OLG Frankfurt: Missbraucht der DMSB (s)ein Monopol?

In diesen Tagen schreibt mir ein aufmerksamer Leser: „Ich weiß nicht ob Sie über dieses Urteil in einem Rechtsstreit DMSB versus seine Lizenznehmer informiert sind, aber der DMSB hat wohl hier die deutsche Rechtslage völlig falsch ausgenutzt und ist nun auf den Boden der Tatsache zurück geholt worden.“ - Natürlich habe ich – und damit Motor-KRITIK – das schon seit Jahren laufende Verfahren genauso verfolgt, wie auch andere, über die ich schon berichtet habe und die – wenn man die zwei zuletzt gegen den DMSB ergangenen OLG-Urteile in einen Zusammenhang bringt, diesen Deutschen Motor Sport Bund e.V. und seine Art, den Motorsport in Deutschland zu beeinflussen, nicht besonders gut aussehen lassen. - Es ist auch kein Zufall, wenn mich in diesem Zusammenhang das Präsidial-Referat des OLG Frankfurt in diesen Tagen informiert: „ Die von Ihnen angeforderte Entscheidung 11 U 60/21 (kart) vom 15.11.2022 ist in der Landesrechtssprechungsdatenbank (LaReDa) eingestellt. Sie können diese unter der Internetseite www.rv.hessenrecht.hessen.de abrufen.“ - Nicht nur dort ist dieses Urteil nun zu finden, sondern für interessierte Motor-KRITIK-Leser nun auch im Anhang zu dieser Geschichte als eine einfach auszudruckende pdf-Datei.

OLG Frankfurt: Missbraucht der DMSB (s)ein Monopol?

Interessant dabei ist, dass mit diesem Urteil auch der ADAC in München weiter ins Blickfeld der interessierten Beobachter rückt, weil mit diesem Urteil, das den DMSB nicht gut aussehen lässt, auch dessen Präsident erwähnt wird, der zufällig auch der Sportleiter eines ADAC-Regionalclubs, nämlich dem von Hessen-Thüringen ist.

  • Lt. OLG-Urteil haftet der Präsident des DMSB für Verstöße gegen dieses Frankfurter OLG-Urteils, in dem bei Verstößen gegen dieses Urteil dem DMSB-Präsidenten ein „Ordnungsgeld“ von 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht wird.

Von dessen Seiten -  Herrn Wolfgang Wagner-Sachs - war bisher, so weit Motor-KRITIK bekannt wurde, kein Kommentar zu diesem Urteil zu hören. Wie übrigens auch von der direkt nach dem Urteil des OLG Frankfurt einberufenen „Außerordentliche Präsidiumssitzung“ des DMSB, die wohl insgesamt als „geheim“ behandelt wird.

Jemand der als Richter die Bedeutung des Frankfurter OLG-Urteils am besten einschätzen kann, das DMSB-Präsidiumsmitglied Dr. Hanns-Gerd Ennser, (gleichzeitig ADAC-Sportpräsident) hatte wahrscheinlich auch aus diesem Grund an dieser Sitzung (mit einer vorgeschobenen Entschuldigung?) nicht teilgenommen.

Dafür hat es auf einer ADAC-Pressekonferenz zum Thema DTM – zeitlich nach dem OLG-Urteil - von einem verantwortlichen ADAC-Manager eine – in diesem Zusammenhang gefährliche – Information gegeben, nach der der ADAC inzwischen rd. 80 Prozent des deutschen Motorsports beherrscht.

  • Nimmt der ADAC damit quasi auch eine Monopolstellung im deutschen Motorsport ein?

Eine solche Einschätzung wird noch dadurch gestützt, dass der ADAC eigentlich den DMSB durch seine Bedeutung und Einflussnahme beherrscht, was z.B. auch durch den hohen ADAC-Anteil an der zweiten Firma des DMSB deutlich wird, die als „DMSW – Deutsche Motor Sport Wirtschaftsdienst GmbH“ die umsatzsteuerlich betroffene Arbeit des DMSB übernimmt, um die dem DMSB durch das Finanzamt bestätigte „Gemeinnützigkeit“ nicht zu gefährden. - Dass es sich dabei aber eigentlich um die ONS handelt, die angeblich aufgelöst wurde, darf als weiterer „Treppenwitz“ in der deutschen Motorsport-Geschichte registriert werden.

  • Was die Wichtigkeit der „Gemeinnützigkeit“ betrifft, ist natürlich der ADAC auch dem DMSB natürlich ein „großes Vorbild“!

Schon diese Art des Einstiegs in einen Bericht über ein Urteil eines Frankfurter Oberlandesgerichts lässt deutlich werden, dass man eigentlich bestimmte Ereignisse nicht isoliert betrachten, sondern immer als ein kleines Stück eines großen Ganzen betrachtet werden sollte.

  • Trotzdem hat dieses Oberlandesgerichtsurteil auch für sich gesehen, schon einen Einfluss auf den Bestand und Bedeutung des DMSB in der Zukunft!

Aber der DMSB ist nur ein kleines Puzzelstück im großen Gefüge des deutschen Motorsports, der  sich allerdings in seiner Bedeutung überschätzt, da er eigentlich nur ein „Arm des ADAC“ ist, der auch aus München bewegt wird.

Seit Jahren habe ich hier in Motor-KRITIK immer wieder darauf aufmerksam zu machen versucht, dass der Motorsport bei uns aktuell „krank“ ist. - So habe ich bereits 2019 – im März – unter dem Titel, „Motorsport in Deutschland: Von nun an geht's bergab!“ geschrieben:

„...Die VLN ist nur ein Teil des Problems, zeigt Symthome auf, aber ist nicht die Basis einer Krankheit, die den Motorsport – nicht nur - in Deutschland fragwürdig erscheinen lässt. Man heilt keine Krankheiten, indem man an Symthomen herum quacksalbert. Mit „besseren“ Reglements, BoP, Sinnänderungen von Flaggensignalen, neuen Streckenbegrenzungen als „Track-Limits“ und alten Autoreifen vor Leitplanken; die vor FIA-Zäunen stehen, die dann für Auslaufzonen keinen Platz mehr lassen, kuriert man den Motorsport nicht! - Und „Fachleute“ diskutieren darüber, was nun richtig oder falsch wäre. Und man findet zu einem Kompromiss. - Motorsport ist kompromisslos! Entweder man betreibt ihn auf der Grundidee aller sportlichen Auseinandersetzungen, nämlich den Besten seiner Gattung heraus zu finden oder man lässt es besser. - Einen guten Golfer erkennt man schon am Handicap, weil es sein Spielpotential beschreibt. Woran erkennt man eigentlich einen guten Motorsportler? - Dass er zu einer Internationalen Lizenz noch ein Nordschleifen-Permit des DMSB besitzt? - Wer ist eigentlich dieser DMSB, was qualifiziert ihn, etwas zu zertifizieren? - Wer zertifiziert die Zertifizierer? - Gerade am 31. März wird einem klar, dass der Niedergang des Motorsports in Deutschland eigentlich eine „unendliche Geschichte“ ist, bei der die Geschicke des Nürburgrings – schon von der politischen Entwicklung in Rheinland-Pfalz bestimmt – eine nicht unwesentliche Rolle spielen.“...

In dem aktuell beendeten OLG-Prozess in Frankfurt, der durch einen wirklich „mündigen Bürger“, Herrn Jörg Seitz aus Felsberg, schon vor Jahren (!) in Gang gesetzt wurde, musste das Gericht der Einschätzung dieses Sportfahrers zustimmen, dass in dem  vorliegenden Fall „ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung seitens des Beklagten“ (DMSB) stattgefunden habe.

Jörg Seitz hatte als Lizenznehmer des DMSB an einer Rallye des Rallye Supercup e.V. im Jahre 2018 teilgenommen. Dieser Verein hatte sich diese Rallye nicht vom DMSB sanktionieren lassen. Der DMSB sah sich deshalb veranlasst, nicht nur diesen Teilnehmer an dieser Rallye in einem so genannten Sportgerichtsverfahren zu bestrafen, sondern auch viele weiteren Helfer und Fahrer. Das unter dem Hinweis auf seine Bestimmungen.

Man findet in der im Internet von DMSB veröffentlichen Darstellung von Ausgaben ihres Informationsheftes „Vorstart“ der Ausgaben 1/19 und 3/19 auch die Namen der sonst noch in diesem Fall Bestraften. - Diesen Hinweis verdanke ich auch einem Leser! - Damit alle Motor-KRITIK-Leser hier nachschlagen können, können Sie mit einem Maus-Klick HIER und HIER die beiden Seiten schnell erreichen.

Nach dem OLG-Urteil ist es dem DMSB nun verboten, die Erteilung einer Sportlizenz zur Teilnahme an Veranstaltungen des DMSB zu verweigern, weil der betroffene Lizenznehmer auch innerhalb eines anderen Motorsportverbandes oder -Clubs aktiv ist. In diesem Falle war es der RSC e.V., der den Teilnehmer an seiner Veranstaltung, Georg Seitz, bei seiner Prozessführung gegen den DMSB unterstützte.

Es war also eine Einzelklage des Herrn Seitz, der trotz einer gültigen DMSB-Lizenz mit einer zusätzlichen RSC-Lizenz bei der „Grabfeldrallye“ 2018 (!) gestartet war. Nach Einreichung seiner Klage wurde ihm sogar vom DMSB verwehrt, eine Jahres-Fahrerlizenz des DMSB weiterhin beantragen zu können.

  • Das sollte jetzt nach dem Urteilsspruch des OLG Frankfurt hinfällig sein!

Jörg Seitz hat also direkt nach dem Urteil wieder einen Lizenzantrag beim DMSB gestellt, der aber nicht bearbeitet wurde. Erst nach Einschalten eines Anwaltes hat der DMSB mit dem Hinweis darauf, dass das OLG-Urteil erst ab Ende des zweiten Dekade des Monats Dezember 2022 Gültigkeit habe, nun beigedreht und will Herrn Seitz nun eine gültige Fahrerlizenz für das Jahr 2023 ausstellen.

Mein eingangs schon erwähnter Leser schreibt übrigens zu dem OLG-Urteil:

„Der Langtext des Urteils ist sehr interessant, erfordert aber auch Geduld im Lesen und ein klaren Kopf.“ - Und kommt persönlich zu der Erkenntnis: „... dass der DMSB eine fragwürdige Interpretation seiner Befugnisse und Aufgaben hat…“

Dem ist eigentlich wenig hinzu zu fügen. - Vielleicht sollte dieses Urteil aber auch – neben dem schon vom OLG Düsseldorf in diesem Jahr – einem der vielen anderen DMSB-Lizenznehmer mit einem normalen Obrigkeitsverhalten vielleicht als Anregung dienen, nun auch das Recht des DMSB auf Einführung eines  speziellen Permits zum Befahren der Nordschleife bei Rennen gerichtlich klären zu lassen. Eine rechtliche Begutachtung dieses Falles wurde bereits hier in Motor-KRITIK veröffentlicht.

  • Danach hatte der DMSB keinerlei Befugnisse, dieses zusätzliche Permit vorzuschreiben!

Die vorliegende Entscheidung des OLG Frankfurt vom 15. November 2022 ist übrigens nicht anfechtbar und wird so in der Praxis zu einem Weihnachtsgeschenk für alle Fahrer, Beifahren und auch Sportwarte (!) mit einer DMSB-Lizenz. -Eigentlich auch mit einer „Geld-zurück-Garantie“ für die verbunden, die vom DMSB mit einer Geldstrafe belastet wurden!

Es wird sicherlich auch in den nächsten Monaten noch Gelegenheit geben, unter Hinweis auf einige bereits ausgesprochene OLG-Urteile darauf aufmerksam zu machen, dass Entscheidungen des DMSB in der Realität immer noch grenzwertig sein können, weil der dazu neigt – wie auch das aktuelle Lizenz-Beispiel des Herrn Jörg Seitz zeigt – „Grauzonen“ zur Durchsetzung seiner eigentlich „irrigen“ Grundeinstellung zu nutzen.

Wie schon geschrieben: Im „Anhang“ findet man die vom OLG Frankfurt „anomysierte“ Version des neuen Urteils, das den DMSB nicht gut aussehen lässt.

Das Urteil ist sicherlich anstrengend zu lesen, beeinflusst den Motorsport in Deutschland aber schon so, dass man diese Entscheidung auch im Detail kennen sollte.

MK/Wilhelm Hahne
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