Fehlender Hinweis bei 3 U 423/17: „Wort halten!“

Geschäftfreunde können normalerweise auf ein einmal gegebenes Wort vertrauen. Selbst bei den Pferdehändlern, deren Beruf gerne mit einem „wissenden Lächeln“ genannt wird, genügte früher immer ein Handschlag zum Vertragsabschluss. - „Ein Mann, ein Wort!“ - Das gilt auch heute noch immer, so lange „ehrbare Kaufleute“ miteinander Geschäfte machen. Ist das Vergangenheit? - Wenn man eine Verhandlung vor dem Koblenzer Oberlandesgericht verfolgte, scheint zumindest da nur eine solche „Wertevorstellung“ als eine Art Marketingversprechen zu existieren, wo Politiker als Unternehmer – in „unabhängigen“ Unternehmen – Einfluss haben, z.B. eine landeseigene GmbH für ihre Zwecke auch politisch nutzen. - Bei Leuten, die durch ihr Verhalten den Anschein erwecken, auch Kaufmann zu sein, spricht man von „Scheinkaufmann“. Ein „Scheinkaufmann“ haftet gegenüber gutgläubigen Dritten wie ein wirklicher Kaufmann hinsichtlich der Haftung. - Das ist in Wikipedia nachzulesen. -  Auch da findet sich der Hinweis auf den BGB mit dem § 242 und der sich daraus ergebenen Lehre vom Rechtsschein. Und man erinnert an die Gebote von Treu und Glauben. - Aber das spielte alles beim zweiten Teil einer Feststellungsklage – nach der ersten vor dem Landgericht in Mainz – jetzt vor dem OLG in Koblenz keine Rolle. - Politiker scheinen mit ihren Worten vor Gericht nicht ernst genommen zu werden. - Wobei die Frage entsteht: Wer nimmt Politiker heute überhaupt noch ernst? - Hatte Kurt Beck nicht nach der Einleitung der Insolvenz der landeseigenen Nürburgring GmbH öffentlich den für diese Firma tätig gewordenen Handwerkern etwas versprochen? - Politiker sind eben weder Pferdehändler noch ehrbare Kaufleute! - So musste heute das OLG Koblenz versuchen, eine Vielzahl von Paragraphen gegeneinander werten, um einer Landschaftsgärtnerei, die einen Auftrag von der Nürburgring GmbH erhalten hatte zu ihrem Recht zu verhelfen. - Oder doch nicht? - Motor-KRITIK erlaubt sich nach einem Blick in die „Rhein-Zeitung“ zum Frühstück am Verhandlungstag, bevor wir zur Verhandlung beim OLG Koblenz fuhren, um der Verhandlung beizuwohnen, daran zu erinnern: Es wurde dort etwas vermisst:

Fehlender Hinweis bei 3 U 423/17: „Wort halten!“

Der Anwalt der Landesregierung kam fünf Minuten vor Eröffnung der Verhandlung immer noch vor eine verschlossene Tür von Saal 10. Die wurde erst aufgeschlossen, als das Richter-“Team“ uns Wartende auf dem Weg in Richterzimmer passierte.

Wir, das waren der Inhaber der Klägerfirma, sein Geschäftsführer, sein Anwalt, der Anwalt der Landesregierung und ich. - Eine relativ kleine Gruppe für den Saal 10, die dort geradezu für eine Wohnzimmer-Atmosphäre sorgten. - Die baulichen Voraussetzungen im „Dienstgebäude II“ des OLG Koblenz sind tatsächlich so, das man sich dort wohlfühlen kann.

Zum Nachweis, dass Motor-KRITIK wirklich vor Ort war, habe ich ein paar Foto auf dem Gerichtsflur gemacht. Dann, nach Auftritt des Richter-Teams, war die Verhandlung eröffnet. Wie immer mit der Feststellung auf der Seite der Kläger und Beklagten, wer denn nun „vor Ort“ wäre. Ungewöhnlich, dass sich dann der Vorsitzende Richter an mich, den einzigen Nicht-Dazugehörigen in der „Besucher-Abteilung“ wandte, um die Frage zu stellen:

„Und Sie sind die Öffentlichkeit?“

Ich habe das bestätigt und dabei sind mir – blitzschnell – eine Menge Dinge zu diesem Thema eingefallen. - Aber ich war ja hier, um mir „ein Bild zu machen“, von der Aufarbeitung des Themas, das lt. Einspruch des Klägers, vertreten durch seinen Anwalt, lautete:

„...werden wir beantragen, das Urteil des Landgerichts Mainz – Aktenzeichen 4 O 136/16 – vom 15.03.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch den Ausfall ihrer Werklohnforderung in Höhe von 1.191.696,51 € … nach möglicher teilweiser Befriedung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Nürburgring GmbH … entsteht.“

Ich bin kein Jurist, aber wusste sicherlich mehr an vorhergehenden Details zu dem hier verhandelten Fall – und wie es dazu kommen konnte - als alle Anwesenden zusammen.

Aber der Anwalt des Beklagten, der Landesregierung von Rheinland-Pfalz, hatte mir vorher schon erklärt, dass es in diesem Fall nicht auf das „Umfeld“ von „Nürburgring 2009“ ankomme, sondern dass man nur diesen Fall - ganz „punktuell“ - sehen müsse.

Wie anderen Handwerkern und von der Insolvenz einer landeseigenen GmbH betroffenen Firmen, war auch der Klägerfirma das Angebot auf Abschluss eines Vertrages zum Ankauf der Forderung gegen Zahlung eines Preises von 200.000 € gemacht worden. Der heutige Kläger hatte das abgelehnt, weil man nicht ohne Weiteres als relativ kleine Firma auf 1.000.000 Euro verzichten kann, für die man schließlich auch eine Leistung erbracht hat.

Der Kläger hat u.a. durch sein Anwalt ausführen lassen:

„Entgegen der Auffassung des Landgerichts besteht eine Haftung der Beklagten wegen sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB.“

Es geht dabei auch um die Frage:

  • Wurde die Nürburgring GmbH gezielt zu einer Gläubigerschädigung missbraucht?

Es findet sich in der Klagebegründung der Satz:

„Die Beklagte hat sich einer wirtschaftlich völlig maroden GmbH bedient, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Das ist auch von der Beklagten in erster Instanz substantiiert nicht bestritten worden.“

Wer wollte so etwas auch bestreiten. Man muss dazu nicht meine laufende Berichterstattung zu dem Thema verfolgt oder mein Buch gelesen haben. Es genügt, wenn man mal in den Jahren der Umsetzung der politischen Vision „Nürburgring 2009“ mal einen Blick in die Berichte des Landesrechnungshofes geworfen hat.

  • Man hat Investoren präsentiert die keine waren.
  • Man hat versucht, sich selbst gewährten Krediten den Anstrich von Fremdfinanzierung zu geben.
  • Damit sollte der Eindruck von EU-relevanten Subventionen vermieden werden.
  • Man hat einem „Investor“ z.B. 80 Mio-Kredite gewährt, deren Umsetzung in überflüssige Bauten man dann für 1 Euro zurück kaufte.
  • Man hatte schon 2006 eine Pleite der landeseigenen GmbH verhindert, indem Forderungen des Hauptgesellschafters Landesregierung mit einem „Rangrücktritt“ zurückgestuft wurden.

Aber all das war in dieser Verhandlung nur von Bedeutung, wenn es vor Auftragserteilung an den Kläger – Mai 2009 – erfolgt war, und es war interessant beim Zuhören zu erfahren, was so alles „rechtens“ ist.

Aber das hatte ich ja schon bei der staatsanwaltlich veranlassten Hausdurchsuchung bei mir, einem Journalisten, vor Jahren erfahren. - Wer hat nach vielen Monaten einer anwaltlichen Argumentation gegen diesen unglaublichen Verstoß gegen das Grundgesetz überhaupt noch an diesen zunächst Aufsehen erregenden Umstand gedacht? - Und heute: Vergessen!

Das laufende Ermittlungsverfahren gegen mich wurde damals…

  • Wegen zu geringem Interesse der Öffentlichkeit (!!!)

eingestellt. Und jetzt saß ich als einziger Vertreter der Öffentlichkeit hier in dieser Verhandlung vor dem OLG Koblenz. - Es ist sicherlich vorstellbar, was mir bei einem Vergleich der Situation damals und heute durch den Kopf ging. - Geht noch weniger?

Der Vorsitzende Richter stellte beim Vortrag seiner rechtlichen Wertung des Vortrages des Klägers  zwar u.a. fest:

„Das Land hat fahrlässig, aber nicht vorsätzlich gehandelt!“

Aber rein  rechtlich… - Und schließlich gründet man auch eine GmbH um seine Haftung zu begrenzen. Und, und, und.

Das Urteil wird kurz nach der Karnevalszeit verkündet. - Schade! - Das ist der Eindruck, den ich gewonnen habe.

Der Eindruck wurde gegen Ende der Verhandlung verstärkt, indem der Vorsitzende Richter zu vermitteln suchte:

  • Gibt es die Möglichkeit einer Verständigung?

Und in Richtung des Vertreters der Beklagten:

„Können Sie etwas Substantielles anbieten?“

Dazu hatte der natürlich in diesem Moment keine Möglichkeit. - Aber er hatte gehört.

Mir fiel in diesem Moment die Zusage des Kurt Beck zur Befriedung der durch die Insolvenz der landeseigenen GmbH geschädigten Handwerker und Firmen ein. Aber hatte der nicht auch gesagt, der Ausbau des Nürburgrings werde den Steuerzahler keinen einzigen Euro kosten?

Kurt Beck hat sich dann bei den Steuerzahlern entschuldigt. - Immerhin! - Aber genügt eine Entschuldigung z.B. bei einer Firma, die eine berechtigte Forderung (Schlussrechnung GB 11352 vom 23. November 2011) in Höhe von rd. 1,2 Millionen Euro hat?

Kann man darüber lachen, wenn ich jetzt feststellen muss:

  • Es gilt das gebrochene Wort?

Es ist wohl nicht nur SPD-typisch, sondern gilt für die „moderne“ Politik insgesamt, wenn man sie erinnern muss – wie ich es vor meinem Aufbruch nach Koblenz auf einem Foto auf der Titelseite der „Rhein-Zeitung“ gesehen habe - wo demonstrierende SPD-Anhänger, dieses Mal in Richtung des aktuellen Parteivorsitzenden dieser Partei, Schilder mit der Aufforderung (Erinnerung?) zeigten:

„Wort halten!“

Vielen Politikern scheint das schwer zu fallen. - Schließlich sind sie keine Pferdehändler!

MK/Wilhelm Hahne

Noch eine nachdenkliche Feststellung/Überlegung ganz zum Schluss: In Sachen Nürburgring bin ich, ist Motor-KRITIK inzwischen „die Öffentlichkeit“! - Ist das wirklich so? - Interessiert ein Thema nur, wenn es einen persönlich tangiert? - Moderne Journalisten haben sicherlich auch Wichtigeres zu tun, als sich um eine solche Lappalie zu kümmern! -  Und der neueste „Panama-Skandal“… - Was ist damit verglichen schon der „Nürburgring-Skandal“? - Selbst die Opposition in Mainz möchte nicht mehr daran erinnert werden! - Julia Klöckner hat andere Probleme, die ihr wichtiger sind. - Bundespolitische!

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