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Weil die Nürburgring-Nordschleife damit eigentlich nicht mehr das ist, was sie einmal war, bevor die EU die Beihilfemaßnahmen Deutschlands als einen Rechtsverstoß charakterisierte. - Damit käme dem Unfall auf der Nordschleife im März 2015 eine besondere Bedeutung zu. Unter Absatz 255 im EU-Beschluss vom 1. Oktober 2014, die staatliche Beihilfe Deutschlands zugunsten des Nürburgrings betreffend, heißt es nämlich: „Nach Auffassung der Kommission wird der neue Eigentümer die Möglichkeit haben, seine Tätigkeiten unter anderen Bedingungen als NH, MSR und CMHN auszuüben und sein eigenes Geschäftsmodell umzusetzen.“ - Ist also der DMSB als Komplice der capricorn NÜRBURGRING Besitzgesellschaft mbH zu sehen, wenn der nun auf der Nürburgring-Nordschleife als Rennstrecke eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 250 km/h (u.a.) einführte und damit das ermöglichte, was die EU-Kommission als richtig und für ihre Entscheidung für den neuen Käufer als mit ausschlaggebend empfand: Die Möglichkeit „unter anderen Bedingungen“ als bisher seine Tätigkeiten auszuüben und „sein eigenes Geschäftsmodell“ umzusetzen? - Oder muss man die Zahl 250 eigentlich in einem anderen Zusammenhang sehen? - Was denn nun?
Warum gibt es eine 250er-Begrenzung?
Tatsache ist: Es gibt auf der ganzen Welt keine Rennstrecke mit einer in bestimmten Bereichen starren Geschwindigkeitslimitierung! - Die Nürburgring-Nordschleife ist damit eigentlich keine Rennstrecke mehr und entspricht damit wohl der Idealvorstellung der EU-Kommission als Basis für das „eigene Geschäftsmodell … unter anderen Bedingungen“ für einen neuen Käufer der Strecke aus der Insolvenzmasse der Nürburgring GmbH, ehemals im (überwiegenden) Besitz der rheinland-pfälzischen Landesregierung.
Das macht neugierig. Man blättert noch einmal gedankenvoll durch die rd. 100 Seiten des EU-Beschlusses, der nach wiederholtem Lesen immer eigentümlicher wirkt, zumal man auch hier auf die Zahl 250 stößt, die den 250sten Absatz auf Seite 83 markiert. Dort ist zu lesen:
„Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der Käufer ein von NG, MSR und CMHN unabhängiges Unternehmen ist.“
Und man gewinnt den Eindruck, dass es auch im EU-Beschluss eine 250er-Grenze gibt, nach der es eigentlich – wie auch auf der Rennstrecke – erst spannend wird.
Unter „254“ findet man:
„Das Kriterium der ökonomischen Folgerichtigkeit dient der Beurteilung, ob der Erwerber der Vermögenswerte diese auf die gleiche Weise wie der frühere Eigentümer oder aber für eine andere Tätigkeit und Strategie nutzen wird.“
Da das Capricorn-Konzept, unter dessen Firmehülle auch der neue russische Investor nicht nur mit Zustimmung des Sachwalters (aber wohl nicht des Gläubigerausschusses) unterwegs ist, die Basis für die Entscheidung der EU-Kommission war, müsste dieser neue Investor auch mit seinen Firmen – gleich ob als Besitzfirma (unter Treuhand-Kontrolle) oder als Pächter (mit entsprechenden Auflagen der Besitzfirma) die im EU-Beschluss benannten Bedingungen und neuen Konzepte erfüllen und umsetzen. - Wenn Capricorn weiter Capricorn ist, ist auch der EU-Beschluss in allen Details – soweit sie als Argumente für diese Entscheidung dienten – für den neuen russischen Investor eine gültige Vorgabe. - Aber wird die auch umgesetzt?
Lesen wir also einmal bewusst im EU-Beschluss weiter:
Unter „256“ finden wir:
„Das Geschäftskonzept der Veräußerer wird vom Erwerber nicht übernommen. Die beiden vorhandenen Rennstrecken (Grand-Prix-Strecke und Nordschleife) werden in Zukunft parallel und separat für verschiedene Zwecke genutzt, die eine internationale Vermarktung von Senderechten ermöglichen. Zu diesem Zweck plant Capricorn den Bau zusätzlicher Einrichtungen und die Ausstattung der Nordschleife mit HD-Kameras. Ein Teil der Einrichtungen, die im Rahmen von Teilbereich II des 'Projekts Nürburgring 2009' gebaut wurden, wird stillgelegt (z.B. Restaurants). Der ring°racer wird veräußert und die ring°card als Bezahlsystem abgeschafft. Im ring°boulevard werden die Retail-Geschäfte zu einem Restaurant-Komplex umgebaut.“
Nun, die ring°card wurde abgeschafft. - Aber sonst? - Wer überwacht, dass das Konzept, das die Basis für die EU-Entscheidung bildete, nun auch Punkt für Punkt umgesetzt wird?
Die EU-Kommission offensichtlich nicht!
In Absatz „257“ lesen wir:
„Außerdem wird sich der Nürburgring nach den Plänen des Erwerbers von einer Tourismusattraktion hin zu einem Technologiecluster und Industriepool wandeln.“
Einen „Industriepool“ gab es eigentlich schon lange. Es kommt darauf an, was die EU damit gemeint hat. Von einer Wandlung hin zu einem „Technologiecluster“ hat man bis heute nichts gemerkt!
Ebenfalls in „257“ zu lesen:
„Der Erwerber plant überdies die Veranstaltung von Messen, Tagungen und anderen Corporate Events am Nürburgring, wobei er selbst stärker als Veranstalter tätig werden will.“
In '“258“ liest man dann u.a.:
„Der Erwerber wird die Vermögenswerte demnach nicht auf die gleiche Weise nutzen wie die insolventen Gesellschaften. Im Gegenteil will Capricorn die erworbenen Vermögenswerte in sein eigenes Geschäftsmodell integrieren und Synergien schaffen, was sein Interesse am Kauf der Vermögenswerte rechtfertigt. Verglichen mit dem gegenwärtigen Geschäftsmodell hat Capricorn ein neues Konzept für die Nutzung der Vermögenswerte entwickelt. ...“
Beschleunigen wir noch bis „261“ durch, wo wir finden:
„Der neue Eigentümer wird die Vermögenswerte unter anderen Bedingungen und nach einem anderen Geschäftsmodell als NG, MSR undCMHN nutzen; der Gegenstand seiner Tätigkeiten wird sich erheblich von dem der Tätigkeiten der Nürburgring-Gruppe unterscheiden.“
Bis jetzt hat man davon „vor Ort“ noch nichts gemerkt. Die EU kümmert sich auch nicht darum, dass dieses „neue Konzept“, im EU-Beschluss aufgeführt, nun auch Punkt für Punkt umgesetzt wird.
Nur der DMSB hat für eine wesentliche Veränderung gesorgt:
- Er hat die Nordschleife zu einer Rennstrecke mit abschnittsweise verbindlichen Geschwindigkeitsbegrenzungen erklärt. Damit ist die Nordschleife zu etwas geworden, was sie niemals war und zu dem es – weltweit! - kein vergleichbares Modell gibt.
Und ein ADAC-Regionalclub führt dort nun nach Zahlung einer Maut durch die Teilnehmer, deren Höhe den Bundesverkehrsminister erblassen lassen würde, eine Gleichmäßigkeitsprüfung über 24 Stunden durch, die wohl irrtümlich z.B. in einer Beilage von „Auto-Bild“ als
„Das größte Rennen der Welt“
bezeichnet wird. Zuschauer werden von teilnehmenden Automobilherstellern z.T. durch ein Naturschutzgebiet zu einem Unfallort gekarrt, der vom DMSB als Auslöser für die verhängten Geschwindigkeitsbeschränkungen auf einer Rennstrecke (!) benannt ist.
Ein neues Geschäftsmodell nach EU-Vorgabe?
Man weiß es nicht, versteht es nicht und kann eigentlich nur verständnislos fragen:
- Warum gibt es eine 250er-Begrenzung?
Auf der Rennstrecke! - Oder gilt die auch beim Lesen des EU-Beschlusses vom 1. Oktober 2014? - Muss man auch dort beim Lesen des Absatzes 250 aufhören?
Man wird doch wohl noch fragen dürfen!