16. Februar 2013: Lieber Leser!

Karneval ist vorbei. Das normale Leben hat begonnen. Selbst in China haben wir jetzt ein Neues Jahr. Chinesen haben eine andere Zeitrechnung. Auch eine andere Lebensart. Und wir – die deutsche Automobilindustrie – versuchen in China Fuß zu fassen. Wir versuchen die Chinesen zu verstehen. - Wäre es nicht besser gewesen, sich mal mit der Einstellung der mitteleuropäischen Käufer zu beschäftigen? - Unter dem Druck der Vorstände kommt das Mittelmanagement nicht zum Nachdenken. Unter dem Druck der Aufsichtsräte fällt den Vorständen eben auch nichts anderes ein als Druck zu machen. Schließlich möchte man nicht auf Millionen-Einkommen (p.a.) verzichten. - Ich denke „kleiner“. Und schreibe erst einmal:

16. Februar 2013: Lieber Leser!

Auch wenn man in der Eifel lebt, ist man nicht der Welt entrückt. Einer der größten Umschlagplätze für Rauschgift ist in unserem hochverschuldeten Bundesland z.B. das Industriegebiet bei Meuspath. Dabei wird uns das von der Politik als eng angelehnt an den Nürburgring, am Motorsport orientiert verkauft.

Gerade hat man in einem kleinen Eifeldorf in Nähe des Nürburgrings eine „Indooranlage“ zur Anpflanzung von Canabis entdeckt. Nachmittags um 15:30 Uhr rauschte eine Kolonne von rd. einem Dutzend Automobilen (mit unterschiedlichen Kennzeichen!) ins Dorf – und man (die Kripo – alle in Zivil) fand rd. 500 Canabis-Pflanzen. Natürlich waren die „Pflanzer“ nicht aus der Eifel, sondern „Wochenend-Urlauber“ aus NRW. - Wie ich hörte: Aus Düsseldorf.

Mich wundert das nicht. Düsseldorf stellt Ansprüche. Da wird schon mal – mindestens – eine Yacht erwartet. Kann ja sein, dass ich mich verhört habe. Aber eine Jagd muss es schon sein. - Wo? - Natürlich in der Eifel. Und eine? - Na ja! - In der Werbung heißt es: „Nimm zwei!“ - Ein richtiger Düsseldorfer nimmt drei.

Wenn Düsseldorfer in der Eifel jagen, dann ist es nicht mehr weit bis zu einer Canabis-Anpflanzung. Den irgendwoher muss das Geld schließlich kommen. Im Motorsport kommt es aus scheinbar unsichtbaren Quellen. Da fließt es aus Russland, aus Zypern, aus Irland – von irgendwo her. Schwarzgeld? - Wer weiß es?

Wo kann man Geld besser „waschen“, als in der Provinz? Dort regieren schlaue Politiker, die alle anderen für dumm halten. Das ist die Basis, zumal die „Weltpresse“ nur an Geschichten mit „Millionen“ interessiert ist. Darum ist die Eifel wirklich Provinz. - Für die Politiker der Platz um „Infrastrukturprojekte“ zu platzieren. Irgendwer muss schließlich an Irgendetwas verdienen. Und man braucht Vorzeigeprojekte. Denn die nächsten Wahlen stehen immer vor der Tür.

Dabei ist die Eifel nicht so, wie es Menschen von der rechten Rheinseite erwarten: Laaaangweilig! Die Eifel ist die richtige Mischung von allem. Vor allem menschlich macht sie Spaß. Es sind nicht immer einfache Menschen, mit denen man zu tun hat, aber „menschliche“. Sie akzeptieren auch jene, die nicht in ihren Landen geboren sind. Aber sie müssen Menschen sein.

Und da erkennt man dann, wie sehr die Zeit die Menschen verändert hat. Wer denkt denn noch normal? Man bewertet andere Leute an ihren Automobilen, ihren Häusern. In der Eifel bewertet man sie an ihren Wohnzimmerschränken, ihren Küchen. - Das ist von Dorf zu Dorf verschieden. Was wir als Fliege empfinden, ist anderswo eine „Mück“.

Die Eifel ist auf der anderen Seite „weit“. Wandern Sie doch mal über die kleinen Wege der Eifel. Manchmal glaubt man in einem anderen Jahrhundert zu sein: Keine Stromleitungen, kein Empfang auf dem Handy. - Genauso muss es in früheren Jahrhunderten ausgesehen haben. - Ich mag diese Ruhe, die Zeit zum Nachdenken gibt. - Darum sind die Eifler den Großstädtern so überlegen.

Ich war gerade auf einem Empfang zu einem chinesischen Neujahrsfest. Eigentlich war das am Rosenmontag. Gefeiert haben wir es in der Eifel am Aschermittwoch. In einem budischtischen Kloster. Weil wir Andersgläubige akzeptieren. Weil es unseren Horizont weiter macht.

Natürlich waren auch die Kommunal-Politiker vor Ort. Ich habe mit deutschen (!) budistischen Priestern (also mit deutscher Staatsangehörigkeit!) gesprochen, deren Deutsch schon grenzwertig war. - Wie sind die an die deutsche Staatsangehörigkeit gekommen?

Aber ich habe eine Menge gelernt. - Hätten Sie gewusst, dass z.B. das Jahr der „Wasserschlange“ in der chinesischen Zeitrechnung nur alle 60 Jahre auftaucht? - Was mich beeindruckt hat, ist was im Jahr der Wasserschlange vor 120 Jahren in Griechenland passierte: 1893 wurde von der griechischen Regierung der Staatsbankrott erklärt, weil sie nicht mehr in der Lage war ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Das war 1893 im Jahr der Wasserschlange. Und jetzt – im Jahre 2013 – befinden wir uns nach chinesicher Zeitrechnung wieder im Jahr der Wasserschlange. - Sollte Prof. Reitzle noch in diesem Jahr seine Einschätzung der Situation um Griechenland bestätigt bekommen?

Warum ich mich so mit China beschäftige? - Nun, die deutsche Automobilindustrie geht davon aus, dass in China ein bedeutender Teil ihrer Zukunft liegt. Und in der letzten Woche habe ich den ersten Abo-Auftrag aus China erhalten. - Nein, von der deutschen Automobilindustrie habe ich noch keinen Abo-Auftrag.

Aber ich lese in „Auto-BILD“, dass ein Vorstandsmitglied der Daimler AG erklärt hat:

„Insgesamt werden wir noch mal ein deutliches Stück chinesischer.“

Da wird der Abo-Auftrag von Daimler sicherlich bald bei mir eintrudeln. :-)

Wenn ich mich nicht mit China und Motor-KRITIK beschäftige, beschäftige ich mich aktuell mit „BLATTKRITIK“, einem Buch, in dem Anton Hunger (Sie erinnern sich noch an den Porsche-Pressechef?) „vom Glanz und Elend der Journaille“ schreibt.

Ich erinnere mich noch sehr gut an den Tag, an dem Anton Hunger seine Arbeit als Pressechef bei , die Porsche antrat. Arno Bohn (der war auch mal dort Vorstandsvorsitzender) hatte ihn eingestellt. Wendelin Wieding wurde sein neuer Chef. Wiederking entschloss sich die Bohn-Entscheidung zu aktzeptieren. Ich sage: Es war die beste Entscheidung die Wiedeking treffen konnte. Wiedeking wäre heute nicht das, was er in der Öffentlichkeit darstellt. Anton Hunger hat ihn dazu gemacht.

Anton Hunger kennt die Branche durch und durch, kann journalistisch, aber auch strategisch denken. Er kann durchaus zwischen Schwarz und Weiß unterscheiden, wird aber auch ein Grau akzeptieren - wenn es denn der Sache dient.

Stefan Aust, man kennt ihn als langjährigen Chefredakteur des SPIEGEL, sagt auf dem Umschlag des Buches zu Anton Hunger:

„Ich kenne Anton Hunger als Journalist – und ich kenne ihn als Pressesprecher. Auf beiden Bühnen in der oft überhitzten Arena des Medienzirkus spielte er den perfekten Dompteur: schlitzohrig, leidenschaftlich, hintergründig und zuweilen verwegen. Aber immer offen und geradeheraus.“

Schön gesagt. Von Stefan Aust über Anton Hunger. Der schreibt in seinem Buch auf Seite 181:

„Logik der Berichterstattung? Längst haben Personalisierung und Instrumentalisierung die sachliche Analyse verdrängt. Ehtische Standards und journalistische Sorgfaltspflicht weichen zunehmend dem Druck, Auflage und Quote zu machen, egal um welchen Preis. Noch schlimmer wird es dort, wo Rücksichtnahme auf Anzeigenkunden kritische Berichterstattung verhindert. Und verheerend wirkt es sich dort aus, wo aus dem legitimen Bemühen, Auflage zu machen, die Sucht nach Enthüllung zur fragwürdigen Kumpanei zwischen Medien und Informant wird.“

Eigentlich hat Anton Hunger damit erklärt warum man Motor-KRITIK abonnieren sollte. - Oder haben Sie das anders empfunden?

Fortsetzung folgt!
Wilhelm Hahne
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