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Es ist die Zeit der Hauptversammlungen. Der ordentlichen Hauptversammlungen. (Es gibt auch außerordentliche!) Und die Berichterstattung ist entsprechend. Auf einer Hauptversammlung treffen sich nicht nur die Aktionäre, sondern sie werden auch sachlich über die Erfolge „ihrer“ AG informiert und durch die Bekanntmachungen von Beschlüssen des Managements, die Zukunft des Geschäfts betreffend, auch praktisch mit einbezogen. Die Aktionäre können sich auch zu bestimmten Punkten der Tagesordnung zu Wort melden. Mit Voranmeldung bitte. Und die anwesenden Wirtschafts-Journalisten berichten darüber. Natürlich nur über das Wesentliche. Und das ist meistens gut und positiv. Darum will ich hier mal – ausnahmsweise – über „Randerscheinungen“ berichten, die nicht eine breite Öffentlichkeit erreichten – wie das oft auch in der Sache „Nürburgring 2009“ der Fall war. - Nicht nur da spielten Politiker eine ungute Rolle.
„Info-Nest“ Hauptversammlung
Was wir von Hauptversammlungen erfahren, vermittelt sehr oft das Bild von einer heilen Welt. Doch die existiert selbst den den Vorstandsetagen großer und mächtiger AG's kaum. Nach der Zeit des Booms scheint die Industrie überfallartig von einer Krise betroffen. - Was natürlich nicht stimmt, denn die Entwicklung war vorhersehbar. Aber jeder Lenker einer AG war eigentlich davon überzeugt, dass nur seiner Firma die Zuwachsraten im Markt zufallen würden – so hat er es jedenfalls verkauft – und entsprechend die Produktion ausgeweitet.
Der „Kuchen“ ist zwar größer geworden, aber für so manche Firma wurden die „Stücke kleiner“. Und wenn jetzt der Kuchen insgesamt kleiner wird – eigentlich auf eine normale Größe schrumpft – dann jammern nicht nur Vorstände und „deligieren Verantwortung“ ein wenig nach unterhalb. Genau das gleiche tun Aufsichtsräte, die dann mit dem Finger auf Vorstände zeigen.
Während also in den oberen Etagen der großen Konzerne ein Gemetzel begonnen hat (s. dazu auch „manager magazin 3/2013) kann man manchmal auf den Hauptversammlungen interessante Details erfahren, die normalerweise „unter der Decke geblieben“ wären.
Da gab es am 18. Januar die Hauptversammlung von ThyssenKrupp. Vorher hatte es einen gewissen Presse-Wirbel um das Vorstandsmitglied Jürgen Claassen gegeben, dem man z.B. Luxusreisen mit Journalisten anlastete. Der war dann – halb zog man ihn, halb sank er hin – freiwillig ausgeschieden, hatte seinen Rücktritt angeboten, um nicht der Firma größeren Schaden zuzufügen. Schließlich ermittelt inzwischen die Staatsantewaltschaft schon gegen ihn wegen Verdachts der Untreue.
Da konnten selbst die Journalisten kein Loblied mehr auf ihn – und ThyssenKrupp – singen, die von seinen Feudalangeboten profitiert hatten. Nur einer stand ihm auch in dieser schweren Zeit treu zur Seite: Thomas Rommerskirchen, der Herausgeber der Publikation „PR-Magazin“
Im Verlag Rommerskrichen GmbH & Co KG erscheint übrigens auch das Medienmagazin „journalist“, das vom DJV (Deutscher Journalisten-Verband) herausgegeben wird. Dort wird z.B. mein Name – oder der von „Motor-KRITIK“ - nur in außergewöhnlichen Fällen erscheinen, was dann „normal“ ist, wenn man die guten Verbindungen des Herrn Rommerskirchen zu bestimmten Managern der Industrie kennt.
Auf der ThyssenKrupp-Hauptversammlung wollte nun ein kecker Aktionär den Hintergrund für die konstante Positiv-Berichterstattung in „PR-Magazin“ hinterfragen und wissen, wieviel Geld im Jahre 2012 z.B. von ThyssenKrupp an den Verlag des Herrn Rommerskirchen geflossen wäre. Die offizielle Antwort: 120.000 Euro für die Betreuung einer Veranstaltung.
Ich möchte das nicht kommentieren, sondern nun zu einer Aktionärsrede kommen, die am 13. Februar auf der Hauptversammlung der TUI AG, bekannt als Reiseveranstalter, gehalten wurde.
Ich werde die gesamte Rede wiedergeben, so dass meine Leser auch den vortragenden Aktionär bei dieser Gelegenheit näher kennen lernen werden.
Die Rede ist auch deshalb interessant, weil dort auf die Zuverlässigkeit von Wirtschaftsprüfungsinstituten eingegangen und Beispiele gebracht werden. Dabei denke ich dann an 8 Millionen Euro die für die unterschiedlichsten Gutachten in eineinhalb Jahren zwischen 2011 und 2012 von der Landesregierung in Rheinland-Pfalz zur Absicherung von Fehlentscheidungen bei den unterschiedlichsten Projekten ausgegeben wurden.
Und achten Sie bitte auch in diesem Fall auf „die Nähe“, die oftmals zwischen Politik und Wirtschaft besteht, wie man der Darstellung entnehmen kann.
„Meine Damen und Herren,
mein Name ist Hans-Joachim Selenz. Der eine oder andere erinnert sich sicher noch an meine Rede zur Hauptversammlung 2012. Die fand am 15. Februar statt. Ich präsentierte damals zwei Rechnungen der TUI Deutschland GmbH. Es waren die Rechnungen 21 572 und 21 574. Sie betrafen Sylt-Urlaube der Herren Wulff und Groenewold vom 31. bzw. 30. Oktober bis zum 3. November 2007. Angeblich waren die Rechnungen bereits im Vorfeld von Herrn Groenewold beglichen worden. Ministerpräsident Wulff und seine Freundin Bettina Körner konnten somit ihr Zimmer Nr. 135 angeblich nicht mehr vor Ort bezahlen und steckten daher Herrn Groenewold das verauslagte Geld in bar zu.
Beide TUI-Rechnungen wiesen indes als Datum den 2. November aus, also den vorletzten Tag des Sylt-Ausflugs. Somit hätte man den Sylt-Trip durchaus an Ort und Stelle begleichen können. Es gab also eine offensichtliche Diskrepanz zwischen den Aussagen der Beteiligten und den Rechnungs-Daten. Kopien der beiden Rechnungen verteilte ich nach meiner HV-Rede hier im Congress-Centrum in Hannover. Bereits am nächsten Tag, dem 16. Februar, eröffnete die Staatsanwaltschaft Hannover das Verfahren gegen Bundespräsident Wulff wegen eben jener Sylt-Reise und schon einen Tag später, am 17. Februar 2012, trat der Bundespräsident zurück.
Die Staatsanwaltschaft Hannover kann, wie man an diesem Beispiel sieht, sehr schnell sein. Im Fall der kriminellen Vorgänge innerhalb der WestLB/Preussag-TUI-Gruppe war sie es jedoch nie. (Siehe dazu auch meine Rede aus 2012.)
Liebe Aktionäre, ich war Mitglied des Vorstands dieses Unternehmens und habe die ersten Jahre miterlebt, in denen Herr Frenzel das Unternehmen leitete - damals firmierte es als Preussag AG.
Herr Pieper war Ende 1993 als Konzern-Chef ausgeschieden. Zur Hauptversammlung 1991 hatte er erklärt, der Zusammenschluss der staatlichen Salzgitter AG mit der Preussag AG zwei Jahre zuvor sei „goldrichtig“ gewesen. Er kündigte an, die Dividende von 16 auf 18 Prozent zu erhöhen, „wenn der Himmel nicht einstürzt“.
Beachtliche Reserven bildeten die 33 000 Wohnungen der beiden Wohnungsgesellschaften in Salzgitter. Ihren Buchwert gab Pieper mit 1,7 Mrd. DM an, den Versicherungswert mit 10,2 Mrd. DM. Sie können sich das entsprechende Dokument ansehen, das diesen Wert mit exakt 10.159.842.110,-- DM ausweist. Dies alles war Eigentum der Aktionäre. Die Preussag AG hatte 1989 die staatliche Salzgitter AG für 2,442 Mrd. DM „gekauft“.
Den Wert der Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an der Salzgitter AG hatte die WP-Firma „Treuarbeit“ ermittelt. Merke: Nicht immer ist Nomen gleich Omen. Unterschrieben hat das Gutachten Herr Eichner. Im Vorstand der Treuarbeit saß auch Rolf Windmöller, später Chef von Pricewaterhouse Deutschland. Der Deal war extrem praktisch. Da die Preussag zum Zeitpunkt des Erwerbs relativ pleite war, kaufte sie die Salzgitter AG ganz einfach mit dem Inhalt von deren Portokasse. Darin lagen - natürlich rein zufällig - jene 2,5 Mrd. DM, also der Kaufpreis. Den kompletten Rest inklusive der bereits genannten Immobilien und aller Industriebeteiligungen, ein Wert von ca. 15 Mrd. DM, gab es gratis dazu.
Aus der Treuarbeit wurde später übrigens C&L (Coopers und Lybrand) und nach der Fusion mit Pricewaterhouse die WP-Firma PwC (PricewaterhouseCoopers). Ohne diese „ehrenwerte WP-Gesellschaft“, die das Unternehmen seit seiner Gründung, am 9. Oktober 1923 begleitet, ist die kriminelle Historie der West LB und der Preussag/TUI AG gar nicht denkbar. Um die Ausgangslage einmal in ein Bild zu bringen, muss man sich das in etwa so vorstellen:
Sie, liebe Aktionäre, haben ein Haus, bzw. eher eine Villa, erworben - sagen wir mal für 2,5 Mio. DM. Nach dem Erwerb stellen Sie dann fest, dass der Kaufpreis im Briefkasten deponiert war und sie im Keller sogar noch einen Tresor mit 15 Mio. DM finden - in großen Scheinen. „All inclusive“ - wie man das im Tourismus heute bezeichnet. Bei der staatlichen Salzgitter AG müssen Sie all das nur noch mit dem Faktor Tausend multiplizieren. Dann liegen Sie genau richtig.
Das war die Ausgangssituation als meinem Ex-Kollegen Dr. Michael Frenzel im Januar 1994 das Steuer von Herrn Dr. h.c. Friedel Neuber, dem Chef der West LB, in die Hand gelegt wurde.
Beim ersten Meeting der Chefs der Konzerngesellschaften unter Frenzels Leitung - ich vertrat dort die Preussag Stahl AG als größte Tochtergesellschaft des Konzerns - erfuhren wir vom neuen Holding-Chef, Vorgänger Pieper habe im letzten Geschäftsjahr „sein Denkmal mit 50 Mio. DM künstlich erhöht“. Die Abscheu über diesen unglaublichen Frevel war Frenzel ins Gesicht geschrieben.
Frevel, liebe Aktionäre, der da ganz unverfroren mit Ihrem Vermögen veranstaltet worden war. In seiner Amtszeit „werde nicht ein Pfennig aus dem Vermögen des Konzerns zur Ergebnispolitur eingesetzt“.
1996 wurde ich Holding-Vorstand. Ich hatte meinen Bereich durch grundlegende Änderungen in der Metallurgie zum spezifisch ertragreichsten Stahlunternehmen in Europa gemacht. Auch sonst sah es im Konzern noch ganz sauber aus. Doch Frenzel hatte sich im Anlagenbau so schwer verzockt, dass die Verluste anfingen, alle Gewinne der anderen Bereiche aufzufressen. Da gab es Projekte, deren Verluste den Auftragswert um den Faktor 8 übertrafen (s. Bird-Damm).
Frenzel begann, alles Mögliche zu veräußern, um die katastrophale Ergebnis-Situation zu vertuschen. Ende 1997 waren das bereits 2,5 Mrd. DM - Faktor 50 mehr als beim Denkmal-Bau von Vorgänger Pieper. All das begleitet von C&L. Ich forderte daher am7. Januar 1998 schriftlich eine Sonderprüfung des Jahresabschlusses durch eine zweite, unabhängige WP-Firma. In dieser Zeit stand ich übrigens unter Polizeischutz.
Am 4. Februar 1998 bei der bilanzfeststellenden AR- Sitzung wurde mir eröffnet, C&L habe die geforderte Sonderprüfung durchgeführt. Die Firma also, die die gefälschte Bilanz erstellt hatte. Der Fälscher hatte somit die eigene Fälschung selbst erneut testiert. Ich verweigerte daraufhin meine Unterschrift unter den Jahresabschluss und wurde noch am selben Tage vom AR rausgeworfen. Die Verluste wurden später auf die Babcock Borsig AG verschoben. Die ging daraufhin mit 5 Mrd. Euro in Konkurs. Zur HV 1998 wurde den Aktionären ein gefälschter Geschäftsbericht vorgelegt. Darin stand als Bestätigungsvermerk: „Hannover, im Januar 1998 Der Vorstand“. Unter dem Bestätigungsvermerk des WP stand: „Hannover, den 12. Januar 1998 C&L“. Ich war indes im Januar 1998 noch Vorstand, hatte die Sonderprüfung gefordert und habe den Jahresabschluss nie unterschrieben. (s. „Wildwest auf der Chefetage“).
Ich blieb Chef des aus der Preussag herausgelösten Stahlunternehmens, das als Salzgitter AG an die Börse ging. Im AR der neuen Salzgitter AG war ein Mitglied, das gleichzeitig AR-Mitglied der Preussag war. IG Metall-Vorstand Schmitthenner hatte dort alle Fälschungs-Aktionen brav begleitet. Beim Betriebsrat in Salzgitter verbreitete er u. a., ich wolle die o.g. Immobilien für 400 Mio. DM nach Salzgitter zurückholen.
Nach weiteren Falschmeldungen hing ich am 13. Februar 1999 in Salzgitter schließlich sogar an einem Galgen. - Gott sei Dank nur als Puppe. Nach dieser ungeheuerlichen Attacke, direkt neben der KZ-Gedenkstätte Drütte, wo in den letzten Jahren der Nazi-Herrschaft 3500 Zwangsarbeiter von der SS ermordet worden waren, zog ich mich aus der Salzgitter AG zurück.
Viele IG Metaller fühlten sich explizit „missbraucht“ und schämen sich noch heute, dabei gewesen zu sein. Eine offizielle Entschuldigung gab es indes bis dato nicht! Ihr 15-Mrd.-DM-Vermögen, für das ich mich eingesetzt hatte, ist derweil vollständig verbrannt. Inklusive Babcock hat Ex-Kollege Frenzel das Pieper-Denkmal um den Faktor 500 übertroffen.
Am 20. Oktober 2010 hielt ich einen Vortrag bei der DGfK, der Deutschen Gesellschaft für Kriminalistik u.a. über die WestLB/Preussag/TUI-Kriminalität. Die Mitarbeiter des BKA, der LKAs der Bundesländer, des Verfassungsschutzes und privater Sicherheitsfirmen waren erstaunt über die Belege, die ich präsentierte. Einen Teil davon hatte ich als Chef der Salzgitter AG am 19. Oktober 1998 direkt bei der Landesregierung deponiert.
Man sagte mir aber, Untätigkeit der Behörden sei in solchen Fällen nicht ungewöhnlich. Wenn Top-Politiker verwickelt seien, würde die Arbeit der Justiz oft massiv behindert. Im Fall der Preussag war dies der NRW-MP und spätere Bundespräsident Johannes Rau. Rau war in so unsägliche Vorgänge verwickelt, dass die Justiz zur Untätigkeit verdammt war. Im Vergleich zu Rau sind die Verfehlungen Wulffs nicht einmal eine Petitesse und der arme Herr Brüderle ist ein Chorknabe. Inzwischen werden sogar schon Straßen und Plätze nach diesem unsäglichen Menschen benannt.
Ich hatte Ihnen im letzten Jahr berichtet, dass ich die Betrugsvorgänge innerhalb der WestLB/Preussag-Gruppe am 16. November 2000 auch den Herren Dr. Gundlach und Voss von der Staatsanwaltschaft Hannover zu Protokoll gegeben hatte. Beide Herren hätten dabei auf der Welle ihres eigenen Angstschweißes den Raum schwimmend verlassen können. Die politisch weisungsgebundenen Herren Dr. Gundlach und Voss taten indes nichts. Die Folgen waren, wie oben geschildert, dramatisch.
Die 2,5 Mrd. DM, derentwegen ich die Preussag-Bilanz nicht unterschrieb, waren später die Basis des Babcock-Borsig-Konkurses. Ich möchte Sie daher erneut bitten, die unter Punkt 5 der Tagesordnung aufgeführte Beschlussfassung über die Bestellung des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2012/13 abzulehnen. Die beiden Vorstände von Treuarbeit, C&L und PwC, die Herren Eichner und Windmöller hatten sich u.a. schriftlich für eine Bestechung seitens der Preussag bedankt. Herr Eichner sogar auf einem C&L-Briefbogen. Dieser Wirtschaftprüfer-Polit-Justiz-Sumpf muss trockengelegt werden!
Ich danke Ihnen, liebe Aktionäre, für Ihre Geduld und für Ihre Aufmerksamkeit.“
Zugegeben, die geschilderten Beispiele haben keinen direkten Bezug zum Thema Nürburgring. Aber der Kreis schließlich sich vielleicht auch bei Ihnen, wenn sie jetzt noch mal einen Blick auf einen Beitrag der ARD werfen, in der Personen wieder auftauchen, die auch in dieser Geschichte schon eine Rolle spielten.
Ich möchte nicht direkt verlinken, sondern darf Sie bitten, doch einmal folgende Internetadresse anzuklicken:
Nicht nur der Titel „Größenwahn und Selbstbedienung“ passt, sondern Sie werden entdecken, dass nichts in unserem kleinen Deutschland einmalig ist, auch nicht „Nürburgring 2009“. Immer gibt es irgendwelche Details, Zusammenhänge, die einem bekannt vorkommen.
Die filmische Dokumentation, die Sie unter obiger Internetadresse finden wurde im letzten Herbst von der ARD gesendet und beleuchtet die Hintergründe zum Ende der größten und mächtigsten Landesbank in Deutschland.
Man hat also schon ganz andere Brocken in kleine Stücke zerlegt, als „nur“ den Nürburgring. - Zumindest versucht man jetzt das „Infrastrukturprojekt“ zu zerstören.
Darauf wollte ich mit dieser Geschichte hinweisen. - Gibt es vielleicht Fehler im System?
MK/Wilhelm Hahne