Flughafen Hahn: Die Affäre aus EU-Sicht

Diese Affäre ist in den Medien aus vielen Blickwinkeln betrachtet worden. Die meisten an der Verkaufsaktion Beteiligten haben da nicht gut ausgesehen. Weder die Landesregierung in Mainz mit den dort eine Führungsrolle einnehmenden SPD-Politikern (Ministerpräsidentin und Innenminister), noch die „begleitende“ KPMG haben hier – wie auch im Fall Nürburgring – eine überzeugende Darstellung ihrer Fähigkeiten, sondern eher mit dem „Fall“ Flughafen Hahn ein weiteres Beispiel für ihre Unfähigkeit geliefert, praxisnahe Lösungen zur Beseitigung von durch eigenes fehlerhafte Verhalten entstandene „Krankheitsbilder“ bei landeseigenen Firmen zu mildern, bzw. „zu heilen“. Über Details, die in ihrer Darstellung den Eindruck vermitteln, dass es sich bei der Landesregierung wohl mehr um eine Art Kindergarten handelt, hat sich die Öffentlichkeit zwar schon empören können, was aber nichts an der Realität ändert. (Auch die letzten Landtagswahlen nicht!) Der Flughafen Hahn ist nach dem Projekt „Nürburgring 2009“ zu einer weiteren Affäre geworden, die man der Landespolitik – und da vornehmlich der SPD – anlasten muss. - Motor-KRITIK wirft nachstehend einmal einen Blick hinüber nach Brüssel, wo auch die EU-Kommission in diesem Fall eine Rolle spielte, die nicht immer ganz durchsichtig war, zumal die Haltung dieser Kommission zu aktuell letzten Fall niemals offiziell befragt wurde. - Musste man in Deutschland annehmen. - Tatsächlich hat diese Aufgabe ein deutscher EU-Politiker (der CDU) in Brüssel übernommen. Er hat Fragen gestellt und sie auch beantwortet bekommen. - Motor-KRITIK stellt Fragen und Antworten der letzten Wochen und Monate einmal nachstehend zusammen, um das Bild das inzwischen entstanden ist, in irgendeiner Form zu schärfen.

Flughafen Hahn: Die Affäre aus EU-Sicht

Dr. Werner Langen gehört als Abgeordneter des Europäischen Parlaments der Fraktion der Europäischen Volkspartei an, da er in Deutschland Mitglied der Christlich Demokratischen Union (CDU) ist. In Europäischen Parlament fallen ihm u.a. folgenden Aufgaben zu:

Vorsitzender
der PANA, eines Untersuchungsausschuss zur Prüfung von behaupteten Verstößen gegen das Unionsrecht und Missständen bei der Anwendung im Zusammenhang mit Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung,
der DASE, der Delegation für die Beziehungen zu den Ländern Südostasiens und der Vereinigung südostasiatischer Staaten (ASEAN)

Mitglied
der DPDE, Konferenz der Delegationsvorsitze
des ECON, Ausschuss für Wirtschaft und Währung

Stellvertreter
im ITRE, Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie
in D-CN, Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China

An der Mosel geboren, interessieren ihn natürlich auch solche Problemfälle aus „seinem“ Rheinland-Pfalz, wie z.B. die Nürburgring-Affäre oder auch die neueste Spitzenleistung der Mainzer Politik, die sich gerade zur Flughafen Hahn-Affäre ausweitet.

So hat er – was in Deutschland bisher unerwähnt blieb – zum Problemfall Flughafen Hahn zwei parlamentarische Anfragen – zur schriftlichen Beantwortung – an die EU-Kommission gestellt. Sie datieren vom 30. Juni und 5. Juli 2016 und wurden am 5. bzw. 18. August 2016 von Frau Margrethe Vestager (48), der EU-Kommissarin für Wettbewerb (seit 2014), im Namen der Kommission beantwortet.

Motor-KRITIK möchte Fragen und Antworten nachstehend unkommentiert seinen Lesern zur Kenntnis bringen:

  • Parlamentarische Anfrage P-005325/2016 vom 30. Juni 2016:

„Betr.: Verkauf des Flughafens Hahn durch das Land Rheinland-Pfalz

Die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen sind momentan dabei, den staatseigenen und hochdefizitären Flughafen Hahn im Hunsrück zu verkaufen. Auch ein privater Betreiber soll in Zukunft staatliche Subventionen erhalten. Im Rahmen des Verkaufsprozesses wurden von der Landesregierung des Landes Rheinland-Pfalz mehrere Behauptungen zu europarechtlichen Einschränkungen hervorgebracht. So wurde angeführt, dass das Land den Flughafen auf jeden Fall an den höchst bietenden Interessenten verkaufen muss und dass seitens des Landes das Geschäftskonzept des Käufers nicht bewertet werden darf.

Kann die Kommission dazu folgende Fragen beantworten:

1. Ist es korrekt, dass nach aktuellem EU-Recht bedingungslos ausschließlich der Bieter mit dem höchsten Angebot den Zuschlag beim Verkauf eines öffentlichen Unternehmens erhalten darf?

2. Wenn nicht, welche anderen Kriterien dürfen bei der Verkaufsentscheidung berücksichtigt werden?

3. Ist es richtig, dass das Land vor dem Verkauf das Geschäftskonzept eines Käufers nicht bewerten darf und die Kommission dies ausdrücklich verboten hat.“

  • Antwort von Frau Vestager im Namen der EU-Kommission am 18. August 2016:

„Um zu gewährleisten, dass im Rahmen des Verkaufs eines Unternehmens durch eine öffentliche Stelle keine Beihilfe gewährt wird, gilt der allgemeine Grundsatz, dass sich die öffentliche Stelle so verhalten sollte, wie es ein privater Verkäufer unter vergleichbaren Umständen tun würde.

Zwei Kriterien sind im Hinblick auf die Frage des Herrn Abgeordneten von ganz besonderer Relevanz. Erstens dürfen bei dem Verkauf keine Bedingungen gelten, die bei vergleichbaren Geschäften zwischen Privaten nicht üblich sind, und zweitens muss das privatisierte Unternehmen an den Meistbietenden verkauft werden.

Neben dem angebotenen Preis ist davon auszugehen, dass ein privater Verkäufer beispielsweise die Fähigkeit des potenziellen Käufers, den vereinbarten Preis zu zahlen, sowie die Risiken und Verbindlichkeiten, die die einzelnen Bieter dem Verkäufer im Falle eines Kaufs auferlegen würden, als Entscheidungskriterien heranziehen würde. Ein Verkäufer hat auch die Möglichkeit, potenzielle Käufer über ihre Rechten und Pflichten im Zusammenhang mit dem Verkauf zu unterrichten, wie diejenigen, die sich aus der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung ergeben.

Generell sind die Einzelheiten des Geschäftsplans eines potenziellen Käufers kein relevantes Kriterium für die Auswahl des besten Angebots. Denn in der Regel ist nicht davon auszugehen, dass die Zukunft des zu veräußernden Unternehmens für einen privaten Verkäufer von Bedeutung ist. Unter bestimmten Umständen können die künftigen Tätigkeiten des zu veräußernden Geschäfts für einen privaten Verkäufer jedoch von Belang sein. In diesen bestimmten Fällen könnte ein öffentlicher Verkäufer bestimmte Elemente der Geschäftspläne der Bieter berücksichtigen.

Im Hinblick auf den Flughafen hat Deutschland die Kommission über die eingereichten Angebote und das ausgewählte Angebot unterrichtet. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Kommission zu bewerten, ob ein Geschäftsplan solide oder ein Bieter geeignet ist.“

  • Parlamentarische Anfrage P-0005471/2016 vom 5. Juli 2016:

„Betr.: Ausnahmeregelungen beim Verkauf des Flughafens Hahn

Der Regionalflughafen Hahn konnte in der Vergangenheit nur durch beachtliche Kapitalzufuhren durch den größten Anteilseigner Rheinland-Pfalz vor der Schließung bewahrt werden. Trotz der Schuldenübernahme und trotz des Ankaufs von Teilen der Infrastruktur durch das Land weist der Flughafen nach wie vor hohe Defizite auf, die aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage auf Dauer existenzbedrohend sein können, falls es nicht gelingt, die Fracht‐ und Passagierzahlen deutlich und dauerhaft zu stabilisieren.

Kann die Kommission vor diesem Hintergrund folgende Fragen beantworten:

1. Liegen der EU-Kommission die Betriebsergebnisse des Flughafen Hahns vor und hat die EU-Kommission die Vereinbarkeit der bisherigen und zugesagten Staatsbeihilfen mit den Flughafenleitlinien geprüft bzw. genehmigt?

2. Hat die Kommission auf Antrag dem Land Rheinland-Pfalz über die Leitlinien hinausgehende Ausnahmeregelungen zugesagt; wenn ja, welche?

3. Wie beurteilt die EU-Kommission die bisher eingetretenen Verzögerungen im Verkaufsprozess aufgrund der Zweifel an der Bonität des Käufers im Hinblick auf den dauerhaften Flugbetrieb auf dem Flughafen Hahn?“

  • Antwort von Frau Vestager im Namen der Kommission am 10. August 2016:

„Deutschland hat der Kommission keine neueren Betriebsergebnisse übermittelt. Im Jahr 2014 nahm die Kommission einen Beschluss über die Finanzierung von Maßnahmen (Kapitalerhöhung und direkte Zuschüsse vom Land Rheinland-Pfalz und vom Land Hessen) zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn an. Diese Maßnahmen wurden auf der Grundlage der Luftverkehrsleitlinien von 20051und 20142wettbewerbsrechtlich bewertet und genehmigt.

Die Kommission hat dem Flughafen keinerlei Ausnahmeregelungen gewährt, die über das hinausgehen, was nach den Luftverkehrsleitlinien zulässig ist.

Es fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Kommission zu bewerten, welche Auswirkungen die Verzögerungen beim Verkaufsprozess auf den Geschäfts‐ und Flugbetrieb des Flughafens haben.

1 Gemeinschaftliche Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen (ABl. C 312 vom
9.12.2005, S. 1)
2 Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften (ABl. C 99 vom 4.4.2014, S.3).“

Diese Veröffentlichung kann vielleicht die bisherigen Detailschilderungen in den Medien zur Flughafen-Affäre ergänzen und den Motor-KRITIK-Lesern eine breitere – bessere - Basis zur Beurteilung des Falles vermitteln.

MK/Wilhelm Hahne
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