Motorsport aus Lesersicht – Nr. 3

Nachstehend sollen noch einmal Leser mit ihrer Meinung, mit ihrer aktuellen Einstellung zum „modernen Motorsport“ zu Wort kommen. - Kann es sein, dass der heutige Motorsport nicht mehr das ist, was man früher unter Motorsport verstand? - War der Motorsport früher „echter“? - Gibt es eigentlich überhaupt noch das, was als Motorsport auch von der Politik als förderungswürdig bezeichnet werden sollte? - Motor-KRITIK hat mit seiner Anregung an seine Leser, doch einmal offen zu sagen, wie man den Motorsport heute empfindet, sozusagen „Schleusen geöffnet“. - Selbstgefällige Motorsport-Funktionäre, die aktive Motorsportler wie Bittsteller behandeln, sollten sich vielleicht daran erinnern, dass sie eigentlich Dienstleister sein sollten, die die „Verrückten“, die ihren Spaß am Motorsport inzwischen sehr teuer bezahlen müssen, auch als „Kunden“ behandeln sollten. - Damit der Spaß am Motorsport nicht verloren geht. Spaß ist für den Basis-Motorsport sehr wichtig. Nicht für den Motorsport, den Marketingabteilungen bei Automobilherstellern anregen, weil man sich dadurch eine „Verkaufsförderung“ verspricht. - Eine Verkaufsförderung geht nicht nur von Siegern aus. Sympathische Verlierer sind oft die besseren „Verkäufer“ für einen Automobilhersteller. Zumal die kaufkräftigste Zielgruppe der Automobilindustrie nicht die jungen Leute sind, sondern die eher Mittelalten bis Alten, die den Jungen deren „Fahr-Zeuge“ zur Schule und Disco finanzieren. - Aber lassen wir mal ein paar Leser von Motor-KRITIK zu Wort kommen, obwohl deren Meinung vielleicht auch nicht repräsentativ ist, weil die sich nicht nur die Zeit zum Lesen von langen Geschichten nehmen, sondern auch die Zeit, um ihre Einstellung zum „modernen Motorsport“ in langen Leserbriefen zu artikulieren. - Wer von den „jungen Dynamikern“ macht das noch? - Nun hat der Leser das Wort:

Motorsport aus Lesersicht – Nr. 3

Manche Leser scheinen schier verzweifelt, wenn sie die aktuell wahrnehmbare Situation im Motorsport – auch den am Nürburgring – beschreiben. Hier dazu ein Beispiel:

„Nach dem Unfall am Flugplatz und den Umbau meiner geliebten Quiddelbacher Höhe (der mir das Herz brach) habe ich kein Rennen mehr am Ring besucht. - Warum auch?

Im August freue ich mich auf den OGP und auf das Renault Club Treffen am Ring.Nette Leute treffen, andere Marken bestaunen und von der Vergangenheit träumen.

Ob DTM oder F1, der zur Zeit größte Beschiss am Zuschauer/Fan. - Ganz besonders hebt sich dabei Mercedes hervor. Bei der DTM darf ein schnelleres Auto den Marken Kollegen NICHT überholen wegen der Gesamtwertung!!!

Über die Lügen Truppe von Mercedes/F1 Worte zu verlieren ist schlicht weg überflüssig. Zuschauer die für die F1 freiwillig noch Geld ausgeben tun mir leid. - Einfach pure Dummheit!

Was Rennsport bedeutet durfte ich in den 70er und 80er an der Nordschleife erleben.Das war eine so geile Zeit die auch nie mehr wieder kommen wird.

Man betrachte damals einmal das Starterfeld der VLN (damals hieß das wohl Langstreckenpokal). DAS war Breitensport.Ich bin einfach nur glücklich diese unglaubliche Zeit erlebt zu haben. DER Motorsport ist schon lange begraben! Egal ob VLN, F1, DTM, GT Masters.... !!!!!!“

Ist diese Einstellung die eines alten Mannes? - Wir kennen ja die aktuellen Phrasen einer neuen Generation, die da lautet: Wir müssen nach vorne schauen!

Vor uns liegt die Zukunft. Das ist richtig. Aber jede Art von Zukunft hat eine Basis, die in der Vergangenheit liegt. Manche nennen es – weil es in ihr Konzept passt – dann Tradition, die man auch pflegen muss. Andere nutzen diese Art von Vergangenheit, indem sie sie zum „Mythos“ hochstilisieren. Nur: Das Angebot unter diesem Oberbegriff ist oft seelenlos – hat keine Zukunft!

Ein anderer Leser von Motor-KRITIK hat den aktuellen Motorsport in seine einzelnen Sparten zerlegt und schreibt z.B. zum Thema:

„Formel 1

RTL kennt leider nur Mercedes und Vettel. Werden andere gezeigt, vertun sich Danner und Waßer meist mit den Namen. Doch das Allerschlimmste ist, wenn nach kaum drei Runden auf eine stundenlange Wiederholung der Startphase aus 30 verschiedenen Perspektiven zurück gespult wird – obwohl es immer noch heftige Positionskämpfe hinter den Mercedes und Vettel gibt. Freilich geht diese Spannung verloren, wenn Waßer und Danner nicht wissen, wer da gerade wen überholt…

Wenn der Regisseur tatsächlich F1-Angestellter sein soll, dann sollte ihn Ecclestone rausschmeißen.

DTM

DTM sei Produkt- mit aus der Serie abgeleiteter Technik statt Marken-PR. Das ist totaler Quatsch, den ich in meiner Funktion für die damalige DTM/ITC schon vor 20 Jahren dumm fand:

Der Calibra mit Frontera-Motor?!

Der Alfa 156 mit einem in der Serie längst ausrangierten Motor aus den 1970ern?!

Wenigstens waren diese Modelle wirklich von der Silhouette her noch unterscheidbar.

Gelingt es eine vernünftige GT3-(plus GT4)-Meisterschaft neben der WTCC zu etablieren und mittels Werksengagement Topfahrer anzulocken, ist die DTM erledigt. - Apropos: Was ist eigentlich mit der gemeinsamen USA/Japan/DTM-Meisterschaft?!

LMP1 / die GT3 auf der Nordschleife

Le Mans wird oft als Vorbild gelobt. Auch hier fürchte ich, ist es eine Frage der Zeit bis wirklich etwas Schlimmes passiert. Unfälle wie die von McNish haben gezeigt, dass ein LMP1 nur ein mit ein bisschen Plastik verkleideter Formel 1 ist – nur nicht so sicher.

Ähnliches gilt ja auch für die GT3 auf der Nordschleife. In beiden Fällen handelt es sich um die technischen Spitzen der Veranstaltungen, deren schiere Leistungsüberlegenheit wirklich beeindruckend ist.

Verschwinden diese wegen Horrorunfällen bleiben nur noch die als „langsam“ empfundenen Restklassen übrig:

Kann die VLN mit der SP6 als Topklasse überleben?

Kann die WEC mit LMP2 mit japanischen Motoren überleben?“

Dieser Leser hat auch seine Meinung zum Thema „Zuschauerschwund“ niedergeschrieben:

„Zuschauerschwund

Ich glaube, dass eine Ursache rückläufiger Besucherzahlen übersehen wird und ein größeres Freizeitangebot oder ein anderes Freizeitverhalten nicht wirklich ausschlaggebend ist. Der klassische Motorsportbesucher entstammt sicher – lassen wir mal Monaco weg – der unteren oder mittleren Gesellschaftsschicht. Diese hat faktisch Einkommensverluste hinnehmen müssen und muss nun Ausgaben abwägen.

Deshalb bleiben eigentlich die Zuschauer weg und darum bleiben die Einnahmen aus. Also erhöht der Veranstalter die Preise, um auf seine Kosten zu kommen und vielleicht noch einen Profit zu erwirtschaften. Daraufhin bleiben noch mehr Zuschauer weg…“

Beim Thema „Deutscher Motorrad-Rennsport“ verweist er auf einen „alten“ Kollegen von mir, Günther Wiesinger, der seine Meinung dazu bei „speedweek.com“ eingestellt hat. Mein Leser ergänzt das so:

„Auch hier tauchen die Stichworte DMSB, sein Präsident und seine Gesellschafter, insbesondere der ADAC, auf.“

Die Leser, die hier zitiert werden, sind alle keine Gegner des Motorsports, sondern Befürworter. Einer schreibt:

„Ich liebe Motorsport, weil es sich um Mensch und Technik im Wettstreit handelt. Auch wenn ich nur bedingt etwas von der Technik verstehe, zählt sie für mich dazu.“

Trotzdem man schnelle Automobile mit toller Technik auf der Nordschleife liebt, ist man nicht unbedingt ein Fan der GT3. Dazu meint ein Leser:

„Wenn weiterhin die GT 3, oder SP.....( wir lassen alle fahren, nur das Geld, oder der Einfluss muss stimmen) in dieser Form auf der Nordschleife fahren dürfen, kann es nur am Einfluss der Werke mit Rückendeckung des DMSB liegen, denn eigentlich sind die schon seit Jahren viel zu schnell.“

Damit wären wir dann beim „Problemfall“ GT3 auf der Nürburgring-Nordschleife, der dank dem Druck der Industrie immer größer wird. Die wollen nämlich ihre geplanten Produktionszahlen verkaufen. Da muss es dann auch viele Einsatzmöglichkeiten geben. Eine wichtige findet sich bei der VLN und die findet nun mal auf der Nordschleife statt.

So ein Problem kann leider nicht in „lauwarmen Gesprächen“ gelöst werden, hier muss einer die richtige (!) Richtung vorgeben. Kompromisslösungen sind in dieser Situation des Motorsports „tödlich“.

Einer der Motor-KRITIK-Leser fordert in seiner E-mail an mich:

„Also, weg mit der Sonderregelung , keine Fast-Prototypen, sondern mehr Nischen mit mehr Basismotorsport, dann kommen auch wieder die "kleineren Teams".

Oder war es evtl. langweilig für die Zuschauer , als noch 220 Starter bei den 24 h fuhren?“

Und ich lese in einer E-mail:

„Diese ganze Hype um "diese ultrabreiten, unterbodenoptimierten, überdimensional bespoilerten, aber leistungsmässig kastrierten Prototypen will doch hauptsächlich nur die Zielgruppe von "Die PS-Profis...Power aus dem Pott" sehen.“

Zum Formel 1-Thema werde ich durch einen Leser an folgendes Beispiel erinnert:

„Ich bin ja noch mit Heinz Harald Frentzen in Niederkrüchten gefahren, dessen Vater ein rechtschaffener Beerdigungsunternehmer war und dessen Sohn immer mit zweitklassigem Material erstklassig unterwegs war. Als er mal erstklassiges Material hatte (Williams), ging das auch gleich schief. Aber so etwas wird es wohl nie mehr geben.“

Wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben. Qualifiziert müssen wir wieder „das Heft in die Hand nehmen“ und den Motorsport z.B. von der Überreglementierung befreien. Motorsport muss auch für den einfachen Zuschauer verständlich sein. Viele Klassen und viele Wertungen, die „viele Sieger“ hervorbringen sind keine Lösung. Auch „Rattermarken“ an den Curbs der Nordschleife nicht, wenn man Rennfahrer dazu erziehen will, zwischen „den zwei weißen Linien“ zu bleiben.

Wenn Rennfahrer doch nur immer Rennfahrer wären! - Heute genügt Geld, um Rennfahrer spielen zu können. Die Elektronik bewahrt im Fall eines Falles vor „gröberen“ Schäden. Rennen sind keine Rennen mehr, sondern Events.

Es war schon eine andere Zeit, als man sich vor dem Start noch „Hals und Beinbruch“ wünschte und bei Regen nicht hinter einem Safety-Car gestartet wurde.

Die Zeit ist vorbei. Der Motorsport ist noch auf der Suche nach einer neuen Identität. Passend zur Realität.

Sie sollte nicht von Marketing-Lösungen bestimmt sein, die versuchen Vielen zu gefallen.

Motorsport sollte wieder so ernst genommen werden, dass er Spaß macht. - Auch den Zuschauern.

„Viele“ kommen dann von alleine!

MK/Wilhelm Hahne
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