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Was Fortschritt ist, glaubt man zu wissen. Aber nicht jeder Fortschritt ist für den Menschen ein Fortschritt. Vielleicht wenn er ein Techniker und Ingenieur ist und Millisekunden für ihn eine Welt bedeuten. Oder auch einfach, weil der Fortschritt weniger kostet, sich mit geringeren Kosten verbauen lässt. Das betrifft z.B. das elektronische, „drahtlose“ Gaspedal. Und ich denke dabei gerne an die Ford Werkswagen im Rallye-Einsatz, bei denen immer unter der Motorhaube ein „Ersatzdraht“ zusammengewickelt bereit lag, sollte das elektronische Gaspedal einmal nicht mehr funktionieren. Aber Otto Normalverbraucher ist nicht „zum Siegen“ unterwegs. Dem wird dann auch schon mal ein längerer Werkstatt-Aufenthalt zugemutet. - So mancher Softwarefehler wird aber auch – ohne das der Kunde es merkt – „beim nächsten Service“ stillschweigend mit beseitigt. Aber leider gibt es auch schon mal gefährliche Fehler. Da warnt dann sogar das Kraftfahrtbundesamt (KBA). - Bei der Industrie, den Automobilherstellern wird schon mal gerne - beim etwas „einäugigen Blick“ aufs Geldverdienen – etwas vergessen:
Fortschritt sollte doch immer dem Menschen dienen!
Das denke ich auch! - Aber ich bin wohl im Alter zu langsam geworden. Der Fortschritt hat mich längst überholt und ist wohl so schnell unterwegs, dass ich ihm nicht mehr folgen kann.
- Weil ich immer den Menschen zum Ausgangspunkt meiner Überlegungen mache?
Eine technische Errungenschaft ist unter dem Begriff „Touchscreen“ schon länger bekannt. Aber inzwischen regiert auch die Sprachverständlichkeit im Automobil. Wo man früher noch mühsam etwas eintippen musste, spricht man jetzt nur noch seinen Wunsch aus. - Toll?
Manchmal spricht man offensichtlich ins Leere. - Ich treffe auf einen jungen Autofahrer, der mir erzählt, dass er noch nie so oft aufs Display in seinem Automobil – während der Fahrt – geschaut hat, als jetzt, wo er in einem neuen Automobil ein System mit Sprachverständlichkeit zur Verfügung hat.
- Schließlich muss man doch überprüfen, ob das „unmenschliche“ System ihn verstanden hat!
Ich bin als Fußgänger in strömendem Regen zu einem Testwagen unterwegs, der mit einem Chip in der Tasche dann automatisch die Tür aufschließt, wenn ich nahe genug davor bin. Da bin ich dankbar, denn ich habe beide Hände voll mit Tasche und Fotoausrüstung. - Und es regnet! - Nur noch 50 Meter!
Aber das Türschloss öffnet nicht. Ich stehe im Regen - vor der Autotür! - Da stelle ich dann meine Sachen ab, krame in meiner Hosentasche, hole den Chip – oder wie das Ding heißt – hervor und drücke auf eine der darauf befindlichen Tasten fürs Öffnen der Tür. - Das geht! - Wahnsinn!
Ich werfe meine Sachen in den Wagen, lehne mich mich zurück um mich anzuschnallen und lese auf dem großen (10,4 Zoll) Display (natürlich berührungsempfindlich!), dass das „System“ abgeschaltet wurde, um Energie zu sparen. - Toll!
- Das elektronische System hat ohne mich – selbstständig – eine Entscheidung getroffen!
Aber eine Stunde später ist es offensichtlich wieder eingeschaltet. Ich hatte dummerweise den „Chip“ wieder in die Hosentasche gesteckt und als es später mal nicht mehr regnete, hatte ich mich entschlossen, noch schnell ein paar Fotoaufnahmen zu machen, weil das schlechte Wetter wohl nach Wettervorhersage noch ein paar Tage dauern sollte.
Nachdem ich das Fahrzeug fotografierend vielfach umkreist habe, meldet mir eine Anzeige im Armaturenbrett nach dem Einsteigen, dass nun leider die Batterie etwas schwach sein würde. Ich solle mich um ein Aufladen bemühen. - ??? -
Da brauche ich schon etwas Zeit um zu begreifen, dass ich – dank Chip in der Tasche – einen Fehler gemacht habe. Wenn ich beim Fotografieren dem Fahrzeug zu nahe kam, wurde es jeweils aufgeschlossen, dann wieder abgeschlossen. Und das – während des Fotografierens – manchmal in schneller Reihenfolge. - Und oft!
- Auf dem Weg nach Hause bin ich dann einen kleinen Umweg gefahren, damit die Batterie wieder voll wurde! Schließlich möchte ich nicht zu Hause vor einem Auto stehen, das sich nicht starten lässt!
Das erinnert mich an einen Zahnarzt der zwei Porsche hatte. Das ist keine erfundene Geschichte! Beide parkten in seiner Doppelgarage friedlich nebeneinander. Mit dem einen, einem „Cayenne“ fuhr er morgens in die Praxis. Mit dem anderen, einem 911 Cabrio, wäre er gerne mal sonntags unterwegs gewesen. - Aber leider war oft die Batterie leer.
Der Porsche-Service hat sich viele Wochen bemüht, den Fehler zu finden. Auch die Batterien gewechelt, und, und, und. - Bis dass man darauf gekommen ist, dass der Zahnarzt immer die Schlüssel (Chips) beider Porsche bei sich trug. Immer wenn er morgens mit dem „Cayenne“ in die Praxis fuhr, öffnete das System so auch die Türen des Porsche Cabrio. - Sozusagen „im Vorbeigehen“! - Und riegelte dann wieder ab. Und abends dann das gleiche Spiel. Die ganze Woche. Und am Wochenende war dann die Batterie des Porsche Cabrio leer.
- Weil das „System“ auch noch jeweils in Abwesenheit immer „still“ die eigene Funktionsfähigkeit“ überprüft hat.
Das ist übrigens auch bei einem normalen VW Golf – oder anderen „modernen Automobilen“ so. Da habe ich schon eine verwunderte Familie im Parkhaus eines Flughafens erlebt, die nach einem längeren Urlaub zurück gekehrt war und – der gute Golf sprang nicht mehr an. - Batterie leer!
In Wolfsburg hat man mir erklärt, dass der VW Golf zu den Fahrzeugen mit der längsten Standzeit vergleichbarer Automobile gehört. Da hält die Batterie dann 4 Wochen, bis dass sie nach der sich immer wiederholenden Selbstüberprüfung „erschöpft ist“.
- Fortschritt gibt es überall! - Nicht nur beim Automobil! - Er ist unaufhaltsam!
Versuchen Sie doch mal das Touchscreen-System einer modernen E-Herdplatte mit kalten Fingern zu bedienen.
Eine Frau, die ich zufällig traf erzählte mir, dass ihr Mann und sie, immer modern denkend, sich eine neue Haustür einbauen ließen, die sich nun per „Touchscreen“ bedienen lässt. - Man braucht keinen Schlüssel mehr! -Aber diese moderne Tür lässt nur ihren Mann hinein. - ??? . Bei ihr funktioniert das nicht, da aufgrund einer Rheumakrankheit bei ihr die Fingerspitzen nicht gut durchblutet sind! - Aber das passiert auch Leuten ohne Rheuma, wie ich danach feststellen konnte. - Oder „gendert“ die Tür etwa einfach nicht?
- So könnte ich Geschichte an Geschichte reihen, in denen der Fortschritt eigentlich dem Menschen keinen Fortschritt bringt, sondern eigentlich nur „nutzlos“ ist - oder Ärger macht!
Mit einem kleinen Dreh hat man z.B. schneller und präziser die Herdplatte eingeschaltet, als mit „Touchscreen“, wo man meist mehrfach tippen muss, um den gleichen Effekt zu erzielen, wie mit einem „kleinen Dreh“ – Es muss auch schon mal der Tippversuch wiederholt werden, weil es irgendwie nicht geklappt hat. - Das betrifft nicht nur den „Melker mit den kalten Händen“!
Da hat man sich z.B. wohl bei Sony zunächst gewundert, dass Fuji – eigentlich Filmhersteller – nun auch als Produzent von Kameras erfolgreich ist. - Wie kann das sein? - Dank Drehschalter! - Da muss man nicht „im Menü suchen“! Alles Wichtige kann „mit einem kleinen Dreh“ erledigt werden! - Bei Fuji hat man sich einfach am Menschen orientiert! - Wahnsinn!
- Man sollte eben nicht einen Fortschritt propagieren, der keiner ist!
Fortschritt sollte immer dem Menschen dienen! - Manchmal ist auch Weniger – in der Praxis – ein Mehr!
Dabei sollte man nicht vergessen, dass die menschlichen Anlagen und Fähigkeiten auch trainiert sein wollen. - Der Fortschritt sollte – er darf - den Menschen auch nicht „entmündigen“!
Wer denkt dabei schon an das „autonome Automobil“? - Aber Mercedes hat jetzt schon die „Stufe 3“ erreicht! - Toll?
Nachdem man bei den „Rückrufen“ schon jetzt europaweit „der Beste“ ist!
- Das Beste oder Nichts? - Wenn schon, denn schon!
MK/Wilhelm Hahne
...und weil heute der 24. Dezember ist: „Frohe, besinnliche Weihnachten“!