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Die Journalisten „von heute“ verfügen meistens über ein abgeschlossenes Studium, haben eine Volontariat gemacht, eine Journalistenschule besucht, sind mehrsprachig und glauben – bei diesen Voraussetzungen – den Titel Journalist zu recht zu tragen. - Sie entsprechen jedenfalls den Normen, die die heutigen Verlage für Mitarbeiter ihres Hauses gesetzt haben. Natürlich müssen sie auch „teamfähig“ sein. Und sie sollten „ihre Grenzen kennen“. - Natürlich ist auch die Beherrschung des Computers eine wichtige Voraussetzung. - Wenn man all‘ diese Punkte in einer Bewerbung aufführen kann, darf man schon bald seinen Namen auf einer Visitenkarte eines bedeutenden Verlages lesen können. - Oder einer „Öffentlich-rechtlichen Anstalt“. - Aber was hat der Leser davon? - Da nutzt es auch wenig, wenn dieser Journalist gelernt hat mit „künstlicher Intelligenz“ umzugehen. - Bei einem Journalisten ist eigentlich „normale Intelligenz“ gefragt. Und Erfahrung. Menschliche wie berufliche. - Die findet man aber erst dann, wenn Journalisten „in die Jahre kommen“. - Aber dann werden sie für die Verlage evtl. zu teuer. Da ist „billiger Nachwuchs“ gefragt. - Das Ergebnis ist dann auch entsprechend. - Natürlich gut! - Weil es den Möglichkeiten der Damen und Herren entspricht. - Und ihrer Anpassungsfähigkeit. - Die Firmen danken es mit Wohlwollen und - Anzeigen. - Motor-KRITIK ist anders und wird darum auch von den Firmen anders behandelt. - Die Vorstellung von Journalismus ist auch bei Motor-KRITIK eine andere. Das führt dann – auch aus unserer Sicht (!) - leider dazu, dass der Anteil an „schönen Geschichten“ hier klein ist, weil es die Lücken zu füllen gilt, die der „moderne Journalismus“ gelassen hat. - Es ist eben...
Zweierlei: Journalist sein oder so genannt werden
Das Dilemma des modernen Journalismus beginnt schon damit, dass heute „kurze Geschichten“ gefragt sind. Meinen die Manager in den Verlagen. - Bestimmte Zeitungen in großer Auflage machen es vor. Da werden Themen an- und aufgerissen. Man bleibt an der möglichst spektakulären Oberfläche. Da bleibt es dann manchen anderen Druckerzeugnissen überlassen, auf dieser Basis auführlichere Hintergrund-Geschichten zu liefern.
Der moderne Journalist steht auch unter Druck. Er muss in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Geschichten liefern. Die Presseabteilungen – aber auch Nachrichtenagenturen – liefern die Vorlagen. Da bleibt wenig Zeit für eine Nachrecherche. - Agenturmeldungen fließen heute z.T. schon ohne redaktionelle Nachkontrolle direkt ins Internet. - Man möchte schließlich nicht letzter sein.
Dabei könnte man viel öfter Erster sein, wenn man sich der Themen annehmen würde, die nicht von Firmeninteressen bestimmt sind. Davon gibt es viele. Das setzt aber voraus, dass man sich in einem bestimmten Umfeld besonders gut auskennt. - Da gibt es dann Journalisten, die sich darum als Fach-Journalisten empfinden und bezeichnen.
So gibt es durchaus in großen Redaktionen auch viele Fachleute, die in einzelnen Ressorts ein bestimmtes Niveau sicherstellen können. In anderen Redaktionen sind auch schon mal „Allzweckwaffen“ im Einsatz. Sie machen – mit viel Routine – sicherlich vieles gut, aber nicht immer alles richtig. - Aber wie sollen Fehler den Lesern auffallen, die selber auch keine Fachleute sind? - Die vertrauen diesen Journalisten und ihren Aussagen.
Eine Reihe von immer wieder in bestimmten Zeitungen z.B. auftauchenden Fehlern, liegen in der internen Organisation begründet, die sich an wirtschaftlichen Aspekten orientiert, nicht an denen, die eine optimale journalistische Berichterstattung erfordert.
So sind dann z.B. schon mal die falschen Namen den im Bild gezeigten Personen zugeordnet oder Namen – auch solche von Orts- oder Stadtteilen – falsch geschrieben. Peinlich wird es dann, wenn es selbst in renommierten Redaktionen passiert, dass gewissen Ereignissen falsche Firmennamen zugeordnet werden oder dass man sich gleichen Maßen auf unterschiedliche Art annähert, ohne die korrekte Zahl zu nennen. - Weil man sie nicht kennt? - Ein Beispiel:
Da gibt es z.B. auf der Internetseite des SWR am 1. Dezember 2017 eine Meldung, die über Bauarbeiten am Nürburgring – jetzt im Winter – berichtet. Da werden in einem Satz...
„...rund 1.000 Meter mit dem speziellen Fahrbahnbelag erneuert“,
...wenige Sätze später ist dann in Verbindung mit den entstehenden Kosten von
„...für die knapp 1.100 Meter Fahrbahnbelang...“
die Rede. - Was denn nun? - Und man hat wirklich den Schreibfehler, „Fahrbahnbelang“ (statt ...belag“) stehen lassen. - Übrigens:
- Es sind exakt 1.096 Meter Fahrbahnbelag – davon 177 Meter auf dem Grand-Prix-Kurs – die erneuert werden.
Oder es gibt als Argumentation für die Installation von neuen FIA-Zäunen den Hinweis auf einen Unfall aus dem Jahre 2015:
„Das Fahrzeug flog über den Sicherheitszaun und tötete einen Zuschauer.“
Wenn das Fahrzeug „damals“ über den Sicherheitszaun flog, werden dann die neuen Zäune – genau so hoch – in Zukunft ein Überfliegen verhindern? - Denn der SWR argumentiert die Installation der neuen Zäune in seiner Meldung so:
„Sie sollen verhindern, dass sich ein Unfall wie im März 2015 wiederholen kann.“
Der SWR betont auch in seiner Meldung, dass die Erneuerung der Fahrbahn...
„mit einem ganz speziellen Belag, der extra für den Nürburgring entwickelt wurde“…
erfolgt. - Da werden sich die Fahrer aber freuen, weil ein „spezieller Belag“ an diesen Stellen auch bedeutet, dass die Nordschleife nun an ein paar neuen Stellen ein unterschiedliches Grip-Niveau aufweist, was besonders bei Regen dann ein schnelles Fahren zu einem Abenteuer macht. - Da hilft dann auch kein DMSB-Nordschleifen-Permit! - Übrigens: Ein typisch deutsches Beispiel für „mehr Sicherheit“ dank einem Stück Papier oder Plastik!
Immerhin kann Motor-KRITIK den SWR-Hinweis ergänzen:
Die Fachleute am Nürburgring, dort schon länger als ein Jahrzehnt tätig, wissen um die Problematik des unterschiedlichen Grip-Niveaus und haben wenigstens darauf geachtet:
„Bauanfang und Bauende (Wechsel der Fahrbahnoberfläche neu/alt) liegen außerhalb der Radien.“
Es gelingt dem SWR, d.h. den Journalisten dieser öffentlich-rechtlichen Instanz, auf den wenigen Zeilen ihrer Meldung aber noch ein besonderes Highlight. Denn man schreibt:
„Nach Angaben der Nürburgring GmbH wurde der besondere Asphalt...“
Das ist eine Steigerung der Redensart, „BILD sprach als Erster mit dem Toten“! - Die Nürburgring GmbH ging 2012 nicht nur in Konkurs, es gibt diese Firma – wie man in Motor-KRITIK lesen konnte – auch seit diesem Jahr nicht mehr. Man hat – wie die SWR-Meldung beweist – sehr unauffällig die Nürburgring GmbH im Januar ds. Jrs. beerdigt. Unter der gleichen…
- HRB-Nr. 10234 findet man jetzt im Handelsregister die ComNew Betriebs GmbH.
Der SWR erhielt seine Angaben übrigens tatsächlich von der Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG, hinter der u.a. russische Investoren stecken, die auch den vordergründig agierenden jungen deutschen Geschäftsführer durch einen russischen Vertrauten, Viktor Martin, steuern lassen.
Der SWR gibt aber Journalisten der „anderen Art“ (als sie selbst) zum Ende ihrer Meldung noch eine Recherche-Anregung:
„Die Betreiber des Nürburgrings gehen davon aus, dass sie auch im neuen Jahr die Lizenzen für internationale und nationale Rennen haben.“
Motor-KRITIK dankt! - Für diese beispielgebende Geschichte.
MK/Wilhelm Hahne
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Text-Kopie SWR-Internetseite - Nachrichten - Koblenz - 01.12.2017 | 352.67 KB |