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Vorgestern war ich in Frankfurt. Ich bin mit dem Auto gefahren, habe ein Stück Realität im deutschen Straßenverkehr des Jahres 2017 erlebt und mir so meine Gedanken gemacht. Ich habe meine Eindrücke aktuell verarbeitet und mit meinem Wissen um Elektro-Automobile abgeglichen. Da ist man dann schon, „im Thema“, bevor man Frankfurt und damit die „Internationale Automobil-Ausstellung“ erreicht hat. Denn dort soll mir – so habe ich gelesen und gehört – praktisch eine Vorstellung von der automobilen Zukunft vermittelt werden. - Nun kenne ich die Entwicklung der automobilen Situation hin zum heutigen Zustand aus eigenem – bewussten – Erleben seit Jahrzehnten. Das Automobil hatte – und hat – in meinem Leben eine besondere Bedeutung. Was mich nicht dazu gebracht hat, das Automobil mit den Augen eines Liebhabers zu betrachten, sondern schon die Entwicklung kritisch zu sehen, zumal sie durch die von den Herstellern gesetzten Ziele - die primär gewinnorientiert sind – nicht immer in die richtige Richtung, sondern die Entwicklung des Automobils in eine falsche Richtung geführt hat. Von einem reinen Transportmittel wurde es in den Köpfen der Käufer zu einem Repräsentationsobjekt aufgebaut. - Je größer, je stärker, je schneller – je lieber sollte es gekauft werden. - Und wird es gekauft. Und dann teuer bezahlt! - Weil sich auch hier die Grenzen im Laufe der Jahrzehnte verschoben haben. - Insgesamt! - Die Industrie wollte es so! – Aber auch die Fachpresse hat mitgeholfen! - Aber starten wir jetzt erst mal zur Fahrt nach Frankfurt, bevor ich meine Erlebnisse, Gedanken und Eindrücke während der Fahrt vor Ihnen ausbreite.
14. September 2017: Lieber Leser!
Obwohl ich die Strecke kenne, kein Navi benötige, habe ich vor der Abfahrt noch schnell einen Blick auf den Computer-Bildschirm geworfen, der mir als schnellste und kürzeste Route die Fahrt über die A48 und A3 empfahl. Die Entfernung beträgt dann 161 Kilometer und sollte mit einem Automobil in 1 Stunde und 49 Minuten zu bewältigen sein. - Bei normaler Verkehrslage.
Als ich losfuhr war alles normal. Ich hatte vorher nicht voll getankt, denn bis zu diesem Moment hatte ich erst knapp 200 Kilometer nach dem letzten Tankvorgang zurück gelegt. Der Tank meines Automobil ist mit 35 Liter voll und bei schneller, aber normaler Fortbewegung – auf der Autobahn so um gleichmäßige 130 – 140 km/h (lt. Tacho) müsste ich die Google-Vorgaben ohne jedes Nachtanken erfüllen können.
Mein Fahrzeug steht über Nacht immer draußen, zwar auf eigenem Grundstück, aber gewissermaßen ungeschützt. So habe ich dann beim Wegfahren zunächst mal, durch Einschalten der Wischer vorne und hinten, die Scheiben gereinigt. Dabei fiel mir auf, dass dabei auf der Frontscheibe zwei Schlieren auftraten, weil sich beim großen Einarmwischer über Nacht, zwei kleine Teilchen von einem Baum darunter – unter dem Gummi - verklemmt hatten.
Ich habe deshalb nach rd. 500 Metern Fahrt angehalten und die Fremdteile entfernt. Danach erfolgte die Scheibenreinigung auch schlierenfrei! - Und ich habe lächelnd gedacht: So etwas wird man auch bei einem E-Automobil oder einem „autonomen“ Auto machen müssen. - Wenn man während der Fahrt „klar sehen“ will.
Meine persönlichen Automobile haben seit mehr als 10 Jahren als Antrieb einen hubraumkleinen Dreizylinder-Motor mit rd. 1.000 ccm und einer Leistung von 68 PS, denn ich in seiner Ursprungsform – bei Daihatsu – seit den 80er-Jahren kenne. Die damit heute ausgestatteten – und in Deutschland verkauften - Fahrzeuge sind so unterschiedliche Fabrikate wie Citroen, Peugeot und Toyota. - Der Motor wurde in dieser Zeit aber immer wieder verfeinert, modernisiert; bis hin zu einer „außermittigen“ Platzierung der Kurbelwelle. (Verringerung des Reibungswiderstandes.) Ich fahre einen Citroen C1, der bei einem Gewicht unter 1.000 Kilogramm mit Fahrer ausreichende Fahrleistungen bietet. - Übrigens auch auf der so genannten Langstrecke. So groß ist Deutschland nun auch wieder nicht, dass man für Fahrten aus der Eifel nach Hamburg oder München damit untermotorisiert wäre.
Jetzt, auf der B 258 in Anfahrt auf die A 48 unterwegs, laufe ich immer wieder auf größere, stärkere, schnellere Automobile auf. Alle sind an diesem Morgen mit einer Person besetzt. - Man fährt zur Arbeit. Mit einem Zwei-Tonnen-Gefährt. (SUV) Die Aktentasche hat man wahrscheinlich auf den hinteren Sitzen platziert, denn man hat sich wahrscheinlich aus diesem Grund auch einen Viertürer gegönnt.
Typisch für die meisten Fahrer solcher Automobile ist, dass sie auf den Geraden sehr schnell, in Kurven bremsen (sieht man am Bremslicht) und sehr oft in Zonen mit Geschwindigkeitsbeschränkungen zu schnell sind. Oder anders:
Dort, wo ich gesetzeskonform unterwegs bin, fahren sie „mir weg“, während sie mir in den Kurven „im Weg rum stehen“. - Ich rege mich nicht darüber auf. Ich lächle!
Wenn ich daran denke, wie wenig umweltfreundlich diese Automobile schon beim Bau sind und wie vorbildlich mein Automobil schon bei der Herstellung sein muss, dann weiß ich nicht, ob selbst das derzeit beste und hochgelobte E-Automobil in der Gesamt-CO2-Bilanz besser als mein Citroen C1 ist.
Ich denke – sozusagen in Vorbereitung meines IAA-Besuchs – über den Sinn von unsinnig großen und teuren E-Automobilen nach. Mir fallen dabei auch die in den Vorstädten großer Städte abends vollgeparkten Nebenstraßen ein, weil die Bewohner dieser Straßen (fast) alle über keine Garage verfügen. - Wo sollen die ihre E-Automobile aufladen, wenn sie sie kaufen müssten?
Ich habe natürlich in diesen Tagen von den Reden aller wichtiger Vorstände der Automobilindustrie gehört, in denen das E-Automobil – aber bisher nur bezogen auf die Zukunft – eine große Rolle spielt. Man investiert jedenfalls immer Milliarden Euro! - Das macht sich immer gut! - Und schon in wenigen Jahren… -
Dieses „Versprechen“ höre ich seit Jahrzehnten. Ich erinnere mich, dass ich schon so um 1970 die Äußerungen des damaligen GM-Vorstandsvorsitzenden als – nach bestem Wissen und Gewissen – unglaubwürdig bezeichnen musste, weil nach dessen Aussagen „schon in 10 Jahren“ der Straßenverkehr in allen wichtigen Industrieländern von E-Automobilen bestimmt sein würden. - Auch das war ein „Versprechen“.
Inzwischen haben sich die Versprechungen zeitlich verkürzt. Schon in 5 Jahren… - Und man spricht davon, dass es „in jeder Modellreihe“ oder „mehr als 20 E-Automobile“ oder, oder, oder. - Keiner spricht davon, was diese Automobile kosten sollen. - Es kommt doch nicht darauf an, dass etwas produziert, sondern dass es auch gekauft wird! - Wegen seiner Eigenschaften, wegen seines günstigen Preises. - Aber warum sollten sich in fünf Jahren Leute ein Elektro-Automobil kaufen, dessen Nutzwert geringer ist, als der eines hubraumkleinen Benziners, aber das vom Kaufpreis her jedes normale Haushalts-Budget sprengt?
Auf der A 48 überhole ich in einer 130 km/h-Zone eine Reihe von Lkw. Hinter mir sind hubraumgroße, schnelle Automobile aufgelaufen, die alle mit mehr als 130 km/h auf der leicht regennassen Autobahn unterwegs sind. - Jetzt also Stau hinter einem Kleinwagen. - Doch der fährt jetzt auch die folgende Autobahnkurve mit den zulässigen 130 km/h, während die vorher Schnellen nun zurückfallen. - Um dann auf der folgenden Geraden an meinem C1 geradezu vorbei zu fliegen.
Inzwischen habe ich die A3 erreicht, der Verkehr auf dieser Autobahn ist dichter, der mit Lkw vor allem. Aber mit 130 – 140 km/h konstant unterwegs müsste ich die „Google-Zeit“ schon schaffen. - Doch dann stehe ich im Stau! - In einem dreispurigen Stau.
Nun schalte ich mal das Radio ein, wo mir dann erzählt wird, dass ich – wegen eines schweren Lkw-Unfalls - in einem 12 Kilometer langen Stau stehend, schon mit einer Verzögerung von einer halben Stunden rechnen müsse.
Und ich muss darüber nachdenken, wo denn eigentlich der Unterschied liegt, wenn ich mit einem Benzin- oder mit einem E-Automobil im Stau stehe. - Ich habe bei meinem Benziner, weil es doch an diesem Morgen „sehr frisch“ ist, jetzt die Heizung eingeschaltet. - Könnte ich mir das bei einem E-Automobil erlauben, wenn ich z.B. später auf meinem Messe-Parkplatz keine Ladesäule finde? - Denn ich will ja noch am gleichen Tag wieder zurück!
Jetzt - da ich zurück bin - habe ich mal nachgeschaut. Es gibt in Frankfurt zwar aktuell 36 E-Ladestationen, aber keine an der Stelle, wo ich sie an diesem Tag gebraucht hätte. Und ich stelle mir vor, dass ich mit einem E-Automobil in einen Europa-Urlaub – irgendwohin, Italien, Spanien, Portugal, Frankreich – aufbrechen würde, Orten, an denen ich mit Benzinern überall schon gewesen bin: Wieviel meiner Urlaubszeit würde ich bei Hin- und Rückfahrt mit Ladezeiten verschwenden?
Aber jetzt stehe ich im Stau und beobachte die „Springer“. Sie wechseln von rechts in die Mitte, dann vielleicht auf die linke Fahrspur. - Weil die gerade mal etwas schneller voran zu kommen scheint. Auffällig ist da ein Maserati Quattroporte mit Düsseldorfer Kennzeichen, der es sehr eilig zu haben scheint. - Ich komme aber im Verlaufe meiner „Stauzeit“ immer wieder an ihm vorbei, konstant die dritte Spur einhaltend, die ich auch vor dem Stau – durch Zufall - schon inne hatte. Ganz rechts waren dicht an dicht Lkw unterwegs.
Als wir dann bei Camberg das Stauende erreichen, bin ich um viele Wagenlängen vorne, da wahrscheinlich mein Horoskop günstiger ist. Wobei gerade das Verhalten der Verkehtsteilnehmer gegen Stauende etwas über deren Selbstbewusstsein aussagt: Da gibt es nicht das reibungslos funktionierende Reisverschluss-Verfahren, bei dem dann zunächst aus drei Verkehrsströmen zwei, dann schließlich eins werden, sondern für jeden ist nun jede Sekunde so kostbar, dass er jede Lücke schließt, niemand in „seine Reihe“ einfahren lässt, so dass es sich hier dann noch mal so richtig staut.
Den Düsseldorfer Maserati habe ich dann bis zum Wiesbadener Kreuz nicht mehr gesehen. Wahrscheinlich ist der schon vorher abgebogen – oder ich habe in einer weiteren langen Baustelle soviel Zeit gewonnen, da mein Automobil (einschl. Außenspiegel) unter 2 m breit ist, während er dort dann wohl rechts bleiben musste, wo das langsamste Auto dann die Geschwindigkeit bestimmt, die eigentlich 60 km/h betragen darf. - Die maximale Breite eines Automobils durfte dort auf der linken Seite nicht 2,1 m (einschl. Außenspiegel!) überschreiten!
Unterwegs nach Frankfurt - aber auch zurück – habe ich kein E-Automobil überholt, aber auch keins im normalen Straßenverkehr wahrgenommen. Ich wundere mich nur über die aktuelle Forcierung dieses Themas, das – auch durch Elon Musk mit Tesla vorangetrieben – praktisch kritiklos angetrieben wird. - Entweder sind die Vorstandsvorsitzenden „dumm“, haben von der Problematik, die auf die Käufer eines Elektro-Automobils (auch Hybrid-Fahrzeuge zählen dazu!) zukommt kein Ahnung, oder sie verschweigen sie – wie manche Politiker – wissentlich, um das Erreichen „ihrer Ziele“ nicht zu gefährden. - Ähnlich dem „Diesel-Gate“, nur anders.
Wussten Sie, lieber Leser, dass bei WEC-Rennveranstaltungen, bei denen z.B. die Firmen Porsche und Toyota ihre Hybrid-Renner einsetzen., während des Rennens am Boxenausgang immer zwei Fahrzeuge der Rennleitung bereit stehen, in denen der Beifahrersitz von einem fähigen Renningenieur der jeweiligen Marke besetzt ist. Im Falle eines Unfalles geht dieses Fahrzeug sofort auf die Strecke, weil die Streckenmarshalls Anweisung haben, nicht auf ein gecrashtes Hybrid-Fahrzeug zuzugehen, bevor es von diesen Fachleuten stromlos gemacht wurde. Auch der Fahrer darf lt. Anweisung so lange nicht aussteigen.
Nun wird man einwerfen: Was hat ein solches Rennfahrzeug mit einem normalen E-Automobil zu tun. Nun: Beide stehen unter Strom. Die Basis ist meistens eine 48V-Anlage, in deren Leitungen aber bis zu 650 Volt fließen. - Zur Erinnerung: Im Haushalt nutzen wir 220 V.
Als die ersten Hybridfahrzeuge am Nürburgring unterwegs waren, gab es eine Anweisung an die Streckenposten, die ich abgebildet habe. Leider habe ich eine Urkunde nicht auftreiben können, die Mechanikern nach einem entsprechenden Lehrgang überreicht wird. Die dürfen dann z.B. auch ein Rad an einem Hybrid- oder E-Automobil wechseln. - Als Besitzer eines solchen Fahrzeugs dürfen Sie das nicht! - Sie dürfen an einem solchen Fahrzeug überhaupt keine Arbeiten vornehmen und in den Werkstätten dürfen nur entsprechend ausgebildete Mechaniker daran arbeiten, nachdem in der Werkstatt das E-Fahrzeug von anderen separiert und entsprechend markiert worden ist. Zum Beispiel mit „Flatterband“.
Aber eigentlich wollte ich Ihnen von meiner Fahrt zur IAA nach Frankfurt erzählen. Aber das ist mir eben unterwegs alles eingefallen.
Die Rückfahrt von Frankfurt nach Virneburg verlief übrigens ziemlich normal. Ich bin dann nach Tacho so um 140 – 150 km/h schnell auf den Autobahnen unterwegs gewesen und habe mit meinem 68 PS-Benziner die Google-Vorgabe für die 161 Kilometer lange Strecke um 13 Minuten unterboten.
Fortsetzung folgt!
Wilhelm Hahne
PS: Es wird noch ein paar Tage dauern, bis dass ich Fotos, Eindrücke und Gedanken sortiert habe. Eins kann ich aber jetzt schon sagen: Auch ein Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), macht sich lächerlich, wenn er der diesjährigen IAA „eine völlig neue Identität von Automessen“ zuordnet und erklärt: „Dafür steht das Motto dieser IAA – „Zukunft erleben“. - Ich war wahrscheinlich auf der falschen Veranstaltung. - Aber es stand IAA dran! - Was ich unter diesen Zeichen gesehen und erlebt habe… - Na, wenn das die Zukunft ist… - Mahlzeit!