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Es geht um die Verantwortung, die man als Firma auch gegenüber den eigenen Mitarbeitern zu empfinden und in entsprechende Handlungen, Beistand und Hilfe umzusetzen hat. In der folgenden Geschichte sollen die Abläufe in einem solchen Fall – der leider nicht ideal verläuft – beleuchtet und die Unterschiede zwischen „Dichtung und Wahrheit“ aufgezeigt werden. Dass hier ein „staatliches Unternehmen“ als Beispiel dient ist Zufall. Es geht um ein Ereignis, von dem ein Mitarbeiter der NBG, der Nürburgring Betriebsgesellschaft, betroffen ist, die eine Nachfolgegesellschaft (oder sollte man „Tochter“ sagen?) der inzwischen insolventen Nürburgring GmbH darstellt. - Motor-KRITIK berichtet von...
Soziale Verantwortung: Märchen vs. Realität
Zunächst das „Märchen“, wie man es heute noch auf den Internetseiten der Gewerkschaft „v.erdi“ nachlesen kann. Da hat – angeblich – die Belegschaft der „öffentlichen GmbH“ (deren Betriebssrat) einen „öffentlichen Brief“ geschrieben, der mit den Sätzen beginnt:
„Seit jeher haben wir Mitarbeiter des Nürburgrings mit unserem Fleiß, Können und Enthusiasmus bewiesen, dass wir - egal wem der „Ring“ gehört - das „Herz“ des Nürburgrings sind. Ohne unser Know-How, unserem unermüdlichen Einsatz und unsere überdimensionale Identifikation mit dem Nürburgring würden die Veranstaltungen nicht stattfinden können.“
Und oberhalb dieser Zeilen hat man eine Aussage des Herrn Prof. Niefer (Mercedes) zitiert, der mal gesagt hat:
„Meine wichtigste Erfahrung als Manager ist die Erkenntnis, dass die Mitarbeiter das wertvollste Gut eines Unternehmens sind und damit auch das wichtigste Erfolgskapital. Es sind nie Computer, Roboter, technische Einrichtungen, die zu einem Ziel führen, sondern immer Menschen, die Konzepte zustande bringen.“
Professor Niefer ist schon lange tot und sowohl bei der insolventen Nürburgring GmbH, als auch bei der „neuen Tochter“, der Nürburgring Betriebsgesellschaft GmbH, die nun unter der Geschäftsführung eines ehemaligen Hockenheim-Mitarbeiter, Dr. Karl-Josef Schmidt, arbeitet, der wiederum vom Insolvenz-Geschäftsführer, Prof. Dr. Dr. Schmidt und -Sachwalter Jens Lieser „beaufsichtigt“ wird, die alle im Sinne der Landesregierung von Rheinland-Pfalz mit deren Herauslösung aus der Verantwortung für diese Rennstrecke beschäftigt sind, haben diese Zeilen sicherlich gelesen, aber wohl nicht begriffen.
Es bleibt offenbar wenig Zeit, sich um die Mitarbeiter zu kümmern, die dann in dem „öffentlichen Brief“ versprechen:
„Wir Mitarbeiter stehen zu 100% loyal zum Nürburgring und wollen zusammen mit neuen Gesellschaftern den Ring in eine hoffentlich noch sehr lange und gute Zukunft führen.“
Während die Insolvenz-Sachwalter mit dem Geld der insolventen GmbH großzügig umgehen, wie man an den Anstrengungen erkennt, mit denen sie z.B. den Formel 1-Grand-Prix realisiert haben oder mit entsprechenden Aktionen versuchen, den Nürburgring und die Möglichkeiten mit ihm Profit zu erzielen positiv aussehen zu lassen, ist die Bezahlung so mancher Mitarbeiter auf der „untersten Ebene“ dann nicht gerade fürstlich.
Da arbeitet z.B. jemand, der in den jeweiligen „Industriewochen“ mit sicherstellen muss, dass außer den mit einem Schild kenntlich gemachten „Erlkönigen“ und „Werkswagen“ kein Fremder Zugang erlangt, für einen Stundenlohn – brutto – von 7,00 €, was dann netto einem Betrag von 5 € entspricht. Und das für eine GmbH, die man als „staatlich“ bezeichnen kann, und in einer Zeit, in der in Berlin das Thema Mindestlohn schon lange – allerdings auch kontrovers - diskutiert wird.
So ein „Geringverdiener“ der Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH stand dann am 24. April 2013 vor der Zufahrt zur Nürburgring-Nordschleife, die direkt an der Tribüne 13...
...von der Industrie für ihre Testfahrzeuge genutzt wird. Der Mann hatte den klaren Auftrag, alle Fahrzeuge zurück- und abzuweisen, die nicht an der Front- oder Seitenscheibe durch das Schild „Industriepool 2013“ ausgewiesen sind.
Es war gegen Ende der Testfahrten an diesem Tag, einem Mittwoch, als ein durch das Fahrzeugkennzeichen dem Zulassungsbezirk AW (Ahrweiler) eindeutig zuzuordnendem Alfa Romeo, die Auffahrt in Richtung Rennstrecke benutzen wollte.
Diese Auffahrt ist an diesen Tagen durch aufgestellte Gitter verengt und eine Ampel zeigt eindeutig ROT:
Der diensttuende Nürburgring-Mitarbeiter hat diesen Alfa pflichtgemäßig – entsprechend den klaren Vorgaben seiner Firma – angehalten und den Fahrer darauf aufmerksam gemacht, dass er leider nicht passieren könne, da er nicht zum „Industriepool“ gehöre.
Der Fahrer gab vor, zu einem Filmteam (stereoscreen) zu gehören, das nach Ende der Testfahrten im „Industriepool“ für einen australischen Hersteller (Holden) Filmaufnahmen machen solle und die aufsichtführende Person, die ihn hier stoppte, habe immerhin schon die Kameraleute der Filmfirma einfahren lassen.
Das war zwar richtig, aber dem Nürburgring-Mitarbeiter war auch bekannt, dass dieses Filmteam direkt nach Abschluss der Testfahrten der „Industriepool“-Testfahrzeuge mit den Dreharbeiten zu einem PR- und Marketing-Film, in dessen Mittelpunkt ein australisches Pick-up-Fahrzeug stehen sollte, beginnen würde. Er war darüber informiert, dass zu diesem Zweck die Rennstrecke angemietet worden war. Aber ein Alfa mit AW-Kennzeichen war ihm nicht als dem Filmteam zugehörig gemeldet worden.
Auf das Ende der Testfahrten warteten zu diesem Zeitpunkt vor der Zufahrt drei Fahrzeuge einer einheimischen Firma, die dringend Reparaturarbeiten an Leitplanken und Sicherheitseinrichtungen vornehmen sollte. Einer der Fahrer dieser Fahrzeuge, sowie Testfahrer der Industrie, die auch auf die Freigabe der durch den AW-Alfa versperrten Zufahrt warteten, wurden so Zeugen, wie sich der Fahrer des AW-Alfa die Zufahrt erzwingen wollte.
Dem diensttuenden Nürburgring-Mitarbeiter wurde dabei über den linken Fuß gefahren. Da eine solche „Überfahrt“ schmerzhaft ist und außerdem der überfahrene Fuß eine entsprechende Karosseriebewegung auslöst, hat der Fahrer dann doch angehalten, sein Fahrzeug auf einem Parkplatz abgestellt und sich auch entschuldigt.
Was nicht die Fußverletzung ungeschehen machte, um die sich dann ein an der Strecke anwesender Notarzt sofort kümmerte und nach kurzer Untersuchung den Mitarbeiter ins Krankenhaus Adenau einwies, wo Verstauchungen und Blutergüsse festgestellt wurden. Die Dauer der Behandlung wurde vom diensttuenden Arzt der Chirugischen Ambulanz auf etwa 2 – 3 Wochen geschätzt.
Ein Mitarbeiter der Nürburgring-Streckensicherung hat ebenfalls Kenntnis von dem Vorfall genommen, der dann durch eine Anzeige bei der Polizei in Adenau durch den körperlich Verletzten seine scheinbar logische Fortsetzung fand. (Vorgangsnummer 056012/24042013/2131)
Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat dann auch ein Strafverfahren gegen des Fahrer des Alfa (Az. 2030 Js 29946/13) eingeleitet, das dann überraschend „mangels öffentlichem Interesse“ am 19. Juni 2013 eingestellt wurde.
Der Nürburgring-Mitarbeiter leidet heute – Mitte August - noch unter den erlittenen Fußverletzungen, erhält Spritzen, wobei er sich auch um die Hilfe seiner Firma bei diesem Berufsunfall bemüht hat. Dort gibt man allerdings vor, „von nichts zu wissen“, stellt sich dumm.
So wird dann der Nürburgring-Mitarbeiter z.B. seine Rechtsanwaltskosten in der Sache selber tragen müssen. Niemand hat auch den von ihm benannten Zeugen jemals befragt. Weder Polizei noch Staatsanwaltschaft. Es entsteht der Eindruck, dass „seiner Firma“, der Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH der eigentlich nicht zu leugnende Unfall (?) – mit Personenschaden! - nicht in aktuell gerne dargestellte Bild von „Alles wird gut“ passt. - Man möchte keinen öffentlichen Ärger. Zufällig (?) ist das Verhalten aller „öffentlichen Stellen“ angepasst.
Wie der Schreiber dieser Zeilen in Kenntnis der gerne benutzen staatsanwaltlichen Einstellungs-Formulierungen weiß, ist ein Einspruch gegen so eine Einstellungsverfügung nach § 170 Abs. 2 chancenlos. Jedenfalls wurde das mir im Jahre 2009 von meinem Anwalt für Strafrecht in Wiesbaden so erklärt, als das Ermittlungsverfahren gegen mich, einen Journalisten, das mit einer Hausdurchsuchung eingeleitet worden war (= Verstoß gegen das Grundgesetz) mit zu „geringem öffentlichen Interesse“ eingestellt wurde.
In dem oben geschilderten Fall wird eine „staatliche GmbH durch ihr Verhalten hier auch nicht der sozialen Verantwortung gerecht, die sie auch gegenüber ihren Mitarbeitern hat. - Meine ich.
Ein Motor-KRITIK-Leser erinnert in diesem Zusammenhang (Brief der Mitarbeiter) an den alten Spruch:
„Wenn dein Pferd tot ist: Steig ab.“
Leider kann man niemanden zwingen, sich korrekt zu verhalten. - Man kann nur daraus die Konsequenzen ziehen. - Wenn sonst niemand hilft.
MK/Wilhelm Hahne