Gespeichert von wh am
Ich war Zuhörer bei dem Vortrag eines CDU-Politikers aus der Region, der damit die Frage beantworten wollte, „Wer verteidigt unsere Demokratie?“ - Er sprach über und „von Werten und Wertungen in unserer Zeit“. Der Vortrag dauerte eine Stunde und hatte eine Woche Vorbereitung gekostet. So war der Vortrag – wenn man die „Wertungen unserer Zeit“ anlegt – perfekt gelungen, weil geschickt jedes „Fettnäpfchen“ vermieden wurde. Noch nicht einmal das Wort Nürburgring kam in dem Vortrag vor. Als Alibi-Beispiel musste „Stuttgart 21“ herhalten. - Mir ist dabei auf- und eingefallen, dass sich unsere Vorstellung von Demokratie – und der Umgang damit – über die Zeit verändert hat. Früher war tatsächlich alles ein wenig anders. Heute ist die Demokratie – ich formuliere es einmal unmissverständlich – „mächtiger geworden“. Obwohl hier oft Minderheiten eine Mehrheit regieren.
Erinnerungen an „damals“
Wenn ich das oben angedeutete Verhältnis in Rheinland-Pfalz z.B. im Hinblick auf die Ergebnisse der Landtagswahl auf die Anzahl der Parteimitglieder beziehe, die – so hoffe ich doch – hinter den Aktivitäten der derzeitigen Regierungsmannschaft aus SPD und GRÜNE stehen, so stehen 1,3 Prozent der Bevölkerung dieses Landes dahinter. Aber man kann nicht sagen, dass die Wähler, die bei der letzten Landtagswahl z.B. SPD gewählt haben, das vor dem Hintergrund machten, weil sie wieder Kurt Beck als Ministerpräsident wollten.
Der konnte nur als Regierungschef überleben, weil er sich vorher die Hilfe der GRÜNEN gesichert hatte. Aber fragen Sie, lieber Leser, doch mal einen Wähler dieser Partei, ob er GRÜN gewählt hat, damit Kurt Beck wieder Regierungschef wird.
Es ist geradezu eine Frechheit, wenn z.B. Eveline Lemke in diesen Tagen erklärte – wie im „Kölner Stadtanzeiger“ vom 22. August 2012, Seite 8, nachzulesen:
„Der Wähler habe vor der Wahl von den Ermittlungen gegen die Ex-Politiker (Anmerkung: z.B. Deubel) gewusst und in Kenntnis des Skandals Beck und die Grünen gewählt.'“
Spätestens bei solcher Darstellung (dem Passendmachen von Fakten) muss man erkennen, dass wohl in unserem demokratischen Wahlrecht etwas nicht stimmt. Bitte versuchen Sie das zu verstehen: Die Wähler des Landes Rheinland-Pfalz haben in Kenntnis z.B. des Nürburgring-Skandals den Mitverursacher und Antreiber in dieser Affäre, Kurt Beck, bewusst wiedergewählt. Nicht nur die SPD-Wähler, sondern auch die der GRÜNEN.
Frau Lemke weiß u.a. auch, nachdem sie Erfreuliches von Nürburgring berichtet hatte - ebenfalls im „Kölner Stadtanzeiger“ nachzulesen:
„Die Pleite der GmbH ist also nicht der Weltuntergang für die Eifel.“
Nun, das waren auch in Vergangenheit der Eifel – weit, weit vor der heutigen Zeit - die gewaltigsten Vulkanausbrüche nicht. - Wenn wir einmal die Wahlbeteiligung berücksichtigen, dann ist ROT/GRÜN auf die Gesamtbevölkerungszahl des Landes bezogen, nicht gerade eine Mehrheit, die uns regiert. Und eine auf solche Art erfolgte demokratische Inthronisierung eines „fehlerhaften“ Ministerpräsidenten, wie das dann durch die entstandene „Koalition“ erfolgen konnte, haben sich sicherlich nur kritiklose „Parteisoldaten“, Abhängige und Profitierende gewünscht.
Man muss vielleicht die politische Entwicklung in unserem Land über eine lange Zeit persönlich miterlebt haben, um zu begreifen, was eine Gertrud Höhler, inzwischen 71 Jahre alt, dazu bringt, einem Buch über unsere Bundeskanzlerin den Titel „Die Patin“ zu geben. Junge Journalisten, gleich welchen Geschlechts, finden das unpassend. Sie verhalten sich angepasst. - Wie passend.
Tatsächlich hat sich unsere Demokratie verändert. Es haben auch schon andere Leute, mit geringerer öffentlicher Bedeutung als Frau Höhler, orientiert an regionalen Beispielen
die Entwicklung – die langsam vor sich gehende Verformung – unserer Demokratie kritisch beleuchtet. - Vor Jahren.
So findet sich in einem Beitrag „Zur Komplexität der ökologischen Kommunikatioin zwischen Bürgerinitiative, staatlichen Institutionen, Medien, Parteien und Unternehmen“ von Prof. Dr. Theo Bungarten, am Germanischen Seminar der Universität Hamburg, folgende Feststellungen und Schlussfolgerungen:
„Der sich an diesem 'Wunderland' entzündende Konflikt und dessen kompromisslose politische Austragung zwischen einer Bürgerinitiative, regionalen Vereinigungen, den staatlichen, verwaltungsrechtlichen und politischen Institutionen auf lokaler, regionaler und Landesebene, den Parteien und deren Repräsentanten vor Ort, im Landkreis und im Landtag und der regionalen Wirtschaft wie nationalen Konzernen ist ein Beispiel und ein Lehrstück für Formen des politischen Handelns und die demokratische Realität in der Bundesrepublik. Einmal in ihren kritischen Erscheinungsformen, wie
- Bewusstseinsferne und Distanz der traditionellen politischen Parteien und ihrer gewählten Vertreter auf allen Ebenen der politischen Hierarchie zu ihren Wählern
- daraus resultierende Realitätsferne der politischen Repräsentanten zu den Bedürfnissen, Einstellungen, Werten, Erwartungshaltungen und Handlungsmaximen der Bürger
- strategisches Festhalten in den politischen Zentren der Macht an einmal entwickelten Konzepten trotz besserer Einsicht bis zur demokratischen Kapitulation vor dem Bürger
- taktischer Einsatz von politischen Instrumenten gegen den widerständigen Bürger zur Propagierung und Sicherung der eigenen Position
- Orientierung an wirtschaftlich quantitativem Wachstum auf der Grundlage materialistischer Werterhaltungen.“
Wenn jetzt bei Ihnen, lieber Leser, beim Lesen dieses Zitats der Gedanke aufgekommen ist, dass es sich bei dem oben erwähnten „Wunderland“ um einen Freizeitpark in der Eifel, am Nürburgring handeln könnte, so liegen Sie nicht falsch. - Nur war das eine Planung, die Mitte der 80er Jahre begann und Anfang der 90er Jahre wieder beerdigt wurde. Insofern unterschied sie sich deutlich in ihrer Art und in den Abläufen vom aktuellen Beispiel „Nürburgring 2009“. - Die alte (CDU-)Version trug den Titel „MOTORLAND Nürburgring“.
Natürlich ging es auch damals schon um eine „bedeutende strukturfördernde Maßnahme für den Raum Eifel“, wie der Minister für Wirtschaft und Verkehr des Landes Rheinland Pfalz, Rainer Brüderle (FDP), das formulierte. Die Landesregierung – damals CDU und FDP – wollten aus 44 festen Arbeitsplätzen 200 machen.
Staatssekretär Franz Peter Basten, gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der Nürburgring GmbH, stellte damals fest:
„McKinsey hat den Markt für Freizeitparks weltweit überprüft“ und führte weiter aus: „...zusammenfassend ist Mc Kinsey jedoch zu dem Ergebnis gelangt, das Projekt 'Motorland Nürburgring' sei faszinierend und solle weiterverfolgt werden.“
Rainer Mertel, der damalige Geschäftsführer – natürlich mit einem CDU-Parteibuch – träumte davon, dass 2,5 Millionen Menschen jährlich „Motorland Nürburgring besuchen würden. Das zu einem Zeitpunkt – 1989 – als der Aufsichtsratsvorsitzende der Nürburgring GmbH gerade festgestellt hatte, dass sich die Zuschauerzahlen am Nürburgring von 1984 an um 50 Prozent „auf heute knapp mehr als 300.000 Besucher erhöht“ hätten.
Damals hatte man den Eindruck – ich war Augen- und Ohrenzeuge - dass da noch ehrliche Träumer am Rednerpult standen. Als sich die Finanzierung in der angedachten Form nicht realisieren ließ (25 Prozent Sponsorship, der „Rest“ der Bausumme von 400 Mio DM privat), das wurde das Projekt still beerdigt.
Das wurde der Öffentlichkeit nicht sofort mitgeteilt, sondern man ließ da eine Bürgerinitiative gegen das Projekt zunächst weiter agieren. Rainer Mertel erzählt mir noch kurz vor seinem Tod, dass es ihm damals nur gelungen war, einen einzigen Sponsor aus der Industrie festzumachen. Rainer Brüderle hatte ihm da klar gesagt, dass keine Mark irgendwie staatlicher Gelder fließen könne, „da wir alles für den Aufbau der Wirtschaft im Osten brauchen“. - Das war 1990, nach der Wiedervereinigung. - Unter Berücksichtigung der absehbaren Preissteigerungen hatte man auch für das Projekt einen Finanzbedarf (einschl. Zinsen) von 530 Millionen Mark kalkuliert. Und eine Bauzeit von um 6 Jahren.
Bitte vergleichen Sie das mit den Vorgaben, die von der SPD-Mannschaft, beeinflusst durch hochbezahlte Berater (z.B. Kai Richter) den Baufirmen gemacht wurden. Und wie sich die Baukosten erhöhten. Unvorhersehbar. Sagte man.
Alles war vorhersehbar. Sogar die Pleite. Dass sie so überraschend von Herrn Beck ausgerufen wurde, hatte sicherlich seinen tieferen Sinn darin, dass sich so die Landesregierung unauffällig aus der Verantwortung stehlen konnte. Sie hat sich vom Objekt Nürburgring so getrennt, dass eine Wiedervereinigung unmöglich scheint. - Eine kalkulierte Aktion?
Dann werden wir demnächst eine ähnliche Aktion im Fall des Flughafens Hahn erleben. - Müssen. - Was in diesen Fällen den Bürgern des Landes Rheinland-Pfalz vorgegaukelt wird, ist „Rosstäuscherei“, ein plumpes Täuschungsmanöver.
Auch die vom NAG-Management verbreiteten Halbwahrheiten beweisen, dass – wenn man ehrlich ist – eigentlich die Floskel von den (in Englisch) „deceived deceiver“ benutzen muss, will man die reale Situation mit wenigen Worten verdeutlichen.
Da sagt Jörg Lindner unwidersprochen z.B. der „Rheinischen Post“ (Düsseldorf):
„Unser Pachtvertrag läuft bis zum 30. April 2040. Herr Richter und ich beabsichtigen ihn zu erfüllen.“
Tatsächlich steht im Pachtvertrag unter § 18:
„1. Der Pachtvertrag beginnt am 1. Mai 2010, 0.00 Uhr und endet 20 Jahre nach dessen Beginn. Anschließend hat der Pächter das Recht, die zweimalige Verlängerung um jeweils 5 Jahre zu verlangen.“
Jörg Lindner hat das schon mal addiert: 2010 + 20 + 5 + 5 = 2040. - Aber wo steht denn, dass der Verpächter, die Nürburgring GmbH oder ihr Nachfolger, verpflichtet ist, diese 12 Monate vor dem Ablauf des Vertrages erbetene Verlängerung zu akzeptieren?
Da sagt Kai Richter:
„Und wir mussten 163 Arbeitsplätze aus dem vormals staatlichen Betrieb abbauen.“
Gleichzeitig betont sein Partner, Jörg Lindner:
„Wir haben auch die Verantwortung für knapp 280 Mitarbeiter.“
Zur Zeit des Herrn Mertel wurde die Organisation der Nürburgring GmbH mit 44 Mitarbeitern gestemmt. Und funktionierte. Das ist eine Größenordnung, die auch für andere Rennstrecken dieser Art zutrifft. - Heute noch.
Aber die Herren der NAG gehören – genauso wie die verantwortlichen Mainzer Politiker – zu denen, die der Kraft von hohen und großen Zahlen vertrauen. Aber dann voneinander behaupten, man sei betrogen worden. Zum Beispiel sei mit falschen Zahlen gearbeitet worden.
Dass es bei dem ausgeübten Termindruck – von wem eigentlich? - zu Baumängeln kommen musste, war eigentlich jedem Beobachter, nicht nur den Fachleuten klar, die sich z.T. mit schriftlichen Bescheinigungen gegenüber möglichen Forderungen des Bauherrn abgesichert haben. Und königlich bezahlte Berater, wie z.B. Kai Richter, haben davon nichts gewusst, nichts aufgeschnappt, gehört, zugetragen erhalten?
Nur die Frau des NAG-Geschäftsführers, Jörg Lindner, stellte mir gegenüber klar fest:
„Dass das eine Scheiße ist, das wissen wir doch alle, da brauchen wir doch nicht drüber zu reden.“
Das habe ich auch – für jedermann nachlesbar – in meinem Buch schreiben können, weil es dafür auch Zeugen gibt.
Das erste Konzept eines Freizeitparks am Nürburgring, wurde designmäßig vom Oscar-Preisträger, Rolf Zehetbauer, entwickelt. In den Presseunterlagen von März 1990 ist dazu zu lesen:
„'Motorland Nürburgring' besteht aus einem Komplex von sieben Gebäuden, die architektonisch eigenwillig konzipiert sind und automobile Komponenten darstellen. (s. Foto)
Der Komplex entsteht zwischen Bundesstraße 258 und Haupttribüne Nürburgring.
Abmessungen: Gesamtlänge 700 Meter
Größte Breite: 80 Meter
Größte Höhe: 65 Meter
Umbauter Raum: 500.000 cbm“
Und wurde nicht gebaut, weil die Finanzierung nicht realisierbar war. „Nürburgring 2009“ wurde finanziert. Aber auf eine besondere Art, die einige Beteiligte noch im Herbst dieses Jahres auf die Anklagebank des Landgericht Koblenz bringt. Jetzt beginnt schon die Zeit, wo den so Betroffenen das eine oder andere noch einfällt oder einfallen wird. - Sollte doch Korruption im Spiel gewesen sein?
Zu „Motorland Nürburgring“ sagte damals der Geschäftsführer der Nürburgring GmbH, Rainer Mertel:
„Ein knallhartes Projektmanagement muss allen am Projekt beteiligten 'Künstlern' auf die Finger schauen. In letzter Konsequenz bedeutet dies sogar, dass wir bereit sind, bei erkennbaren Kostenüberschreitungen die Notbremse zu ziehen und Abstriche zu machen.“
Zu „Nürburgring 2009“ ist im „stern“ Nr. 33/2012 (Seite 28) eine Karrikatur zu sehen, die „NEU – KURT'S WURFBUDE“ zeigt. Kurt Beck steht da an einem offenen Fenster, beide Hände voller Geldscheine und ruft:
„Ihr Leut, spielt mit! Gleich werfe ich wieder Geld aus dem Fenster, wer's fängt, darf's behalten.
Und unter der Zeichnung ist zu lesen:
„So wird der Freizeitpark Nürburgring doch noch ein Erfolg“
Kurt Beck hat das immer gewusst. - Aber wer kann darüber lachen?
5 Kommentare
Rheinland-Pfalz ist nur exemplarisch dafür, dass ....
Gespeichert von AJZahn NürburgLeaks am
2010 + 20 + 5 + 5 = 2040
Gespeichert von Joe am
diese Willenserklärung des Mieters habe wir vernommen ,,,
Gespeichert von AJZahn NürburgLeaks am
Mietrecht?
Gespeichert von Ron am
Green and Red
Gespeichert von Albert am