Politiker-Leiden: Sie können nur nach vorn schauen!

Leser wurden sich, dass man das Ergebnis einer Sitzung des Innenausschusses im Mainzer Landtag zum Thema Nürburgring in Motor-KRITIK schon vor der Sitzung hier lesen konnte. Und dass es tatsächlich – wie in Motor-KRITIK schon Tage vorher zu lesen – am Sitzungstag vom SWR-Fernsehen dann in den 19 Uhr 30-Nachrichten auch vermeldet wurde. Dabei ist das kein Wunder: Ein Journalist wird mit wachsender Erfahrung immer besser, wenn er auch immer wieder bereit ist, einen Blick zurück zu werfen, sich zu erinnern und seine berufliche Funktion in der Gesellschaft ernst nimmt. Politiker leben davon, dass sie alles vergessen was hinter ihnen liegt und immer nur nach vorne blicken. Politiker geben sich gerne als Visionäre – und wenn es darauf ankommt, können sie sich an nichts mehr erinnern. Darum war auch eine Vorhersage aus Motor-KRITIK-Sicht so einfach. Auch weil ein öffentlich-rechtlicher Sender eine Verpflichtung hat, während vielleicht eine regionale Tageszeitung mehr von der Bedeutung eines Anzeigenkunden beeindruckt ist. - Wie dem auch sei: Nach meinen Erfahrungen ist es jedenfalls ein….

Politiker-Leiden: Sie können nur nach vorn schauen!

Darum liegt die Aufgabe bei Motor-KRITIK, die aktuellen Versuche der Politiker, bestimmte Ablaufe im Interesse ihrer eigenen Politik auf ihre Art – subjektiv - zu erklären, durch Erinnerungen an reale Vorgänge, die in der Vergangenheit genau so abgelaufen sind, ein wenig zu relativieren. Dabei muss ich dann z.B. daran erinnern, dass auch einmal ein abgewählter Politiker im Hinblick auf die Persönlichkeiten, die ihm in der Regierungsarbeit folgen sollten, ausrief:

„Gott schütze Rheinland-Pfalz!“

Wenn ein Politiker aus dieser Nachfolge-Partei, inzwischen vorbestraft, in einem Interview mit einer großen Wochenzeitung („DIE ZEIT“), nun aktuell das Verhalten einer Kollegin in der aktuellen Regierung – aus eigener Erfahrung – erklärend, zu der Feststellung kommt:

„Malu, du gehst über Leichen!“ ...

...dann ist das eine wirklich interessante Wertung. - So ist jedenfalls das Interview getitelt, dass ein Ex-Politiker (SPD) aus der Regierungsmannschaft dieser Wochenzeitung in diesem Tagen gegeben hat und in dem er das Verhalten einer ehemaligen Kollegin - aus der gleichen Regierungsmannschaft - ihm gegenüber eindrucksvoll schildert. Es ist die Politikerin, die die Geschicke des  Landes Rheinland-Pfalz auch heute noch als Chefin bestimmt. - Bestimmt geschickt!

Aber kommen wir einmal auf den eigentlichen Anlass zu dieser – um Erklärung bemühte – Geschichte. Sie befasst sich – nun im Nachhinein - mit einer Sitzung des Innenausschusses am 23. März 2022 im Mainzer Landtag, wo u.a. ein Antrag der Fraktion der CDU nach § 76 Abs. 2 GOLT behandelt wurde, der überschrieben war mit:

„Hahn und Nürburgring – Abhängigkeit von Liegenschaften in Rheinland/Pfalz von russischen Aufträgen/Investitionen“ ...

...und versucht zu erklären, warum das Ergebnis nur so sein konnte, wie Tage vorher schon durch Motor-KRITIK vorher gesagt.

Der Innenausschuss in Mainz hat insgesamt 12 Mitglieder, wovon 5 die SPD-, 3 CDU-, einer die Bündnis90/Grüne, einer die AfD-, einer die FDP- und einer die Freie Wähler-Mitgliedschaft besitzen.

Da konnte die Antwort doch nur so ausfallen, wie sie ausgefallen ist und vom Staatssekretär, Randolf Stich (SPD) nach der Sitzung zum Thema Nürburgring gegenüber dem SWR dann  –  im Ergebnis – so formuliert wurde:

Bisher steht der neue russische Besitzer des Nürburgrings nicht auf den Sanktionslisten. Er  (der Staatssekretär) möchte sich nicht an Spekulationen beteiligen, für die es noch nicht einmal ansatzweise einen Ansatzpunkt gibt und verweist auf den Bund: Der würde schon ermitteln.

Schaut man einmal genau auf den Text im Antrag der CDU, der bestenfalls Alibi-Formulierungen enthält, dann ist die Aussage des SPD-Staatssekretärs schon eindeutig und klar.

Klar war auch die Aussage des damaligen Präsidenten des Mainzer Landtags, Joachim Mertes (SPD), leider inzwischen verstorben, wenn er nach dem Einstieg des russischen Investors – damals (!) - feststellte:

„Am Ring ist mir ein Russe mit Geld lieber, als ein Nordrhein-Westfale ohne Geld.“

Am 20. Juni 2014 konnte man im Düsseldorfer „Handelsblatt“ lesen:

„Rot-Grün regiert wie in Absurdistan“, sagt Julia Klöckner, 41, Partei- und Fraktionschefin der CDU, „diese Regierung redet alles schön, rechnet alles schön – und am Ende muss der Steuerzahler blechen.“ Noch drastischer wird Volker Wissing, Chef der nicht im Parlament vertretenen FDP: „In Rheinland-Pfalz muss die Justiz die Bürger vor der eigenen Regierung schützen. Das ist die skandalöseste Regierung, die unser Land je hatte.“

Im November des gleichen Jahres hat ein CDU-Mitglied und Abgeordneter im Mainzer Landtag, Alexander Licht, auch mal Klartext gesprochen – eine Wertung, zu der man kommen muss, wenn man seine damaligen Aussagen mit dem aktuellen Antrag der CDU-Fraktion vergleicht - als er im Mainzer Plenum, exakt am 20. November 2014, dort ausführte:

„Beim Thema Nürburgring reiht sich ein Täuschungsmanöver der Landesregierung ans nächste. Aktuelles Beispiel ist ihre Beteiligung am Bieterprozess, die es angeblich gar nicht gab, und die es eigentlich auch nicht geben darf. Das Versagen der Dreyer-Regierung am Nürburgring hat den Oligarchen am Nürburgring erst möglich gemacht.
Frau Dreyer und ihre beteiligten Kabinettmitglieder haben über viele Monate gegenüber Parlament und Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, sie hätte mit dem Veräußerungsprozess überhaupt nichts zu tun. Das alles sei allein die Sache der Insolvenzverwalter. Die Landesregierung halte sich in jeglicher Form aus dem Verfahren heraus. Schöne Worte, mehr nicht.
Denn nun erfahren wir plötzlich, dass sich Frau Dreyer selbst als Regierungschefin und Mitarbeiter im Namen der Landesregierung mit ausgewählten Bietern systematisch und mehrfach im Bieterverfahren getroffen haben, und sogar mit der Spitze der Bieter. Klar ist, dass eine Einflussnahme auf das Insolvenzverfahren von außen verboten ist. Die Abwicklung obliegt allein den Insolvenzverwaltern. Dennoch hat die Landesregierung bewusst und systematisch mit Ihnen genehmen Käufern intensive Gespräche geführt, dies zunächst verheimlicht und es erst dann eingestanden, als es durch konkrete Nachfragen der CDU-Landtagsfraktion nicht mehr anders ging.
Erstaunlicherweise wurde aber nur mit zwei ausgewählten Interessenten gesprochen. Es muss also Präferenzen bei der Landesregierung gegeben haben. Und dann hat zufälligerweise ausgerechnet einer dieser beiden Interessenten – Capricorn – den Zuschlag bekommen. Da mag glauben wer will, dass die Landesregierung keinen Einfluss genommen hat. Damit hat Frau Dreyer unmittelbar einem russischen Oligarchen die Tür zum Nürburgring geöffnet.
Genau das Gegenteil haben sie und andere aktuelle Regierungsmitglieder, z.B. Herr Lewentz, den Menschen in der Region wieder und wieder versprochen. Frau Dreyer hat dazu beigetragen, dass mit Herrn Wild von Capricorn genau der Bieter den Zuschlag bekam, der dann nicht zahlungsfähig war. Genau durch diese Hintertür ist der russische Oligarch hineingetreten, der jetzt am Ring das Sagen hat.
Ob das alles Zufall ist, wird noch zu klären sein. Jedenfalls ist der Geschäftsführer der neuen Nürburgring Holding AG um den russischen Investor ein alter Motorradkumpel von Infrastrukturminister Lewentz. So viele Zufälle stimmen nachdenklich und wirken nicht sonderlich glaubwürdig.Von sich aus haben Frau Dreyer und Herr Lewentz mehrfach der Öffentlichkeit versprochen, es werde am Ring keinen ‚russischen Oligarchen‘ geben, nur um zu suggerieren, sie hätten alles im Griff.
Wer so etwas verspricht, will doch, dass man glaubt, die Landesregierung hätte den Überblick und die Fäden in der Hand. Wenn es aber schief geht, dann  will sie damit nichts zu gehabt haben. Nun ist der russische Oligarch am Ring und Frau Dreyer blamiert.“

Wenn man – rückblickend (!) - all diese Abläufe noch mal vor seinem geistigen Auge vorbeiziehen lässt, ist es doch für einen Journalisten kein Kunststück, das Ergebnis einer Tagung des Innenausschusses in 2022 vorher zu sagen, zumal man die Zusammensetzung des Innenausschusses genau kennt.

Natürlich habe ich auch Herrn Staatssekretär Randolf Stich über viele Jahre immer wieder erleben dürfen. Er hatte immer die passenden Formulierungen, ganz im Sinne der Regierungschefin Malu Dreyer zur Hand, die aber dann nicht mehr so gut wirken, wenn man sie Jahre später mal wieder „auskramt“. So wurde in der Regierungs-Beantwortung einer „Kleinen Anfrage“ (17/1448) vom 18. November 2016 von Herrn Staatssekretär Randolf Stich erklärt:

„Die Insolvenz der NBG soll voraussichtlich bis Ende 2016 abgeschlossen sein.“

Inzwischen sind wir fast sechs Jahre weiter – und die Insovenz ist immer noch nicht abgeschlossen!

Ich habe bewusst hier einmal zurück geblickt, weil ich verdeutlichen möchte, dass man als gut verdienender Politiker zwar immer nach vorne blicken, aber als zahlender Wähler vor einer Wahl immer mal einen „Blick zurück“ werfen sollte.

Aber was „alten Leuten“ – wie ich – klar ist, muss nicht auf eine neue Generation zutreffen. So kann ich dieser jungen Generation auch nicht vorwerfen, dass ihre Einstellung zur derzeitigen Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine – wie auch in den Nachrichtensendungen der Öffentlich-Rechtlichen – ein wenig einseitig wirken.

Es ist wohl ein Unterschied, ob man – durch Erfahrung – weiß, was ein Krieg für die Menschen bedeutet oder ob man nur weiß, wie  K-R-I-E-G geschrieben wird.

  • Dann muss man eben alles glauben, was derzeit dazu zu hören ist!

Oder auch den Darstellungen der aktuellen rheinland-pfälzischen Regierung zu den Abläufen um die Insolvenz (i.E.) der landeseigenen Nürburgring GmbH und den Verkauf des Nürburgrings Glauben schenken.

Man hat selbst alles nicht so bewusst mit bekommen, bzw. hat einen Krieg niemals real erlebt. - Darum wird es übrigens in entsprechenden Zeitabständen auch immer wieder Kriege geben! - Genauso wie kleine Kinder immer wieder auf eine heiße Herdplatte fassen werden, obwohl man sie gewarnt hat und erklärt, warum man das nicht tut.

Motor-KRITIK kann keinen Krieg nacherlebbar machen, aber doch an Geschehnisse um den Nürburgring-Skandal erinnern. - Ein Millionen-Skandal!

Zu Lasten des Steuerzahlers!

MK/Wilhelm Hahne
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