Das lange Leiden des Motorsports!

Persönlich habe ich das lange Leiden des Motorsports über Jahrzehnte mit erlebt. Darum leide ich aktuell mit. Eigentlich müsste ich bei meiner täglichen Lektüre der Tageszeitung irgendwann die Information finden: „Nach langem, mit großer Geduld ertragenen Leiden...“ - Wir alle kennen diesen Text aus  Todesanzeigen. - Bis heute wurde aber zum Thema Motorsport in Deutschland nichts ähnliches vermeldet. - Ganz im Gegenteil: Alles ist gut! - Noch gestern habe ich z.B. lesen können, dass der Vorsitzende des Vereins „Freunde des Nürburgrings“ 35 Kommunalpolitiker aus dem Brohltal zum Nürburgring eingeladen hatte, damit sie sich ein Bild machen konnten. „Da just ein VLN-Rennen stattfand, konnten die Teilnehmer Motorsport live erleben“, lese ich. Und beim gemeinsamen Abendessen in einem Gastronomiebetrieb der „Grüne Hölle“ wurden sie von Erich Zakowski, (Zitat) „der mit seinem Unternehmen Zakspeed seine Wirkungsstätte im Brohltal hat“ unterhalten. - Man hat den Herrschaften die heile Welt vorgeführt. - Dazu fällt mir nur Arthur Schopenhauer ein: „Die Freunde nennen sich aufrichtig, die Feinde sind es.“ - Nun bin ich weder Feind der „Freunde des Nürburgrings“ noch des Motorsports, aber ich bemühe mich als Journalist mit dem vor Jahrzehnten von mir ins Leben gerufenen – und immer noch  existierenden - Medium „Motor-KRITIK“ um eine klare Sicht der Dinge. Nicht nur im Hinblick auf die „Veränderungen“ die der Nürburgring erlebt, sondern auch die des Motorsports, der in den Medien  – weil ein wichtiger Teil der Marketingarbeit der Automobilindustrie – gerne schön geredet wird. - Nicht weil man falsch informieren möchte, sondern weil man „industriegerecht“ informiert wurde. - Hier in Motor-KRITIK hat man – weil man auch Details aus eigener Erfahrung kennt und beurteilen kann – eine andere Vorstellung vom „modernen Motorsport“. - Man könnte die aktuelle Situation auch so empfinden:

Das lange Leiden des Motorsports!

Wer an einem Freitagabend spät noch durch das VLN-Fahrerlager am Nürburgring schlendert, kann eigentlich den Eindruck von einer heilen Welt haben.

Da flaniert ein junges Brautpaar zwischen Transportfahrzeugen und Boxen, wie ich das kurz vor dem 7. VLN-Lauf einfangen konnte oder da sieht man einen Volker Strycek im Kisslingzelt genüsslich einen Teller Currywurst verspeisen, während nebenan gerade das Einsatzfahrzeug für das Rennen am Samstag hergerichtet wird.

Es könnte alles so schön sein, wenn man es oberflächliche betrachtet. Da feiert z.B. gerade Kissling Motorsport sein 40. Geschäftsjubiläum mit der Vorstellung einer 10er Kleinserie des „Astra TCR 40th“ als limitiertes Editionsmodell. Im Preis von 115.000 Euro (+ MWSt.) ist ein Garantiepaket für Motor und Getriebe in der ersten Renn-Saison enthalten. Es ist tatsächlich im Motorsport ungewöhnlich, das den Kunden eine „revisions-kostenfreie“ erste Rennsaison von Motor und Getriebe bei Einschreibung in eine TCR-Sprint- oder in die VLN-Langstreckenserie geboten wird.

Man hat sogar einmal die Einsatzkosten eines Opel TCR z.B. für eine VLN-Saison berechnet, um dem Kunden eine Übersicht darüber zu ermöglichen, was auf ihn eigentlich kostenmäßig zukommt. - Der Gesamtbetrag für die reinen Einsatzkosten z.B. für 9 VLN-Rennen soll fünfstellig bleiben! - Also alles gut?

Werfen wir zunächst mal einen Blick in ein Stück Zukunft des deutschen Motorsports so gegen Ende 2018. Zu diesem Zeitpunkt werden die Rallye-Fans dann wieder ganz nervös die ADAC Rallye Köln-Ahrweiler erwarten. In diesem Jahr startet sie vom 10. November in Mayschoss , um dann am 12. November auch dort wieder zu enden.

Den Fans sei der Besuch dieses Klassikers in diesem Jahr besonders empfohlen, den es seit 1985 gibt und nach zwischenzeitlichen Unterbrechungen nun seit 2009 jedes Jahr gegen Jahresende die Reise an die Ahr, bzw. in die Eifel besonders lohnend machte.

Immer wieder wurde hervorragender Sport mit „alten“ Automobilen (Youngtimer) geboten. - Es verdeutlicht die Situation im deutschen Motorsport, dass dieser Rallye-Klassiker, von der „scuderia augustusburg brühl“ ins Leben gerufen und organisiert, in 2017 mit hoher Wahrscheinlichkeit zum letzten Mal zur Durchführung kommen kann.

  • Die lokalen Behörden haben sich darauf verständigt, dem Veranstalter zur Durchführung der Veranstaltung auf öffentlichen Straßen keine Genehmigung mehr für 2018 zu erteilen.

Selbstverständlich ist das keine offizielle Information, sondern eine von Motor-KRITIK.

Motor-KRITIK möchte auch die aktuelle Situation im deutschen Motorsport mit Beispielen aus der VLN, der TCR und der GT-Masters verdeutlichen. Irgendwie wird immer klarer, was ein Promotor von unterschiedlichsten Rennserien in der Vergangenheit aktuell in einem Interview mit „sport auto“ so erklärt:

„Natürlich gibt es im Kundensport immer kritische Momente, wenn der Einfluss der Werke zu gross wird.“

Und er stellt fest:

„Man muss dann halt gegensteuern – so wie wir das 2016 beim 24h-Rennen in Spa mit harten Strafen getan haben.“

Motor-KRITIK erinnert: Stéphane Ratel – das ist der Promotor -  hatte das getan, indem er eine offensichtliche Unkorrektheit (nennen wir es mal so) von Mercedes-AMG im Qualifying durch eine Verbannung auf die hinteren Startplätze „korrigiert“ hatte. - Mercedes-AMG hat das zwar hingenommen, aber eine „Unkorrektheit“ der Fahrzeuge gegenüber den Vorschriften im Reglement in Abrede gestellt.

Beim 24h-Rennen am Nürburgring 2016, vor dem in Spa ausgetragen, war zwar allen Verantwortlichen schon nach dem Qualifying auch klar, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging, aber man hat ohnmächtig zugeschaut, als Mercedes-AMG einen Vierfach-Sieg einfuhr. - Man kann doch einem so renomierten Automobilhersteller „nicht in die Parade fahren“!

Motor-KRITIK hat damals sehr deutlich darauf hingewiesen, wie es zu diesem „Erfolg“ der Mercedes-Teams kommen konnte. (Mit einem KLICK HIER können Sie noch einmal nachlesen!) In Spa hatte man dann beim 24h-Rennen Ähnliches wieder versucht, war aber an einem deutlich auf die Absichten der Stuttgarter reagierenden Stéphane Ratel gescheitert.

Nun ist AMG-Mercedes in einen neuen Skandal verwickelt, der nach einer Überprüfung von zwei Zakspeed-AMG-Mercedes nach einem Doppelsieg in einem GT-Masters-Rennen auf dem Sachsenring entstand.

  • Es wurde bei beiden Fahrzeugen – nach einem Doppelsieg! -  eine nicht der GT3-Homologation entsprechende Nockenwelleneinstellung festgestellt, die offenbar Resultat eines veränderten Motorkennfeldes ist.

Und niemand hat‘s getan. In der Presse wird die Darstellung von AMG-Mercedes favorisiert, wo es dann in einer entsprechenden Pressemitteilung von Mercedes-AMG Customer Racing heißt:

„Mercedes-AMG Customer Racing distanziert sich von den Umständen, die am vergangenen Wochenende zur Disqualifikation des Team Zakspeed beim ADAC GT-Masters am Sachsenring geführt haben. Zu keiner Zeit war Mercedes-AMG, oder auch die von uns beauftragten Ingenieure der HWA AG, in die zur Disqualifikation führenden technischen Änderungen involviert.“

Nach weiteren Erkärungen und Darstellungen kommt man dann am Ende dieser Presse-Information, die drei Tage nach dem Rennen erschien, zu der Feststellung:

„Zur Aufklärung dieses bedauerlichen Vorfalls kooperiert Mercedes-AMG Customer Racing vollumfänglich mit dem DMSB.
Zudem wurde das Vertragsverhältnis zwischen AMG-Mercedes und dem Team Zakspeed mit sofortiger Wirkung aufgelöst.“

Das Team Zakspeed konterte sofort mit einer Gegendarstellung, aus der folgende Teile unverändert entnommen wurden:

„Das Team Zakspeed hat in Folge der Disqualifikation am Sachsenring den DMSB am Mittwoch, den 20. September, darum gebeten, ein Sportrechtliches Verfahren einzuleiten.. Ziel ist es, die Hintergründe, die zur Disqualifikation beider Fahrzeuge geführt haben, aufzuklären.
Als weitere Maßnahme nach den Ereignissen am Sachsenring wurde der Vertrag mit Mercedes-AMG am Montag, den 18. September, durch das Team Zakspeed gekündigt.“

Da kommt Spannung auf! Wer hat nun wen betrogen? Ist nicht der Motorsport insgesamt der Verlierer bei solchen Vorgängen, wie sie in diesem Fall nun sozusagen plakativ öffentlich wurden, aber eigentlich unverständlich bleiben, weil selbst in den Informationen der beiden – nun ehemaligen – Vertragspartner für die Öffentlichkeit irgendwer nicht bei der Wahrheit bleibt?

    • Muss man hier vielleicht von „betrogenen Betrügern“ sprechen?

Man darf auf eine Auflösung durch den DMSB gespannt sein, der auch noch über andere Proteste und Einsprüche zu entscheiden hat.

Motor-KRITIK war der einzige Informationsträger, der nach dem 5. VLN-Lauf darauf hingewiesen hat, dass dessen überall vermeldetes Rennergebnis „vorläufig“ ist. Und hat auch geschrieben warum. Da gab es z.B. eine Doping-Probe – aber auch ein normaler Protest, der zum „Aussetzen“ des Ergebnisses führte.

Als jetzt – gut ein Monat nach dem Rennen – das Ergebnis immer noch als „vorläufig“ vermeldet war, habe ich beim DMSB nachgehört und mit einer Verzögerung von mehreren Tagen folgende Information erhalten:

„...die Ergebnisse der Doping-Proben waren alle negativ. Allerdings ist das Ergebnis dennoch vorläufig, da es ein laufendes Berufungsverfahren nach einer Protestentscheidung zwischen den Teams Securtal Sorg Rennsport und Pixum Team Adrenalin Motorsport gibt. Ein Termin für dieses Berufungsverfahren steht allerdings noch nicht fest. ...“

Ich hatte schon in meinem Bericht zum 5. VLN-Lauf zur Problematik dieses Protestes informiert, der auch symthomatisch für die derzeitige Situation im Motorsport ist. Man darf auf das Ergebnis der Berufungsverhandlung gespannt sein. Der DMSB wird sicherlich „klar“ in dem vorliegenden Protest entscheiden. - Aber wie er auch entscheidet: Die Entscheidung wird den derzeitigen Wirrwarr im deutschen Motorsport noch deutlicher werden lassen.

Motor-KRITIK wird informieren, weil es wohl das derzeit einzige Fachorgan ist, dass das Ausmaß der Auswirkungen des Urteils der Berufungsverhandlung abschätzen kann. - Es wird entweder hier oder da einen deutlichen Aufschrei geben!

Wenn es nur das wäre! - Auch im 6. VLN-Lauf ist – war! - das Rennergebnis ein „vorläufiges“. Auch hier lief ein Protest, der auch nur auf diesen Internetseiten Erwähnung fand. Auch der macht die Situation im deutschen Motorsport deutlich. Da wird aktuell von der spannenden aktuellen Situation in einer bestimmten Cup-Klasse gesprochen, während sie eigentlich – eben wegen des laufenden Protestes – gar nicht klar ist.

Wusste man bei Toyota am 19. September 2017 schon mehr, wenn man zur Situation im GT86-Cup folgendes schrieb:

„...der Gesamtsieg im TMG GT86 Cup ist nach wie vor heiß umkämpft und so bleibt es höchst spannend: Entschieden ist auch nach sechs von neun Rennen noch lange nichts. Doch der kommende Lauf ist bereits für den 23. September terminiert und bringt womöglich neue Erkenntnisse, wer 2017 zum engsten Kreis der Titelanwärter gehört. …“

Erst Tage danach – exakt gestern! - kann ich feststellen:

Der Protestfall im 6. VLN-Lauf ist tatsächlich abgeschlossen, da der Protest vom DMSB abgelehnt wurde!

So wie sich der Fall derzeit für Motor-KRITIK darstellt, hatte der DMSB hier eigentlich klar zu stellen, ob er eigentlich noch die „Sport-Hoheit“ darstellt, oder ob die – je nach vorhandenem Selbstbewusstsein der Handelnden – einmal hier und beim anderen Mal da liegt.

Nach dieser Entscheidung ist mir klar, dass im deutschen Motorsport evtl. auch ein Klub entscheidet was richtig ist. - Wenn er mächtig genug ist.

Wenn das so weiter geht mit den „Vorläufigen Ergebnissen“, dann dürfte es wohl kaum am Ende der VLN-Saison zu einer Ehrung der Gesamtsieger kommen können. Jedenfalls ist das Ergebnis des 6. VLN-Laufs jetzt endgültig, während man für den 5. VLN-Lauf noch das Berufungsergebnis abwarten muss.

Oder schauen wir doch mal kurz rüber auf die neue TCR-Rennserie. Ich habe im Herbst 2015 die Vorstellung in den Benelux-Staaten bei Brüssel besucht und bin mit der dort vernommenen Feststellung zurück gekehrt:

„Die Fahrzeugpreise sind übrigens nach oben bei 100.000 Euro (rennfertig) gedeckelt.“

Wenn Sie die ganze Geschichte noch einmal lesen wollen: HIER KLICKEN! - Stillschweigend hat sich die damals vom Promotor Lotti genannte Preisgrenze durch den Einfluss der Indstrie inzwischen deutlich nach oben verschoben. Das scheint niemanden wirklich zu stören. Über einige Entwicklungen im „modernen Motorsport“ sollte man aber dringend nachdenken. Auch wenn man an die eigentlich – nach Motor-KRITIK-Meinung – sehr zukunftsträchtige TCR-Kategorie denkt:

  • Müssen tatsächlich „Einheitsreifen“ zwangsweise verordnet werden?
  • Müssen von Rennen zu Rennen Gewichte rein und Gewichte raus vorgeschrieben werden? 
  • Muss man bei zwei Läufen einer Serie die Startaufstellung im 2. Lauf nach dem Qualifying-Ergebnis umkehren?

Der 10. steht dann auf Startplatz 1, was – wie man inzwischen wissen sollte – die Unfallgefahr drastisch erhöht! - Und „Strategen“ gewinnen dann nämlich eine Meisterschaft, indem sie – obwohl sie es könnten - im Qualifying möglichst nicht vorne stehen! - Dieses Wochenende gibt es bei der TCR wieder einen Beweis dafür!

Da nutzt es auch wenig, ein Bulletin nach dem anderen zu erlassen, mit dem ergänzt oder widerrufen wird. - Wie hätten Sie‘s denn gerne? - Oder sollten wir hier diskutieren, warum nach der „BoP“ (Balance of Performance) die Motorleistung auf einem Rollenprüfstand um 4 Prozent höher sein darf, als wenn die Leistung auf einem Motoren-Prüfstand gemessen wird?

Es wird langsam Zeit, dass mit der Machete wieder ein klarer – und verständlicher! - Weg in den Motorsport-Reglement-Urwald geschlagen wird.

Natürlich kann man warten, bis gar nichts mehr geht.

Wie heißt es doch so schön – und ist regelmäßig auf bestimmten Zeitungsseiten zu lesen:

  • Nach langem, mit großer Geduld ertragenen Leiden… -

Da hilft kein Hoffen auf einen glücklichen Ausgang. - Man muss einschneidende Maßnahmen einleiten; operieren und nicht zu kaschieren suchen!

MK/Wilhelm Hahne
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