Ist „Rock am Ring“ eine Insolvenzmasse?

Vor dem Landgericht Koblenz streiten sich ein Insolvenz-Sachwalter und ein Konzertveranstalter um Namensrechte. Der Sachwalter vertritt die Interessen der landeseigenen Nürburgring GmbH, die von Mainzer Politikern in die Insolvenz geführt wurde. Der Konzertveranstalter sicherte über viele Jahre durch sein Engagement das Überleben dieser GmbH, die sich mehr auf's Geldausgeben als auf's -Einnehmen spezialisiert hatte. RA Jens Lieser, der Vertreter der insolventen Landes-GmbH: „Wir müssen uns dagegen wehren, dass Herr Lieberberg die Namensrechte für sich reklamiert. Er hätte uns ja fragen können.“ - Für Lieberberg war die Lage klar. Seine Namensrechte waren seit 1993 unbeanstandet beim Deutschen Marken- und Patentamt in München eingetragen. - Heute bewertete das Landgericht Koblenz die Situation vorläufig. Am 30. Juni soll eine definitive Entscheidung verkündet werden. - Lieberberg oder Nürburgring GmbH streiten um die Frage:

Ist „Rock am Ring“ eine Insolvenzmasse?

Eigentlich hätte es kurz und schmerzhaft werden sollen. Der Insolvenz-Sachwalter hatte eine Einstweilige Verfügung beantragt. Das geht schnell und bedarf eigentlich nur einer Eidesstattlichen Erklärung. Und der Richter – in diesem Fall eine Richterin – entscheidet sofort. Aber der Betroffene, Marek Lieberberg, hatte davon „Wind bekommen“ und beim Gericht einen „Schutzbrief“ hinterlegt. So kam es dann heute – am 23. Juni – zu einer mündlichen Verhandlung.

Der Vertreter der insolventen Landes-GmbH empfand „Rock am Ring“ als gemeinschaftliches Projekt. Schließlich habe man „Rock am Ring“ 1985 gemeinsam gegründet. Lieberberg verwies darauf, dass ihm die Rechte alleine gehörten und konnte sogar eine Eidesstattliche Erklärung des Ex-Geschäftsführers Dr. Walter Kafitz vorlegen, der auch niemals davon ausgegangen war, dass die Nürburgring GmbH Titelrechte habe.

Sonst hätte die Nürburgring GmbH auch sicherlich nach der Eintragung der Markenrechte für die Konzertagentur Lieberberg im Jahre 1993 schon in den Jahren danach (oder direkt!) Widerspruch eingelegt. Sie selbst hatte 1997 sich dann die Markenrechte für Fan-Artikel für die gleiche Marke schützen lassen.

Die Vorsitzende Richterin empfahl: Es sei rechtlich und wirtschaftlich geboten sich zu einigen. - Das ist übrigens die Idealvorstellung eines jeden Gerichts, weil man so das Schreiben von langen Urteilsbegründungen vermeidet.

Die Richterin führte auch als Begründung an, dass das Recht an dieser Marke eigentlich bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) liegen würde, die noch existiere und führte aus:

„Die Parteien sind wohl oder übel in der GbR weiter verbunden.“

Diese Feststellung ist für Motor-KRITIK neu. Sowohl das Vorhandensein einer GbR selbst, als auch die Feststellung, dass die Gesellschafter noch miteinander verbandelt sein sollen. Eigentlich gibt es nur die Information, dass das Gesetz automatisch die Auflösung einer GbR vorsieht, wenn über das Vermögen eines der Gesellschafter das Insolvenzverfahren eröffnet wird. - Aber eine Richterin wird das sicherlich besser wissen. - Das Recht wird immer wieder angepasst.

Je länger man sich mit dem Thema beschäftigt – Richter brauchen dafür sicherlich aufgrund ihrer Erfahrungen weniger Zeit – desto verwirrter wird man. Da muss man feststellen, dass der von der Nachfolgegesellschaft der insolventen Nürburgring GmbH in der Verbindung mit einem Noch-Nicht-Besitzer und unbestätigtem Käufer des Nürburgrings neu gewählte Partner (DEAG) für's Musikgeschäft schon ein Festival in der Schweiz unter dem Namen „Rock The Ring“ betreibt. Jetzt gerade, zwischen 20. und 22. Juni, spielte man in Hinwil auf. - Das ist dort, wo auch Sauber Motorsport seinen Firmensitz hat.

Man fragt sich auch, warum denn die Nürburgring GmbH die Markenrechte an „Green Hell“ besitzen soll (lt. Marken- und Patentamt), wenn der Schöpfer dieses Begriffs, Jackie Stewart, nicht an dem Besitz beteiligt wurde und sicherlich auch kein Ankauf erfolgte. Die deutsche Version wurde als „Grüne Hölle“ zunächst der Firma Mediinvest GmbH, Düsseldorf geschützt, die dann ihre Rechte am 5. August 2013 auf die Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH, die Nachfolgefirma der insolventen Nürburgring GmbH (auch eine Landes-GmbH) übertragen hat.

Im Titel „Rock am Ring“ steckt auch sonst nichts Schützenswertes für die Nürburgring GmbH. Bei einer anderen ihrer (vielen) Neugründungen, die sich dann auch genauso schnell als Verlustbringer erwies, hat man vertraglich mit den Gesellschaftern festgelegt, dass der Firmen-Name (BikeWorld Nürburgring GmbH) nur so lange Bestand hat, die die Nürburgring GmbH Mit-Gesellschafter ist. Nach deren Ausscheiden dürfe die Firma nur noch „BikeWorld am Nürburgring“ benannt werden.

Diese vertraglichen Vereinbarung sind beim Amtsgericht Koblenz (Handelsregister) einzusehen und wurden von mir schon in meinem Buch 2010 (aktuell auch als pdf-Version für € 15 zu kaufen) auf Seite 69 im Jahre 2010 veröffentlicht.

„Rock am Ring“ ist also kein Titel, bei dem der Nürburgring GmbH etwas verloren ginge, zumal es auch schon (s.o.) „Rock The Ring“ unbeanstandet gibt und der Titel auch schon lange – inzwischen verlängert bis 2023 – beim Marken- und Patentamt in München für Marek Lieberberg geschützt ist.

Würde die Richterin in Koblenz mit ihrem Rechtsempfinden richtig liegen, könnte man sich die Kosten für jede Schutz-Eintragung sparen und bei Nutzung einer „Marke“ durch Andere an der richtigen Stelle klagen.

Übrigens wurde die Marke „Rock am Ring“ vom nun klagenden Insolvenz-Sachwalter in seinem Gutachten zum Insolvenzantragsverfahren (6 IN 91/92) vom 29. Oktober 2012 für das Insolvenzgericht als so unwesentlich empfunden, dass es dort nicht als Vermögenswert aufgeführt ist.

Auf Seite 49 (von 103) ist allerdings notiert:

„Mit der Bewertung und Aufarbeitung der immateriellen Vermögensgegenstände, insbesondere der Markenrechte wurde begonnen. Beispielhaft zu nennen ist hier die Wort-/Bildmarke „Ring histor. Logo 1927“, die Bildmarke „Nürburgring“ oder die Wortmarke „Green Hell“.

Womit wir dann wieder bei den evtl. vorhandenen Ansprüchen eines Jackie Stewart wären, weil offensichtlich der Markeneintrag beim Marken- und Patentamt nicht genügt. Denn RA Lieser wird sicherlich da nicht widersprechen wollen: Der Schöpfer dieser Marke ist Jackie Stewart. - Und hat man vor dem Eintrag in München zumindest mit Jackie Stewart gesprochen?

Wenn man den inzwischen publizierten Verkaufspreis der gesamten Nürburgring GmbH, mit Feriendorf, Achterbahn, allen Rennstrecken, Hotels und Hoch- und Tiefbauten auf unglaublich großen Flächen mit 77 Millionen Euro kennt, kann man den Wert der Marke “Rock am Ring“ auch gut ermessen. Er würde wahrscheinlich im Gesamtkaufpreis einen Platz in der Größe von 4,95 Euro einnehmen.

Marek Lieberberg sollte Robertino Wild einen „Fünfer“ in die Hand drücken und auf die Rückgabe von 5 Cent verzichten. - Bei Capricorn wäre man sicherlich dafür dankbar.

MK/Wilhelm Hahne
Durchschnitt: 4.9 (bei 39 Bewertungen)

Kategorie: 

+ Hinweis für Leser – nicht nur an einem Abonnement Interessierte! +

 

Lieber Leser,

 

Motor-KRITIK ist vollkommen werbefrei, aber – darum – auch ein wenig abhängig von seinen Lesern. - Oder anders: Von Einnahmen. - Nicht alle Leser mögen sich gleich für ein Abo entscheiden.

Wenn Sie ab und an mal auf diesen Seiten vorbei schauen und Ihnen der hier gebotene investigative Journalismus gefällt, dann machen sie doch einfach ihre Zustimmung durch eine kleine Spende deutlich. - Auch kleine Beträge können – per Saldo – eine große Hilfe und Unterstützung sein!

Meine Kontendaten – auch wenn Sie Abonnent werden wollen - finden Sie HIER.

 

Danke!