Ursula Samary: Die Journalistin, die eine Dame war!

Nun schreibt sie nicht mehr! - Sie ist im Alter von 72 Jahren gestorben. Ich habe es aktuell gelesen und war ein wenig traurig. Nein, ich habe die Dame nicht sehr gut gekannt, aber viele Geschichten von ihr gelesen. Sie waren immer sehr gut recherchiert, weil diese Dame – aus meiner Sicht – auch eine klassische Journalistin war. - Eine gute!

Ursula Samary: Die Journalistin, die eine Dame war!

Ich weiß, dass sie nicht gerade vor Freude in die Luft gesprungen ist, wenn sie zu Zeiten des Nürburgring-Skandals mal wieder eine „frische“ Geschichte von mir zu diesem Thema las.

Als mal ein Leser der Regional-Zeitung, für die sie als Chef-Reporterin unterwegs war, dann bei ihr anfragte, warum man bei Motor-KRITIK doch in vielen Fällen mehr zum Skandal am Nürburgring erfahren könnte, als bei der Zeitung, für die sie schrieb;  da ist sie nicht über diese Internetseiten und ihren Verantwortlichen – Wilhelm Hahne – hergezogen, sondern hat freundlich darauf hingewiesen, dass eine Recherche bei ihr eben – vielleicht – schon mal etwas längere dauere, weil sie ihre Informationen dann noch mal – vielleicht anders als bei einem Wilhelm Hahne - durch eine weitere Recherche absichere.

Sie hat nicht erfahren, dass ich weiß, wie sie damals auf einen Leserbrief reagierte. Aber sie hat so sicherlich auch im Interesse der Zeitung geantwortet, für die sie 46 Jahre und 273 Tage in einem festen Anstellungsverhältnis gearbeitet hat. Zuletzt lange Jahre als Chef-Reporterin.

Auch danach ist sie ihrer Zeitung als freie Mitarbeiterin erhalten geblieben. Sie war in ihrem Auftreten, in ihrer ganzen Art, geradezu eine Visitenkarte für das Druckwerk aus Koblenz, das in dieser Region auch die bestimmende Zeitung ist: Die „Rhein-Zeitung“!

Wir – Ursula Samary und ich - sind direkt nur einmal aufeinander getroffen. Ich erinnere mich, dass ich in der Zeit des Nürburgring-Skandals zu einer Verhandlung beim Düsseldorfer Landgericht gefahren war. Ich war rechtzeitig vor Verhandlungsbeginn da, saß schon einige Minuten auf einem der vielen frei gebliebenen Stühle, als sich die Tür noch einmal öffnete und eine Dame im klassischen Kostüm den Raum betrat. Klassisch dazu auch die Brille und - passend – waren auch ihre Schuhe und Handtasche.

Sie war von ihrem Auftreten her nicht die „rasende Reporterin“, die „viel von sich her macht“. Sie war unauffällig, elegant. Sie war immer eine Dame. - Aber auch immer eine Journalistin, die auf hohem Niveau arbeitete. 

Sie warf mir – „damals“ in Düsseldorf - einen kurzen Blick zu, der schon ein wenig Überraschung beinhaltete, weil sie mich wohl hier nicht erwartet hatte. - Dann begann die Verhandlung.

Ich denke, dass wir beide sehr aufmerksam dieser Verhandlung gefolgt sind. Aber am Ende hat man als Journalist immer noch ein paar Fragen, die man gerne geklärt hätte.

Beim Verhandlungsende erhob sich Frau Samary, ging mit der Handtasche zum Richtertisch, um dem Richter noch ein paar Fragen zu stellen, dessen Antworten sie in einem kleinen Notizblock notierte, den sie ihre Handtasche entnommen hatte.

Dann ging sie wieder zurück zu ihrem Platz um alles zu ordnen und wieder ihren Notizblock zu verstauen.

Das war dann der Moment, den ich – bewusst – genutzt habe, um zu ihr zu gehen, um sie „als Kollege“ zu fragen, was denn der Richter zu ihren Fragen gesagt habe, die ich wahrscheinlich auch ähnlich gestellt hätte. Aber ich wolle nun nicht den Richter noch mal mit ähnlichen Fragen quälen, die sie sicherlich – wie ich annehmen würde – dem Richter auch gestellt habe.

Das war sicherlich frech. - Frau Samary hielt auch einen Moment inne, den sie sicherlich zum Überlegen nutzte. Dann sagte sie: „Natürlich!“ - Sie öffnete ihre Handtasche, zückte ihr Notizbuch und beantwortete meine Fragen mit ihrem Wissen um die Antworten des Richters.

Das war so ein Moment, in dem man „dem Kandidaten 100 Punkte gibt“! - Ich kannte ihre Grundeinstellung mir gegenüber. Aber sie hat mich respektiert. - Immer ganz Dame!

Ich werde diese Kollegin, die ich immer ernst genommen habe, nicht vergessen. Sie war in ihrem Auftreten eine Dame, als Journalistin in ihren Recherchen sehr präzise. Ihre Berichte waren eigentlich – wenn sie die gleichen Themen betrafen, wie sie auch von mir bearbeitet wurden – für meine Arbeit immer sehr wichtig.

Sie bestätigten entweder meine Recherche-Ergebnisse oder sie regten mich an, das Thema noch mal – evtl. von einer anderen Seite – anzugehen.

Eine Kollegin, Ursula Samsary,  hat uns – meine ich – viel zu früh verlassen. Ich hätte sie wahrscheinlich niemals zu meinen Freunden zählen können, weil ich – aus ihrer Sicht – wahrscheinlich so „rücksichtlos“ war und nicht nur Fakten, sondern auch noch Meinung veröffentlichte!

Nun wurde sie – rücksichtslos – von einer bösartigen Krankheit viel zu früh aus dem Leben gerissen.

Ich werde nicht nur ihre „guten Geschichten“ vermissen, sondern auch eine Kollegin, der es gelang – wie „damals in Düsseldorf“ – auch mal über „ihren Schatten zu springen“. - Elegant! - Ganz Dame!

Ich werde wahrscheinlich noch an sie denken, wenn sie von vielen anderen längst vergessen ist!

Wenn mir das – von meiner Lebenszeit her – noch vergönnt sein sollte.

Ich verneige mich vor einer großartigen Journalistin, die auch ein Mensch war. - Und als Mensch eine Dame!

Wilhelm Hahne

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