21. April 2018: Lieber Leser!

Es ist erstaunlich, wie gerade junge Leute gar nicht so sehr an dem interessiert sind, was gestern war. Obwohl das eigentlich auch verständlich ist. - Die Zukunft liegt vor ihnen. - Darum interessiert sie auch nicht, dass eine Start-Aufstellung, wie sie im Mai beim 24h-Stunden-Rennen zu sehen sein wird, nicht nur für Le Mans typisch war (daher auch Le Mans-Start genannt), sondern dass auch schon – vor ihrer Zeit – und selbst so noch aktuelle Rennfahrer wie Martin Tomczyk zählen dazu – am Nürburgring so gestartet wurde. Mit dem kleinen Unterschied, dass da die Fahrer gegenüber ihren schräg zur Strecke eingeparkten Fahrzeugen Aufstellung genommen hatten, beim Start-Signal zum Auto sprinteten, den Motor starteten und – ab ging die Post. - Das ginge heute selbst bei Serienwagen nicht mehr, weil sich der Fahrer zunächst festschnallen, sich mit dem Funkgerät verkabeln müsste, und, und, und. - Auch bei den modernen Rennsportwagen würde das schon nicht mehr funktionieren, weil zum Startvorgang gleich mehrere Renn-Ingenieure gebraucht werden. - Schlüssel umdrehen und der Motor läuft – das war gestern! - Und ein Riesenrad am Nürburgring? - Alles schon dagewesen. Da sorgte z.B. an einem Rennwochenende im Jahr – über mehrere Jahre – Renault dafür, dass man umsonst Riesenrad fahren konnte. Das waren Familien-Wochenenden! - Da  konnten sogar die Mütter im neuen Fahrerlager ihr Baby wickeln. - In 2018 kostet das Riesenradfahren vier Euro und Baby wickeln ist nicht. - Was sich nicht geändert hat über alle Jahre ist das Wetter. - Mal ist es im April heiß, mal zur gleichen Zeit kalt, manchmal schneit es sogar im April. - Ja, ja, der April! - Der macht was er will!

21. April 2018: Lieber Leser!

Gestern, also am 20. April war das Wetter auch sehr schön. Ich bin da unterwegs irgendwo eingekehrt, wo ein paar ältere Herren schon genüsslich einen Kaffee tranken. Wir kennen uns. Also war es nicht ungewöhnlich, dass einer den anderen sagte:

„Jetzt wollen wir doch mal hören, ob der Wilhelm sich noch erinnern kann.“

Da habe ich schon lachen müssen, da ich weiß, zu welcher Zeit diese „jungen Alten“ die Schule besucht, in welcher Zeit sie schon gelebt haben. Und ich habe schon mal vorbereitend geantwortet:

„Nun fragt mich bitte nicht nach 14/18. - Daran kann ich mich nicht mehr erinnern!“

Wir haben gemeinsam gelacht. - Aber es ging natürlich darum, ob ich wüsste, wer an diesem Tag Geburtstag hatte. Natürlich wusste ich das. Das haben wir alle in der Volksschule gelernt. - Lernen müssen!

Und ich habe gestern neu hinzu gelernt, dass hier in einer Eifeler Volksschule (so hießen die damals) dann vor dem Unterricht ein Gebet gesprochen wurde, das aber nicht so sehr von christlichem Denken bestimmt war.

Natürlich haben wir auch über‘s Wetter gesprochen. Ich habe daran erinnert, dass ich an so einem Wochenende im April, exakt am 23. April 1967, als Zuschauer beim Eifelrennen, auf dem „Promenadenplatz“ vor dem „Sporthotel“ im Schnee gestanden habe. In der Woche vorher war es noch 20 Grad warm gewesen. - Aprilwetter eben! -

Das war das Jahr, in dem mein Bruder Hubert an diesem April-Wochenende in langen Telefonaten den BMW-Vorstand dazu brachte, die BMW Formel 2 doch noch starten zu lassen. BMW-Rennleiter Alex von Falkenhausen hatte strikte Anweisung, die Rennfahrzeuge nicht mehr einzusetzen, obwohl das Team komplett zum Nürburgring angereist war.

Bruder Hubert hat dann noch den letzten Einsatz der BMW Formel 1, die eigentlich Lola T 100 mit Zweiliter-BMW-Motoren waren, hier auf der 7,747 km langen Strecke der Südschleife, die um die so genannte „Betonschleife“ ergänzt war, sicher stellen können. - Der BMW-Vorstand hatte gnädig den Start erlaubt.

John Surtees wurde mit einem der BMW-Werkswagen im Rennen dann Zweiter, mein Bruder Vierter. Sieger wurde Jochen Rindt, Jacky Ickx mit einem Matra Dritter.

Damals wurden an einem Wochenende noch Motorrad- und Auto-Rennen gemeinsam ausgetragen. Die Rennsportbegeisterung war damals sehr groß und der Veranstalter musste keine Zahlen erfinden, wenn er für dieses Eifelrennen 1967 180.000 Zuschauer nannte.

1968 war es zum Eifelrennen – exakt am 21. April – dann mal wieder richtig heiß. - Aprilwetter eben! - Da musste dann sogar der Lauf der 500er-Motorräder wegen eines Waldbrandes abgebrochen werden. Sieger war Giacomo Agostini. - Da sollen sogar 200.000 Zuschauer angereist sein.

Damals hatte Adenau noch einen Bahnhof und man muss erlebt haben, wie sich eine scheinbar unendliche Kette von Rennfans durch Adenau – zu Fuß! - hinauf zur Rennstrecke bewegte. Wer weiß schon noch, dass mal in Adenau ein Bach offen durch die Stadt lief? - Dafür gab es auf der Hauptgeschäftsstraße der Stadt dann auch keine Leerstände bei Ladengeschäften.

Heute sieht das in der Stadt Adenau anders aus. Sie wirkt schon ein wenig „tot“, mit den leeren, eckigen, trüben Augen der verstaubten Schaufenster von leeren Läden.

Anders am Nürburgring. - Obwohl es heute am Nürburgring kein Rennen gab, konnte dort aber rund um die Nordschleife hunderte parkende Automobile erleben, deren Insassen den Touristenfahrern auf der Rennstrecke ihr Interesse widmeten und beim Kommentieren der Fahrkünste so mancher Möchte-gern-Rennfahrer eine Menge Spaß hatten.

Nicht immer ging alles glimpflich ab. Manchmal wurden aus den 30 Euro, die man heute für eine Runde Nordschleife zahlen muss, wenn man sie als „Tourist“ befahren möchte, auch schnell viele tausend Euro.

Aber das ist hier am Nürburgring inzwischen zur Normalität geworden. Darum war ich auch nicht erstaunt, wenn mir heute am späten Nachmittag ein Krankenwagen, gefolgt von einem Notarztwagen begegnete.

Damit Sie einen Eindruck von einem 21. April 2018, exakt 50 Jahre nach dem Eifelrennen 1968 erhalten, hat der gleiche Mann, der damals in der Sonne, inmitten von 200.000 Besuchern spannende Rennen erlebte, ein Jahr vorher dort im Schnee stand, jetzt in 2018 ein Stimmungsfoto gemacht, dass die Eifel so zeigt, wie sie im April immer schon mal sein kann: Sonnig, alles grünt – aber in 2018 bringt ein gelber Abschleppwagen einen der Unfallwagen – bei den Touristenfahrten etwas „verbogen“ - hinunter nach Adenau.

Unauffällig dem Krankenwagen und Notarzt folgend.

  • Die Eifel, Nürburgring und Eifelwetter am 21. April 2018.

Die Zeit ist nicht stehen geblieben. Es hat sich in 50 Jahren einiges geändert!

Ich bin z.B. kein Eifel-Besucher mehr. - Ich lebe in der Eifel!

MK/Wilhelm Hahne

 

Durchschnitt: 4.9 (bei 43 Bewertungen)

Kategorie: 

+ Hinweis für Leser – nicht nur an einem Abonnement Interessierte! +

 

Lieber Leser,

 

Motor-KRITIK ist vollkommen werbefrei, aber – darum – auch ein wenig abhängig von seinen Lesern. - Oder anders: Von Einnahmen. - Nicht alle Leser mögen sich gleich für ein Abo entscheiden.

Wenn Sie ab und an mal auf diesen Seiten vorbei schauen und Ihnen der hier gebotene investigative Journalismus gefällt, dann machen sie doch einfach ihre Zustimmung durch eine kleine Spende deutlich. - Auch kleine Beträge können – per Saldo – eine große Hilfe und Unterstützung sein!

Meine Kontendaten – auch wenn Sie Abonnent werden wollen - finden Sie HIER.

 

Danke!