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Das ist nun mal so. Am 18. Januar habe ich Geburtstag. Unabhängig von der Jahreszahl. Aber die Wochentage, die auf das Datum meines Geburtstags fallen, die ändern sich. In diesem Jahr – in 2015 – ist es nun zufällig ein Sonntag. - Das bedeutet nicht, dass ich ein Sonntagskind bin. Was ich bin – und zwar weil ich das nicht als Beruf, sondern auf Berufung empfinde, für die ich einfach geboren bin ist: Journalist zu sein. - Das bedeutet, dass ich von Natur aus neugierig bin, versuche Zusammenhänge herzustellen. Und ich habe – die „modernen Menschen“ würden es so artikulieren – auch ein überzogenes Rechtsempfinden. Nicht wegen der dramatischen Abläufe in Frankreich. Auch nicht, weil ich mal von Polizei und Staatsanwaltschaft rechtswidrig unter Druck gesetzt wurde, sondern weil sich mein Rechtsempfinden im „Dritten Reich“ entwickeln konnte. Andere haben gelitten. Ich sicherlich auch. Ich schaue mir heute immer noch keine Kriegsfilme an. Es ist ein eigenartiges Verhältnis zu den tagelangen, nächtelangen Bombenangriffen entstanden. Ich habe sie in Relation gesetzt zu den Flugblatt-Versprechungen – und -Drohungen – die wir als Kinder auf den Feldern in unserem Wohnumfeld gefunden und gelesen haben. - Damals – als Kind – habe ich mir vorgenommen, mich niemals einer Partei anzuschließen. „Parteigenossen“ waren für mich – würde ich heute sagen – wie Mitglieder einer kriminellen Vereinigung. Parteigenossen waren nur gefährlich. Dann lieber ein eindeutiger Bombenangriff. - Ich bin kein Träumer. Ich kann aber trotzdem aktuell mit Sicherheit sagen:
18. Januar: Heute schreibt ein Sonntagskind!
An einem Sonntag werde ich – heute – 82 Jahre alt. - Die Zahl ist so lange ohne Bedeutung, wie man sie in einem gesundheitlichen Zustand erlebt, der es einem erlaubt, ein normales Leben zu führen.
Nun hat wahrscheinlich jeder eine andere Vorstellung von normal. Normal ist es für einige Leute, mich zwar gut – und lange – zu kennen, es aber in bestimmten Situationen und bei bestimmten Gesprächspartnern nicht zu erwähnen.
Normal scheint auch zu sein, dass man mir gegenüber gerne bestätigt, dass meine Einstellung zu bestimmten Ereignissen die richtige ist, aber das in Frage zu stellen, wenn ein entsprechendes Gegenüber anderer Meinung ist.
Ich habe bis zu diesem Zeitpunkt heute schon eine Menge Geburtstags-Glückwünsche erhalten. Per Telefon, per SMS, per Facebook, per E-mail. (Die Post kommt erst Montag!) Ich habe mich über jeden der vielen guten Wünsche gefreut.
Aus einem der Glückwünsche darf ich einen Satz zitieren, weil der gleichzeitig auch meiner Leserschaft – die mich nicht persönlich kennt – eine immer wieder an mich gestellte Frage beantwortet:
„Sie haben jedenfalls, solange ich Sie kennen durfte, durch Ihr Handeln niemals einen Zweifel an den Sie leitenden Grundwerten aufkommen lassen und nach Ihnen auch selbst gelebt. Das ist in dieser Konsequenz sehr selten und deswegen umso achtenswerter.“
Eigentlich werden sich Grundwerte niemals verschieben, sondern sind – wenn - von denen die sie lebten „angepasst worden“. Man schwimmt eben im „Mainstream“ mit, verhält sich so unauffällig, angepasst, taktisch klug – pragmatisch eben. - Wir leben schließlich nicht mehr im 19., sondern im 21. Jahrhundert.
Demnächst werden die Automobile sogar „von alleine“ fahren. - Was das soll? - Es wird nicht hinterfragt. Es ist einfach eine technische Meisterleistung. - Toll! - Eine von denen, die die Menschheit nicht weiter bringt, höchstens die Sensibilität der Einzelnen weiter verkümmern lässt. Wir sind auf dem Weg zurück auf das Niveau des Steinzeit-Menschen. Und merken es nicht.
Auf dem Gebiet des Automobilbaus wird das Thema Sicherheit groß herausgestellt, weil man über dieses Schlagwort leichter ein „qulitatives Wachstum“ darstellen kann, das dann – zu höheren Gewinnen führt. Aber es verbessert nicht die Sicherheit tatsächlich, wie ein morgendlicher Blick in die Tageszeitung zeigt. Weil ohne Training die Reaktionsfähigkeit des Menschen verkümmert.
Die Zahl der „Disco-Unfälle“ nimmt z.B. kaum ab, obwohl die Eltern ihre Kinder inzwischen mit Automobilen ausstatten können, die viele Sicherheitseinrichtungen aufweisen. Bedeutende sind inzwischen von der EU vorgeschrieben. Weil dort die Lobbyarbeit der Industrie besonders gut – weil lohnend – war.
Gerade in meinem Alter weiß man Hilfen zu schätzen. Gehhilfen z.B., wie es sogar ein Spazierstock sein kann. Heute greift man aber sehr oft – ohne diesen „Übergang“ - zum Rollator. - Ein Fortschritt? - Man macht es alten Leuten leicht, ihr Alter zu ertragen.
Ich habe zu meinem 60. Geburtstag von einem guten Freund einen Spazierstock – aus Kevlar (!) - geschenkt bekommen, den ich seitdem im Kofferraum meiner jeweiligen (eigenen) Automobile spazieren fahre. Manchmal war ich geneigt ihn in die Hand zu nehmen. - Ich habe ihn aber dann doch da gelassen, wo er noch heute liegt: Im Kofferraum.
Man muss dankbar sein, wenn man das in meinem Alter noch tun kann.
Aber das Alter bietet auch Vorteile, die sich junge Leute kaum vorstellen können. Man kann sich erinnern, Jahrzehnte zurück denken. Man kann Zusammenhänge herstellen, was jungen Leuten schon deshalb versagt bleiben muss, weil sie so alte „Puzzlestücke“ gar nicht kennen können. - Und im Archiv sind sie dann auch nicht zu finden, weil man nicht danach suchen kann. Man weiß ja gar nicht, dass es so etwas jemals gegeben hat.
Auf der anderen Seite muss ich feststellen, dass ich gerade von jungen, dynamischen – und gebildeten – Mitarbeitern von Firmen heute in meinem Alter so behandelt werde, wie mir das auch schon im Alter von 10 – 12 Jahren widerfuhr: Man hat mich nicht wahrgenommen, ernst genommen. Ich war zwar „Zeitzeuge“, aber ohne jede Bedeutung. - Aus der Sicht der Anderen.
Ich muss heute oft lächeln, weil ich vielleicht gerade wieder einmal eine Absage nach einer Anfrage nach einem Testwagen o.ä. erhalten habe. Man hat mich inzwischen in eine Schublade abgelegt, auf der oft das Geburtsdatum bestimmend ist. Leider kann man nicht alles „über einen Kamm scheren“. Mit über 80 muss man nicht über 80 sein. Im Denken, Empfinden, Vergleichen. Beim Recherchieren und investigativer journalistischer Arbeit.
In großen Verlagen werden – und wurden - inzwischen „Investigativ-Redaktionsteams“ zusammen gestellt . Warum? - Eigentlich sollte ein Journalist immer so sein: Investigativ. - Meine ich. Und bin es. - Gleichzeitig ein Mittler zwischen „Hersteller und Verbraucher“ oder „Dienstleister und Nutzer“. - Obwohl viele Dienstleister heute vergessen zu haben scheinen, was eigentlich Dienstleistung ist.
Für mich ist – bis heute – mein Alter nicht störend. - Im Gegenteil! - Und ich feiere meinen Geburtstag heute gerne.
Und freue mich über Ihre Glückwünsche. - Herzlichen Dank!
2 Kommentare
Sonntagskind
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Geburtstagsgrüsse
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