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Man denkt nicht immer über alles nach. Es braucht eben manchmal einen Anlass. Für mich war der schwere Unfall während der „Touristenfahrten“ am 5. Juli Anlass, mal über dieses Thema nachzudenken, Fahrer und Organisationen zu befragen. Da fühlten sich dann wohl mal ein Rennstreckenbesitzer – oder z.B. auch der DMSB e.V. - irgendwie „auf die Füße getreten“. - Aber sie haben noch nicht einmal „Aua“ gesagt. Sie sind still geblieben. - Ganz still! - In diesem Fall muss ich dann an eine Jugoslawin denken, wie mir mal – in gebrochenem Deutsch – die Situation in einem ähnlichen Fall so erklärte: „Stilles Wasser – tiefes Loch“! - Ich selbst kann zu diesem Thema – wie im Titel benannt – aber auch aus eigener Erfahrung etwas beitragen:. In den paar Jahrzehnten, in denen ich in Rennen unterwegs war, bin ich am Nürburgring drei Mal in die Leitplanken geflogen. Zwei Mal wurde ich „abgeschossen“ – wie man so schön sagt – ein Mal ist mir bei einem Fronttriebler vorne links das Federbein gebrochen. Die „Ergebnisse“ – und Abläufe – waren immer ein wenig unterschiedlich und mit bestimmt davon, in welcher Art Boden die Leitplankenpfosten gerammt waren, an denen die Leitplanken befestigt waren. - Wenn ich also ein wenig zurück blicke und meine persönlichen Eindrücke mit meinen Recherche-Ergebnisse abgleiche, dann passt eigentlich der Titel zu dieser Geschichte:
Die Leitplanken-, Leidplanken- oder Lightplanken!
Man kann Leitplanken auch als Fußgänger an einem Sommermorgen z.B. im Bereich „Pflanzgarten“ am Nürburgring – nach dem „großen Sprunghügel“ erleben – wenn dann mit ansteigender Tageszeit, auch die Temperaturen ansteigen. Dann wird man zunächst von einem unregelmäßigen lauten Knacken verwirrt. - Was ist das?
- Die Leitplanken dehnen sich bei ansteigenden Temperaturen aus und verrutschen mit lautem Knacken in ihren Langlöchern. Und man weiß: Es ist Sommer am Nürburgring!
Dass Leitplanken auch zu „Leidplanken“ werden können, dass wurde mir durch den letzten bekannt gewordenen schweren Unfall während der „Touristenfahrten“ deutlich. Ein Unfall, dessen Bekanntwerden wohl verhindert werden sollte.
Gerade dieser Unfall ist aber ein Beispiel dafür, dass Leitplanken nicht immer im Falle eines Abkommens von der eigentlichen Fahrbahn schützen, sondern durch eine evtl. vorhandene Sonderfunktion erst ein „normaler Unfall“ zu einem „besonderen Unfall“ werden kann.
Beim schweren Unfall vom 5. Juli 2025, der zu einem Brandunfall wurde, kam es erst zu diesem dramatischen Auseinanderbrechen des Porsche 911 GT3 RS, nachdem der in den „weichen Bogen“ einer an dieser Stelle gebauten „Notausfahrt“ – auch „Sicherheitstasche“ genannt – frontal aufgetroffen ist, was den vorne liegenden Tank des Porsche zur Explosion brachte.
Gerade auf der Nürburgring-Nordschleife haben die Leitplanken auf jedem Kilometer der insgesamt fast 21 Kilometer langen Strecke nicht den gleichen Schutzeffekt, der eigentlich – wie selbstverständlich – von ihnen erwartet wird.
- Die Leitplankenpfosten sind in unterschiedliche Bodenarten gerammt, wovon die Schutzwirkung bei einem Aufprall mit bestimmt wird!
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen 4 Gruppen von Bodenarten, die von leichtem Oberboden bis hin zu festem Fels reichen. Es steht aber außer Frage, dass in jedem Fall ein Setzen der Leitplankenpfosten in Beton, einem normalen Rammen, bei dem der Leitplankenpfosten um mindestens rd. 80 Zentimeter in den Boden versenkt wird, vorzuziehen ist.
- Wie das an anderen deutschen Rennstrecken ist?
Leider hat der DMSB e.V. auf eine entsprechende Anfrage bis heute nicht geantwortet, obwohl – dank der dort vorliegenden Streckenabnahme-Protokolle – eine Antwort leicht fallen müsste!
Auch die Hockenheim GmbH hat auf eine entsprechende Frage – und dann später geschriebene „Erinnerung“ von Motor-KRITIK - nicht reagiert. - Wie ich bereits schon in meiner letzten Geschichte erwähnte:
- Keine Antwort ist auch eine Antwort! - Wenn man diese Art der Kommunikation versteht. - Oder anders: „Stille Wasser – tiefes Loch!"
Auf der Nürburgring-Nordschleife ist mir keine Stelle bekannt, wo ein Leitplankenpfosten in Beton verbaut wurde. Ich habe wohl die unterschiedliche Wirkung von Sicherheitseinrichtungen dieser Art bei eigenen Unfällen erlebt:
Da wurde ich bei rd. 180 km/h von einem Konkurrenten im schnellsten Stück der „Hatzenbach“ abgeschossen, touchierte bei „herumgedrehten“ Fahrzeug leicht die Leitplanken, um dann auf einem Reifenstapel zu landen, von dem drei Reihen vor einer Leitplanke aufgestellt waren, um ein Frontalauftreffen hier zu mildern.
Außer den üblichen „blauen Flecken“, den Druckstellen des Sicherheitsgurts, habe ich hier keine Verletzungen davon getragen. Beim Fahrzeug waren die „Verletzungen“ schon größer!
Ich habe mir aber von Streckenposten (auch Streckenmarshall oder Sportwart genannt) aus dem Wagen helfen lassen müssen, da ich mich bei einem Sprung aus „großer Höhe“ (vom Reifenstapel auf den Boden) sonst vielleicht wirklich verletzt hätte.
Einen zweiten „Abschuss“ habe ich mal kurz vor Erreichen der „Hohen Acht“ erlebt, wo ich „herumgedreht“, dann „platt“ frontal in die Leitplanke einschlug, sozusagen „federnd“ zurück geworfen wurde und dabei „mittschiffs“ in das Fahrzeug einschlug, von dem ich „abgeschossen“ worden war.
- Da wurde ich sogar zu den Sportkommissaren zitiert, weil der Kollege, der mich „abgeschossen“ hatte, mich bezichtigte, ich hätte sein Fahrzeug mit Absicht getroffen! - ??? -
Den dritten Leitplankeneinschlag erlebte ich, als mir bei ca. 200 km/h in der „Rechts“ nach dem „Großen Sprunghügel“ das vordere Federbein links brach. Das war bei einem 24h-Rennen in der Nacht. Dabei versuchte mich die Leitplanke auch zurück auf die Strecke zu befördern, was evtl. mein Tod gewesen wäre, da ein quer stehendes Automobil auf der Strecke an dieser Stelle leicht übersehen werden kann.
Ich habe aber „mit viel Gefühl“ mein Fahrzeug „an der Leitplanke“ halten können. Dabei habe ich dann sicherlich mehr Meter Leitplanken vernichtet als bei diesem Unfall „normal“ gewesen wäre. Aber ich war so auch hier – bis auf die üblichen „blauen Flecken“ – unverletzt.
Ich habe bei diesen Unfällen die Leitplanken jeweils ein wenig anders „federnd“ erlebt. Um es so für meine Leser zu verdeutlichen: Mal mit, mal ohne Dämpfung. (Weil die Pfosten unterschiedlich nachgaben!)
So wäre sicherlich auch ein Unfall – wie gerade beim 24h-Rennen in diesem Jahr erlebt – wo ein Porsche einen Aston Martin aufs Dach beförderte, anders verlaufen, wären z.B. die Leitplankenpfosten an dieser Stelle in Beton gesetzt gewesen.
Aus Sicht der Theoretiker wären in Beton gesetzte Leitplankenpfosten die beste Art für eine Befestigung von Leitplanken, da diese dann auch in idealer Weise die Energie des aufprallenden Fahrzeugs „vernichten“ können.
Aber selbst die FIA war bei einer Streckenabnahme der Nordschleife Anfang 2019 damit einverstanden, dass alles so richtig ist, wie es sich auch heute darstellt.
Es wurden neue – zusätzliche – FIA-Zäune installiert und für neuralgische Punkte der Strecke, der bei einem möglichen Unfall zu erwartende, realistische Einschlagwinkel an Hand von vorhandenen Daten errechnet. Zu den zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen gehörten dann auch z.B. Reifenstapel vor den Leitplanken dazu.
Aber alle Berechnungen sind immer theoretischer Natur. So können Reifenstapel sicherlich schützen, aber auch ein Automobil – wie Ende März 2015 geschehen - über einen FIA-Zaun katapultieren.
Oder ich habe in einer Lounge an Start- und Ziel erlebt, dass das abgerissene Schwungrad eines vorbei fahrenden Rennfahrzeugs nach Überfliegen des FIA-Zauns die Scheibe einer Lounge durchschlug und in einem – zum Glück leer stehenden Sessel – dann „nur“ die Lederpolsterung sehr stark beschädigte. - Nur zufällig saß dort niemand!
Oder anders: Es gibt bei Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife nirgendwo die absolute Sicherheit. Weder für Fahrer, noch für Zuschauer.
- Man kann versuchen Schäden oder Verletzungen zu minimieren, aber auszuschalten sind sie mit Sicherheit nicht!
Man erinnere sich noch mal an einen Unfall der Ellen Lohr bei der DTM im Jahre 1993, wo sie in der „Hatzenbach“ eine „Dreifach-Leitplanke“ umlegte, um dann direkt vor einem kleinen Zuschauerzaun zum Stehen zu kommen.
- Auch hier waren die Leitplankenpfosten in den Boden gerammt! - Aber in welche Art Boden?
Man muss wissen, dass bei der Zulassung für den Einsatz im Straßenverkehr die Schutzplankensysteme einer praktischen Prüfung unterzogen werden. Dabei wird ein Testsystem nach Herstellervorgaben aufgebaut. Die Leitplankenposten sitzen dabei immer in einem so genannten Beton-Streifenfundament. - Weil das als das beste empfunden wird.
Bei der Zulassung für den Straßenverkehr werden Schutzplankensysteme zwar auch einer praktischen Prüfung unterzogen. Dabei wird ein Testszenario nach Herstellervorgaben aufgebaut, bei dem geprüft wird ob die Anforderungen getreu dem Regelwerk erfüllt werden.
- In der StVO findet man aber keine verbindlichen Vorgaben, da die Leitplanken selbst nur mit „BW“ (= auf Bauwerk) benannt sind und nicht als komplexes System mit den Pfosten empfunden werden.
Da ich gerade mit dem Thema „Schutzsysteme“ beschäftigt war, habe ich auch mal versucht festzustellen, warum es jetzt mehr und mehr an Autobahnen diese Betonmauern als Mittelstreifen gibt und keine Leitplanken mehr. So weit ich das als Ergebnis recherchieren konnte:
Damit möchte man verhindern, dass Lkw den Mittelstreifen durchschlagen, was in der Vergangenheit ab und an vorgekommen war. Hinter „vorgehaltener Hand“ war aber auch zu hören, dass dieser „Betonwände“ auch in neuerer Zeit dadurch eine erhöhte Bedeutung erhalten haben, weil schwere SUV’s und Elektro-Automobile in immer größer werdender Stückzahl auf Autobahnen und das in Geschwindigkeitsbereichen unterwegs sind, mit denen sie durchaus die Leitplanken auf dem Mittelstreifen durchschlagen könnten.
- So soll mit „Betonmauern“ der Gegenverkehr geschützt werden!
Und so nebenbei sind auch die Wartungskosten solcher „Sicherheits-Bauwerke“ geringer. Wer da drauf fährt, macht weniger kaputt! - Aber erleidet selber auch einen höheren Schaden, weil in diesem Fall keine Energie durch das „Sicherheitsbauwerk“ vernichtet wird, sondern voll vom Fahrzeug aufgenommen werden muss.
- Da gibt es dann eben auch ein paar Tote mehr! - Mit Sicherheit!
„Beton-Mauern“ sind eben keine „Lightplanken“! - Aber sie sind pflegeleichter!



