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Am 21. März lief der erste „VLN-Ersatzlauf“ in einer digitalen Ausführung. Am 22. März habe ich meine Eindrücke darüber geschildet und – weil ich auch auf Schwächen hingewiesen habe – geschrieben: „Ich hoffe, dass ich damit dem Veranstalter dieses Internet-Spektakels und auch den Ausführenden einen Hinweis dafür geben kann, dass man virtuelle Rennen in der Ausführung – gerade wenn es sich um Langstreckenrennen handelt – ein wenig anders darbieten muss.“ - Das hat man getan, indem man nicht nur die Renndauer von vier auf drei Stunden verkürzt hat, sondern jetzt – beim 2. virtuellen Rennen waren auch - unterhalb der Darstellung eines Rennens auf dem Bildschirm – nicht mehr die aktuellen Zuschauerzahlen abzulesen. - Man fühlte sich wohl zu beobachtet, nachdem ich am 2. April – also kurz vor dem zweiten Rennen – noch einige Details aufgedeckt hatte, die wohl auch „im Dunkeln“ bleiben sollten. - Auch jetzt beim 2. Lauf zu einer Serie, die ein wenig „über‘s Knie gebrochen“ wurde, müssen zu diesem Zeitpunkt ein paar Fragen, die bei mir während der Beobachtung des Rennens auftauchten, im Moment noch unbeantwortet bleiben. - Die Recherche läuft! - Aber eines glaube ich aus fester Überzeugung sagen zu können – und verwende es als Titel zur folgenden Geschichte:
2. DNLS-Lauf „by VCO“: Ein „unmenschliches“ Spiel!
Waren beim ersten virtuellen VLN-Lauf noch zwei Ferrari unter den Startern, die dazu noch am Ende des Rennens auf Platz 1 und 3 einliefen, so gab es dieses Mal in der „SP9“ ein Starterfeld mit ausschließlich deutschen Fabrikaten:
• Es waren 9 Audi R8 LMS, 8 BMW Z4 GT3 und 7 Mercedes AMG GT3 am Start!
In der realen Motorsportwelt ist ein BMW Z4 GT3 kein gesamtsiegfähiges Rennfahrzeug mehr. Aber beim „Spiele-Hersteller“ iRacing hat man nicht all‘ die Modelle im Angebot, die bei realen VLN-Läufen schon in 2019 auch unter den Startern zu finden waren:
- Chrysler Viper GT3-R
- Lamborghini Huracan
- Nissan GT-R Nismo GT3
- Porsche 911 GT3 R
Da in der virtuellen Welt des Motorsport sowieso nur insgesamt 59 Fahrzeuge Platz auf dem Server finden, hat man sich wohl – bei der SP9, den gesamtsiegfähigen Automobilen – auf ein reinrassiges deutsches Fabrikatsfeld beschränkt.
Beschränkt war wohl auch die Leistung des Servers, der wohl unter der Last der zuschaltwilligen Zuschauer deutlich mehr Aussetzer als beim 1. VLN-Lauf zeigte. Wobei auffiel, dass dabei dem Zuschauer aber nichts entging, denn nach dem Nachladen wurde der Zuschauer exakt ab dem Punkt weiter informiert, an dem das Bild vorher „stehen geblieben“ war.
Schon beim ersten Rennen hatte ich mit dem Nennen der „Besuche“-Zahlen darauf aufmerksam gemacht, dass Störungen auftraten, besonders dann, wenn das Zuschauerinteresse größer war. So wollten viele den Start sehen, schauten zwischendurch mal wieder hinein – evtl. mehrfach – um dann auch die Ziel-Durchfahrt beim virtuellen Spektakel miterleben zu wollen.
Ich habe den Fehler gemacht, kurz vor Ende dieses 2. virtuellen Rennens – nachdem mein Computer mal „ewig“ nachlud – kurz aus dem Programm zu gehen, um dann sofort wieder einzusteigen: Ich kam nicht mehr auf den Server! - Und beim Blick auf die Uhr habe ich zunächst „die Welt nicht mehr verstanden“. Es waren deutlich mehr als drei Stunden vergangen, nach denen das Rennen doch beendet sein sollte. Als ich dann schließlich wieder Zugang zum Server fand, war das Rennen lange beendet. Nur bei mir auf dem Bildschirm war es „live“ so lange gelaufen.
- Des Nachladens wegen, bei dem für mich kein Moment der virtuellen „Berichterstattung“ wegfiel, aber in der Realität für mich dann das Rennen – durch die vielen Nachladezeiten – deutlich länger als drei Stunden andauern ließ!
Bei einem solchen virtuellen Rennen ist eben vieles doch anders, als wir „alten“ VLN-Zuschauer es von den Läufen in den letzten Jahren gewohnt sind.
Im Endergebnis wird zwar offiziell nicht die Anzahl der gefahrenen Runden genannt – auch beim ersten Rennen nicht – aber ich habe natürlich festgehalten, dass dieses Mal in drei Stunden 23 Runden von den erstplatzierten virtuellen SP9-Fahrzeugen zurückgelegt wurden. Um diese Leistung mit der im ersten Rennen vergleichen zu können:
- Dieses Mal hätte man in vier Rennstunden dann 30 Runden zurückgelegt!
Das wäre in der Realität unmöglich. Man sollte als Fan des realen Motorsports eigentlich SimRacing auch nicht damit vergleichen. Bezeichnend ist aber, dass der DMSB SimRacing als „realen Motorsport“ empfindet! - Aber schauen wir mal:
Da belegte z.B. jetzt in 2020 ein virtueller BMW Z4 GT3 einen zweiten Platz im Gesamtklassement. In der Realität unmöglich! - Aber es gibt in dem virtuellen iRacing-Spiel keinen BMW M6 GT3. Und weil der Sieger des 1. virtuellen Rennlaufs auch nicht am Start war, konnte auch kein Ferrari gewinnen!
Haben Sie übrigens gewusst – oder zufällig von den Kommentatoren mitbekommen – dass es bei diesen virtuellen VLN-Läufen die Möglichkeit gibt, schon an den Wochentagen vorher zu trainieren? - Von 18 – 22 Uhr!
Hier ist der Zeitplan fürs Rennen und die Tage davor, für die ein „freies Training“ eingeplant waren. Und das „Briefing“ - bitte achten Sie darauf – ist „verpflichtend“. In der Rahmenausschreibung ist auch zu lesen, dass während der Fahrerbesprechung das Fahren auf dem „Offiziellen Rennserver“ verboten ist. Während man den Eindruck hat – beim Klicken durch die SimRacing-Seiten – dass ohne Beherrschung der englischen Sprache eine praktische Teilnahme unmöglich ist, kann man in der Rahmenausschreibung zur virtuellen „NLS“ lesen:
„Die offizielle Sprache ist Deutsch. Nur der deutsche Reglementtext ist verbindlich.“
Aber selbst die Ergebnisliste – bisher wie fast bei VLN der letzten Zeit gewohnt – ist in Englisch mit:
„unofficial results“
getitelt.
So ist das auch mit anderen Informationen. - Es gibt zwar keine präzise Wettervorhersage, aber einmal ist das Wetter „dynamisch“, am anderen Tag „statisch“ und die unterschiedlichen „Track Conditions“ schwanken zwischen „Carry Over“ und 30 – 100 Prozent. - Hier kann Motor-KRITIK leider nicht helfen, da ich kein Spezialist für SimRacing bin. Da sollten nun mal Olli & Patrick beim nächsten Rennen ran und die interessierten Zuschauer über die exklusiv im SimRacing eine Rolle spielenden Details informieren.
Dazu würde zum Beispiel auch eine exakte Erklärung gehören, warum es auch hier eine Balance of Performance gibt und was die in diesem Fall dann bedeutet. Wieso war z.B. beim DNLS 2 Mercedes nicht irgendwie belastet und trotzdem – insgesamt auf die drei eingesetzten Fabrikate bezogen – nur 3. Sieger. - Wenn man mal die 24 Starter entsprechend den veröffentlichten „unofficial results“ - nachdem es auch dieses Mal keine Ausfälle gab (!) – in ihren Platzierungen nach Marken addiert und den Durchschnitt errechnet, dann sieht das Ergebnis auf den Platzierungs-Durchschnitt so aus:
1. Audi 12,77 Platzierungs-Punkte
2. BMW 21,25 Platzierungs-Punkte
3. Mercedes 24,71 Platzierungs-Punkte
In der Realität ist von den hier virtuell eingesetzten Fahrzeugen aber der Mercedes das am besten zu fahrende Fahrzeug, was jeder „richtige“ Rennfahrer mit entsprechender Erfahrung bestätigen wird. - Und damit sind wir beim „Unmenschlichen“ des virtuellen, des SimRacing.
- Noch nicht einmal das Gewicht des Fahrers findet Berüćksichtigung!
In der Realität ist ein Rennfahrer Teil des Rennfahrzeugs, quasi ein „Einbauteil“, das mit den vorhandenen, mehr oder weniger ausgeprägten oder auch trainierten menschlichen Sensoren für den Erfolg oder Misserfolg in einem Rennen von wesentlicher Bedeutung ist. Da spielt z.B. eine Rolle, wie gut und sensibel der Gleichgewichtssinn ausgeprägt und trainiert ist.
In einem „Simulator“ spielt das keine Rolle, da ist der „Lenker“ lediglich „Bediener“. Er fühlt nicht was das Auto macht, er fährt auf Verdacht. Wer – aus „normaler“ Sicht – mit höherem Risiko einen SimRacer steuert, ist schneller. Aus meiner Sicht ist es auch ein Irrtum, dass man mit „iRacing“ auch die Fahrzeugabstimmung lernt. - Bestenfalls kann man eine Ahnung davon erhalten, was in der Realität da auf den Fahrer zukommt.
Oder nehmen wird mal das „Bremsgefühl“, das wirklich beim SimRacing davon abhängig ist, wieviel Geld man für ein Bremspedal in die Hand nimmt.
Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass man mit einem Computer, einem Lenkrad und ein paar Pedalen ganz günstig der Realität im Motorsport nahe kommt. BMW – oder auch Porsche – sollten doch einmal öffentlich machen, was die dort in den Werken stehenden – und von den Fahrern zum Streckenstudium – gerne genutzten Simulatoren gekostet haben.
Genauso ist es natürlich auch mit SimFlight. Als Spiel wirklich nett. Aber doch nicht mit einem Simulator der Lufthansa in Frankfurt zu vergleichen. Solche Simulatoren werden auch nur zu bestimmten Zwecken eingesetzt. Auch die Bundeswehr – exakt bei der Luftwaffe – werden z.B. zum Hubschrauber-Training Simulatoren eingesetzt. Weil z.B. eine Menge Konzentration in der Realität dazu gehört, einen Hubschrauber über einen längeren Zeitraum in relativ niedriger Höhe über einen bestimmten Punkt praktisch „stehen zu lassen“, ist da ein Trainingsgerät in Form eines Simulators willkommen. - Aber auch hier spricht man dann nicht bei den Kosten für einen entsprechenden Simulator von kleinen Preisen!
Ich habe früher mal gerne „Monopoly“ gespielt, hatte aber – wenn an einem Abend drei Mal gewonnen - nicht den Eindruck, dass ich nun ein perfekter Bänker oder Immobilen-Makler wäre.
SimRacing ist ein „Spiel“, ein modernes Spiel – ganz ohne Würfel. So lange man damit mehr Geld verdienen kann, als mit „Mensch ärgere dich nicht“, werden clevere Geschäftsleute auch versuchen, diese Spielart mit entsprechenden Marketingmaßnahmen zu fördern und zu einem Ersatz von echten Rennerlebnissen hoch zu stilisieren.
Da sagt z.B. der Geschäftsführer der „VLN VV GmbH & Co. KG“, Christian Stephani, erklärend bei der Vorstellung der neuen „Digitalen Nürburgring Nordschleifen Serie powered by VCO:
„Das Corona-Virus hält die Welt in Schach. … Jedoch stecken wir gerade jetzt nicht zurück, sondern sehen die vorherrschende Krise auch als Chance, unsere Präsenz im virtuellen Segment zu stärken. Unser Ziel ist, neben der realen Nürburgring Langstrecken-Serie dauerhaft ein digitales Gegenstück zu etablieren.“
Wer wollte ihm das verwehren? - Aber nüchtern betrachtet ist es doch so:
SimRacing kann auch in unserer Zeit, in der der Digitalisierung eine Bedeutung zugeordnet wird, der sie in Zukunft nicht gerecht werden wird, durchaus einer größeren Zahl von Personen Spielfreude bringen, als das durch Fahrfreude den am realen Motorsport Interessierten möglich wäre. - Gerade in der „Corona-Phase“!
So sehe ich persönlich durchaus für das SimRacing eine Möglichkeit, gerade jungen Leuten einen Hauch von Ahnung in Sachen Motorsport zu vermitteln. Aber zum realen Motorsport wird es immer eine Kluft geben. Wie nicht nur durch das Beispiel am 28. März 2015 deutlich wurde.
Mit einem falsch – in SimRacing-Art - abgestimmten Fahrzeug von einem talentierten SimRacer in der Realität über den „Flugplatz“ auf der Nordschleife gesteuert, können die Folgen böse sein. Das kennt man beim SimRacing-Spiel so nicht! - Damals half dann auch kein Nordschleifen-Permit des DMSB! - Das ist übrigens aktuell beim SimRacing lt. DMSB nicht notwendig!
Ich empfinde es als gefährlich, wenn man jungen Leuten mit eigentlich dummen Sprüchen das Gefühl zu vermitteln sucht, sie könnten mit relativ kleinem Geldeinsatz zu fähigen Rennfahrern heran reifen. - Bauernfängerei!
So wahrhaftig wie der Text auf den „Flugblättern“ unserer „amerikanischen Freunde“ im Zweiten Weltkrieg. - Damals war vieles Propaganda.
Heute, zwar nicht in einen Weltkrieg, sondern in andere „Zwangsmaßnahmen“ verwickelt, muss man von „geschicktem Marketing“ sprechen, wenn es um SimRacing geht.
Dazu gehört auch, dass in der „Live“-Übertragung des virtuellen Rennens am Nürburgring, plötzlich ein Name auftaucht, der weder in der Nennliste, noch in der vom Rennergebnis zu finden ist:
- Alexander Gerhard, im Alltag „Teamleiter PR & Social Media / Pressesprecher“ der Nürburgring 1927 GmbH & Co. KG
Natürlich fuhr der die Start-Nummer 414, einen Audi RS3 LMS – also ein TCR-Fahrzeug – nicht! Andy Gülden, für die gleiche Firma wie Gerhard tätig, steuerte den TCR. Da wollte wohl jemand in der Organisation dem Nürburgring-Pressesprecher einen Gefallen tun!
Wobei dann in diesem Zusammenhang die Frage auftaucht:
- Wer überprüft eigentlich, ob die rings um die Welt verstreuten Fahrer während eines solchen Rennens wirklich am Steuer sitzen? - Da genügt ein „Passwort“ nicht!
Aber man sollte das SimRacing wirklich nicht so „bierernst“ nehmen. Auch ein Alexander Gerhard, durchaus ein sportlicher Typ, würde im SimRacing z.B. gegen einen Marius Golombeck - auch bei diesem Rennen am Start - „keine Schnitte“ bekommen.
Würde man den fragen, ob er lieber für die VLN arbeitet oder SimRacing, würde der mit Überzeugung „SimRacing“ antworten können. Er kennt beide Organisationen aus eigener Erfahrung, weil er auch für beide als Elektroniker/IT-Techniker arbeitet. - Seine Antwort wäre wahrscheinlich:
- SimRacing zahlt die besseren Kilometer-Gelder für An- und Abreise!
Bei den „Spielen der Neuzeit“ von einer „neuen Generation“ gespielt, sind aber für die jungen Leute die kleinen Dinge im Alltag doch wichtig.
Weil Realität!
MK/Wilhelm Hahne
PS: Die „DNLS powered by VCO“ war übrigens eins von insgesamt 12 virtuellen Rennen, die man per Computer als Zuschauer am letzten Wochenende erleben konnte!