Urteil gegen die „Un-Billen“ der politischen Strömung

Das Landgericht Landau hat am 23. September 2011 im „Fall Billen“ entschieden: Freispruch für Michael Billen. Seine Tochter erhielt eine Geldstrafe auf Bewährung (!) und eine Verwarnung. Vater und Tochter hatten vor Gericht geschwiegen. Der Staatsanwalt hätte es besser auch.

Das Verfahren gegen die „Sippe“ Billen war genauso wenig politisch motiviert, wie die Ermittlungen in einem Strafverfahren gegen mich, einen Journalisten. - Alles ohne politischen Druck. - Klar!

Urteil gegen die „Un-Billen“ der politischen Strömung

Wahrscheinlich wurde mein Rechtsempfinden, aber auch meine Empfindungen für Ethik und Moral durch mein Heranwachsen im Dritten Reich besonders sensibilisiert. Ich habe die „Reichs-Propaganda“ wahrgenommen, aber auch die „Propaganda-Sprüche“ auf den Flugblättern der Alliierten. Ich habe den „Gesinnungswandel“ von Politikern vor und nach dem „Zusammenbruch“ registriert. Aber auch in allen anderen Zeiten. Darum ist mir auch verständlich, dass der Staatsanwalt in Landau überdeutlich betonte, dass zu keiner Zeit politischer Druck ausgeübt worden wäre.

Im Fall Billen. Über andere Fälle wurde nicht – oder kaum – gesprochen. Die wurden mit einer kleinen Geldstrafe vom Tisch gewischt – oder garnicht bekannt. Man spürt im Fall Billen in den Äußerungen selbst der kritischen Beobachter das Unbehagen an ihrem eigenen Verhalten. Hat Billen mit seinen offenen Attacken allen den Spiegel vorgehalten?

Ich habe Michael Billen in einer Sitzung erlebt, der ich als Journalist beiwohnte und die dann (auch) offiziell zum Ausgangspunkt von strafrechtlichen Ermittlungen gegen mich wurde. Er wurde manchmal, wenn sein Detailwissen zu deutlich wurde, vom damaligen Leiter des Verkehrsausschusses im Landtag zurückgepfiffen: „Das gehört nicht hierhin. Sie können das im Verkehrsausschuss vortragen.“ - Auch für seine (CDU-)Kollegen war – und ist (!) - er ein unangenehmer Eifeler Poltergeist. - Er wartet nicht bis zu einem „Vulkanausbruch“, er lässt schon vorher „Dampf ab“.

Aber Politik ist nicht mit Traktor und Pflug zu betreiben, gerade Furchen gibt’s da nicht. Als „Radfahrer“ kommt man da wohl am weitesten. Auch wenn man Journalist ist. So bleibt man wendig. Auch in den Redaktionen, wo man gerne „offen nach allen Seiten“ ist. (Meinungsfreudig, unabhängig. - Was immer das bedeuten mag.)

Ich habe immer in der Sache Billen eine klare Einstellung gehabt. Unabhängig davon, was in Juristenkreisen gedacht, gesprochen und gehandelt wurde. Es ist bei mir nachzulesen. Und da ich schon aus dem Verfahren gegen mich die Abläufe kenne, weiß, dass Staatsanwälte Weisungsempfänger sind, den evtl. Anweisungen der „politischen Chefs“ folgen müssen, darum hat mich einiges an der Art des Ablaufs im Fall Billen gestört.

Michael Billen ist sicherlich kein Heiliger. Aber er ist auch nicht scheinheilig. Seine Haltung, sein Bemühen um die Aufklärung der Skandale und Affären um „Nürburgring 2009“ war – ob nun als Landtagsabgeordneter oder als Mitglied des Untersuchungsausschusses - immer klar auszumachen.

Während der Gesamteindruck vom Untersuchungsausschusses heute auch dadurch bestimmt wird, dass es niemals einen Abschlussbericht gegeben hat, dass die „Sammelwerke“ von Unterlagen inzwischen wieder in alle Winde verstreut sind. - Ist das im Sinne der Volksvertreter?

Im Sinne von Michael Billen ist das nicht gewesen. - Aber lassen wir noch einmal die Abläufe im Falle Billen Revue passieren:

Im November 2009 platzte die Bombe, weil Michael Billen zugab, brisante Informationen – die heute als „Privatgeheimnis“ dargestellt werden – bei seiner Tochter „abgegriffen“ zu haben. Er verzichtete damals dann auf seinen Sitz im Nürburgring-Untersuchungsausschuss.

Im Januar 2010 ließ Billen dann – unter dem Druck seiner CDU-“Freunde“ – seine Mitgliedschaft in der CDU-Fraktion ruhen, setzte sich in die letzte Reihe im Parlament nach dem Motto: Wo ich bin, da ist vorne.

Im Juni 2010 gab sich Julia Klöckner alle Mühe, die Wähler im Wahlkreis Bitburg-Prüm gegen Billen einzustimmen, aber der gewann dann in einer „Kampfabstimmung“ (so sagt man wohl) die CDU-Direktkandidatur. - Und Klöckner knickte ein.

Im August 2010 hat dann die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Michael Billen wegen „Geheimnisverrat“ erhoben. Seine Tochter war bereits vom Polizeidienst suspendiert.

Im September 2010 hob der Rechtsausschuss des Landtages Billens Immunität auf.

Im November 2010 empfand das Landgericht Landau die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft als nicht ausreichend. Und eröffnete das Verfahren gegen Billen nicht.

Im März 2011 gewann Michael Billen bei der Landtagswahl das CDU-Direktmandat für seinen Wahlkreis und war wieder „voll“ im Landtag (und der CDU-Fraktion) zurück.

Im Mai 2011 entscheidet das OLG Zweibrücken (!) über eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft und erwartet vom LG Landau eine Anklage.

Im Juni 2011 hebt der Landtag mal wieder die Immunität seines Mitglieds auf.

Im September 2011 beginnt der Prozess mit mehr als zwei Dutzend Zeugen vor dem LG Landau nicht nur gegen Michael Billen, sondern auch seine Tochter. Es sind drei Verhandlungstage angesetzt.

Am 22. September 2011 wird Michael Billen freigesprochen. „Aus Mangel an Beweisen.“

Das ist bei nicht politischen Prozessen normal. Das Strafverfahren gegen mich wurde „aus Mangel an öffentlichem Interesse“ eingestellt.

In meinem Fall hatte der Justizminister nachweislich die Landtagsabgeordneten belogen. Im Fall Billen hat der Richter einiges gesagt, was er besser nicht gesagt hätte (weil es die Öffentlichkeit aufmerksam werden lässt) und der Staatsanwalt hätte nach Prozessende besser schweigen sollen.

Richter Ruppert, im Gegensatz zum Staatsanwalt nur dem Gesetz und dem eigenen Gewissen verpflichtet, sagt u.a.: „Frau Billen sitzt hier in Sippenhaft.“

Seine Anmerkungen waren eigentlich immer klar, aber manchmal - zu ehrlich. Dazu noch verständlich. Da hat dann die Staatsanwaltschaft Frankenthal dann um den 10. Oktober mal nachgehakt. - Hatte der Richter evtl. ein Telefongespräch mit einem Datenschutzbeauftragten „mitgeschnitten“? - Dann hätte er auch gegen bestehende Gesetze verstoßen.

Und so ermittelt man gegen einen Richter, der offenbar der politischen Szene nicht genehm ist. - Zufall? - Natürlich Zufall. - Denn die Politik würde niemals... - Darum auch der Prozess gegen Billen. Ganz ohne Einfluss der Politik. - Darum auch eine Hausdurchsuchung bei mir. - Ohne jede politische Motivation. - Und beim Zeugen Peter Dincher, Ex-Landtagsabgeordneter im Landtag in Mainz sollte man mal überprüfen... - Irgendetwas sollte sich da doch finden lassen.

Als Zeuge im Billen-Prozess hatte Peter Dincher (vor seiner Landtagsarbeit als Polizist tätig) am zweiten Verhandlungstag im Gerichtssaal erklärt: „Ich habe keinerlei Vertrauen in die rheinland-pfälzische Justiz, die ist massiv erschüttert.“

Auch er hatte ehemalige (Polizei-)Kollegen zum „Klicken“ in POLIS angestiftet. Das Verfahren gegen ihn war aber (gegen eine kleine Geldauflage) eingestellt worden. Dincher zu dem Aktengezerre in seinem Fall zwischen den Polen Justizministerium, Innenministerium und Justiz:

„Ich war passiver Teilnehmer an einem politischen Prozess.“ - Er kann das sicherlich beurteilen.

Und was sagt man so „zum Schweigen der Billen?“ - Nichts!

In jedem Falle war es gut für die gesamte politische Szene. Die hat so kaum das Gesicht verloren. - Wenn denn jetzt Ende wäre. - Aber die Staatsanwaltschaft Landau hat – zur Sicherheit – noch mal Revision eingelegt. Man wartet nun ab, bis man die ausführliche Urteilsbegründung schriftlich vorliegen hat und überprüfen kann. Nur wenn absolut keine Aussicht auf eine erfolgreiche Revision besteht, will man sie zurückziehen. - Das macht es spannend.

Bei einer Revision würde das Urteil vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe überprüft werden müssen.

Es gibt den sehr guten – und passenden - Ausspruch eines Politikers zur Billen-Affäre:

„Es kann doch nicht sein, dass das was der Wahrheitsfindung dient, bestraft wird!“

Warten wir es ab.

Wobei auch interessant wäre zu erfahren, ob vielleicht bei bestimmten Personen in POLIS damals nicht in die damalige Situation passende Daten entfernt wurden. Und wenn JA: Von wem? - Oder: Auf wessen Veranlassung?

Da hätte doch die Staatsanwaltschaft mal wieder eine wirkliche Aufgabe!

Der Chaos-Computer-Club kann sich schließlich nicht um alles kümmern.

MK/Wilhelm Hahne
PS: Übrigens wurden auch meine POLIS-Daten schon abgerufen. Nicht nur in RLP, sondern auch in NRW. Vor dem offiziellen Ermittlungsverfahren gegen mich. Aber meine Daten müssen auch nicht als „Privatgeheimnis“ behandelt werden. Das heißt: Ich habe „eine weiße Weste“. Das jedenfalls berichtete ein (Bundestags-)Abgeordneter zum Recherche-Ergebnis in meiner Sache. (Aber nicht ich habe zur POLIS-Abfrage angestiftet!)

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