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Es ist fast ein Jahr her, dass wir uns zuletzt im Fahrerlager des Nürburgrings zufällig über den Weg liefen. Hier habe ich ihn oft – zufällig? - getroffen. Wir kannten uns seit seiner Zeit bei der „Auto-Zeitung“, für die ich nach meiner Zeit als Ressortleiter Motorrad dort, dann „frei“ gearbeitet habe, bis man in Köln – sicherlich auch unter dem Einfluss der Industrie – ein „break“ herbeigeführt hat. Gustav kannte „meine Geschichte“ und gehörte auch – wie er mir mal sagte – zu den regelmäßigen Lesern meiner Internetseiten. Er war einer der stillen Beobachter des Motorsports, hatte zu den Entwicklungen in den einzelnen Kategorien und Zeitphasen eine eigene Meinung. Auch zu den menschlichen Qualitäten von Fahrern und Teamchefs, die er als genauso wichtig empfand, wie die beruflichen, sportlichen. - Wir haben uns bei unseren Treffen immer darüber ausgetauscht, haben offen darüber gesprochen. - Und Gustav hat dann schon mal um Verständnis dafür gebeten, dass man im Fernsehen ja nicht unbedingt alles sagen könne was man so wisse. - Ich hatte Verständnis dafür, weil man sich in unserer Zeit – die Zeit in der wir leben – eben in vielen Berufen entscheiden muss: Entweder Geld verdienen oder seinen Beruf komplex ausfüllen. Gustav Büsing hat seinen Beruf zwar ernst, aber ihn eigentlich nur in der von ihm gewählten Form wahrgenommen, weil er so seinen Neigungen nachgehen konnte. Er war ein Fan der Langstreckenrennen, weil hier nicht nur die Techniker ihr Können einbringen, nicht nur der Fahrer sein Talent, sondern auch seine Fahrer-Intelligenz und Konditon beweisen, sondern auch das ganze Team mit seinen Qualitäten glänzen und so in seiner Gesamtheit erst zum Erfolg kommen konnte. - Gustav Büsing gehörte zu jenen, die begriffen hatten, dass der eigentliche Motorsport – oder das was wir beide davon als wichtig empfinden - „langsam den Bach runter ging“. So war es auch durchaus so gemeint, wenn mir mal, mit einer ruhigen – vielen Lesern mit einer aus „Eurosport“ bekannten Stimme das gesagt wurde, was hier zum Titel wird:
Gustav Büsing: „Wilhelm, du hast es gut!“
Natürlich hatte ich mir das 24-Stunden-Rennen von Le Mans bei „eurosport“ angesehen und auch die Kommentare von Gustav Büsing gehört. - Gut, kompetent – sie ergänzten das Bild. - Eigentlich erhält ein solcher „Bild-Teppich“ erst durch die Kommentare eine Struktur, gewinnt Farbe, macht neugierig auf mehr.
Gustav Büsing war niemand dessen Worte eine Beschreibung dessen war, was auch der Zuschauer sehen konnte. Es war eine Ergänzung. Eine, die man sonst wohl kaum erfahren hätte. Gustav Büsing war eben ein Fach-Journalist, ganz auf den Motorsport ausgerichtet.
Er wusste mehr als er sagte, war geradezu anders als das, was wir als Fernsehzuschauer sonst schon mal erleben müssen: Da sagt jemand mehr als er weiß.
Gustav Büsing wusste, dass er „on Air“ nicht alles sagen durfte, nahm immer Rücksicht auf die jeweilige Interessenlage. So kam es denn auch 2014 mal zu der Feststellung mir gegenüber, die hier im Titel zu lesen ist.
Wir hatten uns bei der „Auto-Zeitung“ kennen gelernt, wo er im Sport-Ressort auftauchte. Er kam, wie ich damals als erstes hörte, „aus der Politik“, war bei der FDP gewesen, hatte in einem Ministerium gearbeitet... - na ja, hat man gedacht.
Aber dann hatte man erste Diskussionen mit ihm und merkte, dass er wirklich in Sachen Motorsport ein Wissender war. Er kannte nicht nur „Gott und die Welt“, sondern sich auch in Reglements und „Grauzonen“ aus. Kurz: Man konnte von ihm lernen. Ich habe von den Gesprächen mit ihm profitiert.
Auch später, als es zwischen der „Auto-Zeitung“ und mir kriselte (die Gründe gehören hier nicht hin), war sein Verhalten mir gegenüber, wenn wir uns trafen, unverändert. Wir unterhielten uns sachlich über fachliche Themen; sein Gebiet war nicht „Klatsch & Tratsch“.
Später war er dann selbstständig in einer Redaktiongemeinschaft mit Namen „Team Extra Drei“.
Ich kannte alle drei gut: Lothar Boschen war vorher auch in der Sport-Redaktion der „Auto-Zeitung“ gewesen. Ein guter Typ und nun schon lange tot. - Nun hat es auch den Gustav dahin gerafft.
Am Montagvormittag nach dem Rennen in Le Mans rief mich ein Freund an um zu fragen: „Was weißt du vom Gustav Büsing?“ - „Du, ich denke, der ist nach Spielberg unterwegs“, war meine Antwort, weil ich per Zufall wusste, dass er dort in die Pressearbeit eingebunden sein würde.
„Nein, ich habe gehört, dass der irgendwo in Le Mans im Krankenhaus liegt.“ - Aber der Anrufer wusste nicht was passiert war. - „Ich kümmere mich drum.“ - Und es war schlimmer als ich dachte.
Gustav Büsing hätte in den frühen Morgenstunden des Sonntag mit kommentieren sollen, hatte sich aber telefonisch entschuldigt, da es ihm irgendwie nicht gut ginge und man mit ihm nicht rechnen solle.
Die Kollegen haben sich Sorgen gemacht und den Audi-Rennarzt rüber ins Hotel geschickt. Der hat einen Verdacht auf Herzinfarkt diagnostiziert und sofort für einen Transport ins Krankenhaus gesorgt. Dort wurde die Diagnose bestätigt und man hat Gustav Büsung sofort operiert, d.h. durch das Einsetzen von Stents wollte man die Versorgung des Herzens sicherstellen.
Aber der Zustand von Gustav Büsing war zu diesem Zeitpunkt schon kritisch, so daß man ihn in ein künstliches Koma versetzte. - Sein Auftraggeber an diesem Rennwochenende, „eurosport“, veranlasste dann die Verlegung in eine Pariser Klinik, um eine optimale medizinische Versorgung sicher zu stellen.
Dort ist Gustav Büsing dann am Montag, dem 29. Juni 2015 – offenbar nach einem Folge-Infarkt – verstorben.
Nun ist von den „Extra Drei“ noch einer übrig: Gernot Röthig, auch Ex-“Auto-Zeitung“. Der war mal in Australien, ist wieder hier, hätte schon vor Jahrzehnten tot sein können, als er – mit einem Lancia Stratos – nicht langsam auf der Autobahn unterwegs, in der Höhe von Worringen von einem Ford Transit „abgeschossen“ wurde. - Aber wie man manchmal so lässig feststellt: „Er war noch nicht dran.“
Jetzt ist Gustav Büsing von uns gegangen. Das macht betroffen. Es fällt einem dann auch der Spruch ein: „Die Besten gehen zuerst.“ - Bis man dann in den Spiegel schaut.
Und man stellt fest, dass solche Sprüche auch nicht tröstlich sind. - Und auch nicht richtig.
Die Geschichten die das Leben schreibt, sind nicht vorhersehbar, haben aber bei allen Menschen stets den gleichen Schlusspunkt. - Früher oder später. - Sollen wir uns damit trösten?
Gustav Büsing wird am 21. Juli 2015 in seinem Geburtsort 26121 Oldenburg beerdigt.
Die Beisetzung findet um 12:30 Uhr in der Auferstehungskirche, Friedhofsweg 75 statt. Anschließend ist die Urnenbeisetzung.
„Was der Mensch an Gutem in die Welt hinaus gibt, geht nicht verloren.“
Albert Schweizer hat das gesagt und es steht – passend – über der Traueranzeige, die die Angehörigen versendet haben.
Für sie, für uns, ist das Hinscheiden von Gustav ein Verlust, der uns – jeder auf seine persönliche Art und Weise – betroffen macht.
Gustav Büsing war ein Kollege der besonderen Art, der wie ein Fels in der Brandung von absichtgesteuerten, oft unqualifizierten Äußerungen wirkte. - Auf Gustav's Wort konnte man sich verlassen.
Den Angehörigen mein tiefes Mitempfinden.
Wilhelm Hahne