Über Grenzgänger & Grenzverletzungen

Es ist geschäftlich immer erstrebenswert, eine „Deadline“ im richtigen Moment zu erreichen, sie z.B. von Rot zu Schwarz wechseln zu lassen. In Rheinland-Pfalz ist das sogar für manche Politiker erstrebenswert. Manchmal werden zum Erreichen dieses Moments auch Grenzen verschoben. Oder es werden Grenzverletzungen verborgen, indem man die Grenzlinien übertüncht. Firmen machen es, Politiker machen es, Personen haben keine Hemmungen es zu tun. Es kommt immer darauf an -. meinen sie -  sich in der Öffentlichkeitsdarstellung in die richtige Position zu bringen. Aufgabe der Journalisten ist es – so meinen wir bei Motor-KRITIK – mit offenen Augen einen Blick für „veränderte“ Darstellungen zu haben, mit denen die Öffentlichkeit beruhigt oder gar getäuscht werden soll. Dabei kann es passieren, dass solche Versuche erst im Nachhinein deutlich werden, weil vielleicht bei aktueller Betrachtung eine einzelne Komponente übersehen wurde. - So könnte man die heutige Geschichte auch als eine „Nachbetrachtung“ bezeichnen. - Obwohl sie aktuell ist und man hier lesen kann, dass es zum nächsten VLN-Lauf am 17. Mai wieder ein „Radio Nürburg auf 87,7“ geben wird.

Über Grenzgänger & Grenzverletzungen

Ein passendes Beispiel war das „Regierungs-Schauspiel“ am 30. April im „Boulevard“ des Nürburgrings. Und vorher bei „GetSpeed“ und „Capricorn“. Wie Motor-KRITIK nachweisen konnte, waren sogar die „Statements“ in der offiziellen Pressemitteilung geschrieben, bevor sie geäußert wurden, bevor die Veranstaltung überhaupt begonnen hatte.

Und niemanden hat das wirklich gestört. Es scheint heute üblich geworden zu sein, öffentliche Auftritte bis ins Detail zu inszenieren, detailliert zu planen und nach „Drehbuch“ ablaufen zu lassen. - Wie z.B. auch die „Insolvenz in Eigenverwaltung“ der Nürburgring GmbH. Die Veranstaltung am 30. April war wohl eigentlich als Schlusspunkt gedacht.

Wie wir von Dr. Axel Heinemann, dem Gründer-Darsteller von „GetSpeed“ wissen, war Motor-KRITIK in „Heckenschützen“-Manier unterwegs. Tatsächlich hatte ich versucht, durch ständige Positionswechsel während der Veranstaltung auch eine sich verändernde Sicht auf die Abläufe zu erhalten. Wichtig war so nach kurzer Beobachtung für mich geworden festzustellen, wer nicht erschienen war.

Ich habe dabei aber etwas übersehen. Da habe ich z.B. den Vorstand des RSC als Besucher noch wahrgenommen, aber mir war entgangen, dass niemand vom Vorstand der VLN „vor Ort“ war. Im  Nachhinein betrachtet: Ungewöhnlich!

Also wurde jetzt noch einmal „zur Sache“ recherchiert. Ergebnis: Es gab an diesem Tag eine – wenn man so will „außergewöhnliche“ Vorstandssitzung der VLN. Hier wurde beschlossen, was eigentlich durch die Höhe der Umsätze z.B. schon Fakt geworden war: Man mutiert von einem „Verein“ mit 11 Mitgliedern, zu einer „o.H.G.“ mit 10 Mitgliedern.

Darum war niemand der Herren im „Boulevard“ zu sehen, bei der übrigens auch die Insolvenz-Sachwalter durch Abwesenheit glänzten. Was aber nicht bedeutet, dass sie an diesem Tag nicht „funktioniert“ hätten. So wurde bei der VLN auch beschlossen, das bisherige 11. Mitglied, die inzwischen insolvent gewordene Nürburgring GmbH auszuzahlen, was wohl auf eine „Anregung“ der Insolvenz-Sachwalter zurückging.

Motor-KRITIK kann aufgrund der bisherigen Geschäftstätigkeit der VLN nur schätzen, wie hoch der Wert von rd. 9,1 Prozent an der VLN-Organisation nun in Euro bedeutet. Aus dem bisherigen Verhalten aller Beteiligten – auch der Staatsanwaltschaft Koblenz – in der Insolvenzsache (Heimfallrecht, „vertraulich“ behandelte Verkäufe, usw.) ist nur zu schließen, dass hier eigentlich zunächst einmal das Insolvenzgericht in Bad Neuenahr-Ahrweiler tätig werden sollte. Wie überhaupt der zeitliche Ablauf des Bieterverfahrens – spätestens nach dem Brief der Münchner Anwälte (eines amerikanischen „Beinahe“-Bieters) an Frau Dreyer eine Überprüfung aller Abläufe notwendig machen sollte.

Denn auch das '“Verschwinden“ des Fahrsicherheitszentrum (bzw. das Nicht-Vorhandensein im „Teaser“ der KPMG gegenüber dem Lieser-Gutachten ans Insolvenzgericht) sollte genug „Anregung“ zu einer Überprüfung bieten.

Schon in meiner Geschichte zum Thema Capricorn/GetSpeed – Ende Januar 2014 - sollte aufgefallen sein, dass den Bietern trotz Zugang zum „virtuellen Datenraum“ nicht aufgefallen war, dass das Fahrsicherheitszentrum inzwischen verkauft war. In meiner Geschichte vom 29. Januar 2014 ist dazu zu lesen:

„Von mir befragt, ob sie denn auch am Fahrsicherheitszentrum, bzw. dem Anteil der insolventen Nürburgring GmbH daran, interessiert seien, kam ein eindeutiges: „Ja, das nehmen wir auch dazu.“ - Man war dann sehr erstaunt zu erfahren, dass dieser (An-)Teil längst den Besitzer gewechselt hatte. -“

Das hat Leute, die das eigentlich „dienstlich“ wahrnehmen müssten, genauso wenig interessiert, wie jetzt wahrscheinlich der Verkauf der VLN-Anteile der Nürburgring GmbH durch die Insolvenz-Sachwalter. Motor-KRITIK meint, dass hier genauso die Öffentlichkeit informiert sein sollte, wie über die Gebote der Bieter z.B. durch die Landesregierung, die man als Auslöser von Millionen-Verlusten (hunderte Millionen!) für den Steuerzahler empfinden muss.

Es gehört aus Motor-KRITIK-Sicht auch zu den Aufgaben der aktuell regierenden Ministerpräsidentin, dass sie durch ihr Handeln dazu beiträgt, die Verluste zu minimieren. Dazu muss sie spätestens jetzt energisch durchgreifen.

Oberflächlich betrachtet, werden andere aufgetretene „Schwächen“, wie z.B. das Fehlen von Radio Nürburg bei den ersten VLN-Läufen nun gerade ausgeglichen. Bei intensiver Beschäftigung mit dem Thema muss aber auffallen, dass auch hier versucht wird, den normalen VLN-Besucher – aber auch die VLN-Organisation – zu täuschen, eigene Fehler – die der Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH – (bzw. des Insolvenz-Geschäftsführers) zu kaschieren.

Am 3. April hatte Motor-KRITIK in einer Geschichte der offiziellen Darstellung das eigene Recherche-Ergebnis gegenüber gestellt. Wie zu hören, war das von den Betroffenen als falsch dargestellt worden. - Das wurde von Motor-KRITIK sozusagen lächelnd registriert, wie man als Erwachsene die „Notlügen“ kleiner Kinder eben auch hinnehmen, aber trotzdem nicht vergessen sollte daran zu erinnern, dass man sie „ertappt“ hat.

So ist das auch bei den Verantwortlichen der NBG. Bezeichnend ist, das eine Anfrage von Motor-KRITIK zum Thema „Radio Nürburgring bei VLN-Veranstaltungen“ vom 7. Mai bis heute (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Geschichte) nicht beantwortet wurde.

Da man als Journalist sowieso einseitige Informationen zu vermeiden sucht, kann Motor-KRITIK aber trotzdem nachfolgend die Abläufe nach Erscheinen meiner Geschichte vom 3. April rekonstruieren:

Offensichtlich hat man sich bei der NBG niemals ernsthaft mit dem Thema „Radio am Nürburgring“ beschäftigt und kennt wahrscheinlich so auch nicht die „VWRuFu“ (Verwaltungsvorschrift für Frequenzzuteilungen für den Rundfunkdienst der Bundesnetzagentur“.

Die schafft die Voraussetzungen für die Arbeit der regional für Rheinland-Pfalz zuständigen LMK (Landeszentrale für Medien und Kommunikation) in Ludwigshafen.

Dort hat dann die NBG einen Tag nach Erscheinen der Geschichte in Motor-KRITIK, am 4. April  einen Antrag auf Erteilung einer Lizenz für einen so genannten „Veranstaltungsrundfunk“ gestellt.

In der „VWRuFu“ ist dazu zu lesen:

„Frequenzen werden für den beantragten Zeitraum, jedoch maximal 30 Tagen innerhalb eines Jahres zugeteilt. Dieser Zeitraum kann auch nicht zusammenhängend in Anspruch genommen werden.“

Dazu muss man nun auch wissen, dass die Nutzung einer UKW-Frequenz für den Veranstaltungsrundfunk nach einem vereinfachten Zulassungsverfahren vorgenommen wird und eigentlich auch sehr kurzfristig umsetzbar ist.

Von der NBG (Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH) wurden nach unserer Kenntnis folgende Termine beantragt und „in einem vereinfachten Verfahren“ am 5. Mai 2014 dann für insgesamt 25 Tage genehmigt:

  • 7 Tage für VLN-Läufe zwischen 17. Mai und 25. Oktober
  • 6 Tage für „Rock am Ring“, 4. - 9. Juni
  • 4 Tage für „24-Stunden-Rennen“, 19. - 22. Juni
  • 3 Tage für „Truck GP“, 18. - 20. Juli
  • 3 Tage für „Rad & Run am Ringen“, 25. - 27 Juli
  • 2 Tage für „DTM“, 16. - 17. August

Tatsache ist, dass dieses vereinfachte Genehmigungsverfahren auch schon bei den letzten VLN-Veranstaltungen hätte Anwendung finden können, auch wenn das von der NBG gegenüber den Betroffenen geleugnet wird.

In diese „unselige“ Situation hatte sich der Insolvenz-Geschäftsführer, Prof. Dr. Dr. Schmidt, selbst gebracht, indem er die Liquidation für die CST (Cash Settlement & Ticketing GmbH) ausgerufen hatte. Die CST war aber – und das wurde übersehen – der Lizenznehmer für die Radio-Frequenz. Das hätte eigentlich für die ersten Rennen noch keine Auswirkungen haben müssen, da erst die „vollendete“ Liquidation zum Erlöschen der Lizenz geführt hat.

Die Liquidation der CST ist nun aber per 30. April 2014 abgeschlossen worden, so dass der im „Boulevard“ an diesem Tag von der Frau Ministerpräsidentin vorgestellte „Käufer“ des Nürburgrings, Robertino Wild (Capricorn) nicht nur verkünden konnte, dass die ring°card als Zahlungsmittel ab 1. Mai nicht mehr notwendig sei; es könne auch wieder mit Bargeld gezahlt werden. - Der Insolvenz-Sachwalter musste auch zu diesem Termin die der CST erteilte Lizenz der LMK an diese zurück reichen.

Was die Rundfunk-Lizenz betrifft, so war der Ablauf korrekt folgender:

  • Der Liquidator der CST gibt die bisherige Rundfunklizenz an die LMK zurück.
  • Die LMK genehmigt in einem vereinfachten Verfahren den beantragten Veranstaltungsrundfunk der Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH.
  • Die LMK hat am gleichen Tag (5. Mai 2014) übrigens auch der WIGE Solutions GmbH ein digital-terrestrisch zu verbreitendes TV-Angebot zur Ausstrahlung am Nürburgring genehmigt.

Das bedeutet, dass – wenn alles so abläuft, wie es bisher publiziert wurde – der Käufer am 1. Januar 2015 eine neue Radio-Lizenz beantragen muss, nachdem die Nürburgring Betriebsgesellschaft die aktuelle Lizenz dann am 31. Dezember 2014 wieder an die LMK zurückgegeben hat.

Motor-KRITIK bleibt also bei der in der im Internet ab 3. April 2014 zu lesenden Feststellung:

In Sachen Radio Nürburg 87,7 wurde der Veranstalter (VLN) „unrichtig“ informiert.
Der Veranstalter hat darum die VLN-Fans auch nur „unrichtig“ informieren können.
Oder anders – und unmissverständlich – formuliert: Die Fans wurden belogen.

Eine Lizenz für ein Veranstaltungsradio, wie sie z.B. bei einer Tourismusmesse, einem Kirchentag oder einem Weinfest gebraucht wird, kann wegen des „vereinfachten Zulassungsverfahrens“ kurzfristig erteilt werden und wird dann evtl. auf der darauf folgenden Sitzung der LMK-Versammlung im Nachhinein abgezeichnet.

So hat z.B. die LMK-Versammlung am 5. Mai 2014 eine bereits für den 26. April 2014 erteilte Erlaubnis für ein begleitendes Hörfunkprogramm bei der „Nacht, die Wissen schafft“ bei der Technischen Universität Kaiserslautern nachträglich abgenickt.

Man möge sich auch dadurch nicht ablenken lassen, dass man bei der Nürburgring Betriebsgesellschaft aktuell mit dem Begriff „Eventradio“ arbeitet, wenn eigentlich „Veranstaltungsrundfunk“ gemeint ist. - Es ist der Versuch eines Verwirrspiels.

Es ist Zufall, dass die LMK-Versammlung an diesem 5. Mai auch dem „Pfalzklinikum für Psychatrie und Neurologie in Klingenmünster die Erlaubnis zur Veranstaltung eines Patienten-Radioprogramms erteilte.

Merke: Grenzgänger können nicht immer bei Grenzverletzungen mit der Nachsicht rechnen, wie sie sicherlich Patienten der oben genannten Klinik in Anspruch nehmen können.

MK/Wilhelm Hahne
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