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In meiner letzten Motor-KRITIK-Geschichte hatte ich meine Leser gebeten, sich doch auch einmal – ganz subjektiv und ehrlich – zum Thema Motorsport zu äußern. Davor hatte ich einige Blicke hinüber zur Formel 1 geworfen, aber – so nebenbei – auch den Problemfall GT3 angerissen. In Relation zur Anzahl der Leser, die die Geschichten gelesen haben, ist der „Rücklauf“ nicht berauschend. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Leser in Sachen Motorsport zwar ein gewisses Unbehagen verspüren, was sich dann auch in den registrierten Zuschauerzahlen ausdrückt, dass sie es aber nicht so richtig darstellen können. - Kann ja auch sein, dass sie nicht so recht von meiner Zuverlässigkeit als Journalist überzeugt sind. Aber natürlich gab es aufgrund meiner Bitte schon einige Rückläufe, von denen ich nachstehend zwei – unbearbeitet und in voller Länge – präsentiere. Der Inhalt wird nicht nur die Fachleute der Branche interessieren, sondern kann vielleicht auch weitere Leser zu interessanten Beiträgen anregen. - Hier folgen zwei – irgendwie - beispielhafte Beiträge zum Thema...
Motorsport – aus der Sicht der Leser!
Entsprechend meiner Zusage bleiben die nachstehend präsentierten Meinungsäußerungen meiner Leser namenlos.
Interessant ist – und darum auch diese Zusammenstellung – das die Motor-KRITIK-Leser zwar aus Deutschland kommen, trotzdem aber – so muss man auf einzelnen Gebieten den Eindruck haben – aus zwei Welten. - Hier lasse ich also zunächst einen Leser „aus dem Osten“ sprechen:
„Als im Osten Deutschlands Geborener hatte ich immer Interesse, was da auf der anderen Seite passiert. Die Informationen bezogen sich ja zumeist nur auf die Ergebnisse. "West"Fernsehen gab es im Raum Dresden nicht. So sind wir auch nach Most zur Interserie und zu diversen Rennen nach Brno gefahren. Rennwagen waren mein Thema.
Durch eine glückliche Fügung bekam ich Ende der 1980er die "Motorsport aktuell" als Abo aus der Schweiz. Es klingt unmöglich, aber es klappte. Jeden Mittwoch war die Zeitung bei mir im Kasten.
Unser Traum waren ja immer die Rennen der F1 usw. Nach der Wende hatten wir erstmal andere Sorgen. Einmal war ich am Nürburgring zu Gast bei Heinz Dehnhardt zum Truck GP. Das war schon ganz nett.
Mein Interesse gilt aber nun mehr den Fahrzeugen bis max.1985. So war ich zum 24 Std.-Rennen 2000 als Gast beim Bugatticlub Deutschland am Nürburgring. Da war ich von der ganzen Sache etwas enttäuscht. (24Std) Etwas hemdsärmlig mitunter - so kannte ich das von den Fahrern aus dem Osten nicht.
Jetzt kann ich über die ganze Rennerei nur noch den Kopf schütteln. Nur des Geld zählt. Früher war Dabeisein alles, heute ist der Zweite der erste Verlierer. Die Werke sind vom Trauma des "Siegen um jeden Preis" befallen.
Die - zum Glück - hohe Sicherheit der Fahrzeuge hat zum Verlust des Respektes der Fahrer untereinander geführt. Mit dem Standard von vor 20 Jahren würde es Tote am laufenden Band geben. Das will natürlich niemand. Ich auch nicht.
Da werden Leute einfach von der Strecke geschoben. Nach dem Motto" Platz, der Landvogt kommt". Gutes Beispiel K.Ludwig " Der A.. ist mir reingefahren !" war wohl seine Reaktion.
Das andere Problem ist die Macht der Werke. Es findet wohl kaum Motorsport an der Basis statt.
Tausend Spoiler und Nebenspoiler usw. - Hat mit Serie nichts mehr zu tun. DTM als Marketing "Masters". - Dass es keine Meisterschaft ist, haben trotzdem viele noch nicht begriffen.
Den recht guten Ansatz des 24 Std. Rennens in der Eifel habe die Werke mit ihrer Macht zerstört. Ich staune nur über die "Kleinen" die sich das antun. Lange hat es funtioniert. Da kamen die Werke mit Semi- Werkteams und dann direkt.
Das der "Gaudibursch" keinen Durchblick hat ist ja klar. Was will der machen? Irgendwoher muß die Kohle kommen.
Die F1 ist ein Thema für sich. Eigentlich kein Thema. Langweilig, zu reglementiert. Früher habe ich das immer angeschaut, jetzt fahre ich lieber zum Sonntag ins Grüne. Videotext RTL Seite 250-255 am Abend reicht völlig.
Nico Rosberg- vor Jahren hat er bei einem Interview sich die Sonnenbrille vom Gesicht gerissen: "Mein Vater schimpft sonst!" Respekt , habe ich da gedacht.
Mit ihm als Weltmeister verkauft Mercedes kein Auto mehr. Der englische Markt funktioniert wohl etwas anders.
Es ist schade, der Motorsport ist nicht mehr sehenswert. Die 24 Std. von LeMans sind die Ausnahme. Respekt für die Teilnehmer. Das zum Sprintrennen mutierte Unternehmen kostet sicher Kondition.
Wir werden mit der Situation leben müssen. Es wird sich nicht zum Positiven ändern. Wir hatten unsere Zeit. Also besuche ich Rennen mit Oldtimern usw. ( da gibt es auch eigenartige Entwicklungen) Beispiel: "Mille Miglia".
Das Oldtimerhobby ist ein extra Thema. Da stürmen Leute ohne Ahnung mit Geld nach vorn. Originalton eines als "Koch" bekannten TV-Stars:
"Ich muß etwas machen, die Zeit als Koch ist langsam vorbei".
Ich ärgere mich einfach nicht mehr. Warum auch?“
Hier folgt nun der zweite Leserbrief, der einen ganz anderen Ansatz hat, und so eigentlich den ersten Leserbrief irgendwie ergänzt:
„Der blinde Fleck - oder auch die Blindheit für die eigene Blindheit - bei Mercedes und anderen.
Tatsächlich ist das der Punkt hinter der Retina, wo die Sehnerven zusammen laufen und wäre unser Blick objektiv, würden wir im Zentrum unseres Blickes einen schwarzen Fleck sehen.
Wie in der Werbung eine gewisse Verzerrung von „Realität“ zu beobachten ist, muss man bei einem Sport, der im Prinzip nichts anderem als der Produktbewerbung dient, ebenfalls davon ausgehen, dass es zu Verzerrungen kommt. Mercedes produziert keine „Wahrheiten“ sondern übermotorisierte Gehhilfen, die es zu verkaufen gilt. Zu nichts anderem dienen diese enormen Investitionen in den F1 Zirkus.
Diese Strategie ist erfolgreich. Das zeigt u.a. Ihre wie meine Auseinandersetzung mit dem „Sport". Das sportwissenschaftliche Lexikon meint dazu : "Darüber hinaus verändert, erweitert und differenziert das faktische Geschehen des Sporttreibens selbst das Begriffverständnis von Sport.“
Sport ist längst in den Gravitationswellen der Ökonomie verschwunden. Im schwarzen Loch oder im blinden Fleck sozusagen.
Mercedes spielt „Schach“. Da zieht man einen Niki Lauda genauso über das Brett, wie einen Lewis Hamilton oder Nico Rosberg. Es ist genau diese „zweite Ordnung“, über die Heinz von Förster im Zusammenhang mit dem blinden Fleck sprach. Der Beobachter des Beobachters weiss von dem Fleck, der dem einfachen Beobachter verborgen ist.
In diesem Sinne funktionieren Ihre Anmerkungen. Führt man zu den zwei Beobachtern weitere hinzu, merkt man, dass diese Sportspiel letztlich durch jedwede Teilnahme bestätigt wird.
Das Zertrümmern von (Hotel-)Zimmern war - auch in der Berichterstattung darüber - immer den Rockstars vorbehalten. Hamilton personifiziert den „Rockstar“ wie kein zweiter Fahrer der F1, in der aber eigentlich für so einen Typus kein Platz ist.
Autonomie darf hier nicht verwechselt werden: Rockstars sind das Label.
Hier aber möchte Mercedes DAS Label sein. In diesem Spannungsfeld vollzieht sich die Spannung, die der „Sport“ nicht hergibt. Der Glamour, der auf der einen Seite fehlt, muss auf einer anderen Ebene erzeugt werden. Wenn Sie sich die Mercedes Kampagnen der letzen Jahre anschauen, finden Sie diesen Anspruch fast durchgehend bestätigt. Da auch die Formel 1 letztlich Kampagne ist, funktioniert das hier sukzessive genauso.
Abgesehen davon handelt es sich beim Förmelchen 1, um das vielleicht beste biologische Schlafmittel überhaupt. Jeder Versuch sich das anzuschauen, endet (bei mir) mit einem Nickerchen. Manchmal schon vor dem Start. Ich fühle mich fast immer an das "Schäfchen zählen“ erinnert. Oder an autogenes Training.
Das Auto Gen ist also in der F1 bestens aufgehoben. Ich schätze diese Formel 1 und ihrer einschläfernden Wirkung. Danach kann man sich erfrischt den „Hyper - Diskursen“ des Motorsports zuwenden.
Ihre Beiträge empfinde ich als weitaus unterhaltsamer, als alles, was da so im „Rennen?" geboten wird. Aber ohne diese Farce oder auch Schmierenkomödie (eine Sache, die als wichtig dargestellt wird, im Verhältnis zu diesem Anspruch aber lächerlich wirkt.), wären Ihre Beiträge leider nicht zu haben.“
Um es noch einmal zu betonen: Diese Lesermeinungen, geäußert in E-mail an Motor-KRITIK bzw. Wilhelm Hahne, wurden unverändert und ungekürzt eingestellt. Was weggelassen wurde sind nur die Anrede, die „besten Grüße“ und die Namen der Schreiber.
Vielleicht ist das nun auch für andere Lesern ein Ansporn, einmal die eigenen Gedanken und Eindrücke zum und vom Motorsport zu sortieren und sie per E-mail Motor-KRITIK zukommen zu lassen.
MK/Wilhelm Hahne
PS: Ich habe mir gerade noch das 2. Training zum „Grand Prix von Großbritannien“ angesehen und jetzt noch mal schnell – man kann ja nicht alles wissen – bei „Wikipedia“ nachgeschlagen, was ein „Ehrenkodex“ ist, von dem in Verbindung mit den Namen zweier nicht unbekannter Formel 1-Fahrer gesprochen und geschrieben wird, dass sie einen solchen – unter dem Druck ihres Teams – unterschrieben hätten. In „Wikipedia“ ist gleich zu Anfang zu lesen:
„Der Ehrenkodex (auch frz. Comment) ist ein oftmals ungeschriebenes Regelwerk über Wohlverhalten. Der Duden bezeichnet ihn als „Gesamtheit der in einer Gesellschaft oder Gruppe geltenden, die Ehre und das ehrenhafte Verhalten betreffenden Normen“. … Oftmals werden Ehrenkodexe auch mafiösen Vereinigungen zugeschrieben (vgl. Organisierte Kriminalität). Insbesondere die Cosa Nostra prägte den Begriff der „Ehrenwerten Gesellschaft“, die ihre Regeln („leggi d'onore e d'omertà“) mündlich in ihrer Aufnahmezeremonie verkündeten und als Schwerpunkt das Schweigegebot der Omertà gegenüber staatliche Instanzen wie polizeiliche und juristischen Behörden formulierte. Ferner wird in den Regelungen ein unbedingter Gehorsam gegenüber der rapressentante – der eigenen „Familie“ – sowie unter „Ehrenmännern“ stets die Wahrheit zu sagen gefordert.“
Zum Thema „Ehrenkodex“ bei modernen Industriefirmen habe ich allerdings noch keinen Eintrag gefunden. Allerdings werden die in „Wikipedia“ abgehandelten Themen immer wieder aktuell ergänzt. - Fortsetzung folgt!