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So etwas gab es schon vor mehr als 50 Jahren. Ich habe so etwas auch getestet. Ernsthaft. Obwohl die angebotene Lösung aus meiner Sicht nicht technisch perfekt, aber immerhin mit rd. 1.500 DM preislich erschwinglich war, habe ich dann so ein E-Mofa auch für meine Tochter Sabine gekauft. Irgendwann lohnte sich aber der Neukauf der Batterien nicht mehr. - Vor 50 Jahren habe ich persönlich also schon erste Erfahrungen zum Thema Wertverfall bei E-Fahrzeugen gemacht! - Ich habe nachfolgend noch einmal meinen Testbericht, den ich für die „Auto Zeitung“ verfasste, im Text unverändert eingestellt. Heute kann man dazu bei „Wikipedia“ im Internet lesen: „Anfang der 1970er Jahre brachte Hercules sogar ein Mofa (E 1 Accu bike) mit Elektroantrieb (750 W bei 3600/min) heraus, dem aber so gut wie kein Erfolg beschieden war. Der Mofa-Boom versiegte durch gesetzliche Neuregelungen zu Beginn der 1980er Jahre. Da zur gleichen Zeit auch der Markt der Kleinkrafträder einbrach, bedeutete dies eine Zäsur für Hercules insgesamt, von der sich das Unternehmen nicht mehr erholte. Die Verkaufszahlen waren seither stark rückläufig.“ - Nun aber zu dem Live-Erlebnis aus den 70ern:
Erinnerung an ein Elektro-Mofa: Hercules „E 1“!
„Ein Motorfahrrad (Mofa) bietet die preiswerteste Möglichkeit, sich ohne körperliche Anstrengung fortzubewegen. Allerdings hat der Gesetzgeber für diesen Fahrzeugtyp Eile mit Weile geboten. Die Höchstgeschwindigkeit dieses ab 15 Jahre führerscheinfreien Fortbewegungsmittels darf 25 km/h nicht überschreiten.
Dafür steht diesen Fahrzeugen aber auch ein Sonderstraßennetz zur Verfügung, das keine Stauungen kennt: die Radwege. Bundesstraßen dürfen nur dann befahren werden, wenn keine Radwege neben der Straße vorhanden sind.
Natürlich muß man für den Luxus, sich nicht mehr anstrengen zu müssen, etwas mehr Geld auf den Tisch legen, als für ein Fahrrad. Das von Auto Zeitung getestete Hercules-Mofa kostet einschließlich des notwendigen Batterie-Ladegerätes und der Frachtkosten 1469 Mark bis vor die Garagentür. Und eine Garage oder eine andere ebenerdige Unterstellmöglichkeit sollte der Käufer eines solchen Fortbewegungsmittels besitzen, weil eine Steckdose zum Aufladen der Batterie unerläßlich ist.
Vom derzeitigen Elektro-Mofa-Angebot in Deutschland (Hercules, Kynast, Solo) hatten wir das Hercules Accu bike viele Wochen lang unter Strom. Besondere Freude daran hatten die Damen. Es war festzustellen, dass viele Hausfrauen eine unerklärliche Abneigung gegenüber einem Benzinmotor haben, dessen Bedienung sie als viel zu kompliziert empfinden.
Dem Elektro-Mofa jedoch brachten sie eine spontane Zuneigung entgegen. In modernen Haushalten sind Elektrogeräte zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Und die Bedienung des Hercules-Elektro-Mofas wurde von diesen Frauen auch nicht schwieriger als die Bedienung solcher elektrischen Haushaltshilfen empfunden.
Der Motor, der das Hercules-Elektro-Mofa antreibt, ist ein Bosch-Aggregat mit einer Leistung von 750 Watt. Das sind umgerechnet mehr als 1 PS. Die notwendige Energie bezieht dieser Motor aus zwei 12-Volt-Spezialbatterien, die hintereinander geschaltet sind und unter normalen Voraussetzungen dem Accu bike eine Reichweite von mehr als 35 Kilometern geben. Im Test wurden mehrfach 37 und 39 Kilometer erreicht. Allerdings kam dann das Fahrzeug nur noch mit verminderter Höchstgeschwindigkeit in die heimatliche Garage.
In einer Nacht konnten mit dem mitgelieferten Ladegerät, einer volltransistorisierten Bosch-Neuschöpfung, die Batterien wieder optimal aufgeladen werden. Das Mofa war wieder voll einsatzbereit.
Die Höchstgeschwindigkeit wurde unter idealen Bedingungen und einem 70-kg-Fahrer mit 28,4 km/h ermittelt. Die Beschleunigung des Fahrzeugs war für ein Mofa außerordentlich gut. 20 km/h wurden bereits nach 5,3 sec erreicht. Um die gesetzlich vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h zu erreichen, brauchte es nur etwas mehr als 6 sec.
Die Spritzigkeit dieses Elektro-Mofas, das durch die schweren Blei-Batterien fahrfertig 76 kg (Motor-Mofas wiegen etwa 40 bis 45 Kilo) auf die Wage brachte, wurde besonders bei Ampel-Starts deutlich. Auf den ersten Metern ist man nicht nur der Mofa-Konkurrenz, sondern auch den Automobilen in der Beschleunigung überlegen. Das liegt in der Eigenschaft der Elektromotoren begründet, die im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren schon recht früh die volle Leistung abgeben.
Das Fahrgeräusch von nur 66 dB ‚(Phon) geht dabei im allgemeinen Verkehrslärm völlig unter. Ein Nachteil: Das Hercules-Elektro-Mofa hat nur zwei Drehgriff-Stellungen – Vollgas und Aus. Langsamfahrt bedeutet also ständiges Ein- und Ausschalten.
Bei Hercules hat man auf den Einbau von empfindlichen Widerständen verzichtet, um das Fahrzeug munterer zu machen. Bewegt man den Drehgriff, so betätigt man über einen langen Bowdenzug einen Schalter, der dann 650 Watt an den Motor fließen lässt. (Hier würden wir aus Sicherheitsgründen gerne einen elektrisch angesteuerten Schalter sehen.) Die Leistung wird über eine Fliehkraftkupplung und eine Kette auf das Hinterrad übertragen.
Der Anfahrruck war bereits nach rund 100 Kilometer Fahrtstrecke unangenehm stark geworden., Es genügten dann aber ein paar Tropfen Öl in die offen liegende Kupplung, um den Anfahrvorgang wieder geschmeidig zu machen. Dieser Spritzer Öl alle 100 Kilometer sowie die Kontrolle der Keilriemenspannung, die im Test auf 600 Kilometer zweimal nachreguliert werden mußte, sind auch schon die ganze große Inspektion.
Kontrolliert werden müssen sonst nur noch regelmäßig der Säurestand der ‚Batterien, der eventuell durch destiliertes Wasser zu ergänzen ist und der Reifenluftdruck. Die Reichweite des Elektro-Mofas ist durch den Luftdruck spürbar zu beeinflussen, da sich bei zu niedrigem Luftdruck der Rollwiderstand erhöht. Macht man es sich zur Gewohnheit, auch nach der kürzesten Fahrt das Mofa wieder an das Ladegerät anzuschließen, so sind Tages-Kilometerleistungen von 50 Kilometern und mehr durchaus möglich.
Da Hercules einen Einkaufskorb gleich serienmäßig angebaut hat und das Fahrzeug auch hinten und vorne komfortabel gefedert ist, wird es gerne für jeden auch noch so kurzen Weg und jeden kleinen Einkauf genutzt. Nicht nur Hausfrauen und Schüler werden sich über die geringen Verbrauchskosten von nur etwas mehr als 30 Pfennig für Strom pro 100 km freuen.
Wilhelm Hahne“
Aktueller Nachtrag:
Stromkosten von 30 Pfennig pro 100 km „damals“ machen deutlich, das „früher“ einiges günstiger war und auch nicht durch gestiegene Einkommen auszugleichen ist. Das Foto zeigt das Testobjekt von „damals“, wie es als „Aufmacherfoto“ zu dem Test erscheinen ist. - Gegenüber „früher“ hat sich eben so manches geändert. Auch für Mofa-Fahrer. E-Mofas dürfen Radwege nutzen, man kann sie aber auch auf normalen Straßen fahren. Natürlich ist ein Versicherungsschutz notwendig. Der Versicherungsnachweis ist immer mitzuführen. Nach wie vor ist das Mindestalter zum Führen eines Mofas 15 Jahre, es ist allerdings eine Prüfbescheinigung erforderlich und es besteht eine Helmpflicht. Ein Sozius ist dann erlaubt, wenn es sich um ein zweisitziges Mofa handelt. Eine Ausnahme bei einsitzigen Mofas: Kinder bis 7 Jahre dürfen mitgenommen werden, wenn ein Kindersitz vorhanden ist. Seit 2013 sind Roller mit einer Höchstgeschwindigkeit bis 25 km/h den Mofas gleich gestellt. Ist man vor 1965 geboren und verfügt über eine Prüfbescheinigung für Mofas, darf man auch nach einem Führerscheinentzug Mofa fahren. Ist man im Besitz eines normalen Führerscheins, darf man auch das Mofa ohne eine besondere Prüfbescheinigung nutzen. -Vielleicht gibt es aus der Sicht meiner Leser noch mehr „offene Fragen“ zum Thema Mofa. - Ich habe hier die beantwortet, die mir als vielleicht wichtig eingefallen sind. - Wenn meine Leser noch Fragen haben sollten: Ich antworte gerne! - info@motor-kritik.de