Bürgern ist es lt. dem genannten EU-Gesetz nicht erlaubt, mit einem Automobil, das nicht in der EU angemeldet ist, auf EU-Gebiet zu fahren.

Aber zurück zur capricorn NÜRBURGRING GmbH: Dort scheint man § 16 der FVZ nicht zu kennen, wo es heißt:

„Ein Fahrzeug darf, wenn es nicht zugelassen ist, auch ohne eine EG-Typgenehmigung, nationale Typgenehmigung oder Einzelgenehmigung, zu Prüfungs-, Probe- oder Überführungsfahrten in Betrieb gesetzt werden, wenn eine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung besteht und das Fahrzeug unbeschadet des § 16a ein Kennzeichen mit roter Beschriftung auf weißem rot gerandetem Grund (rotes Kennzeichen) führt.“

Warum sollte man damit nicht über die Nordschleife fahren dürfen? Es ist übrigens ein reines „Händler-Kennzeichen“, das von Privatpersonen nicht genutzt werden darf.

Für solche Privatleute gibt es seit 1998 das so genannte „gelbe Kennzeichen“, das auch als „Kurzkennzeichen“ oder „Fünftage-Kennzeichen“ bezeichnet wird, weil die Geltungszeit beschränkt ist. Ein solches Kennzeichen erhält man aber nur, wenn bei der Zulassung – so die Vorschrift seit dem 1. April 2015:

    • Personalausweis oder Reisepass mit Meldebestätigung
    • Eine gültige Versicherungsbestätigung (eVB-Nummer) für bis zu fünf Tage
    • Fahrzeugschein oder Fahrzeugbrief
    • Gültiger Nachweis der Hauptuntersuchung (HU/TÜV)
    • Ggf. Vollmacht, falls im Auftrag gehandelt wird
    • Für Firmen: Gewerbeanmeldung bzw. Auszug aus dem Handelsregister

müssen vorgelegt werden.

Wenn man nun in Kenntnis der Realitäten und Fakten die so genannten „Fahrordnung“ der capricorn NÜRBURGRING GmbH (oder deren Antwort auf eine mögliche Frage zu diesem Thema) noch einmal liest, dann weiß man, dass diese „Fahrordnung“ sozusagen mit „heißer Nadel gestrickt“ wurde. Dabei kam es dann wohl zu so mancher „gefallenen Masche“.

Man spricht manchmal auch von „Luftmaschen“!

MK/Wilhelm Hahne

PS: Die Geschäftsleitung der capricorn NÜRBURGRING GmbH sollte sich auch noch mal mit den unterschiedlichen Versicherungsbedingungen in den einzelnen europäischen Ländern beschäftigen. - Aber auch mit den Unterschieden, die selbst bei deutschen Versicherungen – regional unterschiedlich (!) - vorhanden sind.

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