Gespeichert von wh am
Dieter Weidenbrück, der Pressesprecher hat noch gestern sehr detailliert geschildert, was bei der Verhandlung am gleichen Tag beim EuGH in Luxemburg in der Klage des Vereins „Ja zum Nürburgring“ gegen die Europäische Kommission in Sachen Verkauf des Nürburgrings so vor sich ging. Zusammenfassend möchte Motor-KRITIK hieraus die wichtigen Passagen zitieren: „Heute fand die mündliche Verhandlung der Klage des Vereins "Ja zum Nürburgring" vor dem Europäischen Gericht statt. Wie zu erwarten war, wurde heute kein Urteil verkündet. Die weitere Vorgehensweise steht im Ermessen des Gerichts. ...Wer nicht da war, darf sich gratulieren, dass er/sie die Zeit nicht geopfert hat. Für einen Außenstehenden ist es nahezu unmöglich, der Diskussion zu folgen. Vieles dreht sich um Verfahrensfragen, referenzierte EuG/EuGH- oder BGH-Urteile, Randnummern aus Dutzenden von Anlagen, die im schriftlichen Verfahren eingereicht wurden. Ich habe das Glück, Zugriff auf alle Unterlagen zu haben, so dass ich dem Ganzen folgen konnte. Aber um es klar zu sagen: das ist ein Feld für Spezialisten im EU-Recht.“ - Wir wissen nun alle, dass Dieter Weidenbrück der Verhandlung folgen konnte. Ich erinnere mich bei dieser Gelegenheit dann daran, dass Dieter Weidenbrück mir nicht folgen konnte, als ich den Wahnsinn der Landesregierung von Rheinland-Pfalz bei Umsetzung des Projekts „Nürburgring 2009“ immer wieder in aktuellen Details schilderte und die immer wieder „neuen Konzepte“ der Politiker hinterfragte um der Öffentlichkeit begreiflich zu machen, dass das Ganze ein schlimmes Ende nehmen, im Chaos enden würde. - Die Empfehlung von Dieter Weidenbrück damals an mich: „Man muss sich pragmatisch verhalten.“ - Ich habe mich bei dieser Gelegenheit zu „pragmatischem Verhalten“ an das der Ortsgruppenleiter erinnert, die sich wenige Tage nach Kriegsende dann als Widerstandskämpfer darstellten. Sie passten ihre Meinung immer aktuell den „bestimmenden Fakten“ an, verhielten sich „pragmatisch“. - Ich persönlich bin nach diesem Erleben bei Äußerungen meiner Meinung da lieber „unpragmatisch“, dafür klar und verständlich geblieben. - Immer!
Zur Fleißarbeit des Pressesprecher von JzN
Klar und verständlich, so dass es den Lesern einen Nutzen gebracht hätte, wird wohl niemand von so einer Gerichts-Verhandlung berichten können, wie sie gestern vor dem EuGH in Luxemburg stattfand. Aber die Fleißarbeit des Pressesprechers von „Ja zum Nürburgring e.V.“ ist zu loben. Nur:
- Was hat sie den Leuten vermittelt, die nun Beifall spenden?
Damit diese Leser wenigstens wissen, worum es eigentlich im Detail geht, möchte ich hier nachfolgend die verständliche Zusammenfassung der Klagepunkte einkopieren, wie sie am 12. Oktober 2015 zur Klage des Vereins „Ja zum Nürburgring“ im „Amtsblatt der Europäischen Union“ veröffentlicht wurden.
Ich habe sie für Motor-KRITIK optisch etwas übersichtlicher dargestellt, aber diese „amtliche“ Veröffentlichung ist dabei unverändert geblieben:
Klage, eingereicht am 10. Juli 2015 — Ja zum Nürburgring/Kommission
(Rechtssache T-373/15)
(2015/C 337/20)Verfahrenssprache: Deutsch
Parteien
Kläger: Ja zum Nürburgring e.V. (Nürburg, Deutschland)
(Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. Frey, M. Rudolph und S. Eggerath)Beklagte: Europäische Kommission
Anträge
Der Kläger beantragt,
— den Beschlusses C(2014) 3634 final der Kommission vom 1. Oktober 2014 betreffend die
staatliche Beihilfe Deutschlands SA.31550 (2012/C) (ex 2012/NN) zugunsten des Nürburgrings teilweise für nichtig zu erklären,
— der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.Klagegründe und wesentliche Argumente
Zur Stützung der Klage macht der Kläger neun Klagegründe geltend.
1. Erster Klagegrund: Falsche Feststellung des relevanten Sachverhalts
Der Kläger macht geltend, dass die Kommission gegen Art. 108 in Verbindung mit Art. 107 AEUV sowie Art. 17 EUV verstoßen habe, indem sie ihre beihilferechtliche Kontrollpflicht nicht erfüllt und ihrem Beschluss in entscheidungserheblichen Punkten einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt habe.2. Zweiter Klagegrund: Offensichtlicher Fehler bei der Beurteilung der angeblichen Finanzierungsbestätigung An dieser Stelle wird vorgetragen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begehe, wenn sie meine, dass der Erwerber der nach dem Bietverfahren veräußerten Vermögenswerte eine Finanzierungsbestätigung eines Finanzierungspartners vorgelegt habe.
3. Dritter Klagegrund: Verletzung von Art. 107 und Art. 108 AEUV, von Art. 4 Abs. 4 und Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 ( 1 ) sowie offensichtliche Beurteilungsfehler.
Im Rahmen des dritten Klagegrundes macht der Kläger unter anderem geltend, dass die durch die rechtswidrigenBeihilfen verursachten marktübergreifenden Wettbewerbsbeschränkungen durch die Veräußerung zementiert worden seien. Ferner hätte die Rückforderungsverpflichtung aufgrund der wirtschaftlichen Kontinuität auf den Erwerber der nach dem Bietverfahren veräußerten Vermögenswerte erstreckt werden müssen. Er ergänzt, dass die Veräußerung eine neue staatliche Beihilfe zugunsten des Erwerbers darstelle.4. Vierter Klagegrund: Verletzung von Art. 107 und Art. 108 AEUV sowie offensichtliche Beurteilungsfehler
Der Kläger trägt an dieser Stelle im Wesentlichen vor, dass das Veräußerungsverfahren nicht im Rahmen eines transparenten und diskriminierungsfreien Bietverfahrens durchgeführt worden sei und dass daher die betroffenen Vermögensgegenstände nicht zum Marktpreis veräußert worden seien.5. Fünfter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 durch beihilferechtliches Negativattest.
Der Kläger macht im Rahmen von diesem Klagegrund geltend, dass die Kommission gegen Art.108 Abs. 2 AEUV und Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 verstoßen habe, indem sie die Veräußerung im Rahmen des Bietverfahrens nicht als neue staatliche Beihilfe eingeordnet und das förmliche Prüfverfahren nicht eröffnet habe. Sie ergänzt, dass sich der Kommission Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt hätten aufdrängen müssen.6. Sechster Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht
Nach Auffassung des Klägers habe die Kommission gegen ihre in Art. 296 Abs. 2 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Begründungspflicht verstoßen, indem sie wesentliche Erwägungen, auf denen der angefochtene Beschluss beruhe, nicht oder nicht hinreichend begründet habe.7. Siebter Klagegrund: Verletzung der Verfahrensrechte des Klägers durch mangelnde Würdigung seiner Stellungnahme
Der Kläger macht im Rahmen von diesem Klagegrund geltend, dass die Kommission gegen die Verfahrensrechte des Klägers verstoßen habe, indem sie sein Vorbringen nicht gewürdigt habe.8. Achter Klagegrund: Verletzung der Verfahrensrechte des Klägers durch die Entscheidung, dass die Veräußerung keine neue staatliche Beihilfe darstelle
An dieser Stelle wird vorgetragen, dass die Kommission gegen die Verfahrensrechte des Klägers bzw. wesentliche Formvorschriften verstoßen habe, indem sie trotz der förmlichen Beschwerde des Klägers entschieden habe, dass die Veräußerung der nach dem Bietverfahren veräußerten Vermögenswerte an den Erwerber nicht als staatliche Beihilfe einzuordnen sei. Mit dieser Entscheidung habe sie implizit die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens abgelehnt. Indem die Kommission zu Unrecht das förmliche Prüfverfahren nicht eröffnet habe, habe sie das Recht des Klägers auf Abgabe einer Stellungnahme verletzt.9. Neunter Klagegrund: Verstoß gegen das Recht auf eine gute Verwaltung
Schließlich wird gerügt, dass die Kommission weder selbst alle relevanten Gesichtspunkte untersucht noch die seitens des Klägers vorgebrachten Gesichtspunkte angemessen berücksichtigt habe.( 1 ) Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. L 83, S. 1).
So verfügt man auch als normaler Leser über eine Portion „Herrschaftswissen“, die es – in einigen Monaten (?) - auch leichter macht, einem Urteil und seiner Gliederung zu folgen.
- Was nicht bedeuten muss, dass man das Gerichtsurteil dann versteht.
Wer über die Jahre die Berichterstattung in Motor-KRITIK zum Thema Nürburgring verfolgt hat, ist auch so schon zu einer Meinungsbildung fähig. Allein der 2. Klagegrund wäre danach ausreichend, die Entscheidung der Europäischen Kommission in Frage zu stellen, zumal – s. Klagegrund 1 – auch in diesem Fall die „beihilferechtliche Kontrollpflicht“ offensichtlich Lücken hatte.
- Die EU-Kommission hat eigentlich wem vertraut?
- Warum wurde nicht durch Mitglieder der EU-Kommission recherchiert?
- Warum kam man nicht wenigstens der vorgeschriebenen Kontrollpflicht nach?
Motor-KRITIK hat in der Vergangenheit schon die angebliche „Finanzierungsvereinbarung“ veröffentlicht und später auch auf die Zusammenhänge mit der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Koblenz gegen den 1. Käufer des gesamten Nürburgring-Komplexes hingewiesen.
Womit schon bewiesen wäre, dass es diese Finanzierungsvereinbarung nicht gab, weil sie nicht rechtsgültig unterschriftlich vollzogen war.
Ständige Motor-KRITIK-Leser wissen eben mehr, weil hier unpragmatisch die realen Abläufe in den – hoffentlich – richtigen Zusammenhang gestellt werden.
Motor-KRITIK ist eben ein Informationsdienst, von dem allerdings – zugegeben - nur Abonnenten lückenlos profitieren!