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Als freier Journalist habe ich schon über den 1. Oldtimer-GP berichtet. Es regnete Bindfäden. Mercedes war der Hauptsponsor, hatte alle Boxen im „alten Fahrerlager“ belegt und die „Gäste“ aus England (z.B.) standen mit ihren offenen Sportwaren im wahrsten Sinne des Wortes „im Regen“. Damals habe ich nicht nur eine kritische Geschichte geschrieben, sondern auch die Chefredaktion der „Auto-Zeitung“ darauf aufmerksam gemacht, dass man diese „neue“ Oldtimerbewegung in der redaktionellen Planung berücksichtigen müsse. Was geschah. Ich habe dann für „Motor-Magazin“ (auch ein Produkt des Bauer-Verlages, das dann wieder verschwand, wie z.B. auch MOTOR-Poster) in der Folge auch „Oldtimer“ gefahren und darüber berichtet. Ich war nicht zufällig auch der erste deutsche Motor-Journalist der 1977 z.B. bei der „Mille Miglia“ mit einem Vorkriegs-BMW-Sportwagen unterwegs war. (Auch in einer alten Ausgabe der „Auto-Zeitung nachzulesen.) Da sieht man dann vielleicht den 41. Oldtimer-GP ein wenig anders als andere. Zumal man so manche Leute aus der Szene schon seit Jahrzehnten kennt. Aber insgesamt betrachtet, muss man der neuesten Auflage dieser Veranstaltung auf dem Nürburgring bescheinigen: Sie ist ein Spiegel der Zeit.
41. AvD-Oldtimer-GP: Je oller, je doller!
Dazu gehört natürlich auch zu sehen und zu begreifen, dass alles teurer geworden ist. Oldtimer-Sport war immer schon teuer, ist aber kostenmäßig immer weiter abgedriftet, zumal es inzwischen immer mehr reiche Leute gibt. Dafür ist aber der sogenannte „Mittelstand“ weggebrochen. So gibt es dann immer mehr „arme Leute“, die sich diesen Sport nicht mehr erlauben können.
Damit sind auch die Starterzahlen bei den Oldtimer-Langstreckenrennen auf der Nordschleife geschrumpft. Es fehlen die „Kleinen“, die Steyr-Puch, die DKW F12, die vielen NSU TT. Das sicherheitsbewusste Reglement hat auch mit dafür gesorgt dass die Starterzahlen gesunken sind. Die vielen offenen englischen Automobile der „alten Schule“ fehlen. Sie dürfen auf der Nordschleife – aus Sicherheitsgründen – nicht mehr gefahren werden. - Weil irgendwem mal zufällig ein Speichenrad gebrochen ist?
So waren die Startfelder zu den Langstreckenrennen am Freitag relativ dünn besetzt. Aber es waren gute Fahrzeuge unterwegs. Und es gab auch Fahrer, deren Leistungen man optisch als Zuschauer wahrnehmen und einschätzen konnte. Weil die „Renn-Automobile“ ohne alle Fahrassistenz-Systeme und aerodynamische Hilfen sich anders bewegen als ein modernes, „innovatives“ GT3-Fahrzeug. So mancher der „modernen Fahrer-Idole“ würde auf einem alten Sportwagen, wie z.B. einem Porsche 911, Baujahr 1965 „ganz alt aussehen“.
Da tut es gut festzustellen, dass es aber auch bei der relativ jungen Fahrergeneration noch solche wie Frank Stippler und Marco Werner gibt, die richtig Autofahren können.
Marco Werner in einem Porsche 911 (Baujahr 1965) unterwegs, war immer so um eine Minute (pro Runde!) schneller als der Besitzer des Fahrzeugs auf dem gleichen Auto.
Frank Stippler war auf einem Japuar E-Typ zwar Trainingsschnellster gewesen, führte das Feld auch direkt nach dem Start mit klarem Vorsprung an, fiel aber bald aus.
Ein anderer Porsche wurde auch hervorragend bewegt, so dass an der Strecke der Eindruck entstand, hier fährt Walter Röhrl, der auch auf diesem Fahrzeug mit genannt war. Aber Walter Röhrl war nicht gekommen. Seine Frau war in diesen Tage die Treppe hinunter gefallen und hatte sich einen Schädelbasisbruch zugezogen. Da hatte Walter Röhrl dann auf einen Start verzichtet. Der talentierte Fahrer auf der Start-Nr. 47 war: Dr. Armin Zumtobel, ein Österreicher.
Nicht am Start mit irgendeinem Fahrzeug war auch Klaus-Peter Thaler, der sonst immer mit dabei ist und nicht nur früher als Weltmeister auf dem Fahrrad eine gute Figur machte, sondern auch am Steuer von Rennfahrzeugen auf der Nürburgring-Nordschleife.
Klaus-Peter Thaler war beim Training mit dem Fahrrad ein Hund ins Rad gelaufen: Beckenbruch. Da war er froh, dass er zum Zeitpunkt des 41. Oldtimer-Grand-Prix wieder im Rollstuhl sitzen konnte.
Die Langstreckenrennen auf der Nürburgring-Nordschleife machten deutlich, dass der Porsche 911, der in diesem Jahr nun seit 50 Jahren in Stuttgart vom Band läuft, nicht immer der Sportwagen war, als der er an Stammtischen und in Golfklubs gehandelt wurde. - Hier ein paar „Momentaufnahmen“ von der Strecke:
Nach dem Ausfall des Jaguar wurde dieser Porsche 904 GTS als möglicher Gesamtsieger gehandelt. Immerhin umrundete er in seiner schnellsten Runde die Nordschleife in 8:47,237 min. Aber Gesamtsieger des AvD-Historic-Marathon wurde eine Alfa Romeo Gulia Sprint mit 1600 ccm (!!) aus dem Jahre 1965, die u.a. von einer Dame, Daniela Ellerbrock (Hamburg), sehr gut pilotiert wurde. Ihr Co-, der auch das Fahrzeug fürs Rennen vorbereitet hatte, fuhr die schnellste Runde damit in 8:53,047 min.
Das langte, um das Rennen als Gesamtsieger nach 23 Runden zu beenden. Auf Platz zwei kam ein Ford Mustang Mk I ein, dessen fahrerische Besetzung eben nicht ausgeglichen genug war, um Gesamtsieger zu werden. Genauso wie der o.e. Porsche 904 GTS, der mit knapp 38 sec Rückstand auf Platz drei einlief.
Das beste Ergebnis für einen der im allgemeinen immer überbewerteten Porsche 911 war der hervorragend gefahrene 1965er 911 mit der Startnummer 47, die ich oben schon erwähnt habe, mit Platz 5 im Gesamtklassement.
Da der Besitzer des 911 aus dem gleichen Jahr, mit dem Marco Werner so aufsehenerregend schnell unterwegs war, von Werner auf Platz 50 liegend übernommen worden war, reichte es nur noch zu Platz 17 im Gesamtklassement. Da neben einer Reihe von Zweiliter-Porsche 911 auch eine Reihe von Zweiliter-Alfa unterwegs waren, konnten sich die Zuschauer davon überzeugen, dass der Alfa damals eigentlich der Sportwagen war, dem ein Porsche nicht das Wasser reichen konnte.
Ein paar Beweisfotos von der Nordschleife:
Tatsächlich wurde hier ein Porsche von einer Jaguar-Limousine überholt. Porsche-Fahrleistungen waren immer schon nur durch sehr gute Fahrer abrufbar, solche des Alfa konnte man sich praktisch als Fahrer „aus dem Ärmel schütteln“.
Dieser Alfa, der hier keck den späteren Gesamt-Zweiten, den Mustang „ärgert“, war auch ein Zweiliter, der von Frank Stippler und Alexander Furiani gefahren wurde. Schnellste Rundenzeit: 8:35,698 min. Er ist dann leider ausgefallen. Man muss aber wissen, dass unter dessen Motorhaube ein Motor mit Doppelzündung verbaut war, der gegenüber einem „normalen“ Zweiliter ungefähr 50 Mehr-PS aufweist.
Alfa Romeo von dem Spezialisten Alexander Furiani getunt, fallen den Kennern immer durch den besonderen „Sound“ auf, der aber nicht vom Auspuff-, sondern am Ansaugtrakt bestimmt wird. - Achten Sie mal bei einem der nächsten Oldtimer-Rennen darauf. Alexander Furiani ist nicht nur ein guter Alfa-Tuner, sondern gehört auch zu den schnellen Fahrern.
Es war auch schön, mal wieder einer „alten“ Corvette zu begegnen...
So ein „Koffer“ wurde in 9 Minuten um die Nordschleife bewegt, während dafür ein „normaler“ Zweiliter-Alfa – im gleichen Rennen unterwegs – da in seiner schnellsten Runde um 9 sec schneller war und auch einen Platz im Gesamtklassement vor ihm ankam. - Soviel zu „Mythos und Realität“.
Ich habe es nicht über's Herz gebracht, in die „Mercedes-Arenea“ zu gehen, um mir die umfassende Porsche-Ausstellung (einschl. Traktoren) anzusehen. Man konnte ausreichend Porsche auch in den Boxen fotografieren:
Aber am besten hat es mir eigentlich am Freitagmittag an der Nordschleife gefallen. Es herrschte sozusagen Urlaubsstimmung.
Manchmal kam auch der Vergleich an ein Gefangenenlager auf:
Ich habe Leute getroffen, die inzwischen ihre Kamera nicht mehr mitnehmen, weil das Fotografieren an der Nordschleife keinen Spaß mehr macht. - Ich fotografiere Situationen, bin weder ein Schön-Schreiber noch ein Macher von schönen Fotos. Ich fotografiere, was mir auffällt. Hier, wenn etwa ein NSU TT (1300 ccm) einen Porsche 911 (2000 ccm) jagt – und auch später überholt hat:
Zufällig ist das der Porsche mit der Startnummer 21, der später dann von Marco Werner so auffallend gut um die Nordschleife bewegt wurde.
Das man mit einem Zweiliter-Alfa von „damals“ jederzeit auf der Nordschleife einen Zweiliter-Porsche „niedermachen“ kann, dass schrieb ich bereits, kann es auch optisch zeigen:
Läßt man am Ende dieses Oldtimer-Wochenendes noch einmal alle Eindrücke so an sich vorüberziehen, so festigt sich das Bild von einer Veranstaltung, deren Besucher grundsätzlich von anderer Art sind als z.B. die Besucher eines 24-Stunden-Rennens. Aber die Veranstaltung hat sich in ihrer Art und Ausbildung über die Jahre auch stark verändert.
Es gibt nicht mehr die Parkplätze in Ringnähe, wo man auf den BMW-Isetta-Club oder den Renault R4-Club stößt. Die kleinen Markenclubs finden nicht mehr statt. Schon auf den Anfahrtsstrecken fällt beim Beobachten auf, dass weniger Oldtimer als sonst unterwegs waren. Die Besucher reisen mit aktuellen Porsche, Ferrari, Maserati, Mercedes SL und ähnlichen Premium-Fahrzeugen an.
Nachdem der Oldtimer-Markt für kaufmännische Rechner zu einem echten Geschäft geworden ist, hat sich – wenn man vom 1. Oldtimer-Grand-Prix ausgeht – viel geändert. Ein bedeutender Eingriff in die Szene war die Übernahme der offiziellen nationalen Interessen der Oldtimerfahrer im Jahre 2008 durch den ADAC, der hier den DEUVET, den Bundesverband für Clubs klassischer Fahrzeuge e.V. bei einer Sitzung der FIVA (Fédération Internationale des Véhicules Anciens), die zufällig in München (in den Räumen des ADAC) stattfand, ausbootete. - Ohne dass man die DEUVET (die Kurzberzeichnung leitet sich aus DEUsche VETeranen ab) angehört hätte. Die stellten bis dahin die Interessenvertretung der deutschen Markenklubs im Internationalen Verband dar.
Die DEUVET gibt es heute noch immer. Mit einer DEUVET-Card gibt es z.B. auch eine AvD-Mitgliedschaft zum Sonderpreis und eine Wochenendkarte zum Oltimer-Grand-Prix mit einem Nachlass von 50 Prozent.
Auch hier wird die „stille Konkurrenz“ zwischen ADAC und AvD spürbar, die auch schon beim Formel 1-Grand-Prix 2013 für alle aufmerksamen Beobachter deutlich wurde. Der ADAC ist eben ein bedeutsames Wirtschaftsunternehmen, dass sich keine Möglichkeit zum Geldverdienen entgehen lässt.
Aber werfen wir noch einmal einen Blick auf die aktuelle AvD-Verantaltung. Da ist manches „wie früher“:
Alles ist aber auch perfekt durchorganisiert:
Aber vieles kostet nicht nur Geld, sondern kann auch nur mit der sogenannten „ring°card“ bezahlt werden:
Selbst um Hunger und Durst zu stillen, bedarf es dieser Karte, deren ursprünglicher „Verwalter“, die Cash Settlement & Ticketing GmbH inzwischen längst aufgelöst ist und deren undurchsichtige Situation zur Zeit der Liquidation (und vorher) bis heute ungeklärt ist und wohl eigentlich einer staatsanwaltlichen Untersuchung bedarf. - Meine ich.
Aber wen von den Besuchern des AvD-Oldtimer-Grand-Prix haben solche ungelösten Ungereimtheiten gestört?
Da gab es für die Besucher zugängliche Siegerehrungen im Fahrerlager:
Da wurden Siegerfahrzeuge mit Pokalen geschmückt:
Jaguar zeigte seine aktuellen Automobile, Fernsehkoch Johann Lafer bot Sandwiches dar und Christian Danner versuchte klar zu machen, dass man die vielen PS in einem aktuellen Jaguar ja nicht wirklich nutzen muss. Aus Sicherheitsgründen. - ??? -
Da ich gerade ein paar Tage vorher in Luxemburg unterwegs war, ist mir der Unterschied zwischen den Markenbenzinen in Luxemburg...
...und der freien „Mundorf“-Tankstelle am Nürburgring...
...schon aufgefallen. Wer kurze Wege liebt, der muss eben bezahlen. Das gilt auch für die Hotels. So ist es auch kein Wunder, dass ich so genannte „reiche“ Leute, die sich wirklich ihr Vermögen mit harter Arbeit verdienten, in kleinen Pensionen ein wenig abseits des „Rings“ ausmachen konnte.
Auch so manche „Schmuckstücke“ (ehemaliger) deutscher Automobilbaukunst waren auf Parkplätzen, mitten zwischen den „Normalos“ auszumachen.
Der AvD hat die anderen „Normalos“ unter den Besuchern, die z.B. am Freitag den kostenlosen Eintritt an der Nordschleife nutzten, um mal wieder Automobile zu erleben, die nur zum Fahren gedacht waren, nicht vergessen. Die Programmverkäuferinnen waren überall unterwegs, um die Besucher um 5 Euro zu erleichtern. Tatsächlich machte auch so ein Programm auch erst eine wirkliche Übersicht über den Wirrwarr von Altersklassen und Hubräumen der Fahrzeuge möglich.
Als Marco Werner, der zum ersten Mal einen Oldtimer im Rennen fuhr, von seinem Team gefragt wurde, was man denn für den Start mit dem 911 im nächsten Jahr ändern sollte, da hat der gesagt:
„Gebt dem Motor 30 PS mehr und beseitigt mir bitte das Spiel in der Lenkung.“
„Spiel in der Lenkung?“ - Und Marco Werner hat gefragt: „Ist der „Galgenkopf“ eigentlich eine Rechts- oder eine Linkskurve?“ - Und alle haben geantwortet: „Natürlich eine Rechtskurve!“
Da hat ihnen Marco Werner eine Inboard-Aufnahme gezeigt, die während des Rennens entstand. Während Marco Werner „voll“ über den „Galgenkopf“ fährt, beweisen die Aufnahmen, dass er das Lenkrad eindeutig nach links eingeschlagen hat.
Alle haben verstanden und gelacht. - Und Marco Werner hat die Freude seines Teams dann mit der Feststellung unterstrichen:
„Das hat richtig Spaß gemacht!“
Mir übrigens auch. Das Zuschauen und Beobachten bei den Rennen, die Gespräche mit den Zuschauern und den vielen (alten) Bekannten, die ich rings um den „Ring“ getroffen habe. Bei aller Kritik, die – meine ich – auch sein muss: Der 41. AvD-Oldtimer-Grand-Prix ist mir zehnmal lieber als die Veranstaltung, die schon aktuell von BMW am „Brünnchen“ so angekündigt wird: