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So wird am 18. Oktober 2014 die Aussage der Insolvenz-Sachwalter am Nürburgring, Jens Lieser und Prof. Dr. Dr. Thomas Schmidt, zum Titel eines Interviews in der Koblenzer „Rhein-Zeitung“, das einem beim Lesen schon manchmal ein Lächeln abnötigt. Die Herren Insolvenzverwalter machen deutlich, dass sie „ein professionelles Verhältnis“ zu ihrer Arbeit haben. - Darauf muss man erst einmal kommen. - „Professionell“ arbeiten bedeutet auch, die Arbeit „durchsichtig“, verständlich für Andere zu machen. Daran hat es aber wohl – zumindest in unseren Landen – gefehlt, während man in Brüssel – bei der EU – die Arbeit der Sachwalter, nachdem dort auch Malu Dreyer (SPD) und Sigmar Gabriel (SPD) bei Joaquin Almunia (spanischer Sozialist) Aufklärungsarbeit betrieben hatten, die auch dort als „offen, transparent und diskriminierungsfrei“ empfunden wurde, zum 1. Oktober einen Beschluss fasste, der nun die Fronten klärt. - Wirklich? - Motor-KRITIK möchte das aktuelle „RZ“-Interview einmal in Details beleuchten.
„Die Lage am Ring ist stabil“!
Stabil bedeutet also aus der Sicht der Insolvenz-Sachwalter, dass gegen Ende Oktober eines Jahres keine Verträge mit Motorsport-Veranstaltern für das nächste Jahr vorliegen. - Eine Feststellung! - Man operiert zwar mit einem Termin für ein Sportwagen-Rennen (WEC), der aber eigentlich schon mit dem Termin für ein anderes Rennen (GT-Masters) belegt ist. - Ein Zeichen von Stabilität?
Niemals in der Vergangenheit des Nürburgrings war eine Motorsport-Saison des nächsten Jahres im späten Herbst des Vorjahres noch so unsicher wie in diesem Jahr. - Nun könnten das die Insolvenz-Sachwalter nur nach aufwändiger Überprüfung ermitteln, da sie ja zum Motorsport – wie auch zu Capricorn mit ihrem Eigner, Robertino Wild - ein „professionelles Verhältnis“ haben. Womit wahrscheinlich ein „distanziertes“ gemeint ist.
Es spricht auch nichts dagegen, dass sie ihr Verhältnis so darstellen, wie das allgemein Gewerbetreibende tun, aber es spricht von wenig Sachverstand, wenn sie auf den Nürburgring bezogen behaupten, dass die „Spekulationen“ - wie die Herren es nennen – um „Herrn Dr. Wild“ (das haben sie wirklich so lt. Rhein-Zeitung gesagt) „nicht das Geschäft am Nürburgring“ beeinträchtigen. - Ist denn wirklich schon ein Vertrag für eine motorsportliche Veranstaltung des nächsten Jahres abgeschlossen? - Und warum wohl nicht?
Es gibt keinen neuen Vertrag mit der VLN. (Es gibt aber noch einen gültigen alten Vertrag für 2015, den die NBG aber als von ihr gekündigt empfindet. - Leider nicht rechtsgültig!) Es gibt keinen Vertrag für das 24-Stunden-Rennen, für den Truck-Grand-Prix oder irgendeine andere motorsportliche Veranstaltung.
Mit „Rad am Ring“ hat man einen Vertrag, für „Grüne Hölle“-Rock gibt es vertragliche Vereinbarungen (ohne dass sich für die Rock-Fans in der Sache etwas tut) und man hat für die „Schlammschlacht“ der „Strongmens“ schon einen Vertrag vorliegen. - Aber ist der Nürburgring nicht einmal als Renn- und Teststrecke gebaut und angelegt worden? - Dabei werden wir bei Motor-KRITIK daran erinnert, dass es auch noch keinen Vertrag für 2015 mit dem "Industrie-Pool" gibt!
„Wir haben mit der CNBG eine Käuferin nach einem EU-konform durchgeführten Investorenprozess präsentiert“,
sagen die Insolvenz-Sachwalter der „Rhein-Zeitung“. Und wir erhalten so als normale Bürger einen Eindruck davon, was „EU-konform“ bedeutet:
- Geheim, vertraulich, ungeprüft, realitätsfern.
Aber vielleicht darf man das alles – auch die Aussagen der Insolvenz-Sachwalter – nicht so genau nehmen. Denn auch die „Rhein-Zeitung“ selbst stellt in diesem Interview Behauptungen auf, die so nicht stimmen.
Das ist auf Seite 6 der Samstag-Ausgabe (Nr. 242) zu lesen:
„Unsere Recherchen haben aufgedeckt, dass Wild nach einer unglaublichen Serie von Pleiten, Pech und Pannen der nächste Problemfall am Nürburgring ist.“
Selbst wenn man von der BILD-Zeitung und der F.A.Z. als „Enthüller“ empfunden und beschrieben wird, bedeutet das nicht, dass das auch stimmt. Wer sich für den Nürburgring-Skandal und dessen Ausweitung interessiert, der liest Motor-KRITIK.
Dort war bereits am 11. Oktober 2014, ab 16:45 Uhr zu lesen („Schwarzer Freitag" - „Schwarze Puppe“) was in der „Rhein-Zeitung“ - und in anderen Zeitungen und/oder deren Internetseiten – erst ab 13. Oktober zu lesen war. Dass dann dabei auf die Recherche-Leistungen der „Rhein-Zeitung“ verwiesen wurde, macht die Darstellungen nicht richtiger und verschiebt die Leistungen dieser Zeitung nicht in Richtung investigativ.
Im „Rhein-Zeitung“-Interview von heute sagen die Insolvenz-Sachwalter zu der sich derzeit unsicher darstellenden Situation der Nürburgring-Käufer:
„Nach unseren Feststellungen war die Käuferin zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in der Lage, die vereinbarten Kaufpreisraten zu erbringen.“
Nun, sie haben das auch den Mitgliedern des Gläubigerausschusses am 11. März 2014 auf der für die Annahme des Kaufvertrages entscheidenden Sitzung zu vermitteln gewusst, obwohl – wie selbst das Protokoll über diese Sitzung eindeutig ausweist (!) – deren Mitgliedern nicht die zeitliche Möglichkeit geboten wurde, alle für eine Entscheidung notwendigen Prüfungen der finanziellen Situation des/der Käufer(s) selbst vorzunehmen.
Eines der Mitglieder, der Bürgermeister von Nürburg, hat in einer SWR-Fernsehsendung vor wenigen Tagen noch einmal erklärt, dass er darum auch nicht einem Kauf durch Capricorn - bzw. dem Käufer-Team Wild/Heinemann – zustimmen konnte. Er hatte zeitlich nicht die Möglichkeit der Prüfung von Angaben, die man aus dem Insolvenz-Abwicklungsteam als gültig und zuverlässig erhielt. Zu dem gehörte – und gehört - z.B. auch Alexander Bischoff von der KPMG in Frankfurt.
Jens Lieser, der Insolvenz-Sachwalter versucht in dem „RZ“-Interview auch zu erklären, warum er eine „Neujustierung“ des Zahlungstermins für die zweite Kaufpreisrate vornahm. Tatsache ist, dass diese Änderung eines vertraglich vereinbarten Termins durch den allein verantwortlichen Gläubigerausschuss (darauf wurde durch die Insolvenz-Sachwalter vor dem Kaufabschluss immer wieder verwiesen) auch die Zustimmung des Ausschusses bei einer Veränderung erfordert hätte. Diese Zustimmung hat Herr Lieser bis heute nicht eingeholt. Darum ist er – nach Meinung von Motor-KRITIK – auch haftbar für die Zahlung der jetzt am 31. Oktober 2014 fälligen 5-Millionen-Rate.
Was Herrn Lieser denn wohl auch ein wenig nervös macht und er Herrn Prof. Dr. Dr. Schmidt auf die Frage der „RZ“ im Interview antworten lässt, welche Sicherheiten man Wild bei der Terminverschiebung abverlangt hätte:
„Das sind Vertragsinterna, die der Vertraulichkeit unterliegen. Hierzu äußern wir uns nicht.“
Jens Lieser, der vom Insolvenzgericht Ahrweiler eingesetzte Sachwalter betont dann noch einmal später:
„Es gibt einen abgeschlossenen Kaufvertrag mit der CNBG, der auch eine Pachtlösung vorsieht.“
Interessant, dass eine solche Lösung von der EU-Kommission durchgewinkt wurde. Denn der gleiche Herr Lieser hatte zu Beginn des Interviews festgestellt:
„Wir haben mit der CNBG eine Käuferin nach einem EU-konform durchgeführten Investorenprozess durchgeführt.“
Was denn nun? - Kaufvertrag? - Pachtvertrag? - Ist ein Pachtvertrag „EU-konform? - Wieso wurden dann mit Hinweis auf diese „EU-Konformität“ und die darum erforderliche „Dikontinuität“ Verträge gekündigt? - Wie muss man dann den Begrifft „Diskontinuität“ werten, wenn aus dem Kaufvertrag ein Pachtvertrag wird?
Fragen, die die „Rhein-Zeitung“ nicht gestellt hat. Sie erklärt aber zum Abschluss auf ihrer Interview-Seite z.B. was „CNBG“ heißt: „Capricorn Nürburgring Besitzgesellschaft mbH“. Lt. Herrn Lieser ist das die Firma, mit der man einen Kaufvertrag abgeschlossen hat. Tatsächlich steht im Kaufvertrag als Käufer ein anderer Name. Mit einem Blick in das Düsseldorfer Handelsregister wird das auch verständlich.
Unter HRB 71282 findet man eine „Historie“, nach der es unter dieser Eintragung zunächst eine „Blitz D13-eins-sechs-acht GmbH“ gab, die auch als Käufer im Kaufvertrag fungiert. Daraus wurde dann zwei Tage nach Vertragsabschluss, am 13. März 2014, die Capricorn NÜRBURGRING GmbH, die sich dann kurze Zeit später, am 1. April 2014, zur „Capricorn NÜRBURGRING Besitzgesellschaft mbH“, der o.g. „CNBG“ wandelte.
Nun sollte man nicht davon ausgehen, dass das die Firma ist, die zur Zeit in das operative Geschäft der NBG, der Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH, eingreift. Das ist zwar eine Firma mit dem Namen, den man auch schon in der Historie unter HRB 71282 findet, tatsächlich ist es aber eine „neue“ capricorn NÜRBURGRING GmbH, die unter HRB 72492 in Düsseldorf eingetragen ist und erst seit dem 1. Mai 2014 existiert: Schon wieder eine "capricorn NÜRBURGRING GmbH".
Dort ist auch der Geschäftsführer Carsten Schumacher zu finden, der ebenfalls als Geschäftsführer der Nürburgring Betriebsgesellschaft fungiert. Gleichzeitig. Je nach Bedarf wird er entweder hier oder dort zitiert. Aber es ist immer der gleiche Carsten Schumacher, der während seiner Arbeitswoche im Lindner-Hotel logiert, das jetzt nicht mehr - nach einem neuen Management-Vertrag von Capricorn mit Lindner - so heißen darf.
Motor-KRITIK muss sich hier quasi für die offene Darstellung von Details entschuldigen, denn Prof. Dr. Dr. Schmidt hat gegenüber der „Rhein-Zeitung“ klar gestellt:
„Das Gebot der Transparenz bezieht sich im Rahmen des EU-konformen Verkaufsprozesses ausschließlich auf das Verhältnis der Bieter zu den Verkäufern. Transparenz in diesem Sinne meint gerade nicht die Herstellung der Öffentlichkeit, dass alle Interna in den Medien diskutiert werden.“
Aha! - Da findet man die Vokabeln „Bieter, Verkäufer, EU-konformer Verkaufsprozess“. - Und was ist mit der Transparenz im Fall des Pachtvertrages?
Jens Lieser und Prof. Dr. Dr. Schmidt haben dazu der „Rhein-Zeitung“ nichts gesagt, weil sie auch nicht danach gefragt wurden. Man lässt die Herren Sachwalter am Ende des Interviews unwidersprochen feststellen:
„Von einem Fiasko kann überhaupt keine Rede sein! Diese Unterstellung weisen wir entschieden zurück! Tatsache ist: Wir haben objektive Erfolge vorzuweisen. Ein Staatsbetrieb ist in ein profitables Unternehmen umgewandelt worden. Wir haben ein klares und eindeutiges Mandat, und das werden wir konsequent und selbstverständlich verantwortungsvoll erfüllen.“
Die Mainzer Politiker wird’s freuen, wie sie mit der Arbeit ihres „Staatsbetriebs“ von ihren Mandatsträgern eingeordnet werden. Motor-KRITIK wird in den nächsten Tagen noch einmal die verantwortungsvolle Arbeit der Insolvenz-Sachwalter im Fall des Nürburgring-Verkaufs an einem anderen kleinen Detail verdeutlichen.
Transparent! - Und wenn Motor-KRITIK transparent schreibt, dann meinen wir „die Herstellung von Öffentlichkeit“. - Anders als die EU und die Insolvenz-Sachwalter. - Und übrigens auch die Politiker in Mainz.
Zur Erinnerung: Motor-KRITIK macht seit vielen Jahren deshalb keine Interviews mehr, weil es nicht sinnvoll ist mit Leuten zu sprechen, die offenbar nicht wissen was sie sagen – und nach dem Interview eine Überarbeitung ihrer Aussagen wünschen und das normal finden.
Aber selbst das hat das Interview der „Rhein-Zeitung“ nicht besser gemacht.